Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 7 WF 73/02
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Be-schluss des Amtsgerichts - Rechtspfleger - Neuss vom 23. April 2002 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmit-tels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die dem Beteiligten zu 1. für die Verfahrenspflegschaft aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung nebst Aufwendungsersatz wird festgesetzt auf 221,61 EUR.
Im übrigen werden die Erstattungsanträge vom 30. Oktober 2001 und vom 16. Januar 2002 zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtsgebühren des Beschwerde-verfahrens nach einem Geschäftswert von 686,97 EUR. Außergerichtli-che Kosten werden nicht erstattet.
Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Mit Beschluss vom 25. Juli 2000 hat das Amtsgericht den Mitarbeiter A. M. des Beschwerdeführers zum Verfahrenspfleger des am 20. März 1997 geborenen Kindes bestellt, nachdem der Antragsteller in der anhängigen Ehesache die Übertragung der elterlichen Sorge für D. auf sich beantragt hatte. Durch Antragsrücknahme am 22. Januar 2001 ist die Folgesache Sorgerecht hinsichtlich D. beendet worden.
4Mit Antragsschrift vom 30. Oktober 2001 hat der Beteiligte zu 1. die Tätigkeit des Verfahrenspflegers unter Beifügung einer Abtretungserklärung des Verfahrenspflegers vom 22. April 2001 sowie von Stundenzetteln wie folgt abgerechnet:
5Honorarkosten 1.585,00 DM
6Aufwandsentschädigung 181,04 DM
7gesamt: 1.766,04 DM.
8Mit weiterer Antragsschrift vom 16. Januar 2002 hat der Beteiligte zu 1. ein Honorar von 5,62 EUR nachberechnet.
9Der Bezirksrevisor ist den Abrechnungen entgegengetreten und hat insbesondere beanstandet, die Tätigkeitsbeschreibungen seien weitestgehend sehr ungenau und standardisiert; Rückschlüsse auf die Erforderlichkeit der einzelnen Tätigkeiten und deren notwendigen Umfang seien ebensowenig möglich wie die Herstellung des Bezuges zu den Aufgaben eines Verfahrenspflegers.
10Durch die angefochtene Entscheidung, auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts die Vergütungsanträge vom 30. Oktober 2001 und 16.01.2002 zurückgewiesen, weil die Tätigkeitsbeschreibungen zu ungenau seien.
11Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 1. mit seiner am 11. Mai 2002 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittelschrift. Er macht unter Hinweis auf Entscheidungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe und des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf geltend, es sei diejenige Arbeit geleistet worden, welche in solch einem Fall erforderlich sei.
12II.
13Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1. ist gemäß §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 S. 3, 56 g Abs. 5 S. 1 FGG zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 300 DM übersteigt. Sie ist aber nur teilweise begründet:
14Dem Verfahrenspfleger steht nach §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG, 1908 i Abs. 1, 1836 Abs. 1, 3, 1836 a BGB ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen und eine Vergütung zu. Die Höhe der Vergütung richtet sich gemäß §§ 1836 Abs. 2, 1836 a BGB nach den Sätzen des Gesetzes über die Vergütung von Berufsvormündern. Der von dem Beteiligten zu 1. für den Mitarbeiter M. geltend gemachte Stundensatz von 60 DM gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormG wird nicht beanstandet.
15Der Beteiligte zu 1. kann als Verein für seinen Mitarbeiter M. gemäß § 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG, 1908 e Abs. 1 BGB in eigenem Namen die Zahlung von Aufwendungsersatz und Vergütung verlangen. Die von dem Verfahrenspfleger vorgenommene Abtretung vom 20. April 2001 ist überflüssig, aber auch unschädlich.
