Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 21 U 80/02
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg vom 21.3.2002 wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 29.960,76 EUR (58.598,16 DM) nebst 8 % Zinsen seit dem 31.5.1999 sowie 10,23 EUR (20,-- DM) vorgerichtli-che Mahnkosten zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszugs tragen die Klägerin 35 % und die Beklagte 65 %.
Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 43 % und die Beklagte zu 57 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Zwangsvollstreckung der anderen Partei gegen Si-cherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags ab-wenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin macht gegen die Beklagte u.a. Schadensersatzansprüche geltend, nachdem die Beklagte Ende Januar 1999 ihre Arbeiten auf der Baustelle der Klägerin eingestellt hatte. Durch Urteil vom 21.3.2002 hat der Vorsitzende der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 6.039,45 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Mahnkosten zu zahlen und im übrigen die Klage abgewiesen. Zur Prozessgeschichte und zum Vorbringen der Parteien im ersten Rechtszug wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
4Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung u.a. ausgeführt: Die Beklagte sei gemäß § 326 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie sich nach Ablauf der mit dem Schreiben vom 8.2.1999 bestimmten Frist in Verzug mit ihren Demontage- und Entsorgungsarbeiten befunden habe. Es könne dahinstehen, ob die gesetzte Nachfrist angemessen gewesen sei, denn die Klägerin habe an der verspäteten Erbringung der Abrissarbeiten kein Interesse mehr gehabt. Im übrigen habe die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 12.2.1999 die Fortsetzung der Arbeiten abgelehnt, obwohl ihr ein Zurückbehaltungsrecht nicht zugestanden habe.
5Im Umfang von 59.078,30 DM sei der Klägerin infolge des Verzugs der Beklagten ein Schadensersatzanspruch entstanden. In dieser Summe seien 10.620,-- DM für die Entsorgung der auf der Baustelle noch befindlichen big bags und 6.415,50 DM für die Entsorgung von 42,77 t an losem Asbestmaterial, 2.500,-- DM für den Ab-, Aufbau und Transport der Brechermaschine, 15.200,-- DM und 6.400,-- DM für den Stillstand des Walzenzuges und der Raupe sowie 17.942,80 DM an Mehrkosten für die Demontage und Entsorgung von 11.284,78 qm Eternitplatten durch die Fa. M... enthalten. Ansprüche auf Ersatz der Stillstandskosten für zwei Bagger und für die Vergütung der Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen bestünden nicht. Eine anderweitige Einsatzmöglichkeit für die Bagger und für ihre Mitarbeiter habe die Klägerin nicht dargetan. Von dem Ersatzanspruch sei der Vergütungsanspruch der Beklagten in Höhe von 47.266,17 DM, der sich nach Abzug der bereits erhaltenen Zahlungen ergebe, zu subtrahieren. Die Beklagte habe insgesamt 36.643,64 qm Eternitplatten demontiert, wenn auch nicht in vollem Umfang entsorgt. Auszugehen sei von den Belegen, die die Klägerin für die Anlieferung von 366,66 t Asbestzementabfällen bei zwei Deponien vorgelegt habe. Die Beweisaufnahme habe ferner ergeben, dass die Beklagte weitere 113,57 t Restzementabfälle demontiert, aber nicht mehr entsorgt habe. Schließlich seien noch weitere 124,39 t gemäß den Angaben des Zeugen Z... und den von ihm nachgereichten Anlieferungserklärungen aus der Zeit vom 28. - 30.12.1998 demontiert und entsorgt worden. Das Gewicht von 1 qm demontierte und entsorgte Asbestplatten sei auf 16,5 kg zu schätzen. Eine zuverlässige Ermittlung des Werts sei nicht mehr möglich, da der Anteil der Asbestzementplatten an dem insgesamt abgebauten Material nicht mehr feststellbar sei. Unter Anwendung des genannten Umrechnungsmaßstabs entsprächen die von der Beklagten abgebauten 604,62 t einer abgebauten Fläche von 36.643,64 qm.
6Gegen dieses Urteil, das der Klägerin am 17.5.2002 und der Beklagten am 5.4.2002 zugestellt worden ist, haben beide Parteien selbständig Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift der Klägerin ging am 17.6.2002 und die Berufungsschrift der Beklagten am 6.5.2002 bei dem Oberlandesgericht ein. Die Klägerin begründete ihre Berufung mit einem am 19.9.2002 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz; die Berufungsbegründung der Beklagten ging am 5.8.2002 ein.
7Die Klägerin behauptet, das gemeinsame Aufmaß vom 5.1.1999 sei auf Veranlassung von Herrn K... am 26.1.1999 ergänzt und korrigiert worden; hieran habe auch der Bauführer der Beklagten, Herr S..., teilgenommen. Als die Fa. M... mit der Fortführung der Demontagearbeiten beauftragt worden sei, seien am 17.2.1999 bei einer gemeinsamen Begehung die noch durchzuführenden Arbeiten festgelegt worden. Zur Bemessung der von der Beklagten bearbeiteten Fläche habe das Landgericht zu Unrecht die Anlieferungsscheine des Zeugen Z... berücksichtigt, denn diese seien nicht aussagekräftig. Selbst bei ordnungsgemäßen Nachweisen sei nicht sichergestellt, dass es sich bei den entsorgten Materialien tatsächlich um die Eternitplatten aus H... gehandelt habe.
