Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 10 U 150/01
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17. Juli 2001 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düssel-dorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 234.149,45 EUR nebst 5 % Zin-sen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.7.2000 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Kläger zu 13 %, die Beklagte zu 87 %.
Die Kosten der Berufung tragen die Kläger zu 10 %, die Beklagte zu 90 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10 % über dem jeweils zu vollstreckenden Betrag abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vorab in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Aufgrund des Mietvertrages vom 29.12.1982 zwischen der "E. S. Grundstückskommanditgesellschaft" und der "c. Aktiengesellschaft Niederlassung West", auf dessen Inhalt verwiesen wird (GA 247-252), bestand zwischen den Parteien ein bis zum 31.12.1997 befristetes Mietverhältnis über Geschäftsräume auf dem Grundstück R.-Straße 14-20 in K.. Die endgültige Räumung des Objekts erfolgte am 11.6.1998.
3Aus den im Einzelnen im Tatbestand des angefochtenen Urteils angefochtenen Gründen, auf die Bezug genommen wird (GA 183 R - 185), haben die Kläger die Beklagte wegen mängelbehafteter und verspäteter Rückgabe der Mietsache und ausstehender Nebenkosten für die Jahre 1997 und 1998 (anteilig) auf Zahlung von insgesamt 523.650,71 DEM in Anspruch genommen.
4Das Landgericht, auf dessen Entscheidungsgründe im Einzelnen verwiesen wird (GA 185 R - 190), hat der Klage bis auf einen geringfügigen Teil des Zinsanspruchs stattgegeben und die Beklagte wegen der bei Rückgabe vorhandenen Mängel zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 422.331,00 DEM, zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung von 72.992,28 DEM aus § 326 Abs. 1 a.F. BGB bis einschließlich Juli 1998 sowie zur Zahlung von Nebenkosten in Höhe von insgesamt 28.327,43 DEM verurteilt.
5Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Beklagte, die zunächst die Existenz eines unterschriebenen Mietvertrages bestritten hat, hat ihr Bestreiten nach Vorlage des schriftlichen Vertragstextes vom 29.12.1982 in der mündlichen Verhandlung aufgegeben. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen. Ein Schadensersatzanspruch stehe den Klägern nicht zu, weil die "Mängel" auf vertragsgemäßem Gebrauch beruhten. Eine Endrenovierung sei vertraglich nicht vorgesehen gewesen. Sie sei lediglich verpflichtet gewesen, das Objekt besenrein zu überlassen. Jedenfalls müsse ein Abzug "neu für alt" vorgenommen werden. Etwaige Ersatzansprüche der Kläger seien verjährt, weil die Frist des § 558 a.F. BGB bereits am 30.12.1997 begonnen habe. Eine Nutzungsentschädigung stehe den Klägern aus den erstinstanzlich angeführten Gründen im Wesentlichen wegen Verschleppung der Neuvermietung nicht zu. Nebenkosten für 1997 und 1998 könnten die Kläger nicht verlangen. Verbrauchsabhängige Kosten hätten sie zu Unrecht den Beklagten belastet, obwohl das Objekt 1997 und bis Mitte 1998 nicht genutzt worden sei. Der in der Abrechnung 1997 aufgeführte "Fehlbetrag aus der vorherigen Abrechnung" sei erläuterungsbedürftig und werde bestritten. Eine Verpflichtung zur Zahlung von Rücklagen und den nicht näher spezifizierten Kosten des Sondereigentums sei nicht erkennbar. Hinsichtlich der Abrechnung 1998 bestreitet sie die "laufenden Reparaturen" und die Heizkosten. Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit einem Bereicherungsanspruch wegen zuviel gezahlter Nebenkosten in den Jahren 1993 - 1996 in Höhe von 121.121,12 DEM.
6Die Beklagte beantragt,
7das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 17.07.01 abzuändern und die Klage abzuweisen.
8Die Kläger treten der Berufung nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 18.3.2002, auf den im Einzelnen verwiesen wird (GA 231 ff.) entgegen.
9Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien einschließlich der zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen Bezug genommen.
