Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 21 U 44/02
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 20.12.2001 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleis-tung in Höhe 120 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betra-ges abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. Die Sicherheitsleistungen dürfen durch Bürgschaft einer im Geltungsbereich der Europäischen Gemeinschaft ansässigen Großbank oder Sparkasse erbracht werden.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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T a t b e s t a n d
2Die Klägerin hat es übernommen, für die Firma P... KG (im folgenden: P... KG) auf einem zu diesem Zweck erworbenen Grundstücksareal im Bereich der K... Innenstadt sowie einer noch herzustellenden Brückenplatte über dem benachbarten Straßengrundstück, der sogenannten "Nord-Süd-Fahrt", nach Abriss der vorhandenen Bausubstanz ein hochwertiges Bekleidungshaus bauen zu lassen. Den Auftrag hierfür erteilte sie der Beklagten, die sich nach weitgehender Fertigstellung des Rohbaus durch Kündigung und Anfechtung vom Vertrage hat lösen wollen. Die Klägerin möchte nun gerichtlich festgestellt wissen, dass der Vertrag hierdurch nicht wirksam aufgelöst worden ist.
3Mit Schreiben vom 24.08.1998 fragte die P... KG bei der Beklagten an, ob sie an der Abgabe eines Angebots für eine schon 1993 ins Auge gefasste Überbauung der Nord-Süd-Fahrt interessiert sei. Darauf hin fand am 28.08.1998 ein Gespräch zwischen Mitarbeitern beider Firmen statt, bei dem der Beklagten ein Funktionalkonzept und ein Lageplan (Anlagen C 14 und C 15, Anlagenhefter zum Schriftsatz vom 13.09.2002) übergeben wurden. Am gleichen Tag erteilte die P... KG dem Architekten Prof. C... den Auftrag, eine Bauvoranfrage für das in Rede stehende Bauvorhaben einzureichen bzw. zu begleiten und die bis zu einem schon damals in Aussicht genommenen Architektenwettbewerb erforderlichen Grundlagen zu ermitteln. Auf den Inhalt des schriftlichen Architektenvertrages (Anlage K 45, Bl. 287ff. GA) wird Bezug genommen. Am 11.09.1998 folgte eine weitere Besprechung zwischen Mitarbeitern der Beklagten und der P... KG, in deren Verlauf die Beklagte ein überarbeitetes Funktionalkonzept, Stand 10.09.1998 (Anlage C18, Anlagenhefter zum Schriftsatz vom 13.09.2002), erhielt. Unter dem 09.10.1998 legte sie der P... KG ein schriftliches Schätzkostenangebot für das Bauvorhaben über insgesamt ca. 62 Mio. DM vor (Anlage B 3, Anlagenordner). Am 21.10.1998 stellte die P... KG bei der Stadt K... eine Bauvoranfrage mit Plänen und Skizzen von Prof. C... (Anlage 3 zum GÜV, Anlage K 2, Anlagenordner), die mit Bescheid vom 19.11.1998 (Anlage 3a zum GÜV, Anlage K 2, Anlagenordner) positiv beschieden wurde. Schon einen Tag vorher, am 18.11.1998, fanden zwischen der Beklagten und der P... KG konkrete Verhandlungen über den Abschluss eines Generalübernehmervertrages statt und der voraussichtliche Vertragspreis wurde auf der Grundlage des Schätzkostenangebots festgelegt. Die Einzelheiten des Verhandlungsergebnisses sind in einem schriftlichen Verhandlungsprotokoll und einem darin in Bezug genommenen Entwurf eines Generalübernehmervertrages niedergelegt (Anlage K 1, Anlagenordner). In dem Vertragsentwurf heißt es auf Seite 2 einleitend u.a.:
4"P... hat einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids eingereicht, der am positiv beschieden wurde. Der AG und P... haben ferner mit der Stadt K... vereinbart, dass zur Sicherung der angestrebten hohen architektonischen Qualität, ..........., fünf Architekten von P... einzeln beauftragt werden, jeweils ein Bebauungskonzept unter besonderer Berücksichtigung der Anforderungen von P... unter Einbeziehung des komplexen städtebaulichen Umfelds zu erarbeiten. Grundlage für dieses Konzept bildet der Bauvorbescheid. Nach Vorlage der fünf Konzepte werden der AG und P... in Abstimmung mit der Stadt K... festlegen, welches Konzept zur Durchführung kommt. Für die Konzepte sollen beauftragt werden:
5- R... P... B... W..., Italien
- Sir N... F... &Partners, England
- J... N... et Assoc., Frankreich
- B... &Partner, Deutschland
- U... C..., Deutschland
..................."
7Am 08.03.1999 reichte die Beklagte für die Klägerin bei der Stadt K... einen Bauantrag auf der Grundlage des o.g. Bauvorbescheids und der von Prof. C... gefertigten Pläne mit dem Hinweis ein, dass die von einem international tätigen Architekten erst noch zu fertigende Fassadenplanung nachgereicht werde und nicht Gegenstand des Antrages sei (Anlage B 4, Anlagenordner). Mit Schreiben an die Stadt K... vom 19.04.1999 stellte sie sodann klar, dass der Bauantrag ausschließlich der Erlangung einer Teilbaugenehmigung für die Überbauung der Nord-Süd-Fahrt diene und ein Bauantrag für das Gebäude mit Rücksicht auf den Wunsch der Stadt, die Fassadenplanung einem international bekannten Architekten zu übertragen, später folgen werde (Anlage K 49, Bl. 300 GA). Am 23.03.1999 hatte sie die P... KG unter Bezugnahme auf am Vortag geführte Verhandlungen schriftlich darauf hingewiesen, dass die nachfolgend bekannt gegebenen Planungszeiträume und -termine im Rahmen der Architektenplanung des Büros R... P... B... W... P... (im folgenden: RPBW) zwingend eingehalten werden müssten und zur Fertigstellung und Freigabe der Pläne bis zum 31.05.1999 aufgefordert (Schreiben vom 23.03.1999, Anlage C 11, Bl. 532ff. GA). Im April 1999 fand in Paris ein Gespräch zwischen Mitarbeitern von RPBW und der P... KG sowie Vertretern der Stadt K... statt. Am 28.04.1999 trafen sich Vertreter der Beklagten und der P... KG zu einer Besprechung, in deren Verlauf der verantwortliche Mitarbeiter K... der P... KG auf Nachfrage erklärte, dass RPBW bis zu diesem Zeitpunkt nur "inakzeptable Skizzen" vorgelegt habe. Eine weitere Besprechung ohne Beteiligung der Beklagten folgte am 17.05.1999 bei RPBW in Paris.
8Am 19.05.1999 schlossen die Parteien den in Aussicht genommenen Generalübernehmervertrag, mit dem sich die Beklagte verpflichtete, das Bauvorhaben zum Pauschalpreis von 62 Mio. DM zu realisieren. In § 2 des Vertrages ist das Vertragsziel unter Ziffer 2.1 durch das als Anlage beigefügte funktionale Leistungsprogramm P... "Vollausstattung", Stand 27.10.1998, konkretisiert. Sodann heißt es dort:
9"Der GÜ hat ferner Planung und Bauausführung an den folgenden Vertragsgrundlagen - jeweils mit allen dazugehörigen Anlagen - auszurichten:
10- der Bauvorbescheidsantrag vom 21.10.1998 in der Fassung vom 19.11.1998 mit allen dazu gehörigen Plänen, Schnitten und Grundrissen........
sowie der Bauvorbescheid vom 19.11.1998
12- ................"