16Der Ersatzanspruch des Verfahrenspflegers bezieht sich allerdings nur auf diejenigen Zeiten und Aufwendungen, die die vom Gesetz dem Verfahrenspfleger zugewiesenen Tätigkeiten betreffen. Nach § 50 Abs. 1 FGG hat das Gericht dem minderjährigen Kind einen Pfleger für ein seine Person betreffendes Verfahren zu bestellen, sobald dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Dies lässt erkennen, dass der Verfahrenspfleger für die Durchführung des gerichtliche Verfahrens an die Stelle des gesetzlichen Vertreters des Kindes tritt und an dessen Stelle die Kindesinteressen in das Verfahren einzubringen hat. Der Verfahrenspfleger hat also nur das eigene Interesse des Kindes zu erkennen und zu formulieren (OLG Brandenburg MDR 2001 S. 573 unter Bezug auf Bundesverfassungsgericht MDR 1999 S. 99 = FamRZ 1999 S. 85, 87). Der Verfahrenspfleger hat darauf hinzuwirken, dass das Verfahren - soweit dies möglich ist - kindgerecht gestaltet wird, und dem Kind in dem Verfahren bei Bedarf zur Seite zu stehen. Als "reiner Parteivertreter" ist es dagegen nicht seine Aufgabe, sich an der Erforschung der dem objektiven Kindeswohl am besten dienenden Entscheidung zu
17beteiligen, insbesondere keine über die bloße Ermittlung des Kindeswillens hinausgehenden Ermittlungen anzustellen (brandenburgisches OLG a. a. O.; OLG Schleswig, OLGR Schleswig 2000 S. 177 ff.; Kammergericht FamRZ 2000 S. 1300; OLG Frankfurt am Main FamRZ 1999, S. 1293 f.). Vergütungsfähig sind mithin diejenigen Tätigkeiten des Verfahrenspflegers, die er gewissermaßen als Anwalt des Kindes wahrnimmt und in dieser Funktion in das Verfahren einbringt; hierzu gehört in erster Linie die Informationssammlung durch Gespräche mit dem Kind, den beteiligten Bezugspersonen (Eltern, Pflegeeltern) und den beteiligten Institutionen (Jugendamt und Gericht). Nicht zu dem vergütungsfähigen Aufgabenkreis gehören zwischen den Beteiligten vermittelnde und Lösungsvorschläge herbeiführende Aktivitäten (vgl. OLG München, FamRZ 2002, S. 563; Anmerkung Luthin zu OLG Karlsruhe FamRZ 2001 S. 1167).
18Es ist mithin nicht vornherein jede von dem Verfahrenspfleger entfaltete Tätigkeit zu vergüten. Vielmehr bedarf es generell der Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der vergütungshalber geltend gemachten Tätigkeit im Einzelfall, da der Verfahrenspfleger nicht nach individuellem Belieben die Höhe der ihm zustehenden Vergütung durch eine sachlich unangemessene und nicht gebotene Ausweitung seiner Aktivitäten bestimmen kann (vgl. OLG Naumburg Beschluss vom 19. Juni 2001, 14 WF 75/01). Die Prüfung, ob sich der Verfahrenspfleger bei seiner abgerechneten Tätigkeit noch innerhalb des oben beschriebenen vergütungsfähigen Aufgabenkreises bewegt oder diesen überschritten hat, setzt allerdings konkrete und nachvollziehbare Angaben des Verfahrenspflegers zu Gegenstand und Zweck der einzelnen abgerechneten Tätigkeiten voraus. Soweit konkrete Angaben fehlen, ist der erforderliche Zeitaufwand zur Führung der Verfahrenspflegschaft entsprechend § 287 ZPO durch das Gericht zu schätzen (vgl. Soergel-Zimmermann, 2001, § 1836 a BGB Rdnr. 45 a. E.).