8Die Klägerin behauptet zu den einzelnen Schadenspositionen, die Fa. M... habe über die im ersten Rechtszug benannten 113,57 t tatsächlich 161,85 t an losem Asbestzement entsorgt; ihr stehe deshalb ein weiterer Anspruch in Höhe von 7.242,-- DM zu. Insofern behalte sie sich die Klageerweiterung vor. Entgegen der Ansicht des Landgerichts seien auch die Stillstandskosten für die Bagger zu ersetzen, da die verlängerte Vorhaltung von Geräten bzw. deren Stillstand einen ersatzfähigen Schaden darstelle. Die Vorhaltekosten für den Bagger CAT 225 beliefen in den ersten 10 Tagen Baustillstand pro Stunde 123,53 DM und für den Bagger CAT 325 auf 136,60 DM/h. Daraus ergebe sich ein zusätzlicher Anspruch von 4.810,40 DM. Diesen mache sie im Wege der Klageerweiterung geltend. Die Vorhaltekosten für die Walze betrügen pro Stunde auf 125,65 DM. Für die Anmietung der Raupe seien in den 20 Tagen Stillstand Kosten in Höhe von 9.318,18 DM angefallen. Für die Anmietung der Raupe seien Kosten in Höhe von 10.250,-- DM monatlich entstanden.
9Die Klägerin ist ferner der Ansicht, die unproduktiven Arbeitsstunden seien ein klassischer Behinderungsschaden. Es käme nicht darauf an, ob sie ihre Mitarbeiter kurzfristig anderweitig hätte einsetzen können. Im übrigen habe die Beklagte auch bei Mehrflächen keinen Anspruch auf Anpassung der Vergütung, weil ein Pauschalentgelt für den vollständigen Abbruch und die Entsorgung aller Eternitplatten vereinbart worden sei. Da die Beklagte nur 27.328,15 qm abgebaut habe, stehe ihr nur ein Anspruch auf 70,66 % des Pauschalpreises zu. Es liege neben dem bereits im ersten Rechtszug geltend gemachten Überzahlungsbetrag von 334,61 DM eine weitere Überzahlung in Höhe von 16.905,02 DM vor.
10Hinsichtlich der ihrer Ansicht nach überzahlten Vergütung in Höhe von 16.905,02 DM und den erhöhten Stillstandskosten für die zwei Bagger in Höhe von 4.810,40 DM erhöht die Klägerin die Klageforderung und beantragt nunmehr,
11- das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 21.3.2002 teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 35.628,25 EUR, insgesamt also 41.667,70 EUR, nebst 8 % Zinsen seit dem 31.5.1999 sowie 10,23 EUR vorgerichtlicher Mahnkosten zu zahlen;
- klageerweiternd die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 11.102,92 EUR nebst 8 % Zinsen seit dem 23.9.2002 zu zahlen,
- die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
13- unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen;
- die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie widerspricht der Klageerweiterung und ist der Ansicht, sie sei nicht gemäß § 1 Nr. 4 VOB/B verpflichtet gewesen, über die vertraglich vereinbarten 34.000 qm hinaus weitere Eternitplatten zu demontieren und zu entsorgen. Die im Bauvertrag erfasste Fläche von 34.000 qm beträfe nur die Dachflächen nicht aber die 16.000 qm Zwischendecken, von denen sich erst nachträglich herausgestellt habe, dass auch dort Eternitplatten verwendet worden seien. Ein fester Fertigstellungstermin sei nicht vereinbart worden. Die Klägerin könne die Kosten für den Auf- und Abbau einer Brechermaschine in Höhe von 2.500,-- DM nicht verlangen, denn sie habe diese Arbeiten durch eigene Mitarbeiter ausführen lassen, so dass hierfür keine zusätzlichen Kosten entstanden seien. Die Mietkosten für die Sattelzugmaschine seien nicht belegt. Ein Anspruch auf Ersatz von 21.600,-- DM für den Stillstand der Raupe und des Walzenzugs sei nicht berechtigt, denn die Klägerin habe nicht dargelegt, dass für die Raupe und den Walzenzug eine anderweitige Einsatzmöglichkeit bestanden habe. Der Klägerin stehe auch nicht ein Betrag von 17.942,18 DM an Mehrkosten für die Demontage und Entsorgung von 11.284,78 qm Eternitplatten zu, denn der Umfang dieser Arbeiten sei nicht nachgewiesen.
15II.
16Die selbständigen Berufungen der Klägerin und der Beklagten sind zulässig, in der Sache hat nur die Berufung der Klägerin teilweise Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte wegen der vorzeitigen Vertragsbeendigung ein Zahlungsanspruch in Höhe von 29.960,76 EUR (58.598,16 DM) zu.
171.
18Nachdem die Beklagte in Verzug mit der Fertigstellung ihrer Werkleistung geraten und der Vertrag einverständlich aufgehoben worden ist, hat die Klägerin gemäß §§ 8 Nr. 3 Abs. 2 S. 1 VOB/B i.V.m. § 5 Nr. 4 VOB/B einen Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten durch die Beauftragung der Fa. M... GmbH in Höhe von 17.884,12 EUR (34.978,30 DM).
19a.
20Die Beklagte war aufgrund des von den Parteien im Oktober 1998 geschlossenen Werkvertrags verpflichtet, " ca. 34.000 m² Eternitplatten zum Pauschalpreis incl. Deponiegebühren oder Entsorgungsgebühren von DM 150.000,-- DM netto zu demontieren und zu entsorgen. Die Geltung der VOB/B war vereinbart, denn sie zählte zu den im Vertragstext benannten Vertragsgrundlagen. Zwar hat die Beklagte den Vertrag nicht selbst unterzeichnet, aber sie dokumentierte ihr Einverständnis mit dem Vertragsinhalt darin, dass sie in Kenntnis des schriftlichen Bauvertrags mit ihren Arbeiten begann. Die Beklagte geriet mit der Fertigstellung ihrer Arbeiten in Verzug i.S.v. § 5 Nr. 4 VOB/B. Bestimmte Ausführungsfristen hatten die Parteien nicht vereinbart; aber nach der unter § 5 des Vertrags getroffenen Regelung sollte sofort mit den Demontagearbeiten begonnen werden. Entsprechend der allgemeinen Regelung in § 271 BGB hatte die Beklagte somit nach Vertragsabschluss mit der Leistung zu beginnen und diese zügig innerhalb der für die Leistungserstellung benötigten Zeit fertigzustellen. Dieser Verpflichtung zur zügigen Fertigstellung ihrer Leistung ist die Beklagte nicht nachgekommen, denn Ende Januar 1999 stellte sie ihre Demontagearbeiten auf der Baustelle der Klägerin ein. Auf einen solchen Fall sind Nr. 2, 3 und 4 des § 5 VOB/B entsprechend anzuwenden (vgl. Ingenstau/Korbion-Döring, 14. Auflage, B § 5 Rdn. 5). Die Klägerin mahnte mit ihrem Telefax-Schreiben vom 5.2.1999 die Beklagte, in dem sie diese zur sofortigen Weiterführung der Arbeiten aufforderte. Da die Beklagte trotz der Fälligkeit ihrer Leistung auch nach Zugang dieser Mahnung ihre Arbeiten nicht fortsetzte, befand sie sich ab dem 5.2.1999 in Verzug.
