Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 10 U 44/01
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 22. Dezember 2000 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
2Die zulässige Berufung der Klägerin ist sachlich nicht gerechtfertigt. Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung eines weiteren Mietzinses für die Zeit vom 1.8.1998 bis 1.11.1999 in Höhe von insgesamt 18.133,96 DEM mit im Wesentlichen zutreffender Begründung abgewiesen. Das Rechtsmittelvorbringen der Klägerin gestattet keine davon abweichende Feststellung. Der Senat folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung nach Maßgabe der folgenden durch das Berufungsvorbringen veranlassten Ausführungen:
3I.
41.
5Die Klägerin ist nicht berechtigt, die monatliche Miete nach einer Mietfläche von insgesamt 107,71 qm zu berechnen. Ihr steht weder nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung noch nach den Grundsätzen über den Wegfall bzw. das Fehlen der Geschäftsgrundlage ein Anspruch auf Anpassung des vereinbarten Mietzinses an die - nach ihrer Meinung - tatsächliche Mietfläche von 107,71 qm zu.
6(a) Eine ergänzende Vertragsauslegung ist zulässig, wenn eine Vereinbarung der Parteien in einem regelungsbedürftigen Punkt fehlt. Dabei ist unerheblich, aus welchen Gründen die Parteien diesen Punkt offengelassen haben: Ob sie bewusst auf eine ins einzelne gehende Regelung verzichtet haben, ob die Lücke in der Vertragsregelung von Anfang bestanden hat oder ob sie sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (vgl. BGH, NJW-RR 1989, 1490).
7Der schriftliche Mietvertrag der Parteien vom 4.6.1998 weist unter keinem dieser Gesichtspunkte eine Lücke auf. Die Auslegung des Vertrages ergibt, dass die Parteien hinsichtlich der von der Beklagten zu zahlenden monatlichen Miete von 3.490,80 DM eine abschließende Regelung getroffen haben, ohne dass es insoweit auf die tatsächliche Mietfläche ankommt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dem Mietvertrag nicht zu entnehmen, dass die Parteien eine sog. Quadratmetermiete vereinbart haben, deren Grundlage die tatsächliche Mietfläche sein sollte. Eine derartige Auslegung der vertraglichen Regelungen ergibt sich weder aus § 1 noch aus § 6 des Mietvertrages. Zwar weist § 6 Ziffer 1 die Miete für die in § 1 ausgewiesene Mietfläche im 7. OG. des Hauses mit "ca. 87,27 qm x 40 DM = 3.490,80 DM gesamt (zzgl. MWSt)" aus. Auch ist die Größe der der Beklagten vertraglich überlassenen Räume gemäß § 1 Nr. 1 mit "ca. 87,27 qm vereinbart". Hieraus folgt jedoch nicht zwingend, dass die tatsächliche Mietfläche für die Bemessung des Mietzinses maßgeblich sein sollte. Die Verwendung des Kürzels "ca." in beiden Paragraphen deutet vielmehr darauf hin, dass die tatsächliche Quadratmeterzahl entgegen der Auffassung der Klägerin für die Bemessung der monatliche Miete nach der Vorstellung der Parteien keine entscheidende Rolle spielen sollte. Das Adverb "ca." ist ein Synonym für ungefähr und wird allgemein verwendet, um ein nicht auf exakter Berechnung beruhendes Schätzungsergebnis auszudrücken. Dass es den Parteien bei Vertragsschluss auf eine genaue Festlegung der Mietfläche nicht ankam, ergibt sich ferner daraus, dass sich die - "falsche" - Flächenangabe "87,27 qm" nach dem Vorbringen der Klägerin zwar aus dem dem Mietvertrag als Anlage beigefügten Grundrissplan ergeben soll, dass dieser aber nach der in § 1 Nr. 2 getroffenen Regelung gerade nicht zur Grundlage der Mietberechnung gemacht worden ist. Denn der Grundrissplan hat nach § 1 Nr. 2 Satz 2 nur die Bedeutung, "die Lage des Mietobjekts zu bezeichnen". Wäre der Grundrissplan auch maßgeblich für die Berechnung der Mietfläche gewesen, hätte es nahe gelegen, dies im Vertragstext ausdrücklich zu kennzeichnen und die Bedeutung des Grundrisses nicht auf die Beschreibung des Mietgegenstandes zu begrenzen. Hierfür spricht auch, dass der nach Erwerb des Grundeigentums im Wege der Zwangsversteigerung zwischen den Parteien neu abgeschlossene Mietvertrag - anders als der der Klägerin zu diesem Zeitpunkt bekannte Mietvertrag der Beklagten mit der Voreigentümerin - hinsichtlich der für die Mietberechnung maßgeblichen Flächengröße keine Anpassungsregelung vorsieht. Während letzterer in § 3 Nr. 3.2 vorsah, dass Abweichungen von den zugrunde gelegten Nettogrundrissflächen bis zu +/- 3 % nicht zu einer Änderung des Mietzinses führen, enthält der Mietvertrag vom 4.6.1998 keine vergleichbare Regelung. Auch dies spricht dafür, dass es den Parteien bei der Festlegung des Mietpreises nicht auf eine Anbindung an die tatsächliche Mietfläche ankam.