10Die Akten 3 OH 6/98 LG Düsseldorf und 9 O 257/98 LG Düsseldorf = 10 U 126/99 OLG Düsseldorf lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
11E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
12Die zulässige Berufung hat hinsichtlich der geltend gemachten Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 1.7. bis 31.7.1998 in Höhe von 22.849,20 EUR (= 44.689,15 DEM) und hinsichtlich der Nebenkosten in Höhe von 10.739,71 EUR (= 21.005,04 DEM), d.h. in Höhe von insgesamt 33.588,91 EUR teilweise Erfolg. In Höhe weiterer 234.149,45 EUR (= 457.956,52 DEM = 422.331,00 DEM Schadensersatz + 7.322,39 DEM anteilige Nebenkosten 1998 + 28.303,13 DEM anteilige Nutzungsentschädigung 06/1998) hat das Landgericht die Beklagte zutreffend zur Zahlung verurteilt. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine hiervon abweichende Beurteilung. Die Hilfsaufrechnung der Beklagten ist unbegründet.
13I. Schadensersatz
141.
15Aus Rechtsgründen unbeachtlich ist der Einwand der Berufung, da der Mietvertrag keine Endrenovierung vorsehe und die Kläger daher nur einen Anspruch auf Übergabe eines "normal" abgenutzten Objekts besäßen, müsse im Schadensersatzbereich ein Abzug "neu für alt" vorgenommen werden.
16(a) Der Berücksichtigung einer Vorteilsausgleichung in Form eines Abzugs "neu für alt" steht bereits das rechtskräftige Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 10.5.1999 (9 O 257/98) entgegen. Danach steht fest, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Kosten für die Beseitigung der im Mietobjekt R.-Straße vorhandenen Mängel, die im Beweissicherungsverfahren festgestellt "werden", zu tragen. Aufgrund dieser rechtskräftigen Feststellung ist die Beklagte mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie bis zur letzten Tatsachenverhandlung gegen das festgestellte Recht hätte geltend machen können.
17Nach ständiger Rechtsprechung des BGH führt die Rechtskraft eines Feststellungsurteils, in dem die Schadensersatzpflicht des in Anspruch genommenen Schädigers festgestellt worden ist, dazu, dass Einwendungen, die das Bestehen des festgestellten Anspruchs betreffen und sich auf Tatsachen stützen, die schon zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorgelegen haben, nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Anders als beim Erlass eines Grundurteiles müssen solche Einwendungen, die den Grund des Schadensersatzanspruchs betreffen, beim Erlass des Feststellungsurteils beschieden werden (BGH NJW 1989, 105; NJW 1988, 2542). Der Beklagte ist daher auch mit solchen Einwendungen und den diesen zugrundeliegenden Tatsachen ausgeschlossen, die damals bereits bestanden haben, aber nicht vorgetragen worden sind.
18Gemessen an diesen Grundsätzen kann sich die Beklagte gegenüber dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch weder auf eine normale Abnutzung der Mietsache noch auf einen Abzug "neu für alt" noch darauf berufen, dass sie nicht verpflichtet sei, mit Zustimmung des Vermieters vorgenommene bauliche Veränderungen zu beseitigen.