Die im übrigen unverändert gebliebene Passage aus dem Vertragsentwurf auf Seite 2 des Vertragstextes lautet nun:
14" ......Zur Sicherung der angestrebten hohen architektonischen Qualität.......beabsichtigt der AG, in Abstimmung mit der Stadt K... das Architekturbüro R... P... B... W..., P..., oder ein vergleichbares Architekturbüro (nachfolgend "von dem AG beauftragtes Architekturbüro" genannt) mit der Erbringung von Architektenleistungen ......zu beauftragen........Ferner soll das von dem AG beauftragte Architekturbüro das Projekt insbesondere unter künstlerischen Gesichtspunkten begleiten."
15und weiter auf Seite 3:
16"Der Generalübernehmer hat nicht nur den Bauvorbescheid und den Bebauungsplan sowie die von ihm selbst einzuholende Baugenehmigung und etwaige Befreiungen zu berücksichtigen, sondern vor allem auch die Planung des von dem AG beauftragten Architekturbüros in der von dem AG freigegebenen Form durch von ihm zu beauftragende Architekten adäquat und in enger Abstimmung mit dem von dem AG beauftragten Architekturbüro sowie dem AG und P... umzusetzen........Dem Generalübernehmer ist schließlich auch bewusst, dass seine Leistung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht in allen Einzelheiten feststeht und dass insbesondere das funktionale Leistungsprogramm während der Planungs- und Baudurchführungsphase voraussichtlich eine Fortschreibung erfahren wird......"
17§ 3, Ziffer 3.1 des Vertrages bestimmt in diesem Zusammenhang:
18"Das von dem AG beauftragte Architekturbüro wird im Auftrag und auf Rechnung des AG die Architektenleistungen bis einschließlich Leistungsphase 4 nach § 15 HOAI erbringen;.........Ferner wird das von dem AG beauftragte Architekturbüro im Rahmen der Leistungsphase 5 nach § 15 HOAI die für die gestalterische Ausführung relevante Planung erstellen........"
19und in § 2, Ziffer 2.2 c) ist vereinbart:
20".........Alle von dem von dem AG beauftragten Architekturbüro gemachten Vorgaben, insbesondere hinsichtlich der Gesamtkonzeption sowie der künstlerischen Gestaltung, sind nach Planfreigabe durch den AG unbedingt zu beachten. Die Planung des von dem AG beauftragten Architekturbüros bildet die Grundlage insbesondere auch für die Erarbeitung und Ausführung der Außenansicht des Gebäudes. Die Fassade wird von den Parteien mit maximal durchschnittlich netto DM 1.800,00/m² Fassade kalkuliert........"
21Hinsichtlich der Fassadenkosten ist gemäß § 6 Ziffer 6.6 des Vertrages eine Preisanpassung auf der Grundlage einer von der Beklagten beizubringenden, prüffähigen "Open-Cost-Kalkulation" mit Schiedsgutachterklausel vorgesehen.
22In § 2, Ziffer 2.5 des Vertrages findet sich schließlich folgende Abrede:
23".........Der GÜ hat insbesondere auch in sein Preisangebot einkalkuliert, dass sich Änderungen des Leistungsprogramms und/oder der Planung ergeben können; ferner dass sich Positionen des Leistungsprogramms im Rahmen der funktionalen Zielsetzung ändern können oder das Programm entsprechend ergänzt werden muss. Ihm ist auch bewusst, dass sich Änderungen der Planung aufgrund der Umsetzung des Entwurfs des von dem AG beauftragten Architekturbüros aus dem Spannungsverhältnis zu deutschen Bauvorschriften ergeben können, wobei jederzeit darauf zu achten ist, dass die hohe gestalterische Anforderung des von dem AG beauftragten Architekturbüros eingehalten wird.........."
24Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die zur Akte gereichte Kopie des Vertragstextes nebst Anlagen Bezug genommen ( Anlage K 2 Anlagenordner).
25Am 27.05.1999 fand zunächst eine Besprechung von Mitarbeitern der Beklagten mit Vertretern des Bauaufsichtsamts der Stadt K... betreffend die Überbauung der Nord-Süd-Fahrt statt (Besprechungsniederschrift Anlage K 5, Anlagenordner). Noch am gleichen Tage trafen sich Mitarbeiter des Architekturbüros RPBW, der P... KG und der Beklagten in den Geschäftsräumen der P... KG zu einem weiteren Abstimmungsgespräch, in dem RPBW sein Projekt vorstellte und "erste technische und organisatorische Einzelheiten" festgelegt wurden. Hierüber verhält sich die Besprechungsniederschrift vom gleichen Tage, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Anlage C 12, Bl. 535ff. GA). Bei dieser Gelegenheit erhielt die Beklagte von RPBW gefertigte, auf den 10./17.05.1999 datierte Pläne (Anlagen B9 und B 10, Anlagenordner). Am 08.06.1999 stellte RPBW das Planungskonzept der Stadt K... vor. Es wurden Fotografien, Pläne und Modelle gezeigt, die auch auf der Homepage des Architekturbüros im Internet veröffentlicht worden sind (Anlagen C 3 bis C 9, Bl. 524ff. GA). Am 24.08.1999 beantragte die Beklagte bei der Stadt K... die Erteilung einer Baugenehmigung nach Plänen von RPBW, die auch erteilt wurde. Nach Baubeginn kündigte sie unter dem 14.01.2000 zunächst einen Nachtrag für die Fassadengestaltung an und legte ab Mai 2000 insgesamt 65 Nachträge vor (Anlagen K 9, Anlagenordner). Erstmals mit Schreiben vom 04.05.2000 (Anlage K 47, Bl. 294ff. GA) machte die Beklagte geltend, nicht rechtzeitig über wesentliche, durch die Beauftragung von RPBW bedingte Planänderungen informiert worden zu sein und stellte für den Fall, dass Vertragsanpassungsgespräche ergebnislos bleiben sollten, die Anfechtung des Vertrages gemäß § 123 BGB in Aussicht. Unter dem 20.11.2001 erteilte sie der Klägerin eine Abschlagsrechnung Nr. 7011, die unter Berücksichtigung der bis dahin von der Klägerin geleisteten Zahlungen von ca. 19 Mio. DM mit einem Forderungsbetrag von 8.568.954,30 DM endet (Anlage K 32, Anlagenordner); es folgte eine weitere Abschlagsrechnung Nr. 7012 über 5.220.000,00 DM (Anlage K 35, Anlagenordner). Die Klägerin zahlte in der Folgezeit jedoch lediglich 8.359.795,40 DM. Im April 2001 stellte die Beklagte die Arbeiten am fast fertigen Rohbau ein. Nachdem sie die Klägerin mit Schreiben vom 29.05.2001 unter Fristsetzung mit Kündigungsandrohung zur Zahlung eines offenstehenden Restwerklohnbetrages von 5.429.158,89 DM aufgefordert hatte, kündigte sie nach ergebnislosem Fristablauf den Generalübernehmervertrag mit Schreiben vom 12.06.2001 aus wichtigem Grund gemäß § 9 Nr. 1b) und § 9 Nr. 1a) VOB/B (Anlagen K 42 und 41, Anlagenordner).
