Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 10 U 154/01
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 24. Juli 2001 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zu-rückgewiesen.
Die Kosten der Berufung tragen die Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
2Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 a.F. ZPO abgesehen.
3Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht die Beklagten verurteilt, an die Klägerin rückständige Mieten und Nebenkosten in Höhe von 9.904,68 DEM zu zahlen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine hiervon abweichende Beurteilung.
4I.
51.
6Das erstinstanzliche Verfahren leidet nicht an einem wesentlichen Mangel im Sinne des § 539 ZPO. Entgegen der Auffassung der Berufung hat die Einzelrichterin nicht ohne weiteren Hinweis von einer bereits durch die Kammer angeordneten Beweisaufnahme abgesehen und damit eine Überraschungsentscheidung getroffen. Ausweislich des Beschlusses vom 4.4.2001 hat die Kammer keine Beweisanordnung getroffen, sondern die Zeugen zu dem angeordneten Verhandlungs- und Erörterungstermin ohne Bindung gegenüber der streitentscheidenden Einzelrichterin lediglich gemäß § 273 Nr. 4 ZPO vorbereitend geladen. Aus dem Sitzungsprotokoll vom 26.6.2001 geht im Übrigen hervor, dass das Landgericht nach Erörterung der Sach- und Rechtslage die Parteien ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass es einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen S. und H. nicht mehr bedürfe. Dem sind ersichtlich weder die persönlich anwesende Beklagte zu 2) noch der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten entgegengetreten.
7In der Sache folgt der Senat der Auffassung des Landgerichts, dass die Beklagten das Zustandekommen eines bedingungslosen Wegfalls der vereinbarten Mietstaffel nicht ausreichend substantiiert haben. Den durch das Landgericht aufgezeigten Widerspruch ihres prozessualen Vorbringens zu dem außergerichtlichen Anwaltsschreiben vom 25.7.2000 (GA 83), in dem es ausdrücklich heißt, "Es wurde zwischen den Parteien schriftlich dokumentiert, dass sich auf eine Aussetzung der vertraglich vorgesehenen Staffelmiete geeinigt hatte. Die Vereinbarung ist unter der Bedingung zustande gekommen, dass unsere Mandantschaft den Mietrückstand kurzfristig ausgleicht", haben die Beklagten auch in zweiter Instanz nicht plausibel erläutert, so dass es bereits aus diesem Grund keiner Beweisaufnahme bedarf.
82.
9Darüber hinaus steht der Annahme einer wirksamen Vereinbarung die in § 16 des Mietvertrags getroffene Schriftformklausel entgegen. Danach bedürfen nachträgliche Änderungen und Ergänzungen der Schriftform. Zwar kann gleichwohl auch eine mündlich vereinbarte Aussetzung einer vereinbarten Mietstaffel wirksam sein, sofern festgestellt werden kann, dass diese ernsthaft gewollt ist (BGH, IX ZR 452/00, Urt. v. 21.2.2002). Denn durch die neue bindende Einigung sind alle entgegenstehenden früheren Abmachungen überholt, auch die Vereinbarung der Schriftform (Senat, ZMR 2001, 529 = WM 2002, 49).
10Es mangelt jedoch an näherem Vorbringen der Beklagten, dass und warum die Parteien einvernehmlich von der Einhaltung der vereinbarten Schriftform hinsichtlich der von der Beklagten behaupteten Vertragsaufhebung abgesehen haben. Aus dem bereits zitierten Schreiben der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten ergibt sich vielmehr auch, dass den Beklagten das vertragliche Erfordernis einer schriftliche Fixierung der Abrede bekannt war.
113.
12Selbst wenn aber von einer formlos wirksamen Abrede auszugehen wäre, so ist jedenfalls nach den hier auch auf die Beklagten als Kleingewerbetreibende (vgl. Koller/Roth/ Morck, HGB, 2. Aufl., § 346, RdNr. 24) anwendbaren Grundsätzen über das kaufmännische Bestätigungsschreiben davon auszugehen, dass die Parteien in der Besprechung vom 22.11.1999 vereinbart haben, die vereinbarte Mieterhöhung für ein Jahr nur unter der Bedingung auszusetzen, dass die Beklagten die bestehenden Mietaußenstände innerhalb kürzester Zeit ausgleichen. Das Schreiben der Klägerin vom 7.12.1999 erfüllt die Voraussetzungen eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens. Es ist zeitnah im Zusammenhang mit der Besprechung vom 22.11.1999 abgesandt und gibt deren Inhalt und Ergebnis aus der Sicht der Klägerin wieder. Mangels rechtzeitigen Widerspruchs der Beklagten ist unwiderleglich zu vermuten, dass die Vereinbarung mit dem von der Klägerin bestätigten Inhalt zustande gekommen ist (BGHZ 40, 42, 46).
13Zwar braucht der Empfänger eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens dann nicht unverzüglich zu widersprechen, wenn sich der Inhalt des Schreibens so weit von dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung entfernt, dass der Absender mit dem Einverständnis des Empfängers nicht rechnen kann (BGHZ 40, 42, 44; 61, 282, 286; 93, 338, 343). Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, ist dem Vorbringen der Parteien nicht zu entnehmen. Unabhängig davon, dass die Beklagten im vorzitierten Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten selbst von einer vereinbarten Bedingung ausgehen, stellt die Aufnahme einer Bedingung in das kaufmännisches Bestätigungsschreiben nach den besonderen Umständen des Streitfalls (feste Vereinbarung einer Staffelmieterhöhung; kein Anspruch der Beklagten auf Aussetzung ohne Gegenleistung) keine derartige Abweichung dar, dass die Klägerin nicht mit dem Einverständnis der Beklagten rechnen durfte. Die Beklagten heben insoweit zutreffend hervor, dass es eine Selbstverständlichkeit ist, ausstehende Mietforderungen zu begleichen.