21Entgegen der Ansicht der Beklagten hatte sie zu diesem Zeitpunkt ihre vertraglichen Verpflichtungen noch nicht erfüllt. Es kann an dieser Stelle dahinstehen, ob die Beklagte entsprechend der vertraglichen Vorgabe 34.000 m² Eternitplatten demontiert und entsorgt hatte. Selbst wenn die Beklagte diese Fläche abgebaut hätte, so war sie dennoch gemäß § 1 Nr. 4 VOB/B zur Weiterführung ihrer Arbeiten und zur Erbringung dieser zusätzlichen Leistung verpflichtet, da unstreitig zum damaligen Zeitpunkt die Anlage noch nicht von Eternitplatten vollständig befreit, also das vertragliche Ziel noch nicht erreicht war. Gemäß § 1 Nr. 4 VOB/B gehört es zu den Pflichten eines Auftragnehmers, nicht vereinbarte Leistungen, die zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich werden, mit auszuführen, wenn der Auftraggeber dies verlangt. Ziel der Demontagearbeiten der Beklagten war die Befreiung der ehemaligen LPG-Stallanlagen von asbestbelasteten Eternitplatten, damit die Klägerin die Anlagen abbrechen konnte. Dass die Parteien den Auftrag konkretisierten, indem sie die voraussichtliche Menge der abzubauenden Platten auf eine bestimmte Fläche schätzten und hierfür einen Pauschalpreis bestimmten, bedeutete keine abschließende Festlegung des Bausolls, sondern lediglich eine Präzisierung des mit dem Pauschalpreis abgegoltenen Leistungsumfangs. Die Parteien bemaßen die abzubauende Fläche nur mit einem ungefähren "Cirka"-Wert und dokumentierten damit, dass die Menge konkret noch nicht feststand. Das Bausoll bestimmt sich nicht nur durch den Umfang der Leistung, die Menge, sondern auch durch die Art der Leistung (qualitativer Bauinhalt) (vgl. Kapellmann/
22Schiffers, Vergütung, Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauvertrag, 3. Auflage, Band 2, Rdn. 667). Beim Pauschalvertrag muss der Auftraggeber Kriterien vorgeben, um deutlich zu machen, was er für diesen Preis gefertigt haben will (Kapellmann a.a.O.Rdn. 43). Ändert der Auftraggeber seine Kriterien, so verlangt er mehr Leistung mit der Folge zusätzlicher Vergütung nach § 2 Nr. 6 VOB/B (Kapellmann a.a.O. Rdn. 44).
23Anhaltspunkte für eine Befreiung der Beklagten von der Zusatzleistung nach § 1 Nr. 4 S. 1 VOB/B, weil ihr Betrieb nicht darauf eingerichtet sei, hat diese nicht vorgetragen. Ein Leistungsverweigerungsrecht wegen einer Verletzung der vertraglichen Kooperationspflicht (vgl. BGH BauR 2000, 409, 410) durch die Klägerin, steht der Beklagten ebenfalls nicht zu, denn die Klägerin hat eine zusätzliche Vergütung nicht schon dem Grunde nach verweigert, sondern vielmehr der Beklagten mit dem Schreiben vom 15.2.1999 signalisiert, die zusätzlichen Arbeiten gesondert zu vergüten.
24Aufgrund des Verzugs der Beklagten war die Klägerin gemäß §§ 5 Nr. 4, 8 Nr. 3 VOB/B berechtigt, der Beklagten den Auftrag zu entziehen. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin der Beklagten mit ihrem Telefax-Schreiben vom 8.2.1999 eine angemessene Leistungsfrist gesetzt und bei fruchtlosem Fristablauf eine Kündigung angedroht hat. Denn eine Fristsetzung mit Kündigungsandrohung ist entbehrlich, wenn sich das Verhalten des Unternehmers als eine besonders schwere positive Vertragsverletzung darstellt, die es dem Auftragnehmer unzumutbar macht, noch weiterhin mit dem Unternehmer zusammen zu arbeiten (vgl. Ingenstau/Korbion-Döring, B § 5 Rdn. 48). Die Beklagte hat endgültig die weitere Vertragserfüllung verweigert, ohne dazu berechtigt zu sein. Sie hat Ende Januar 1999 ihre Mitarbeiter, die ohne weiteres zu weiteren Demontagearbeiten in der Lage waren, von der Baustelle abgezogen. In dem Schreiben ihres späteren Prozessbevollmächtigten vom 12.2.1999 lehnte sie eine Fortführung der Arbeiten aufgrund des ursprünglichen Auftrags ab und forderte stattdessen einen weiteren Auftrag, obwohl sie - wie bereits zuvor erörtert - gemäß § 1 Nr. 4 VOB/B zur Weiterarbeit verpflichtet war. Im übrigen machte sie ihre Weiterarbeit von der Zahlung einer weiteren Vergütung abhängig, auf die sie keinen Anspruch hatte. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, waren die vertraglichen Voraussetzungen für eine weitere Vergütung nicht erfüllt. Denn die nach § 3 des Bauvertrags bestimmten Abschlagszahlungen waren bereits geleistet worden.