26Die Klägerin hat vorgetragen, Gegenstand der Leistungsverpflichtung der Beklagten sei nach dem Generalübernehmervertrag vom 19.05.1999 die Errichtung eines Bekleidungshauses nach Plänen des Architekturbüros RPBW gewesen, worüber die Beklagte mit Rücksicht auf den eindeutigen Wortlaut des Vertrages und die Umstände der Vertragsanbahnung nicht im Unklaren habe gewesen sein können. Diese Planung habe die Beklagte auch umgesetzt und die hierfür erbrachten Leistungen seien durch Abschlagszahlungen in Höhe eines dem Wert des tatsächlichen Bautenstandes entsprechenden Teils des vertraglich vereinbarten Pauschalpreises angemessen i.S.d. § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B vergütet. Die Beklagte sei nicht berechtigt, wegen eines in ihre Verantwortung fallenden Kalkulationsirrtums Nachträge zu fordern, die im übrigen nicht prüfbar durch eine Gegenüberstellung der ursprünglich kalkulierten Kosten abgerechnet seien. Darüber hinaus hat sich die Klägerin hinsichtlich der geltend gemachten Abschlagszahlungen auf ein Leistungsverweigerungsrecht wegen angeblicher Mängel der Tragwerksplanung berufen, welche die Beklagte gemäß § 4 Nr. 7 VOB/B beseitigen müsse.
27Mit der am 10.07.2001 bei Gericht eingegangenen Klage vom 09.07.2001 hat die Klägerin zunächst beantragt,
28festzustellen, dass der Generalübernehmervertrag zwischen den Parteien vom 19.05.1999 durch die Kündigung der Beklagten vom 12.06.2001 nicht aufgelöst worden ist.
29Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 19.09.2001 die Anfechtung des Generalübernehmervertrages gemäß § 123 BGB erklärt und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe sie arglistig darüber getäuscht, nach den ihr seinerzeit vorsätzlich vorenthaltenen Plänen von RPBW eine völlig andere Bauleistung erbringen zu müssen, als sie nach der von ihr mitbestimmten Vorplanung "C..." habe erwarten dürfen.
30Dem hat die Klägerin entgegengehalten, die Beklagte weder arglistig getäuscht, noch überhaupt vorwerfbar im Unklaren über die Planung des Bauvorhabens gelassen zu haben. Die Beklagte habe von der beabsichtigten Zusammenarbeit mit RPBW frühzeitig gewusst. Bei Vertragsschluss sei indes über die Beauftragung von RPBW noch nicht entschieden gewesen; erst am 07.06.1999 seien die bis dahin vorgelegten Skizzen als Arbeitsgrundlage freigegeben und am 08.06.1999 schließlich der Stadt K... präsentiert worden. Im übrigen sei die Anfechtung erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist erklärt worden, weil der Beklagten die angeblichen Anfechtungsgründe spätestens seit dem 27.05.1999 bekannt gewesen seien.
31Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
32festzustellen, dass der Generalübernehmervertrag zwischen den Parteien vom 19.05.1999 weder durch die Kündigung der Beklagten vom 12.06.2001 noch durch die Anfechtungserklärung der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.09.2001 aufgelöst worden sei.
33Die Beklagte hat beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie hat vorgetragen, dass Gegenstand der von ihr nach dem Generalübernehmervertrag zum Pauschalpreis von 62 Mio. DM übernommenen Bauleistung die Umsetzung der - mit Ausnahme der Fassadengestaltung - allenfalls in Einzelheiten fortzuentwickelnden C...-Pläne gewesen sei, die als Bestandteil der Bauvoranfrage vom 21.10.1998 und des Bauvorbescheids vom 19.11.1998 gemäß § 2, Ziffer 2.1 a) zur erstrangigen Vertragsgrundlage gemacht worden seien. Nach der tatsächlich zur Ausführung bestimmten RPBW-Planung sei ein schon im Baukörper völlig anderes Gebäude mit erheblich höheren, die ursprünglich kalkulierten Beträge um insgesamt 56 % übersteigenden Baukosten und einer um mindesten 13,5 Monate verlängerten Bauzeit zu errichten. Der Klägerin seien bei ihrem Besuch in P... im April 1999 erste Pläne von RPBW vorgelegt worden, die sie angesichts der schon damals offenkundigen Abweichungen zur C...-Planung hätte offenbaren müssen. Vor diesem Hintergrund sei bereits die - unstreitige - Erklärung des Mitarbeiters K... der P... KG vom 28.04.1999, RPBW habe bis dahin nur inakzeptable Skizzen vorgelegt, wahrheitswidrig und arglistig. Spätestens jedoch nachdem die Klägerin am 17.05.1999 die fertigen Entwurfspläne vom 10./17.05.1999 zur Kenntnis genommen habe, sei sie verpflichtet gewesen, die Beklagte vor Vertragsschluss über die darin manifestierten, gravierenden Änderungen der Bauplanung zu informieren. Weil die Klägerin auch das arglistig unterlassen habe, habe sie die Beklagte zum Abschluss eines Generalübernehmervertrages verleitet, den diese in Kenntnis des mit der geänderten Planung verbundenen Leistungsrisikos nicht unterzeichnet hätte. Die Beklagte hat gemeint, die Anfechtung fristgerecht innerhalb der Jahresfrist des § 124 BGB erklärt zu haben; positive Kenntnis von den zur Anfechtung berechtigenden Umständen habe sie erst mit Zugang des Schriftsatzes der Klägerin vom 17.08.2001 in dem die angeblichen Statikmängel betreffenden Parallelverfahren 7 O 157/01 LG Düsseldorf erhalten, wo erstmals zu dem Treffen am 17.05.1999 in P... vorgetragen worden sei.
36Die Kündigung gemäß § 9 Nr. 1a) VOB/B hat die Beklagte damit begründet, dass die Klägerin aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (c.i.c.) bzw. nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) einer Vertragsanpassung durch Annahme der überreichten Nachtragsangebote hätte zustimmen müssen. Die mit jenen Nachträgen verlangte zusätzliche Vergütung für Mehraufwendungen sei gemäß §§ 2 Nr. 5 ff. VOB/B gerechtfertigt gewesen. Die Klägerin habe die Bezahlung der sich aus den prüffähigen Abschlagsrechnungen vom 20.11.2000 und 22.02.2001 ergebenden Teilzahlungsforderung von 5.429,158,89 DM jedoch vertragswidrig verweigert und so Anlass für die Kündigung des Generalübernehmervertrages gemäß § 9 Nr. 1 b) VOB/B gegeben, die im übrigen auch nach den Grundsätzen des Rechtinstituts der culpa in contrahendo, des Wegfalls der Geschäftsgrundlage und aus sonstigem wichtigem Grund gerechtfertigt gewesen sei.
37Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die beantragte Feststellung ausgesprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Generalübernehmervertrag nicht wirksam gemäß §123 BGB angefochten worden sei. Die Beklagte sei nicht arglistig über den Umfang der Entwurfsplanung RPBW getäuscht worden. Sie habe nach dem Vertragstext nicht davon ausgehen dürfen, nach den allenfalls in Einzelheiten fortzuschreibenden Plänen des Prof. C... bauen zu sollen. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass der Mitarbeiter K... der P... KG am 28.04.1999 bewusst wahrheitswidrig das Vorhandensein eines von der Klägerin und der P... KG akzeptierten RPBW-Entwurfs verneint oder dass der Klägerin schon vor Vertragsschluss verbindliche Entwurfspläne des Architekturbüros RPBW vorgelegen hätten, die sie der Beklagten hätte offenbaren müssen. Im übrigen sei die Anfechtungsfrist des § 124 BGB versäumt, die spätestens am 27.05.1999 zu laufen begonnen habe, als der Beklagten die RPBW-Pläne vorgelegt worden seien.
38Die Beklagte habe den Vertrag auch nicht gemäß § 9 Nr. 1b) wirksam gekündigt, weil die Klägerin nicht verpflichtet gewesen sei, den geforderten weiteren Abschlag von 5.429.158,89 DM zu leisten. Die zudem nicht prüfbar abgerechnete Abschlagsforderung beziehe sich auch auf die in den Nachtragsangeboten der Beklagten abgerechnete Mehrvergütung auf Grund von Leistungsänderungen und/oder Zusatzleistungen, auf die die Beklagte keinen Anspruch habe. Es könne deshalb nicht festgestellt werden, dass sie über die geleisteten Teilbeträge hinaus nach dem derzeitigen Bautenstand weitere Abschlagszahlungen auf den Vertragspreis verlangen könne.
39Die Klägerin habe des weiteren keine Mitwirkungspflichten verletzt, welche der Beklagten Anlass für eine Kündigung des Vertrages gemäß § 9 Nr. 1a) VOB/B hätten geben können. Die in den Nachtragsangeboten niedergelegten Mehrleistungen seien vom vertraglich festgelegten Pauschalpreis umfasst, der nur hinsichtlich der Fassadenkosten in dem gemäß § 6, Ziffer 6.6 des GÜ-Vertrages festgelegten Verfahren angepasst werden könne. Weil die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien, habe die Klägerin aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einer Vertragsanpassung zustimmen müssen. In Ermangelung eines vorwerfbaren Fehlverhaltens der Klägerin sei die Beklagte schließlich nicht berechtigt gewesen, den Vertrag aus sonstigem wichtigen Grund, aus culpa in contrahendo oder wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu kündigen.
40Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt. Sie wiederholt und vertieft im wesentlichen ihren erstinstanzlichen Tatsachenvortrag, meint allerdings unter Aufrechterhaltung der für die Wirksamkeit der Anfechtung und der Kündigung des Vertrages im übrigen geltend gemachten Gründe die Auflösung des Generalübernehmervertrages in erster Linie aus einem auf Befreiung von der Vertragspflicht gerichteten Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (c.i.c.) ableiten zu können. Zur Begründung hält sie daran fest, von der Klägerin über die mit der Beauftragung von RPBW einhergehende grundlegende Änderung des Bausolls arglistig getäuscht worden zu sein. Sie habe noch bei Vertragsschluss davon ausgehen müssen, die von ihr vorvertraglich in intensiver Zusammenarbeit mit der P... KG und dem Architekten vorangetriebene C...-Planung umsetzen zu sollen, die als Bestandteil des Bauvorbescheidsantrages vom 21.10.1997 erstrangige Vertragsgrundlage und damit "das Herzstück" der Leistungspflicht nach Maßgabe des Generalübernehmervertrages gewesen sei. Dass schon vor Abschluss des GÜ-Vertrages erhebliche Planungsbemühungen auf der Grundlage des C...-Entwurfs unternommen worden waren, sei auch der Klägerin bekannt gewesen, der am 11.09.1998 die Pläne S 001 bis S 005 (Anlage C 16, Anlagenhefter zum SS. v. 13.09.2002) übergeben worden seien. Die Klägerin hingegen habe vor dem 19.05.1999 die fertigen RPBW-Entwurfspläne vom 10./17.05.1999 in Händen gehalten und gewusst, dass deren Umsetzung eine grundlegende Veränderung des Bausolls bedingen werde. Diese Pläne, die sie erst am 27.05.1999 erhalten habe, seien im wesentlichen dann auch Grundlage der Präsentation bei der Stadt K... am 08.06.1999 gewesen. Weil die Erstellung solcher Pläne mindestens 3-4 Wochen in Anspruch genommen habe, sei davon auszugehen, dass sie der Klägerin schon im April 1999 vorgelegen hätten. Das hätte die Klägerin in Wahrnehmung ihrer Kooperationspflichten rechtzeitig offenbaren müssen. Jedenfalls müsse sie sich die wahrheitswidrige Auskunft des Mitarbeiters K... der P... KG vom 28.04.1999 entgegenhalten lassen, wonach bis zum damaligen Zeitpunkt nur inakzeptable Skizzen von RPBW vorgelegt worden seien. In Erwägung all dessen meint die Beklagte, sich mit dem in Rede stehenden Generalübernehmervertrag zur Erstellung eines Bekleidungshauses auf der Grundlage der C...-Planung mit einer Fortschreibung nur in Einzelheiten verpflichtet zu haben; das sei das Bausoll gewesen. Tatsächlich habe die Klägerin nach Vertragsschluss die Umsetzung der RPBW-Planung verlangt, die keine Fortschreibung der C...-Pläne, sondern ein "aliud" sei. Die hierdurch bedingten Mehrkosten müsse die Klägerin nach Maßgabe der ihr vorliegenden Nachträge besonders vergüten.
41Schließlich hat die Beklagte mit Schreiben vom 19.08.2002 den Generalübernehmervertrag gemäß § 6 Nr. 7 VOB/B wegen einer mehr als dreimonatigen Unterbrechung der Bauausführung gekündigt und sich im Schriftsatz vom 13.09.2002 auf ein Leistungsverweigerungsrecht u.a. aus § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B berufen.
42Die Beklagte beantragt,
43das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
44Die Klägerin beantragt,
45die Berufung zurückzuweisen.
46Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend behauptet sie, dass RPBW erstmals am 07.06.1999 akzeptable, wenngleich noch überarbeitungsbedürftige Pläne präsentiert habe. Auch zu diesem Zeitpunkt sei eine Beauftragung von RPBW indes noch nicht sicher gewesen, weshalb das Architekturbüro P... parallel damit befasst gewesen sei, eine eigene Planung zu erarbeiten, die der Stadt K... notfalls am 08.06.1999 hätte präsentiert werden können. Der Beklagten sei bei Abschluss des Generalübernehmervertrages jedenfalls bewusst gewesen, die Planung eines noch zu bestimmenden Architekten umsetzen zu müssen. Die Tätigkeit von Prof. C... habe lediglich darin bestanden, eine Bauvoranfrage zu erarbeiten und die Art des Gebäudes sowie die Massen zu klären. Die so entwickelten Pläne und Skizzen seien nach dem eindeutigen Wortlaut des Generalübernehmervertrages gerade nicht maßgeblich für das vertraglich geschuldete Bausoll gewesen.
47Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
48E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
49Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
50Zu Recht hat das Landgericht auf Antrag der Klägerin festgestellt, dass der Generalübernehmervertrag vom 19.05.1999 weder mit Schreiben der Beklagten vom 12.06.2001 wirksam gekündigt, noch kraft Anfechtung vom 19.09.2001 gemäß § 142 BGB von Anfang an nichtig ist. Die hiergegen mit der Berufung vorgetragenen Einwendungen führen zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
51I.
52Die Feststellungsklage ist aus den im angefochtenen Urteil (dort S. 10, Bl. 428 GA) zutreffend dargelegten und mit der Berufung auch nicht angegriffenen Gründen zulässig.
53Sie ist auch begründet.
541. Anfechtung gemäß § 123 BGB
55Der Generalübernehmervertrag vom 19.05.1999 ist nicht gemäß § 142 BGB nichtig. Die mit Schriftsatz vom 19.09.2001 erklärte Anfechtung des Vertrages gemäß § 123 BGB ist unwirksam.
56a)
57Die Klägerin bzw. die hinter ihr stehende P... KG haben die Beklagte nicht arglistig über vertragswesentliche Umstände getäuscht.
58Es fehlt bereits an einer feststellbaren Täuschungshandlung.
59aa)
60Soweit die Beklagte meint, Bausoll sei die C...-Planung gewesen, die mit den RPBW-Plänen nicht in Einzelheiten fortgeschrieben, sondern durch ein "aliud" ersetzt worden sei, geht die Argumentation zur Rechtfertigung der Anfechtung fehl.
61Wäre nämlich die C...-Planung maßgeblich für das vertragliche Bausoll gewesen und hätte es sich bei der RPBW-Planung um ein aliud gehandelt, also um etwas, was nicht vertraglich geschuldet war, dann könnte sich die Beklagte bei Vertragsschluss schon deshalb nicht in einem täuschungsbedingten Irrtum über vertragswesentliche Umstände befunden haben, weil der Vertragsinhalt ihren Vorstellungen entsprochen hätte. Sie wäre dann nicht verpflichtet gewesen, die RPBW-Planung umzusetzen und hätte den Vertrag folglich auch in Kenntnis dieser Pläne ohne nachteilige Auswirkungen auf die Umsetzung ihrer Preiskalkulation schließen können. Bei dieser Sachlage wäre für eine Anfechtung der vertragsbegründenden Willenserklärung gemäß § 123 BGB kein Raum.
62bb)
63Tatsächlich liegen die Dinge anders.
64Nach dem eindeutigen Wortlaut des Generalübernehmervertrages (Präambel, S. 2f.) sollte RPBW (oder ein vergleichbares Architekturbüro) mit der Erbringung der Architektenleistungen beauftragt und das Bauvorhaben nach diesen Plänen (und nicht denen von C...!) auf der Grundlage eines funktionalen Leistungsprogramms, des Bauvorbescheids und des - ggfls. fortzuschreibenden - Bebauungsplanentwurfs errichtet werden. Die Beklagte wird schon an dieser Stelle des Vertrages ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihre Leistung noch nicht feststehe und "das funktionale Leistungsprogramm während der Planungs- und Baudurchführungsphase voraussichtlich eine Fortschreibung erfahren wird". Nichts anderes folgt aus den oben zitierten Formulierungen in § 2 des Vertrages. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Klausel unter Ziffer 2.2 c), wonach die Planung des noch zu beauftragenden Architekturbüros die Grundlage "insbesondere auch" - also nicht nur - für die Erarbeitung und Ausführung der Außenansicht des Gebäudes, mithin der Fassade, bilden sollte. Berücksichtigt man, dass nach § 3.1 des Vertrages das Architekturbüro RPBW im Auftrag der Klägerin die erforderlichen Architektenleistungen bis Leistungsphase 4 nach § 15 HOAI erbringen und die in die Verantwortung der Beklagten fallende Leistungsphase 5 gestalterisch begleiten sollte, so konnte die Beklagte schlechterdings nicht im Zweifel darüber sein, dass sie nicht die C...-Planung, sondern die des bei Vertragsschluss noch zu beauftragenden Architekten, voraussichtliche RPBW, umzusetzen haben würde. Nur die letztgenannte Planung sollte - in diesem Punkt ist der Vertrag nach der Überzeugung des Senats eindeutig und einer anderweitigen Auslegung nicht zugänglich - maßgeblich sein für das Bausoll; das darin liegende Kalkulationsrisiko hat die Beklagte bewusst übernommen.
65Dass sie bis zu diesem Zeitpunkt auf der Grundlage der von Prof. C... erstellten Pläne kalkuliert und (auch) auf dieser Grundlage ihr Schätzkostenangebot vom 09.10.1998 abgegeben hatte, ändert an alledem ebenso wenig etwas wie der Umstand, dass diese Pläne Grundlage für die Bauvoranfrage vom 21.10.1998 und den Bauvorbescheid der Stadt K... vom 19.11.1998 waren. Andere verwertbare Pläne gab es bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Dementsprechend mussten die Vorarbeiten nach den planerischen Vorgaben von Prof. C... erfolgen, der ausweislich des Architektenvertrages vom 28.08.1998 allerdings auch nur zu dem Zweck von der Klägerin beauftragt worden war, eine Bauvoranfrage zu erarbeiten sowie die bis zum Wettbewerb (gemeint ist der ursprünglich beabsichtigte Architektenwettbewerb) erforderlichen Grundlagen zu ermitteln. Genau das ist in der Folgezeit geschehen und auch der Beklagten ist dies nicht verborgen geblieben. Bereits am 18.11.1998 haben die Parteien mit dem aus dem Verhandlungsprotokoll (Anlage K 1) ersichtlichen Ergebnis verhandelt. Dort heißt es unter Punkt 1.6:
66"Der GÜ ist sich mit dem AG einig, dass im Zuge der weiteren Planung und Bauausführung sowohl das funktionale Leistungsprogramm als auch die Planung insgesamt aufgrund des durchzuführenden Architektenwettbewerbes Anpassungen erfahren kann.
67Diese Änderungen sowie alle weiteren mit dem AG festgelegten Fortschreibungen des Leistungsprogramms sind von dem Pauschalpreis umfasst."
68Und unter 1.8:
69"Als ausführender Architekt, der mit den ausgesuchten Architekten n.d. Wettbewerb das Wettbewerbsergebnis umsetzt wird bestimmt:...H...; Herr J... ...."