14Da die Bedingung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils, denen der Senat sich anschließt, nicht eingetreten ist, kann die Klägerin von den Beklagten eine rückständige Miete für die Monate November 1999 bis Oktober 2000 in Höhe von insgesamt 6.960,00 DEM verlangen.
15II.
16Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht der Klägerin auch rückständige Nebenkosten in Höhe von 2.944,68 DEM aus der Abrechnung vom 22.3.2000 zuerkannt. Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe sind unbegründet. Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Klägerin berechtigt, die über Eck aneinander angrenzenden Häuser A. 22 und Q. 17 - 19 in dem sich aus den streitgegenständlichen Abrechnungen im Einzelnen ergebenden Umfang nach den Grundsätzen der Abrechnungs- bzw. Wirtschaftseinheit gemeinsam abzurechnen.
171.
18Soweit die Kammer allerdings ohne nähere Begründung davon ausgeht, die Bildung von Wirtschaftseinheiten sei gemäß Anlage II (Aufstellung der Betriebskosten) i.V.m. § 8 des Mietvertrags vereinbart worden und dies als alleinige Rechtfertigung für die gemeinsame Abrechnung ansieht, vermag der Senat dieser Auffassung nicht zu folgen. Allein die wörtliche Wiedergabe des Wortlauts der Präambel der Anlage 3 zu § 27 II.BV lässt auch in Verbindung mit der sich hieran anschließenden Wiedergabe der einzelnen Kostenarten der Anlage 3 ohne weitergehende - hier nicht erkennbare - Anhaltspunkte nicht mit hinreichender Deutlichkeit (§ 241 BGB) erkennen, dass die Parteien eine Wirtschaftseinheit zur Grundlage der Nebenkostenabrechnung machen wollten. Die Bezugnahme auf die Präambel zur Anlage 3 macht diese lediglich zum Vertragsbestandteil und besagt, dass die Bildung von Wirtschaftseinheiten zulässig ist und die Betriebskosten grundsätzlich nach Wirtschaftseinheiten abgerechnet werden können. Das Gericht wird hierdurch jedoch nicht seiner Pflicht enthoben zu prüfen, ob die zum Gegen- stand der Abrechnung gemachten Gebäude die Voraussetzungen einer Wirtschaftseinheit erfüllen.
192.
20Bei - wie hier - fehlender Vereinbarung einer Einzelabrechnung für das Gebäude ist der gewerbliche Vermieter im Wege der einseitigen Leistungsbestimmung nach §§ 315, 316 BGB befugt, mehrere Gebäude zu einer Abrechnungs- oder Wirtschaftseinheit zusammenzufassen. Nach dem Rechtsentscheid des OLG Koblenz v. 27.2.1990 (WM 1990, 268), den der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, setzt dies im Grundsatz voraus, das neben der Bezugnahme auf § 27 II. BV bzw. der Anlage 3, die Gebäude einheitlich verwaltet werden, in einem unmittelbaren örtlichen Zusammenhang stehen, zwischen den einzelnen Gebäuden keine wesentlichen Unterschiede im Wohnwert bestehen, wobei dieses Abgrenzungskriterium nur im preisgebundenen Wohnraum von Bedeutung ist (Langenberg, Betriebskostenrecht, 3. Aufl., F 50) und sie einer gleichartigen Nutzung dienen.
21Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die beiden Gebäude A. 22 und Q. 17 - 19 bilden einen einheitlichen aneinander liegenden Komplex. Sie sind - unbestritten - als ein Komplex geplant und errichtet worden, gehören einem Eigentümer und unterliegen einer einheitlichen Verwaltung. Wesentliche Abweichungen in der Art der Gebäude und ihrer Nutzung sind den vorgelegten Abrechnungen nicht zu entnehmen. Gegenteiliges wird von der Berufung auch nicht geltend gemacht. Sie reklamiert weder eine unterschiedliche Gebäudeausstattung noch eine unterschiedliche Nutzung der Gebäude. Dass lediglich das Gebäude A. 22 mit einem Aufzug ausgestattet ist, hat die Klägerin in ihren Abrechnungen berücksichtigt. Handelt es sich aber um eine Wirtschaftseinheit, so ist es systemimmannent, dass die Beklagten teilweise mit Kosten belastet werden, die nicht unmittelbar und ausschließlich das Gebäude A. 22 betreffen. Eine Unbilligkeit der gemeinsamen Abrechnung kann allein hierauf nicht gestützt werden. Konkrete Beeinträchtigungen werden von den Beklagten nicht geltend gemacht.
223.
23Mit dem Landgericht ist im Übrigen davon auszugehen, dass die vorgelegten Abrechnungen nachvollziehbar und fällig waren, so dass den Beklagten auch insoweit die anteiligen Verfahrenskosten aufzuerlegen waren, als die Nachzahlungsansprüche der Klägerin übereinstimmend für erledigt erklärt worden sind. Rechtserhebliches hierzu ist dem Vorbringen der Beklagten über die bereits dargestellten Einwendungen hinaus nicht zu entnehmen.
24III.
25Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
26Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
27Streitwert: 9.904,68 DEM
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