8(b) Es kann nach dem Vorbringen der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien sich hinsichtlich der Mietflächenberechnung in einem nach den Grundsätzen des Wegfalls bzw. Fehlens der Geschäftsgrundlage zu behandelnden gemeinsamen Irrtum befunden haben. Ein solcher Irrtum ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nach den Prinzipien des gleichwertigen Parteivorbringens aus ihrer hilfsweisen Bezugnahme auf das Vorbringen der Beklagten. Zwar hat die Beklagte danach u.a. vorgetragen, "der Klägerin sei es darum gegangen, eine möglichst hohe Quadratmetermiete ausweisen zu können. Für die Beklagte sei die Art der Mietberechnung unerheblich gewesen. Ihr sei es nur um den tatsächlich einzusetzenden Monatsbetrag gegangen. Sie sei bereit gewesen, den hohen Quadratmeter-Mietzins von 40 DM auf der Grundlage einer fest vereinbarten Fläche von 87,27 qm zu akzeptieren". Die Annahme eines gemeinsamen Irrtum scheitert jedoch daran, dass die Art der Mietberechnung für die Beklagte nach diesem Vorbringen unerheblich und sie lediglich bereit war, den hohen Quadratmeter-Mietzins auf der Grundlage einer fest vereinbarten Fläche von 87,27 qm zu akzeptieren. Wird hiervon ausgegangen, dann befand sich die Beklagte bei verständiger Würdigung (§ 133 BGB) nicht in einem Irrtum über die Größe der Mietfläche, sondern sie wollte - selbst wenn sich die zugrunde gelegte Quadratmeterzahl zu ihren Ungunsten als falsch erweisen sollte - keinen höheren Mietzins als den auf der Basis einer vereinbarten Fläche von 87, 27 qm akzeptieren. Gegenteiliges ist der Berufung nicht zu entnehmen.
9(c) Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die die Klägerin nicht im Einzelnen angegriffen hat, steht ihr auch kein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung zu, weil die Beklagte die fehlerhafte Mietberechnung aufgrund der Flächenangaben des Mietvertrages mit der Voreigentümerin erkannt und ihr verschwiegen haben soll.
102.
11Ein Anspruch aus § 812 BGB scheitert bereits daran, dass der streitgegenständliche Mietvertrag nach den vorstehenden Ausführungen unabhängig von der tatsächlichen Größe der Mietfläche Rechtsgrund für die Überlassung der im 7. OG des Hauses gelegenen Mieträumlichkeiten ist.
123.
13Ob die Klägerin angesichts der in § 6 Nr. 3 + 7 getroffenen Regelungen gehindert ist, die Nebenkosten mit der Beklagten auf der Grundlage der tatsächlichen Mietfläche zu berechnen und dementsprechende Vorauszahlungen zu erheben, bedarf schon deshalb keiner Entscheidung, weil eine Anpassung der Vorauszahlungshöhe jedenfalls nicht rückwirkend verlangt werden kann. Im Übrigen ist hinsichtlich der die streitgegenständlichen Nebenkostenvorauszahlungen betreffenden Abrechnungszeiträume seit langem Abrechnungsreife eingetreten, so dass die Klägerin auch aus diesem Grund in der Klageforderung enthaltene anteilige Vorauszahlungen nicht mehr verlangen kann.
14II.
15Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
16Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
17Streitwert: 18.133,60 DEM
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