25Die Klägerin hat das Vertragsverhältnis nicht ausdrücklich gekündigt. Die Kündigung kann nicht schon bedingt mit der Fristsetzung verbunden werden (BGH BauR 1973, 319, 320; Ingenstau/Korbion-Döring a.a.O. Rdn. 49). Aus dem beiderseitigen Verhalten der Parteien ist auf eine einverständliche Vertragsauflösung zu schließen. Die Parteien haben sich auf eine Vertragsbeendigung eingestellt, denn die Beklagte hat ihre Arbeiten nicht mehr aufgenommen und die Klägerin hat einen Ersatzunternehmer, die Fa. M... GmbH, mit den Demontage- und Entsorgungsarbeiten beauftragt. Diese - zumindest faktisch - einverständliche Vertragsauflösung steht der Geltendmachung der Rechte aus § 8 Nr. 3 VOB/B nicht entgegen, wenn der Auftragnehmer - wie hier die Klägerin - zur Kündigung gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B berechtigt war (vgl. BGH a.a.O.; Ingenstau/Korbion-Vygen, B § 8 Rdn. 99, 140).
26b.
27Die Höhe der Mehraufwendungen, die der Klägerin zur Vollendung der vertraglichen Leistung über den Preis des bisherigen Bauvertrags hinaus durch die Beauftragung der Fa. M... Sanierungsgesellschaft mbH entstanden sind, belaufen sich auf insgesamt 17.884,12 EUR (34.978,30 DM).
28aa.
29Hierzu zählen die Kosten für die Demontage und Entsorgung von 11.284,78 m² Eternitplatten durch die Fa. M... in Höhe von 17.942,80 DM. Die Klägerin hat die entsprechende Rechnung der Fa. M... vom 1.4.1999 vorgelegt, in der diese Fläche ausgewiesen ist. Der Zeuge A. P... hat glaubhaft bestätigt, pro m² für die Demontage und Entsorgung einen Preis von 6,-- DM vergütet und die in der Rechnung ausgewiesenen Beträge für die Arbeiten an der streitgegenständlichen Baustelle beglichen zu haben. Der Zeuge H... bekundete zudem, dass das dieser Abrechnung zugrundeliegende Aufmaß vom 23.2.1999 zutreffend sei. In dem Aufmaß vom 23.2.1999 sind die Gebäude aufgeführt worden, in denen die Firma M... Platten demontiert hat, nebst den jeweiligen Flächenmaßen. Die Bezeichnung der betroffenen Gebäude stimmt überein mit der Aufstellung vom 17.2.1999, die der Zeuge J. P... und der Zeuge H... gefertigt haben. Dass die bezeichneten Flächen nicht vollständig übereinstimmen, hat die Klägerin damit nachvollziehbar begründet, dass die Aufstellung lediglich eine vorläufige Zwischenbewertung und eine verkürzte Bestandsaufnahme darstellte, nachdem die Beklagte ihre Arbeiten eingestellt hatte. Sie hatte nicht den Charakter eines vollständigen Aufmaßes. Die Differenzen zwischen dem Aufmaß vom 5.1.1999/ 26.1.1999, das ein Mitarbeiter der Beklagten gegengezeichnet hatte, und dem Aufmaß vom 23.2.1999 mit der Fa. M... sind nicht geeignet, die Abrechnung der Fa. M... in Frage zu stellen. Denn die Flächenberechnungen sind nicht bis ins Detail vergleichbar. Die Fa. M... sollte als Nachfolgeunternehmerin Restflächen demontieren. Dem gemäß differenzierte sie bei den Gebäuden 18 und 19, anders als in dem Aufmaß vom 5.1./26.1.1999 nicht zwischen Decke und Dach und gab lediglich eine Gesamtfläche an. Sie berücksichtigte bezüglich des Stalls D... Str. das Bürogebäude, das in dem Aufmaß vom 5.1./26.1.1999 nicht erfasst ist, so dass auch insofern ein Unterschied in den Flächenmaßen nachvollziehbar ist. Hinsichtlich der bezeichneten Gebäude, an denen Demontagearbeiten durchzuführen waren, stimmen die Aufmaße vom 5.1./26.1. und 23.2.1999 überein.
30Die Berechnung der Mehrkosten durch die Klägerin von 1,59 DM/m² ist nachvollziehbar. Dem Pauschalpreis von 150.000,-- DM lag eine Abbaufläche von ca. 34.000 m² zugrunde. Da auch die Fa. M... ihre Abrechnung lediglich von den demontierten Flächen abhängig machte und keine gesonderte Vergütung für Deponie- oder Entsorgungsgebühren verlangte, sind beide Berechnungen vergleichbar. Der von der Beklagten ausgehandelte Pauschalpreis lässt sich auf eine Berechnung nach Einheitspreisen zurückführen, wobei ein Einheitspreis von 4,41 DM anzunehmen ist. Darin sind - wie bei der Abrechnung der Fa. M... - die genannten Gebühren pauschal berücksichtigt worden.
31bb.