19(b) Unabhängig von vorstehender Überlegung scheidet ein Abzug "neu für alt" aber auch aufgrund der in § 7 des schriftlichen Mietvertrages der Beklagten auferlegten Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht aus. Danach war die Beklagte verpflichtet, das Mietobjekt auf ihre Kosten in einem jederzeit funktionsfähigen, zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten und einwandfreien Zustand zu erhalten. Hierin eingeschlossen war die laufende und außerordentliche Instandhaltung und Instandsetzung des Mietobjekts in allen Teilen und zwar von außen und innen, einschließlich der Ersatzbeschaffung fehlender Teile. Aufgrund dieser umfassenden Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht, gegen deren Wirksamkeit die Beklagte mit der Berufung keine Bedenken mehr vorgebracht hat, war die Beklagte - wie das Landgericht zutreffend angenommen hat - verpflichtet, die im Beweissicherungsverfahren 3 OH 6/98 LG Düsseldorf unter Ziffer 3.1. bis 3.15 des Gutachtens des Sachverständigen S. vom 26.1.1999 aufgeführten Beanstandungen - unabhängig davon, ob es sich hierbei im Einzelfall um die Folge eines vertragswidrigen Gebrauchs oder um eine normale Abnutzung handelt - bereits während des laufenden Mietverhältnisses zu beseitigen, ohne sich gegenüber den Klägern auf die Grundsätze der Vorteilsausgleichung berufen zu können. Wäre die Beklagte dieser Pflicht nachgekommen, hätte sie nach den zur Höhe nicht im Einzelnen angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen S. Aufwendungen in Höhe von 422.331,00 DEM zur Schadensbeseitigung tätigen müssen. Da sie ihrer Vertragspflicht nicht nachgekommen ist, hat sie den Klägern den für die Mängelbeseitigung erforderlichen Geldbetrag zu erstatten. Dass sich der vertragliche Erfüllungsanspruch in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt hat, ändert nichts daran, dass ein Abzug "neu für alt" nicht in Betracht kommt. Auf die von der Berufung gegen die Abrechnung der Kläger auf Seite 3 - 9 der Berufungsbegründung erhobenen Einwendungen kommt es danach nicht an.
202.
21§ 7 Ziffer 3 des schriftlichen Mietvertrages steht der in Höhe von 422.331,00 DEM erhobenen Leistungsklage nicht entgegen. Kommt der Mieter danach seiner Unterhaltungspflicht nicht nach, so ist der Vermieter ohne weitere Aufforderung oder Nachfristsetzung berechtigt, die erforderlichen Arbeiten ausführen zu lassen und die dafür aufgewendeten Kosten vom Mieter erstattet zu verlangen. Die gewählte Formulierung schließt es aus, den Kostenerstattungsanspruch auf Sachverständigenbasis abzurechnen. Der Vermieter hat nach dieser Regelung nur dann einen Anspruch, wenn er die Arbeiten tatsächlich hat ausführen lassen. Wie der Klage zu entnehmen ist, machen die Kläger aber keinen Anspruch auf Ersatz bereits aufgewendeter Kosten geltend, sondern sie legen ihrer Berechnung die Aufstellung des Sachverständigen S. zur geschätzten Höhe der Mängelbeseitigungskosten zugrunde, eine Vorgehensweise, die durch die vertragliche Regelung nicht gedeckt ist.
22Allerdings regelt Ziffer 7 bei verständiger Würdigung nur die laufende Unterhaltung während der Mietzeit. Für diesen Fall ist es sachgerecht, dass dem Vermieter ein Ersatzanspruch nur dann zustehen soll, wenn er - anstelle des verpflichteten Mieters - Erhaltungsleistungen erbracht hat, die der Mietsache und damit letztlich auch wieder dem Mieter zugute kommen. Für den vergleichbaren vertraglichen Anspruch des Vermieters auf Durchführung der vom Mieter übernommenen Schönheitsreparaturen hat der BGH (WM 1990, 494) entschieden, dass dem Vermieter während der laufenden Mietzeit bei deren Nichtausführung kein Schadensersatzanspruch aus § 326 BGB, sondern lediglich ein Vorschuss auf die auszuführenden Renovierungsarbeiten zusteht. Anders ist die Rechtslage allerdings dann, wenn das Mietverhältnis beendet und der Mieter - wie im Streitfall - rechtskräftig zur Ersatzleistung verpflichtet ist. In diesem Fall besteht kein Grund, den Vermieter in der Verwendung der als Schadensersatz geschuldeten Geldsumme zu beschränken, so dass die Kläger berechtigt sind, den Schadensersatzanspruch unter Zugrundelegung der Kostenermittlung des Sachverständigen Schuh abstrakt abzurechnen.
23II. Nutzungsentschädigung
24Die Kläger können von der Beklagten für die Zeit von der Rückgabe der Mietsache am 11.6.1998 bis zum 30.6.1998 gemäß § 557 Abs. 1 a.F. BGB eine anteilige Nutzungsentschädigung in Höhe von 28.303,13 DEM verlangen. Ein weitergehender Anspruch auf Ersatz eines Mietausfallschadens für Juli 1998 in geltend gemachter Höhe von 44.689,15 DEM steht ihnen entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht gemäß § 326 Abs. 1 BGB zu.