70Dem entspricht der Inhalt des dem Verhandlungsprotokolls beigefügten Vertragsentwurfs, wo auf S. 2 unmissverständlich klargestellt ist, dass die Realisierung des Bauvorhabens nach dem im Wettbewerb siegreichen Architektenkonzept erfolgen sollte. Später ist von der Durchführung eines solchen Wettbewerbes Abstand genommen worden; statt dessen sollte die Auswahl des geeigneten Architekten der Klägerin bzw. P... vorbehalten bleiben.
71In Erwägung all dessen konnte die Beklagte also schon damals nicht im Unklaren darüber sein, nicht nach dem C...-Konzept bauen zu sollen, dass im übrigen an keiner Stelle der Vertragsunterlagen im Zusammenhang mit der Festlegung des Bausolls Erwähnung findet. Sie war es auch nicht, wie der Inhalt ihres Schreibens vom 23.03.1999 an die P... KG belegt, wo sie selbst davon ausgeht, nach Plänen RPBW bauen zu sollen und auf rechtzeitige Fertigstellung und Freigabe (!) der Pläne drängt.
72Aus dem von der Beklagten in diesem Zusammenhang in Bezug genommenen Schreiben der P... KG vom 29.03.1999 ergibt sich nichts anderes. Im Gegenteil: Auch dort findet die noch auszuwählende Architektenplanung als Basis für die fortlaufende Entwicklung des Projektes ausdrückliche Erwähnung.
73Aus alledem folgt, dass die C...-Pläne alles andere als das Herzstück des Vertrages waren und nur als Grundlage für den Bauvorbescheid der Stadt K... Eingang in die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien gefunden haben. Dieser Bauvorbescheid legte indes lediglich den Rahmen fest, in dem das konkrete Bausoll durch die noch auszuwählende Architektenplanung unter Beachtung des funktionalen Leistungsprogramms bestimmt werden sollte.
74Aus der Einreichung des Bauantrages vom 08.03.1999 mit den C...-Plänen kann die Beklagte ebenfalls nichts zu ihren Gunsten herleiten. Wie sie selbst in ihrem Schreiben an die Stadt K... vom 19.04.1999 erläutert, sollte der Bauantrag entsprechend dem Vorbringen der Klägerin ausschließlich der Erlangung einer Teilbaugenehmigung für die Erstellung der Überdeckelung der Nord-Süd-Fahrt dienen. Dementsprechend hat sie am 24.08.1999 bei der Stadt K... die Erteilung einer Baugenehmigung nach Plänen RPBW beantragt.
75Auch das nachvertragliche Verhalten der Beklagten lässt keinen vernünftigen Zweifel daran zu, dass ihr schon bei Vertragsschluss bewusst war, das Bauvorhaben voraussichtlich nach den noch beizubringenden Plänen von RPBW erstellen zu müssen. So hat sie bei der Vorstellung und Übergabe dieser Pläne am 27.05.1999 ausweislich des Gesprächsprotokolls (Anlage C 12, Bl. 535ff. GA) nicht etwa die schon damals erkannten Abweichungen von der C...-Planung beanstandet, sondern in Person ihres Mitarbeiters R... lediglich auf mögliche Probleme bei der Umsetzung technischer Einzelheiten und eventuelle Verzögerungen hingewiesen. Hätte sie darauf vertraut, nach der C...-Planung bauen zu sollen und wären die Abweichungen der dann vorgelegten RPBW-Pläne hiervon so gravierend gewesen, wie sie jetzt behauptet, so erscheint es ausgeschlossen, dass einer ihrer verantwortlichen Mitarbeiter diese geänderte Planung nicht nur widerspruchslos akzeptiert, sondern sogleich auf ihre zeitnahe Umsetzung gedrängt hätte.
76Dass die Beklagte in der Folgezeit dann auch nach den Vorgaben von RPBW geplant und gebaut und sich erst viel später, nämlich ab Mai 2000 zur Begründung ihrer Nachtragsangebote auf wesentliche Planänderungen berufen hat, verwundert nicht.
77Aus alledem folgt, dass die Klägerin bzw. P... der Beklagten keinen falschen Vertragsinhalt durch aktives Tun vorgespiegelt haben.
78cc)
79Sie müssen sich auch nicht entgegenhalten lassen, die Beklagte vor Vertragsschluss arglistig über den Planungsstand getäuscht oder ihr offenbarungspflichtige Tatsachen verschwiegen zu haben.
80Richtig ist zwar, dass die Klägerin verpflichtet gewesen sein dürfte, von ihr freigegebene Architektenpläne, von denen sie annehmen musste, dass sie für die Entschließung der Beklagten von Bedeutung sein konnten, sofort offen zu legen. Diese Voraussetzungen waren indes vorliegend nicht feststellbar erfüllt.
81Unterstellt man mit der Beklagten, dass die Fertigstellung der auf den 10./17.05.1999 datierten RPBW-Pläne 3-4 Wochen erforderte, so folgt daraus entgegen ihrer Auffassung nicht, dass sie der Klägerin bzw. P... schon am 28.04.1999 vorlagen und ihre Anfrage vom gleichen Tage deshalb wider besseres Wissen unrichtig mit dem Hinweis beantwortet worden sei, bisher seien von RPBW nur erste, nicht akzeptable Skizzen vorgelegt worden. Es spricht - im Gegenteil - gerade angesichts der Bearbeitungszeit von 3-4 Wochen einiges dafür, dass die Pläne zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht fertig waren. Gegenteiliges kann die Beklagte jedenfalls nicht beweisen.
82Geht man - weiter zu ihren Gunsten - davon aus, dass die Klägerin am 17.05.1999 in Paris die o.g. Pläne als fertige Entwurfspläne erhalten hatte, so folgt daraus nicht, dass P... die Planung gegen das ausdrückliche Vorbringen der Klägerin schon am 19.05.1999 als verbindlich akzeptiert und zur Umsetzung durch die Beklagte freigegeben hatte. Viel wahrscheinlicher ist es, dass auch die Auftraggeberin sich erst Gewissheit über den genauen Inhalt der Pläne und deren Kompatibilität mit ihren Vorstellungen und denen der Stadt K... verschaffen musste; gegen den Willen der Stadt hätte ein Planungskonzept kaum durchgesetzt werden können. Das zu klären, mag entsprechend dem Vorbringen der Klägerin bis zum 07.06.1999 gedauert haben. Es war jedenfalls Sache der Beklagten zu beweisen, dass die Entscheidung zu Gunsten von RPBW schon vor diesem Zeitpunkt gefallen war. Diesen Beweis kann sie mangels geeignetem Beweisanerbieten nicht führen.
83Ob die Klägerin bei Vertragsschluss verpflichtet war, der Beklagten noch nicht freigegebene Architektenpläne zugänglich zu machen, erscheint fraglich. Immerhin unterlag es nach dem Wortlaut des Vertrages der freien Entscheidung der Klägerin, über die Beauftragung des planenden Architekten zu entscheiden. Sie hat im einzelnen und unwiderlegt dargetan, dass diese Entscheidung jedenfalls am 19.05.1999 noch nicht endgültig getroffen war (S. 22ff. BE, Bl. 564ff. GA).
84b)
85Letztlich kommt es auf all das nicht an. Es fehlt jedenfalls an der Arglist.