19Die Erforderlichkeit der von den Beteiligten zu 1. mit insgesamt 1596 Minuten abgerechneten Tätigkeiten des Verfahrenspflegers ist auch im Beschwerdeverfahren nicht nachvollziehbar dargetan. Der Beteiligte zu 1. hat sich darauf beschränkt, die Stundenzettel des Verfahrenspflegers vorzulegen, den dort vermerkten Zeitaufwand aber nicht näher erläutert. Mit Recht haben der Vertreter der Landeskasse und das Amtsgericht die Angaben in diesen Stundenzetteln als zu pauschal und deswegen nicht ausreichend angesehen. Die Stundenzettel beschränken sich im Wesentlichen auf eine Auflistung von Gesprächen mit Verfahrensbeteiligten, wobei allein für den Kindesvater vier Gespräche mit einer Gesamtdauer von fünf Stunden und vierzig Minuten vermerkt sind. In einem Fall ist die Teilnahme des Verfahrenspflegers an einem "BU" (offenbar: betreuter Umgang) vermerkt, obgleich die Regelung des Umgangs nicht Gegenstand des Verfahrens war. Durchgängig beschränken sich die Angaben in den Handzetteln auf Stichworte und ermöglichen deswegen nicht die sichere Zuordnung der vermerkten Tätigkeiten zu dem vergütungsfähigen Aufgabenkreis des Verfahrenspflegers.
20Nachdem der Beschwerdeführer auch im Beschwerdeverfahren - trotz der Hinweise des Vertreters der Landeskasse und des Amtsgerichts auf diesen Mangel der Vergütungsanträge - seine Angaben zu der Tätigkeit des Verfahrenspflegers nicht ergänzt hat, besteht für den Senat kein Anlass zu weiterer Aufklärung von Amts wegen gemäß § 12 FGG. Vielmehr ist die erforderliche Zeit zur Führung der Verfahrenspflegschaft im Rahmen des zugewiesenen Aufgabenkreises nebst der damit verbundenen finanziellen Aufwendungen zu schätzen.
21Der Senat geht ohne Nachweis im einzelnen davon aus, dass jedenfalls Gespräche mit dem Kindesvater, der Kindesmutter, dem Jugendamt/Vormund und den Pflegeeltern sowie dem Kind erforderlich waren:
22- Gespräch mit dem Kindesvater: 60 Minuten + 30 Minuten Fahrtzeit = 90 Minuten zzgl. 40 Kilometer Gesamtfahrtstrecke,
23- Gespräch mit der Kindesmutter: 60 Minuten + 30 Minuten Fahrtzeit = 90 Minuten zzgl. 36 Kilometer Gesamtfahrtstrecke,
24- Gespräch mit den Pflegeeltern und dem Kind: 60 Minuten Pflegeeltern + 30 Minuten Kind (wie abgerechnet) + 30 Minuten Fahrtzeit = 120 Minuten + 46 Kilometer Gesamtfahrtstrecke,
25- Gespräch mit Jugendamt/Vormund: insgesamt 60 Minuten.
26Insgesamt ergibt sich ein vergütungsfähiger Zeitaufwand von 360 Minuten = 6 Stunden zu je 60 DM. Ferner sind geschätzte Fahrtkosten von 122 Kilometern x 0,52 DM = 63,44 DM zu ersetzen. Allfällige Telefonkosten schätzt der Senat auf 10 DM. Der Gesamtbetrag beläuft sich auf: 360,00 DM + 63,44 DM + 10 DM = 433,44 DM = 221,61 EUR.
27Die Entscheidung über die Beschwerdegebühr beruht auf § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO. Der Geschäftswert ist gemäß § 131 Abs. 2 KostO i. V. m. § 30 Abs. 1 KostO aufgrund der teilweisen Zurückweisung des Rechtsmittels lediglich nach dem herabgesetzten Gegenstandswert des erfolglosen Teils der Beschwerde zu bemessen (BayObLG FamRZ 1990 S. 905, 907).
28Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG.
29Für die Zulassung der weiteren Beschwerde gemäß §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 S. 3, 56 g Abs. 5 S. 2 FGG besteht kein Anlass.
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