25(a) Gibt der Mieter die gemietete Sache nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurück, so kann der Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung den vereinbarten Mietzins verlangen (§ 557 I 1 a.F. BGB). Ein solcher Anspruch steht den Klägern auch für den Monat Juni 1998 entgegen der Meinung der Berufung zu, denn die Beklagte hat ihnen den Besitz an den Mieträumen in dem streitgegenständlichen Zeitraum vorenthalten.
26Eine Vorenthaltung ist hier nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Kläger die Rücknahme des Ladenlokals am 30.12.1997 abgelehnt haben. Zwar besagt der Begriff "Vorenthaltung" grundsätzlich, dass der Mieter die Mietsache nicht zurückgibt und das Unterlassen der Herausgabe dem Willen des Vermieters widerspricht (vgl. BGH NJW 1984, 1527; Senat, NJW 1983, 112). § 557 Abs. 1 a.F. BGB steht jedoch in engem Zusammenhang mit § 556 a.F. BGB. Rückgabe bedeutet Verschaffung des unmittelbaren Besitzes. Sind Grundstücke oder Räume zurückzugeben und befinden sich dort Sachen des Mieters, sind diese zu entfernen. Zur Rückgabe von Mieträumen gehört daher außer der Verschaffung der tatsächlichen Gewalt auch die Räumung. In welchem Zustand sich die Mietsache bei der Rückgabe befindet, ist für die Rückgabe selbst prinzipiell ohne Bedeutung. Deshalb kann allein darin, dass der Mieter dem Vermieter die Räume in verwahrlostem Zustand oder mit von ihm zu beseitigenden Einrichtungen versehen überlässt, an sich keine Vorenthaltung gesehen werden (NJW 1983, 1049; NJW 1988, 2665). Der Umstand, dass der Mieter Einrichtungen in der Mietsache nicht entfernt, kann aber der Annahme einer Rückgabe dann entgegenstehen und damit eine Vorenthaltung im Sinne des § 557 a.F. BGB begründen, wenn wegen des Belassens der Einrichtungen nur eine teilweise Räumung des Mietobjektes anzunehmen ist. Teilleistungen des Mieters bei Erfüllung der Rückgabepflicht sind unzulässig. Eine nur teilweise Räumung hat daher, wenn sich - wie hier - aus dem Vertrag nichts Gegenteiliges ergibt, zur Folge, dass dem Vermieter die gesamte Mietsache vorenthalten wird (BGH, a.a.O.; Fischer-Dieskau/ Pergande /Schwender, Wohnungsbaurecht, Bd. 5, § 556 BGB, Anm. 3.3; m.w.N.; Gelhaar, in: RGRK, 12. Aufl., § 557 Rdnr. 12). Es liegt dann eine Nichterfüllung der Räumungspflicht vor und nicht nur eine bloße Schlechterfüllung, so dass der Vermieter eine ihm angebotene Teilräumung zurückweisen darf, ohne seinen Anspruch aus § 557 Abs. 1 a.F. BGB zu verlieren. Bleiben allerdings nur einzelne Gegenstände zurück, kann im Einzelfall dennoch anzunehmen sein, dass der Mieter seine Räumungspflicht erfüllt hat. Daher hindert das Zurücklassen von geringfügigem Gerümpel den Vermieter an der Rücknahme jedenfalls dann nicht, falls der Mieter mit deren Zurücklassen keinen Eigenbesitzwillen mehr äußert (BGH a.a.O.; BGH NJW 1994, 3232, 3234; Senat, Urt. v. 19.2.1987, ZMR 1987, 215).
27Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Beklagte ihre Rückgabepflicht nicht vor dem 11.6.1998 erfüllt, denn sie war am 30.12.1997, dem vereinbarten Übergabetermin, lediglich zur Rückgabe des geräumten Ladenlokals bereit, während die mitvermieteten Gaststättenräume zu diesem Zeitpunkt unstreitig noch vollständig eingerichtet waren und erst am 11.6.1998 geräumt worden sind. Von einem der Erfüllung der Rückgabepflicht nicht entgegenstehenden Zurücklassen nur einzelner Gegen- stände i.S. der vorzitierten Rechtsprechnung des BGH kann bei der Nichtentfernung der kompletten Gaststätteneinrichtung und einer Größe der Gaststätte von (nach Angaben der Beklagten) mindestens 100 qm keine Rede sein. Das Rechtsmittelvorbringen der Beklagten gestattet keine davon abweichende Feststellung.