32An Entsorgungskosten für die noch auf der Baustelle befindlichen big bags und die losen Asbestbestände sind der Klägerin, wie von dem Landgericht zuerkannt, 8.710,11 EUR (17.035,50 DM) zu erstatten. Diese setzten sich zusammen aus 10.620,-- DM für die Entsorgung der big bags im Gesamtgewicht von 70,80 t und 6.415,50 DM für die Entsorgung weiterer 42,77 t an losem Asbestmaterial sowie in Containern befindlichem Asbest. Die Zeugen H... und A. P... haben glaubhaft bekundet, dieses Material auf der Baustelle vorgefunden und entsorgt zu haben. Da die Zeugen zu dem genauen Gewicht keine Angaben machen konnten, schätzt der Senat die Menge entsprechend dem Vortrag der Klägerin im ersten Rechtszug auf 70,80 t für die big bags und 42,77 t für das lose Asbestmaterial. Denn jedenfalls für diese Menge hat die Klägerin Anlieferungserklärungen, Übernahme- und Wiegescheine der entsorgenden Deponien vorgelegt (Zusatzheft 1 Bl. 9ff). Soweit nun in der Berufung eine vollständige Erstattung der von der Fa. M... berechneten Entsorgungskosten begehrt wird, hat die Klägerin die behauptete Menge von insgesamt 161,85 t nicht nachgewiesen. Die Zeugen vermochten in ihren erstinstanzlichen Vernehmungen die Differenz der abgerechneten und der von der Klägerin behaupteten Menge nicht zu erklären. Die der Rechnung beigefügten Begleitscheine betreffen nicht die gesamte abgerechnete Menge.
33Zwar hätte auch die Beklagte die Materialien entsorgen müssen; der Betrag von 17.035,50 DM zählt gleichwohl zu den Mehraufwendungen, denn nach den vertraglichen Vereinbarungen waren die Entsorgungskosten der Beklagten nicht gesondert zu vergüten, sondern von dem vereinbarten Pauschalpreis erfasst.
342.
35Neben der Erstattung der Mehrkosten hat die Klägerin einen Rückforderungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 72,77 DM brutto an überzahlter Vergütung aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. In die Gesamtabrechnung nach vorzeitiger Beendigung des Vertragsverhältnisses sind auch die Rückforderungsansprüche hinsichtlich geleisteter Abschlagszahlungen einzustellen. Soweit die Klägerin die Klageforderung um die Rückforderung überzahlter Vergütung in Höhe von 16.905,02 DM in der Berufung erhöht hat, ist diese Klageänderung gemäß § 533 ZPO zulässig. Die Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache ist nach § 264 Nr. 2 ZPO nicht an die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Sachdienlichkeit oder Einwilligung gebunden. Die zusätzlichen Voraussetzungen des § 529 ZPO liegen vor, denn die Neuberechnung des Vergütungsanspruch der Beklagten beruht nicht auf neuem tatsächlichen Vorbringen, sondern auf einer geänderten Rechtsansicht der Klägerin.
36Der Rückforderungsanspruch in der beanspruchten Höhe ist im wesentlichen unbegründet. Dem erhaltenen Betrag von 120.851,75 DM netto steht ein Werklohnanspruch der Beklagten in Höhe von 120.789,02 DM netto gegenüber. Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann die Beklagte über die bereits erhaltenen Zahlungen hinaus keine weitere Vergütung verlangen, sie ist vielmehr überzahlt. Sie hat nicht schlüssig dargelegt, dass der Wert ihrer Leistung höher ist als die insgesamt erbrachten Abschlagszahlungen. Bei einem vorzeitig beendeten Pauschalvertrag hat der Auftragnehmer seine erbrachten Leistungen vorzutragen und von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen, er hat das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung sowie des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darzulegen (BGH BauR 2002, 1406). Da die Parteien in ihrem Bauvertrag die Höhe des Pauschalpreises in Beziehung zur demontierten Fläche gesetzt haben, ist bei der Bemessung des der Beklagten zustehenden Werklohns ebenfalls die demontierte Fläche maßgebend.
37a.
38Die Klägerin geht zutreffend gemäß dem Aufmaß vom 5.1.1999, ergänzt durch die Korrektur vom 26.1.1999, von einer demontierten Fläche von 38.674,58 m² aus. Die Beklagte hat demgegenüber nicht dargetan, dass diese Berechnungen fehlerhaft oder unvollständig sind. Das Aufmaß trägt vielmehr auch die Unterschrift eines Mitarbeiters von ihr, Herrn S.... Dass der Zeuge K... das Aufmaß nicht kennt, spricht nicht gegen die Richtigkeit. Der Zeuge A. P... hat die Richtigkeit dieses Aufmaßes bekräftigt. Von der aufgemessenen Fläche ist die von der Fa. M... demontierte und abgerechnete Fläche von 11.284,78 m² zu subtrahieren. Es verbleibt somit eine Fläche von 27.389,80 m², die die Beklagte bearbeitet hat.
39b.
40Die Berechnung der Beklagten, die die bearbeiteten Flächen anhand der entsorgten Mengen ermittelt, ist nicht geeignet dieses Ergebnis in Frage zu stellen. Auszugehen ist bei dieser Vorgehensweise zunächst von einer Menge von 366,66 t Asbestzementabfällen, die die Beklagte entsorgt hat und für die die Klägerin auf die Auflage des Landgerichts hin Begleit- und Wiegescheine der Entsorgungsdeponien H... und der A... GmbH T... in ... C... vorgelegt hat. Hierzu kommen die oben erwähnten 113,57 t, die die Beklagte demontiert, aber nicht entsorgt hatte.
41Zu Recht hat das Landgericht nicht die Mengen berücksichtigt, die in den von der Beklagten vorgelegten Anlieferungsscheinen aus dem Zeitraum vom 1.3. bis 5.3.1999 (vorgelegt mit dem Schriftsatz vom 8.11.2001; Zusatzheft 2) dokumentiert sind. Diese Anlieferungsscheine belegen nicht, dass der jeweilige Transporteur im Auftrag der Beklagten die Asbestmengen entsorgt hat. Denn die Beklagte hatte bereits ab Ende Januar 1999 nicht mehr auf der Baustelle gearbeitet und Material demontiert. Zudem ergibt sich aus einem Abgleich mit den von der Klägerin als Anhang zur Rechnung der Fa. M... vom 1.4.1999 eingereichten Begleit- und Übernahmescheinen (Zusatzheft 1), dass die in den Anlieferungsscheinen aufgeführten Daten und Mengen überwiegend übereinstimmen mit den Angaben aus den Begleitscheinen der Fa. M.... Diese weisen aber die Fa. M... und nicht die Beklagte als Erzeuger aus. Eine Übereinstimmung besteht bei den angelieferten Mengen von 21,24 t und 16,35 t am 1.3.1999, von 22,43 t am 2.3.1999, von 18,42 t am 5.3.1999.
42Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat die Beklagte nicht bewiesen, über die 366,66 t und 113,57 t weitere 124,39 t an Material abgebaut zu haben. Die Aussage des von ihr hierzu benannten Zeugen Z... ist insofern nicht ergiebig. Er hat lediglich bekundet, von der Beklagten den Auftrag zur Entsorgung von Asbestmaterial erhalten zu haben; daraufhin seien 120 t von einem Spediteur abgefahren worden. Hierdurch ist nicht nachgewiesen, dass diese 120 t zusätzlich zu den bislang benannten Mengen entsorgt worden sind. Denn auch die von der Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 8.11.2001 (Zusatzheft 3) eingereichten Wiegescheine, die sie von der Beklagten erhalten hatte und die bereits bei der Menge von 366,6 t berücksichtigt worden sind, weisen einen Bezug zu der von dem Zeugen Z... betriebenen Firma auf. Der Fax-Aufdruck am unteren Rand der Scheine trägt die Nummer der "U + E G.", die Fax-Nummer der geschäftlichen Niederlassung des Zeugen Z.... Diese Wiegescheine betreffen eine Menge von 131,87 t, so dass es nicht ausgeschlossen ist, dass die Wiegescheine und die Anlieferungsscheine sich auf die gleiche Menge beziehen. Zumal der Zeuge bekundet hat, lediglich einen Auftrag von der Beklagten erhalten zu haben, der sich auf ca. 140 t Asbestmaterial bezogen habe. Entgegen seiner Ankündigung reichte er nicht die Begleit- und Wiegescheine, sondern lediglich die Anlieferungsscheine ein, die keine genaue Zuordnung der Menge erlauben.
43Werden hingegen nun die 366,66 t (Ergebnis der von der Klägerin vorgelegten Nachweise) und die 113,57 t (loses auf der Baustelle verbliebenes und von der Fa. M... entsorgtes Material) gemäß dem von dem Landgericht geschätzten Umrechnungsverhältnis (1m² = 16,5 kg) in ein Flächenmaß umgerechnet und dieses zu der von der Fa. M... abgebauten Fläche von 11.284,78 addiert, so liegt das Ergebnis von 40.389.63 m² im Bereich der aufgemessenen Fläche von 38.674,58 m². Allerdings unterliegt die anhand der entsorgten Menge berechnete Fläche aufgrund der Schätzung des Umrechnungsverhältnisses (1m² = 16,5 kg) Ungenauigkeiten. Im übrigen haben die Parteien in ihrem Werkvertrag die Höhe des Preises gerade nicht in ein Verhältnis zu der entsorgten Menge sondern zu der demontierten Fläche gesetzt.
44c.
45Ausgehend von einer durch die Beklagte bearbeiteten Fläche von 27.389,80 m² beträgt ihr Werklohnanspruch 120.789,02 DM netto. Dieser bestimmt sich nach dem Verhältnis zwischen dem vereinbarten Pauschalpreis von 150.000,-- DM und der hierbei zugrundegelegten Fläche von ca. 34.000 m². Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Pauschalpreis nicht in ein Verhältnis zu der insgesamt demontierten Fläche von 38.674,58 m² zu setzen. Anders als bei einem typischen Pauschalvertrag sollte das Mengenermittlungsrisiko nicht vollständig bei dem Auftragnehmer liegen. Denn die Parteien haben die Höhe der Vergütung nicht unabhängig von der anfallenden Werkleistung vereinbart, sondern diese zu der zu bearbeitenden Fläche ins Verhältnis gesetzt. Der Berechnung liegt faktisch ein Einheitspreis zugrunde, wobei dieser pauschal sämtliche für den Abbau und die Entsorgung anfallenden Kosten erfasst. Dass die Menge nicht lediglich ein Parameter für die Bezeichnung der vertraglichen Leistung, sondern ein Maßstab für die Höhe der Vergütung sein sollte, zeigt das Angebot der Klägerin in dem Schreiben vom 15.2.1999, worin sie eine Vergütung für Mehrleistungen nach einem Preis von 4,41 DM/m² in Aussicht stellte.
46Da die Beklagte bereits Werklohnzahlungen in Höhe von 120.851,75 DM netto erhalten hatte, ist sie in Höhe von 62,73 DM netto, also 72,77 DM incl. MwSt, überzahlt.
473.
48Die Klägerin hat ferner einen Anspruch auf Ersatz der weiteren Schäden gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 S. 1 2. Halbs. VOB/B in Höhe von 12.039,44 EUR (23.547,09 DM), die ihr durch die vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses entstanden sind.
49a.
50Grundlage des Schadensersatzanspruchs ist der Leistungsverzug der Beklagten nach § 5 Nr. 4 VOB/B. Nachdem die Beklagte trotz der Mahnung der Klägerin vom 5.2.1999 ihre Demontagearbeiten nicht fortführte, hat sie der Klägerin die dadurch bei dieser entstandenen Stillstandskosten zu ersetzen. Der Stillstand ist gerade deshalb eingetreten, weil die Abbauarbeiten der Klägerin von der Demontage der mit Asbest durchsetzten Eternitplatten abhängig waren, für die die Beklagte zu sorgen hatte. Ohne diese Vorarbeit konnte die Brechermaschine die mit Asbest belasteten Gebäudeteile nicht abbrechen; die Bagger konnten kein Abbaumaterial wegschaffen und die Raupe und Walze konnten den Bauschutt nicht auf der Baustelle Bad T... einbauen. Die Klägerin hat ihre Abbauarbeiten nach der Einstellung der Arbeiten durch die Beklagte erst wiederaufnehmen können, nachdem die Fa. M... ihre Tätigkeit begonnen hatte. Dieses ist nach der Aussage des Zeugen A. P... am 17.2.1999 geschehen.