86Eine Täuschung durch arglistiges Verschweigen vertragswesentlicher Tatsachen müsste sich die Klägerin in Erwägung der soeben erörterten Umstände allenfalls dann entgegenhalten lassen, wenn sie vor oder bei Vertragsschluss wusste oder hätte wissen müssen, dass der schon vorher festgelegte und sodann vereinbarte Pauschalpreis für die Realisierung der RPBW-Pläne unauskömmlich sein würde. Denn nur dann hätte sie zumindest billigend in Kauf genommen, dass die Beklagte sich bei Abschluss des Vertrages über das von ihr eingegangene Preisrisiko irrte. Es ist indes nichts Konkretes dafür ersichtlich, dass sie dieses Bewusstsein hatte, zumal die Beklagte selbst offenbar erst Monate nach dem Vertragsschluss zu der Erkenntnis gelangt ist, dass die Umsetzung der RPBW-Pläne auch abseits der Fassadengestaltung mit deutlich höheren Baukosten verbunden sein würde, als ursprünglich kalkuliert.
87c)
88Des weiteren fehlt es an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen einer eventuellen arglistigen Täuschung und der auf Abschluss des Generalübernehmervertrages gerichteten Willenserklärung der Beklagten.
89Sie behauptet zwar, dass sie den Vertrag in Kenntnis der RPBW-Pläne nicht geschlossen hätte (S. 35 des SS. v. 13.09.2002, Bl. 678 GA). Dieses Vorbringen ist indes mit dem bereits erörterten Verhalten der Beklagten vor und nach dem Vertragsschluss schlechterdings nicht in Einklang zu bringen. Die Beklagte hat nicht nur vor Abschluss des Generalübernehmervertrages offenbart, die auf nachträgliche Auswahl eines Architekten angelegte Vertragsgestaltung zu kennen und - grundsätzlich - zu akzeptieren; sie hat diese Planung nachher zunächst auch umgesetzt und erst viel später höhere Baukosten beanstandet und Nachträge geltend gemacht. Dann aber spricht alles dafür, dass sie den Vertrag auch in Kenntnis der RPBW-Pläne geschlossen hätte und eine möglicherweise zunächst für die Beklagte streitende Vermutung für aufklärungskonformes Verhalten ist durch die feststellbare Umstände des Streitfalles widerlegt (vgl.: Palandt/Heinrichs, BGB, 61 Aufl., § 282, Rdn. 15, m.w.N.).
90d)
91Schließlich scheitert die Anfechtung an der Versäumung der Anfechtungsfrist (§ 124 BGB), wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat (S. 18 des Urteils, Bl. 432 GA). Spätestens mit anwaltlichem Schreiben vom 04.05.2000 (Anlage K 47) hat die Beklagte zu erkennen gegeben, dass sie nach den insoweit maßgeblichen Gesamtumständen ausreichend sichere Kenntnis von den die Anfechtung tragenden tatsächlichen Umständen hatte (Palandt, a.a.O., § 124 Rdn. 2, m.w.N.). Demnach lief die Anfechtungsfrist lange vor Zugang der Anfechtungserklärung im Schriftsatz vom 19.09.2001 ab.
922. Kündigung vom 12.06.2001
93Die Kündigung ist unwirksam. Es fehlt an einem Kündigungsgrund.
94a) § 9 Nr. 1 a) VOB/B - Verstoß gegen Mitwirkungspflichten
95Die Klägerin hat nicht gegen vertragliche Mitwirkungspflichten verstoßen, welche die Beklagte erfolglos aus der in ihren Augen grundlosen Weigerung der Klägerin ableiten will, den Vertragspreis der geänderten Planungssituation anzupassen.
96Dieser Vorwurf geht schon im Ansatz fehl, weil die Klägerin aus den bereits unter 1 a) bb) dargelegten Gründen keine Planungsänderung veranlasst hat. Die Beklagte kann sich also weder auf eine (nachvertragliche) Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen der Klägerin (§ 2 Nr. 7 Abs. 1 S. 4 VOB/B i.V.m. § 2 Nr. 5 VOB/B), noch darauf berufen, mit einer nach dem Vertrage nicht vorgesehenen Leistung beauftragt worden zu sein (§ 2 Nr. 7 Abs. 1 S. 4 VOB/B i.V.m. § 2 Nr. 6 VOB/B). Auch sonst steht der Beklagten kein Anspruch gegen die Klägerin auf Anpassung des Vertragspreises wegen veränderter Verhältnisse zu. Die Voraussetzungen des § 2 Nr. 7 Abs. 1 S. 2 VOB/B liegen nicht vor, weil die ausgeführten Leistungen nicht erkennbar von der vertraglich vorgesehenen Leistung abweichen. Die Beklagte hat - wie geschuldet - nach den Plänen von RPBW gebaut. Dass die tatsächlichen Baukosten die kalkulierten Kosten möglicherweise erheblich übersteigen, fällt allein in das von ihr übernommene Kalkulationsrisiko und rechtfertigt unabhängig von der Wirksamkeit der Ausschlussklausel unter § 6.2 des Generalübernehmervertrages eine Anpassung des Pauschalpreises an ihre Bedürfnisse nicht.
97Hinsichtlich der Fassadenkosten haben die Parteien überdies unter § 2.2 c) i.V.m. § 6.6 des Generalübernehmervertrages eine Anpassungsregelung getroffen, welche die Beklagte nicht eingehalten hat. Sie hat entgegen jener Vereinbarung bisher keine endgültige und prüffähige "Open-Cost-Kalkulation" vorgelegt, die zu akzeptieren die Klägerin grundsätzlich bereit wäre (Schreiben vom 18.08.2000, Bl. 326 GA). Für den Fall, dass dann eine Einigung nicht erzielt werden könnte, haben die Parteien die Einholung eines bindenden Schiedsgutachtens vereinbart. Die Beklagte kann hinsichtlich der Fassadenkosten also eine Preisanpassung auch ohne Zustimmung der Klägerin erzwingen, so dass eine Weigerung der Klägerin, den für die Fassade kalkulierten Vertragspreis nach Maßgabe des § 6.6 anzupassen, eine Kündigung nach § 9 Nr. 1 a) VOB/B in keinem Fall zu rechtfertigen vermag.
98§ 2 Nr. 8 VOB/B greift nicht, weil die Beklagte - soweit ersichtlich - keine außervertraglichen Leistungen erbracht hat.
99Es stellt also keinen Verstoß gegen werkvertragliche Kooperationspflichten dar, dass die Klägerin die ihr von der Beklagten unterbreiteten Nachträge nicht beauftragt hat.