28Die Beklagte macht auch ohne Erfolg geltend, die Kläger hätten die teilweise Rückgabe nur des Ladenlokals nicht zurückweisen dürfen. Zwar entspricht es allgemeiner Auffassung, dass ein Gläubiger nach § 242 BGB Teilleistungen grundsätzlich nicht ablehnen darf, wenn ihm die Annahme bei verständiger Würdigung der Lage des Schuldners und seiner eigenen schutzwürdigen Interessen zuzumuten ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 266, RdNr. 9, unter Hinweis auf BGH, VersR 1954, 298).
29Die danach erforderliche Interessenabwägung setzt allerdings voraus, dass zumindest gleichgewichtige Interessen der Beklagten die Heranziehung der Grundsätze von Treu und Glauben gebieten. Hiervon kann nicht ausgegangen werden. Die Kläger bzw. ihre Rechtsvorgängerin haben Ladenlokal und Gaststätte durch einheitlichen Vertrag vermietet und damit dokumentiert, dass das Mietobjekt unabhängig von den getrennten Zugängen eine wirtschaftliche Einheit darstellt und auch als solche an die Beklagte vermietet worden ist. Mit der einheitlichen Anmietung hat die Beklagte das Verwendungsrisiko für Ladenlokal und Gaststätte übernommen, dass sie nicht dadurch auf die Kläger rückabwälzen kann, dass sie die Räumlichkeiten einzeln an die Kläger zurückgibt. Ob die Kläger das Ladenlokal auch ohne die Gaststätte hätten vermieten können, unterliegt allein ihrer durch Art. 14 GG geschützten Dispositionsbefugnis und kann ihnen nicht durch eine sukzessive Rückgabe von Ladenlokal und Gaststätte von der Beklagte aufgezwungen werden.
30Dem Vorbringen der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten sind keine ausreichenden schutzwürdigen Interessen zu entnehmen, die im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung eine abweichende Beurteilung rechtfertigen. Insbesondere fehlt jegliches substantiierte Vorbringen, warum die - hier offensichtlich an die in Konkurs gefallene Firma G. untervermieteten - Gaststättenräume nicht bereits am 30.12.1997, sondern erst am 11.6.1998 geräumt worden sind. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, den Klägern sei die Rücknahme des Ladenlokals am 30.12.1997 zumutbar gewesen, da es für das gesamte Objekt (ausschließlich) wegen des Umfeldverhältnisses keine Mietinteressenten gebe, ist ihr Vorbringen ohne Substanz und daher schon aus diesem Grund unbeachtlich.
31Ist danach davon auszugehen, dass die Beklagte den Klägern das Mietobjekt insgesamt vorenthalten hat, so schuldet sie ihnen gemäß § 557 Abs. 1 a.F. BGB für die Dauer der Vorenthaltung die vereinbarte Vertragsmiete einschließlich der vereinbarten Umsatzsteuer (vgl. BGH ZMR 1999, 749; ZMR 1996, 131). Diese ist unabhängig davon zu zahlen, ob und inwieweit den Klägern aus der Vorenthaltung ein Schaden entstanden ist oder ob sie den Willen oder die Möglichkeit hatten, die Mietsache auch zukünftig zu nutzen (vgl. Staudinger/Sonnenschein, (1995), § 557 BGB, RdNr. 28).
32Da das Angebot der Rückgabe des Ladenlokals sich als unzulässige Teilleistung darstellt, schuldet die Beklagte eine Nutzungsentschädigung in Höhe der vertraglich vereinbarten Miete bis zur Beendigung der Vorenthaltung. Diese war mit Rückgabe der geräumten Gaststätte am 11.6.1998 beendet, denn an diesem Tag ist nach dem unwidersprochen gebliebenen und gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehenden Vorbringen der Kläger erst die Rückgabe erfolgt. Da die Rückgabe am 11.6.1998 während des laufenden Monats erfolgte, ist die Nutzungsentschädigung für den gesamten Monat Juni zu berechnen (OLG Hamburg, DWW 1984, 167), so dass das Landgericht die Beklagte danach zu Recht zur Zahlung von 28.303,13 DEM verurteilt hat.
33Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht verjährt. Die für den Anspruch aus § 557 Abs. 1 a.F. BGB geltende Verjährungsfrist des § 197 a.F. BGB beträgt vier Jahre (vgl. Staudinger/ Sonnenschein, a.a.O., RdNr. 38) und ist durch Zustellung der Klage am 27.9.2000 gemäß § 209 Abs. 1 a.F. BGB rechtzeitig unterbrochen worden.
34(b) Ein Schadensersatzanspruch auf Ersatz eines Mietausfallschadens für Juli 1998 wegen verspäteter Rückgabe der Mietsache setzt auch unter Beachtung der Beweiserleichterungen der §§ 252 BGB, 287 ZPO die Darlegung des Vermieters voraus, dass ein bestimmter Mietinteressent zu bestimmten Bedingungen bereits gewesen wäre, die Räume zu einem vor der verspäteten Rückgabe liegenden Zeitpunkt anzumieten (OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.4.1996, 9 U 211/95; LG Berlin, Urt. v. 29.1.2002, GE 2002, 734; Urt. v. 13.11.2001, GE 2002, 462; LG Landau in der Pfalz, Urt. v. 26.3.2002, ZMR 2002, 429; LG Siegen, Urt. v. 17.8.1999, WM 2000, 18). Hieran fehlt es.
35Auf die weitergehende Frage, ob ein etwaiger Schadensersatzanspruch darüber hinaus auch verjährt wäre, kommt es mithin nicht an.
36III. Nebenkosten
37Das Landgericht hat den Klägern in Höhe von 7.322,39 DEM im Ergebnis zutreffend auch einen Anspruch aus § 535 Satz 2 BGB a.F. auf Zahlung rückständiger Nebenkosten für 1998 einschließlich Juni 1998 zuerkannt. Anteilige Nebenkosten für Juli 1998 können die Kläger aus den unter II. dargelegten Gründen nicht verlangen. Eine Nachzahlung für 1997 ist nicht plausibel dargelegt.
38(a) Es mag dahinstehen, ob die in § 4 und § 7 Ziffer 4 enthaltenen Regelungen eine wirksame Überbürdung der abgerechneten Nebenkosten auf die Beklagte enthalten. Nach dem nicht substantiiert bestrittenen und gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig und zugestanden anzusehenden Vorbringen der Beklagten (GA 70) sind die Nebenkostenabrechnungen seit Beginn des Mietverhältnisses mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten in gleicher Weise abgerechnet worden. Damit haben die Parteien die vertraglichen Regelungen durch langjährige Übung sowohl hinsichtlich des Umfangs der abzurechnenden Kosten als auch hinsichtlich der Art und Weise der Abrechnung konkludent dahingehend modifiziert, dass die Klägerin berechtigt ist, die Nebenkosten auf die von ihr gewählte Weise abzurechnen (BGH, Beschl. v. 29.5.2000, NJW-RR 2000, 1463 = NZM 2000, 961). Hierin eingeschlossen sind - soweit sie von der Klägerin geltend gemacht werden - alle nach der beschlossenen Verwalterabrechnung im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer auf sie entfallende Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums. Mit diesem Inhalt der Umlagenvereinbarung kommt es schon aus diesem Grund nicht darauf an, ob die Beklagte die Mieträume für den streitigen Zeitraum genutzt hat oder nicht, so dass sie auch zur Zahlung anteiliger verbrauchsabhängiger Kosten verpflichtet ist. Rechtserhebliches hierzu ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen.