51b.
52Es ist der nachweislich entstandene Schaden zu ersetzen. Der Geschädigte hat im einzelnen darzulegen, welche konkreten Mehrkosten ihm durch die Behinderung tatsächlich entstanden sind (BGH BauR 1986, 347, 348). Die Darlegungslast wird durch § 287 ZPO erleichtert, sofern - wie hier - der Haftungsgrund feststeht, ein Schadenseintritt zumindest wahrscheinlich ist und greifbare Anhaltspunkte für eine richterliche Schadensschätzung vorhanden sind (BGH a.a.O.). Den sich daraus ergebenden Anforderungen an ihre Darlegungslast hat die Klägerin im wesentlichen genügt.
53aa.
54Soweit die Klägerin im Wege der Klageerweiterung für die Bagger gegenüber ihrem bisherigen Vorbringen weitere 4.810,40 DM an Vorhaltekosten geltend macht, ist die Klageerweiterung gemäß § 533 ZPO zulässig. Sie beruht auf Tatsachen, die der Senat ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat, da das Landgericht die Möglichkeit einer Schätzung der Stillstandskosten anhand der Vorgaben der Baugeräteliste außeracht gelassen hat. Indes ist der Anspruch in der begehrten Höhe nicht begründet. Der Schaden der Klägerin durch den Stillstand ihrer eigenen Bagger beläuft sich nach einer Schätzung des Senats auf 4.973,85 EUR (9.728,-- DM). Die Kosten für den Stillstandszeitraum vom 8.2. bis 17.2.1999, für insgesamt 8 Arbeitstage, sind ersatzfähig. Die Beklagte befand sich nach der Mahnung der Klägerin am 5.2.1999 (Freitag) in Verzug. Der nachfolgende Arbeitstag war der 8.2.1999. Da nach der Aussage des Zeugen A. P... die Fa. M... am 17.2.1999 die Demontage der Platten aufgenommen hatte, konnten die Bagger ab dem 18.2.1999 wieder eingesetzt werden. Ein konkreter Schaden des Unternehmers durch eine verlängerte Vorhaltung von Geräten und Maschinen lässt sich bei Eigengeräten in der Regel nicht feststellen, so dass der Schaden gemäß § 287 ZPO nur nach den üblichen Kalkulationskosten für Maschinen und Geräte geschätzt werden kann. Die verlängerte Vorhaltezeit für Geräte und Maschinen infolge Stillstands der Baustelle führte auf Seiten der Klägerin letztlich dazu, dass sie diese Maschinen nicht unmittelbar nach dem geplanten Abschluss dieser Baustelle auf einer neuen Anschlussbaustelle einsetzen und damit die ihrer Kalkulation üblicherweise zugrunde gelegten Kosten erwirtschaften konnte. Es ist von der sogenannten "Beschäftigungsvermutung" auszugehen, wonach als selbstverständlich vorausgesetzt wird, dass ein Unternehmer während der Laufzeit des Projekts und insbesondere auch im Anschluss daran anderweitige, gleichartige Aufträge gehabt hätte bzw. hätte haben können (Kapellmann/Schiffers, Die Ermittlung der Ersatzansprüche des Auftragnehmers aus vom Bauherrn zu vertretender Behinderung (§ 6 Nr. 6 VOB/B), BauR 1986, 615, 624; Heierman/Riedl/
55Rusam, 9. Aufl., B § 6 Rdn. 49). Da diese Kosten je nach Markt- und Auftragslage vom Unternehmer unterschiedlich kalkuliert bzw. angesetzt werden können, ergibt sich ein gewisser Spielraum für eine Schätzung, wobei aber die Baugeräteliste als Grundlage einer solchen Schätzung herangezogen werden kann, da sie üblicherweise im Baugewerbe auch Kalkulationsgrundlage ist (OLG Düsseldorf BauR 1988, 487, 489; Vygen, Schubert, Lang, 4. Auflage, Bauverzögerung und Leistungsänderung Rdn. 305). Anders als von der Klägerin kalkuliert, sind die jeweiligen Kostenansätze zur Ermittlung der Vorhaltekosten mit einem im üblichen Rahmen liegenden, in der Regel kostendeckenden Faktor von 70% des Baugerätelistenwertes zu versehen (Biermann, Der Bauleiter im Bauunternehmen, 2. Auflage, S. 180; Hager, Ein Verfahren zur Berechnung von Gerätestillstands- und Geräteüberstundenkosten, BauR 1991, 284, 290). Denn die Baugeräteliste ist in erster Linie ein Hilfsmittel zur Gerätekostenverrechnung innerhalb von Arbeitsgemeinschaften und zur steuerlichen Abschreibung, so dass ihre Angaben nicht mit den innerbetrieblichen Abschreibungs- und Reparaturkosten gleichgesetzt werden können. Ebenso können sich Differenzen zwischen nach Baugeräteliste angenommenem und realem Geräteneuwert ergeben (Biermann a.a.O.; Hager a.a.O.). Demgemäß sind die Vorhaltekosten für den Bagger CAT 325 auf 80,-- DM/Std. und für den Bagger CAT 225 auf 72,-- DM/Std. zu schätzen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 70 % der von der Klägerin angenommenen Beträge für Reparaturkosten, Abschreibung und Verzinsung; wobei die "lohnabhängigen Kosten" nicht in die Berechnung eingeflossen sind, denn die Klägerin hat nicht dargetan, wie sich diese Kosten zusammensetzen. Für den Stillstand an 8 Arbeitstagen mit jeweils 8 Arbeitsstunden ergibt sich ein Schadensbetrag für den Bagger CAT 325 5.120,-- DM und für den Bagger CAT 225 4.608,-- DM.
