Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 1 Ws 491/02
Tenor
b e s c h l o s s e n :
Der Haftbefehl des Amtsgerichts Düsseldorf vom
22. Februar 2002 - 151 Gs 1086/02 -wird aufgehoben.
1
G r ü n d e
2Der Angeklagte befindet sich seit dem 22. Februar 2002 in Untersuchungshaft. Der Senat hat mit Beschluss vom 19. September 2002 deren Fortdauer über 6 Monate hinaus beschlossen. Nunmehr sind ihm die Akten zur erneuten Haftprüfung vorgelegt worden. Die Vorlage der Akten gemäß § 122 Abs. 1 und 4 StPO führt zur Aufhebung des Haftbefehls, weil die besonderen Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 StPO für die Fortdauer der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen. Nach § 121 Abs. 1 StPO darf, solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fort-dauer der Haft rechtfertigen. Dabei sind im Hinblick auf das Freiheitsgrundrecht des nicht verurteilten Angeklagten umso strengere Anforderungen zu stellen, je länger die Untersuchungshaft dauert (BVerfGE NStZ 00, 15; Meyer-Goßner, StPO, 46.Aufl. 2003, § 121 Rdn. 19 m.w.N.). Entscheidend ist, ob die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben, um die Ermittlungen so schnell wie möglich abzuschließen und eine Entscheidung über den Anklagevorwurf herbeizuführen (BVerfGE 20, 45, 50; 36, 264, 273; NJW 1994, 93, 94; st. Rspr.). Dies ist hier nicht geschehen. Unter Berücksichtigung dessen liegt ein wichtiger Grund, der es rechtfertigen könnte, die Haftanordnung aufrecht zu erhalten, nicht länger vor. Bereits die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren nach Erlass des Senatsbeschlusses vom 19. September 2002 nicht mit der gebotenen Beschleunigung weiter betrieben. Obwohl dem Senat auf seine Nachfrage am 18. September 2002 erklärt worden ist, die Anklage sei fertig gestellt, ist diese erst fast 6 Wochen später, nämlich am 29. Oktober 2002, an das Landgericht abgesandt worden. Die Verzögerung wird durch den Vermerk des Sachbearbeiters vom 6. Januar 2003 nicht erklärt. Es ist nicht nachzuvollziehen, wieso die in Berlin und Frankfurt begangenen Taten in dem am 18. September 2002 fertig gestellten Anklageentwurf nicht berücksichtigt waren, obwohl bereits der Abschlussvermerk der Kriminalpolizei vom 12. Juli 2002 auch diese Vergehen umfasste. Selbst wenn die Anklage insoweit einer Überarbeitung bedurfte, so war diese angesichts der Gleichartigkeit der Tatvorwürfe und der übersichtlichen Beweislage bezüglich dieser Einzeltaten ohne erheblichen Aufwand zu bewerkstelligen. Jedenfalls musste sie im Hinblick auf die Tatsache, dass die Angeklagten sich bereits seit 6 Monaten in Untersuchungshaft befanden und der Senat die Haftfortdauer erkennbar auch im Vertrauen auf die unmittelbar bevorstehende Anklageerhebung beschlossen hatte, mit besonderer Beschleunigung erfolgen. Selbst wenn die Geschäftstellen der Staatsanwaltschaft im Oktober 2002 vorübergehend durch die Anordnung, alle nach dem 1. Oktober eingehenden Ermittlungsverfahren in ein anderes Dezernat umzutragen und die Akten neu auszuzeichnen, überlastet war, so musste der Sachbearbeiter dafür Sorge tragen, dass diese Haftsache vorrangig erledigt wurde.
3Die verzögerliche Sachbehandlung auf Seiten der Verfolgungsbehörde ist nicht durch eine besonders zügige Bearbeitung durch die Strafkammer ausgeglichen worden. Vielmehr ist das Verfahren vom Landgericht weiter verzögert worden. Die Kammer hat zwar noch in angemessener Frist die Zustellung der Anklage an die Verteidiger und die Übersetzung der Anklage ins Lettische und Russische verfügt, dann aber die Sache liegen gelassen. Sie hat den Übersetzern keine Frist zur Erledigung des eiligen Auftrages gesetzt und auch nach Eingang des russischen Textes keine Anstrengungen unternommen, die noch fehlende Übersetzung ins Lettische umgehend zu erhalten. Schließlich wusste die Kammer spätestens am 16. Dezember 2002, dass eine Terminierung der Sache wegen der Befassung mit anderen Haftsachen einerseits und des geplanten vierwöchigen Urlaubs zweier Kammermitglieder andererseits nicht vor dem 21. März 2003 stattfinden könnte. Angesichts dessen hätte sie ihre Überlastung der Verwaltung anzeigen und entweder auf eine Vertretungsregelung oder auf die Übertragung der Sache auf einen anderen Spruchkörper hinwirken müssen.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.