39(b) Soweit die Beklagte die Richtigkeit des Kostenansatzes bestreitet, ist ein Bestreiten des Kostenansatzes nach h.M., der auch der Senat folgt (vgl. DWW 2000, 194 = NZM 2000, 762: LG Berlin, GE 2000, 539; GE 2001, 1677; Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, 3. Aufl., K 18), nur dann zu berücksichtigen, wenn der Mieter vorher die Berechnungsunterlagen eingesehen und hieran anknüpfend seine Bedenken gegen die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung spezifiziert hat. Von dieser Möglichkeit muss der Mieter Gebrauch machen, soll sein Bestreiten nicht als unsubstantiiert und damit als rechtlich unerheblich angesehen werden. Hiervon hat die Beklagte bisher ersichtlich keinen Gebrauch gemacht.
40Mit der Berufung ist - wie der Senat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - allerdings davon auszugehen, dass eine nachvollziehbare Erläuterung der Position "Fehlbetrag a.d. vorherigen Abrechnung" fehlt. Dieser ist daher aus der Abrechnung zu streichen. Gleiches gilt für die Position Kosten des Sondereigentums in Höhe von 5.802,75 DEM, die in der Einzelabrechnung (GA 13) mit "Rechts-Schätzkosten" bezeichnet sind. Aus welchen Gründen die Beklagte hierfür einzustehen hat, ist dem Vorbringen der Kläger nicht zu entnehmen. Ist die Abrechnung 1997 mit einem ausgewiesenen Abrechnungssaldo von 18.776,49 DEM danach um den Fehlbetrag 14.298,28 DEM und um 5.802,75 DEM zu kürzen, ist eine Nachforderung nicht ersichtlich. (Die Kläger tragen auf GA 10 vor, dass sie Kosten für laufende Reparaturen, Verwaltervergütung und Rücklagen nicht beanspruchen. Diese sind aber gleichwohl in dem Abrechnungsendbetrag von 18.776,49 DEM enthalten.).
41Für 1998 ergibt sich folgende Berechnung:
42Die Kläger legen ihrer Forderung für 1998 Nebenkosten in Höhe von insgesamt 16.373,09 DEM zugrunde. Es handelt sich um den in der Einzelabrechnung (GA 20) ausgewiesenen Betrag von 26.531,14 DEM abzgl. Verwaltervergütung mit 3.376,39 DEM + abzgl. laufende Reparaturen mit 6.781,66 DEM. Diesen Betrag verteilen sie auf 12 Monate und errechnen hieraus für insgesamt 7 Monate eine Nebenkostenforderung 9.550,94 DEM (7 x 1.364,42 DEM).
43Für die Zeit von Januar bis zur Rückgabe am 11. Juni 1998 schuldet die Beklagte hieraus einen anteiligen Betrag von (6.822,10 DEM + 1.364,42:30x11 DEM) 7.322,39 DEM jedenfalls gemäß § 557 Abs. 1 BGB. Für die Zeit danach kommt nach dem Vorbringen der Kläger lediglich ein Schadensersatzanspruch in Betracht, der ihnen aber aus den unter II genannten Gründen nicht zusteht.
44Für die Verjährung des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung gelten obige Ausführungen entsprechend.
45IV. Hilfsaufrechnung mit Anspruch aus § 812 BGB in Höhe von 121.121,12 DEM
46Die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit einem Bereicherungsanspruch gemäß § 812 BGB wegen zu Unrecht gezahlter Nebenkosten in Höhe von 121.121,12 DEM ist unbegründet. Hat die Beklagte unbestritten die zur Grundlage ihres Bereicherungsanspruchs gemachten Nebenkostenabrechnungen der Kläger (und deren Rechtsvorgänger) vorbehaltlos ausgeglichen, liegt hierin ein sog. deklaratorisches Anerkenntnis, dass die Beklagte mit sämtlichen Einwendungen ausschließt, die ihr im Zeitpunkt der Zahlung bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen. Hiervon werden auch die nunmehr gegen die Abrechnungen vorgebrachten Einwendungen erfasst.
47V.
48Ihre Verurteilung zur Zahlung von 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.7.2000 hat die Beklagte nicht im Einzelnen angegriffen, so dass es hierbei sein Bewenden hat.
49VI.
50Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
51Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
52Streitwert: 644.771,83 DEM (= 523.650,71 DEM + 121.121,12 DEM gem. § 19 III GKG).
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