56bb.
57Der Schaden der Klägerin für den Stillstand der Raupe beträgt 4.659,09 DM. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist für die Raupe nur eine Stillstandszeit vom 8.2. bis zum 21.2.1999 zu berücksichtigen. Denn nach der Aussage des Zeugen A. P... ist die Baustelle in Bad T... ab dem 22.2.1999 weiter betrieben worden; dort waren der Walzenzug und die Raupe zur Weiterverarbeitung des von der Baustelle H... gewonnenen Materials notwendig. Die Mietkosten für die verlängerte Vorhaltezeit begründet einen konkret nachweisbaren Schaden des Unternehmers. Die Klägerin hat die Mietkosten in Höhe von 10.250,-- DM monatlich durch eine Rechnung belegt. Ausgehend von einer durchschnittlichen monatlichen Nutzung an 22 Arbeitstagen entfallen auf den Verzugszeitraum vom 8.2. bis 22.2.1999 Stillstandskosten an 10 Arbeitstagen in Höhe von insgesamt 4.659,09 DM (10.250,-- DM : 22 x 10).
58Die Kosten für den Stillstand des Walzenzugs an den 10 Arbeitstagen beläuft sich bei einer Arbeitszeit von 8 Std. pro Tag auf (74,-- DM/Std. x 80 Std.) 5.920,--DM. Die Vorhaltestunde wurde entsprechend den Kostenansätzen der Baugeräteliste für Vibrokombiwalzen (Titel 3615 d. BGL) abzüglich 30 % bestimmt.
59cc.
60Der Schaden durch die Anmietung eines Sattelzugs für den Transport der Brechermaschine in Höhe von 1.080,-- DM und die mit dem Auf- und Abbau der Maschine verbundenen Personalkosten in Höhe von 1.080,-- DM sind der Klägerin zu ersetzen. Damit genügte die Klägerin ihrer aus § 254 BGB resultierenden Schadensminderungspflicht, denn der anhand der Baugeräteliste zu ermittelnde Schaden für den Stillstand der Brechermaschine hätte die Transportkosten deutlich überschritten. Zum Nachweis der Transportkosten hat die Klägerin die Rechnung der Fa. B... vom 26.2.1999 vorgelegt. Zwar ergibt sich aus der Rechnung nicht der genaue Zeitpunkt der Anmietung des Fahrzeugs; indes erlauben der Rechnungszeitpunkt (26.2.1999), die Anmietungszeit und die Art des gemieteten Fahrzeugs den Rückschluss darauf, dass es sich um die Kosten für den Transport der Brechermaschine handelt. Im übrigen sind diese Kosten auch im Rahmen einer Schätzung als angemessen anzusetzen.
61Ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Einsatz ihrer eigenen Mitarbeiter, um die Brechermaschine für den Transport nach Eisenach ab- und wiederaufzubauen, ist in Höhe von 1.080,-- DM begründet. Zwar ist die Pflicht, den Lohn für die eigenen Mitarbeiter zu zahlen, nicht erst aufgrund der Arbeitseinstellung der Beklagten entstanden. Gleichwohl ist ein Arbeitgeber grundsätzlich darauf bedacht, sein Personal rentabel einzusetzen und es je nach den gegebenen Verhältnissen zu verringern oder zu vergrößern. Eine Erhöhung gegenüber dem kalkulierten Aufwand beeinflusst das Gesamtbetriebsergebnis und kann einen entsprechenden Schaden bewirken (BGH a.a.O. S. 349). Die Klägerin hat bewiesen, insgesamt 24 Arbeitsstunden für den Auf- und Abbau der Maschine aufgewandt zu haben. Der Zeuge J. P... bestätigte glaubhaft, dass jeweils zwei Arbeitskräfte mindestens drei Stunden mit dem jeweiligen Ab- bzw. Aufbau der Maschine beschäftigt waren. Da der von der Klägerin pauschal behauptete Stundensatz von 60,-- DM von ihr nicht begründet und nicht durch ihre Kalkulation für die Durchführung des Bauvorhabens untermauert worden ist, schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO die kalkulierten Kosten pro Mitarbeiter - orientiert am Tariflohn - auf 45,-- DM.
62dd.
63Auch die Personalkosten für die An- und Abfahrt von drei Mitarbeitern zur Baustelle in H..., um ihre Arbeit dort fortzusetzen und die Baustelle zu sichern, sind in Höhe von 1.080,-- DM zu erstatten. Da die Beklagte sich aber erst ab dem 5.2.1999 in Verzug befand, war für die Zeit vom 2.2 bis 5.2.1999 ein Schadensersatzanspruch nicht gerechtfertigt. Für die Fahrten am 8.2 und 9.2.1999 hat die Klägerin den von ihr behaupteten Stundenlohn von 72,-- DM nicht nachgewiesen. Auch insoweit schätzt der Senat den Kostenaufwand auf 45,-- DM pro Arbeitsstunde, wobei - entsprechend dem Vortrag der Klägerin - von insgesamt 24 Arbeitsstunden (4 Stunden pro Mitarbeiter pro Tag) auszugehen ist.
642.
65Der Verzugszinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 284 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB a.F..
663.
67Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10 i.V.m. § 711 S. 1 ZPO.
684.
69Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO, die es gebieten, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch fordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichts.
70Streitwert des ersten Rechtzugs: bis 7.5.2001: 57.824,11 EUR (113.094,12 DM)
71ab 8.5.2001: 41.667,70 EUR (81.494,93 DM)
72Streitwert des Berufungsverfahrens: 52.770,61 EUR (103.210,35 DM)
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