Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 5 U 31/01
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 6. Februar 2001 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der Kläger und seine Ehefrau, die ihre Ansprüche an den Kläger abgetreten hat, beauftragten den Beklagten mit den gesamten Architektenleistungen bezüglich der Errichtung eines Mehrfamilienhauses in Ratingen. Mit den Rohbauarbeiten beauftragte der Kläger die H. GmbH. In den Vergabeverhandlungen, an denen auch der Beklagte teilnahm, wurde der Arbeitsbeginn des Rohbauers mit dem 02.12.1996, ein Zeitraum von 35 Tagen für den Rohbau und 20 Tagen für das Verblendmauerwerk unter Hinweis auf mögliche Schlechtwettertage und die Betriebsferien des Rohbauunternehmens festgehalten. Das von dem Beklagten stammende Formular über die Niederschrift der Vergabeverhandlung enthält auch die Bezifferung einer Vertragsstrafe. Der Bauvertrag des Klägers mit dem Rohbauunternehmer nimmt auf die Fristen der Vergabeverhandlung Bezug und legt die Vertragsstrafe mit 0,2 % für jeden Werktag, maximal 5 % der Bruttoauftragssumme fest. Am 03.03.1997 vereinbarte der Kläger mit dem Rohbauunternehmer, dass die Arbeiten bis auf das Verblendmauerwerk am 17.03.1997 abgeschlossen sein sollten. An diesem Tag sollten die Arbeiten an der Verblendung beginnen. Die Rohbauarbeiten waren am 29.04.1997, die Verblendarbeiten am 14.05.1997 abgeschlossen. Bei Abnahme der Arbeiten wies der Beklagte den Kläger nicht auf den Vertragsstrafenvorbehalt hin. Nach der von dem Beklagten geprüften Rechnung des Rohbauunternehmers betrug dessen Vergütung 367.587,35 DM.
3Der Kläger, Gesellschaft und Geschäftsführer einer Installations GmbH, verlangt von dem Beklagten Schadensersatz, da er wegen des fehlenden Vorbehalts bei der Abnahme eine Vertragsstrafe von der Forderung des Rohbauunternehmers nicht in Abzug bringen konnte. Hierzu hat er behauptet:
4Die H. GmbH habe die individuell vereinbarte Vertragsstrafe verwirkt. Der Rohbauer selbst habe die Vereinbarung einer Vertragsstrafe vorgeschlagen. Anlässlich der Vereinbarung am 03.03.1997 habe er hierauf nicht verzichtet. Der Anspruch hätte sich auf 18.379,37 DM belaufen. Der Beklagte hafte auf den Ersatz dieses, gegen den Rohbauer nicht durchsetzbaren Betrages, weil er ihn nicht auf den notwendigen Vorbehalt hingewiesen habe.
5Der Kläger hat beantragt,
6den Beklagten zu verurteilen, an ihn 18.379,37 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 30.11.1999 zuzahlen.
7Der Beklagte hat beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Der Beklagte hat behauptet:
10Es handele sich bei der Vertragsstrafenregelung um eine von dem Kläger gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung, die als verschuldensunabhängige Regelung nichtig sei. Ein Verzug des Rohbauunternehmers habe nicht vorgelegen. Allenfalls könnte sich ein Anspruch auf 21 Tage ergeben. Die Forderung des Klägers sei aber auch der Höhe nach nicht richtig berechnet.
11Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dem Beklagten habe es nicht oblegen, den Kläger auf den notwendigen Vertragsstrafenvorbehalt hinzuweisen, weil diesem als Inhaber des Installationsunternehmens die Notwendigkeit des Vorbehalts hätte bekannt sein müssen.
12Der Kläger greift diese Entscheidung mit seiner fristgerecht eingelegten Berufung an und trägt vor:
13Der beklagte Architekt habe ihm gegenüber seine Pflichten verletzt. Denn er kenne die VOB/B nicht, habe diese nie gelesen und nie einen Text besessen. Nur auf Empfehlung des Beklagten habe er sich bei der Besprechung mit dem Rohbauer am 03.03.1997 die Vertragsstrafe vorbehalten. Bei dem Bauvertrag handele es sich um ein von dem Beklagten regelmäßig benutztes Vertragsformular. Der Beklagte sei es auch gewesen, der die Vertragsstrafe vorgeschlagen habe.
14Der Kläger beantragt,
15das Urteil des Landgerichts Düsseldorf aufzuheben und nach den erstinstanzlich gestellten Anträgen zu erkennen.
16Der Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Der Beklagte weist darauf hin, dass der Kläger unstreitig seit ca. 20 Jahren mit einer eigenen Firma Installationsarbeiten durchführt und daher sachkundig gewesen sei. Die Sachkunde des Klägers ergebe sich auch daraus, dass er sich die Strafe bei der Neuberechnung der Fristen am 03.03.1997 ausdrücklich vorbehielt. Zudem habe er den Kläger in einem Schreiben vom 05.04.1997, d.h. vor Abnahme auf die Problematik der Vertragsstrafe hingewiesen.