100b) § 9 Nr. 1 b) VOB/B - nicht geleistete Abschlagszahlungen
101Die Parteien haben unter § 6.3 des Generalübernehmervertrages einen Zahlungsplan vereinbart, der dem Vertrag als Anlage 15 beigefügt ist. Danach war die Klägerin verpflichtet, in Prozentsätzen ausgedrückte monatliche Raten an die Beklagte zu zahlen. Dieser Verpflichtung ist sie, wie sich auch der Zahlungsaufstellung in der Rechnung vom 22.02.2001 (Anlage K 35) ergibt, zunächst nachgekommen. Mit den in Rede stehenden Rechnungen Nr. 7011 vom 20.11.2000 und Nr. 7012 vom 22.02.2001 rechnet die Beklagte Abschläge nun auf völlig anderer Grundlage ab, indem sie den tatsächlichen Bautenstand unter anteiliger Einbeziehung erheblicher Nachtragsforderungen vergütet wissen will. Dafür fehlt jede Rechtsgrundlage, zumal ihr die in die Abschlagsforderungen eingerechneten Nachträge aus den oben genannten Gründen bis auf eventuelle Fassadenmehrkosten, die allerdings erst tauglich abgerechnet werden müssen, nicht zustehen.
102Selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich bei der Regelung unter § 6.3 des Vertrages - wie nicht - um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, die gemäß § 9 AGBG a. F. unwirksam sein könnte, weil die Abschlagszahlungen nicht erkennbar an den Baufortschritt gekoppelt sind (BGH BauR 1986, 694), folgt hieraus im Ergebnis nichts anderes. Denn dann sind die sich aus § 16 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B ergebenden Voraussetzungen, unter denen Abschlagszahlungen auch ohne besondere vertragliche Absprachen verlangt werden können, nicht erfüllt.
103Die Beklagte hat ihre Abschlagsforderungen nicht prüfbar abgerechnet, und zwar selbst dann nicht, wenn man zu ihren Gunsten davon ausgeht, dass die prozentuale Widergabe des - nach dem Ergebnis des Beweissicherungsgutachtens B... vom 18.07.2002 (Anlage C 21, Anlagenhefter) im wesentlichen erreichten - Fertigstellungsgrades bezogen auf die einzelnen Teilleistungen grundsätzlich für eine prüfbare Abrechnung des Abschlags ausreicht. Aus der Forderungsaufstellung muss sich indes für den Auftraggeber zweifelsfrei ergeben, welche vertraglich geschuldeten Leistungselemente mit welchem Anteil des Pauschalpreises in Ansatz gebracht sind (Locher, in Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl., Teil B, § 16, Rdn. 35, 44). Nur so kann er nämlich überprüfen, ob der Auftragnehmer den ihm nach dem tatsächlichen Bautenstand zustehenden Anteil des Werklohns verlangt. Diesen Voraussetzungen ist vorliegend nicht genüge getan. Dabei kommt es entgegen der Auffassung des Landgericht nicht entscheidend darauf an, dass mit den Abschlagsrechnungen überwiegend Nachträge (anteilig) geltend gemacht werden, auf welche die Beklagte keinen Anspruch hat. Waren die Leistungen nämlich vertragsgemäß, so kann die Beklagte hierfür einen Abschlag in Höhe des für diese Werkleistungen vertraglich vorgesehenen Pauschalpreises verlangen. Er muss allerdings nachvollziehbar darlegen, wie hoch dieser Anteil konkret ist, was vorliegend nur durch Offenlegung der pauschalpreisbildenden Urkalkulation geschehen konnte (im Ergebnis entgegen Bekl. wohl ebenso: Senat, BauR 1997, 1041ff. 1043). Das gilt umso mehr, weil unklar ist ob und wenn ja, inwieweit die nach der Pauschalpreisvereinbarung für die tatsächlich erbrachten Leistungen geschuldete Vergütung bereits durch vorherige Abschlagszahlungen abgegolten war.
104Vor diesem Hintergrund erweisen sich die o.g. Abschlagsrechnungen als nicht prüfbar. Die Abschlagsforderungen waren also nicht fällig und die Beklagte war nicht zur Kündigung gemäß § 9 Nr. 1 b) berechtigt.
105Dass die Beklagte nicht berechtigt war, den Vertrag wegen eines angeblichen Vertrauensverlustes aus einem anderen wichtigen Grund zu kündigen, liegt nach alledem auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erörterung.
106II.
107Die Beklagte begründet die Berufung darüber hinaus mit einem auf Befreiung von der Vertragspflicht gerichteten Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (c.i.c.) i.V.m. § 249 S. 1 BGB (S. 43ff. BB, Bl. 497ff. GA, und S. 57 BB, Bl. 511 GA).
108Mit einem solchen Anspruch hat sich der Senat in der Sache nicht zu befassen. Das mit der Klage geltend gemachte Feststellungsbegehren der Klägerin betraf nach dem eindeutigen Wortlaut des zuletzt gestellten Klageantrages (vgl.: SS. v. 02.11.2001, Bl. 210 GA) ausschließlich die Unwirksamkeit der Kündigung im Schreiben vom 12.06.2001 und die Unwirksamkeit der Anfechtungserklärung im Schriftsatz vom 19.09.2001 (vgl. zum Umfang der Rechtshängigkeit bei negativen Feststellungsklagen: Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 256, Rdn. 15b). Nur darüber hat das Landgericht ausweislich des ebenso eindeutigen Tenors im angefochtenen Urteil entschieden und nur soweit die Beklagte sich dagegen auf die Wirksamkeit der o.g. Kündigung und der Anfechtung berufen zu können meint, ist sie rechtsmittelfähig beschwert. Sie wird also im Berufungsverfahren mit anderen, als den o.g. vertragsauflösenden bzw. vertragshemmenden Gründen nicht gehört. Das gilt nicht nur für den Schadensersatzanspruch aus c.i.c., sondern auch für die unter dem 19.08.2002 ausgesprochene weitere Kündigung des GÜ-Vertrages gemäß § 6 Nr. 7 VOB/B, der im übrigen erkennbar nicht in den Fällen Anwendung findet, in denen ein Vertragspartner durch eine unwirksame Kündigung die Unterbrechung herbeigeführt hat. Gleiches gilt für das mit Schriftsatz vom 13.09.2002 geltend gemachte Leistungsverweigerungsrecht.
109Nur ergänzend weist der Senat deshalb unter Bezugnahme auf die obigen Ausführungen zur Arglistanfechtung darauf hin, dass die Klägerin nicht vorwerfbar gegen vorvertragliche Treue- und Kooperationspflichten verstoßen hat und ein Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo deshalb auch in der Sache nicht gerechtfertigt wäre.
110Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit die Beklagte sich durch Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen hierzu auf ein Recht zur Kündigung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsverhandlung (c.i.c.) oder aus dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage beruft. Fraglich ist bereits, ob diese im Kündigungsschreiben vom 12.06.2001 nicht ausdrücklich genannten und deshalb nachgeschobenen Gründe, die mit der Klage angegriffenen Kündigung überhaupt zu rechtfertigen vermögen (so: BGH BauR 1982, 79; BauR 1993, 469ff., 471; a.A.: Vygen in Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl., Teil B, § 8, Rdn. 4f.) Letztlich kommt es darauf indes nicht an, weil die Klägerin aus den genannten Gründen keine Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der vertraglichen Festlegung des im übrigen unverändert gebliebenen Bausolls begangen hat.
111III.
112Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO.
113Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Abs. 1 S. 2 ZPO.
114Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Anrufung des Revisionsgerichtes auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich erscheint - § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO n. F..
115Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 32.211.388,00 EUR
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