19Entscheidungsgründe
20Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger kann von dem Beklagten nicht verlangen, dass dieser ihm einen Schadensersatzbetrag in Höhe der Vertragsstrafe, die er mangels Vorbehalt bei der Abnahme gegen den Rohbauunternehmer nicht durchsetzen konnte, zahlt. Denn dem Beklagten ist kein Vorwurf daraus zu machen, dass er den Kläger nicht auf die Notwendigkeit des Vorbehalts der Vertragsstrafe hinwies (positive Vertragsverletzung).
21Der Architekt ist nicht nur Werkunternehmer, sondern zugleich Sachwalter seines Auftraggebers. Es obliegen ihm daher umfangreiche Informations-, Betreuungs- und Beratungspflichten. Zu den Beratungspflichten gehört regelmäßig auch die Belehrung über die Notwendigkeit des Vertragsstrafenvorbehalts bei Abnahme. Der Architekt muss, soweit ihm die Vereinbarung einer Vertragsstrafe bekannt ist, regelmäßig durch einen Hinweis an den Bauherrn sicherstellen, dass dieser den Vertragsstrafenvorbehalt bei Abnahme erklären kann (BGHZ 74, 235, 238). Diese Beratungs- und Betreuungspflichten des Architekten lassen sich aber nicht generell bestimmen, vielmehr sind sie abhängig von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere dem eigenen Kenntnisstand des Auftraggebers. So ist der Architekt von seiner Beratungspflicht hinsichtlich des Vertragsstrafenvorbehalts dann befreit, wenn der Bauherr selbst genügend sachkundig ist (BGHZ 74, 235, 239).
22Selbst wenn der Kläger nicht sachkundig gewesen wäre, so konnte der Beklagte von einer ausreichenden Kenntnis des Klägers über die Vertragsstrafe ausgehen. Der Kläger ist seit ca. 20 Jahren Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, deren Tätigkeitsbereich Installationsarbeiten sind. Er hat für bestimmte Gewerke selbst die Bauleitung übernommen und damit seine eigene Sachkunde hinsichtlich von Architektenleistungen deutlich gemacht. Der Kläger hat sich bei der Neufestsetzung der Fristen und Termine die bis dahin angefallene Vertragsstrafe vorbehalten. Auch wenn dies, wie der Kläger behauptet, auf Empfehlung des Beklagten geschah, so ergibt sich doch, dass er die Problematik der Vertragsstrafe spätestens ab diesem Zeitpunkt kannte. Angesichts dieser Verhandlungen über die Vertragsstrafe und die langjährige geschäftliche Erfahrung des Klägers, konnte der Beklagte ohne Verschulden davon ausgehen, dass der Kläger ausreichend sachkundig ist und keiner weiteren Belehrung und Beratung über einen Vorbehalt der Vertragsstrafe bei der Abnahme benötigt.
23Die Behauptung des Kläger, keine Kenntnis über die Regelungen der VOB/B zu haben, entlastet ihn nicht. Dies ergibt sich schon daraus, dass nicht nur die Verdingungsordnung für Bauleistungen den Vorbehalt der Vertragsstrafe für deren Geltendmachung voraussetzt, sondern auch die Regelung des § 341 Abs. 3 BGB. Der Kläger behauptet auch nicht, dass in keinem der von ihm für die Installationsgesellschaft geschlossenen Verträge eine Vertragsstrafe vereinbart worden wäre. Es kann dabei dahin stehen, ob die Vertragsstrafe auf Betreiben der jeweiligen Auftraggeber in die Verträge aufgenommen wurden. Denn jedenfalls bestand für den Kläger aus den zurückliegenden Vertragsverhältnissen Veranlassung sich über die Vertragsstrafe kundig zu machen. Davon, dass der Kläger in seinem eigenen Interesse diese Informationen seit langem eingeholt hatte, konnte der Beklagte ausgehen.
24Im übrigen ist der Vortrag des Klägers, er kenne die VOB/B nicht seiner langjährigen Tätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH, deren Geschäftsgegenstand die Ausführung von Installationsarbeiten ist, unglaubwürdig und falsch. Wie dem Senat aus einem Rechtsstreit des Klägers gegen einen anderen Unternehmer bekannt ist - LG Düsseldorf 6 O 482/00 - hat der Kläger als Auftraggeber ohne Beteiligung des Beklagten auch mit diesem Unternehmer die Geltung der VOB/B vereinbart. Dass der Kläger als Auftragnehmer ebenfalls die Geltung der VOB/B vereinbarte, ist dem Senat aus einem weiteren Verfahren - LG Düsseldorf 12 O 140/99 - bekannt. Seine Behauptung, die VOB inhaltlich nicht zu kennen, ist angesichts dieser Umstände eine unrichtige Schutzbehauptung. Hinsichtlich der Angaben des Klägers ist auch darauf hinzuweisen, dass er noch in der Berufungsbegründung ausdrücklich geltend machte, einen Vertragstext wie den hier vorliegenden nie selbst verwendet zu haben. Diese Behauptung ist falsch, denn er hat das von dem Beklagten hergestellte Formular ohne dessen Beteiligung zumindest in einem Fall benutzt, wie dem Senat aus dem Rechtsstreit LG Düsseldorf 6 O 482/00 bekannt ist.
25Das Vorbringen des Klägers in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19.03.2002 rechtfertigt nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
26Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbar folgt aus §§708 Nr. 10, 713 ZPO.
27Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
28Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer des Klägers: 9.397,22 EUR
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.