Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - VII-Verg 53/02
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf vom 1. Ok-tober 2002 (VK-6/2002-F) wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens ein-schließlich der notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin.
III. Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten war für die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren notwendig.
IV. Der Beschwerdewert wird auf 25.000 € festgesetzt.
1
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
2I.
3Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 27. August 2002 hat die Antragstellerin bei der Vergabekammer die Verhängung eines Zwangsgeldes gegen die Antragsgegnerin in Höhe von 10.000 € beantragt. Zur Rechtfertigung hat sie geltend gemacht, die Antragsgegnerin gestatte es unter Verstoß gegen den Senatsbeschluss vom 7. November 2001 weiterhin, dass die Auftragnehmer K... (Los III) und E... (Los IV) bei der Durchführung des ihnen erteilten Auftrags das Ing.-Büro A... als Subunternehmer einschalten.
4Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Vergabekammer den Zwangsgeldantrag zurückgewiesen und das Vollstreckungsverfahren eingestellt. Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt, die Antragsgegnerin habe durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachgewiesen, dass die Auftragnehmer K... und E... auf Veranlassung der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 19. und 20. August 2002 die Kündigung ihrer Zusammenarbeit mit dem Ing.-Büro A... erklärt haben.
5Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sie macht geltend, die Kündigungen seien nur zum Schein ausgesprochen worden. Tatsächlich sei das Ing.-Büro A... auch nach dem Erhalt der Kündigung zumindest für den Auftragnehmer K... weiterhin tätig geworden.
6Die Antragstellerin verfolgt ihren Zwangsgeldantrag weiter. Darüber hinaus begehrt sie "ergänzend oder hilfsweise",
7- die Antragsgegnerin zu verpflichten, sämtliche Bieter zu näher bezeichneten Gewerken darüber zu informieren, dass das Ing.-Büro A... keinerlei Funktionen im Zusammenhang mit den Ausschreibungen und sonstigen Handlungen ausüben dürfe, und die Erfüllung dieser Verpflichtung der Vergabekammer gegenüber nachzuweisen,
- sowie eine Information mit dem vorstehenden Inhalt im Supplement zum Amtsbaltt der EG-Bauaufträge zu veröffentlichen,
hilfsweise :
10ihr (der Antragstellerin) zu gestatten, eine inhaltlich dahingehende Bieterinformation auf Kosten der Antragsgegnerin in allen Printmedien der Bundesrepublik Deutschland zu veröffentlichen.
11Ferner begehrt die Antragstellerin die Feststellung, dass sie durch die Antragsgegnerin in ihren Rechten verletzt worden sei.
12II.
13A. Die Beschwerde ist gemäß § 116 Abs. 1 GWB zulässig.
14Nach der genannten Vorschrift ist gegen die Entscheidungen der Vergabekammer die sofortige Beschwerde zulässig. Die Norm erfasst schon nach ihrem Wortlaut nicht nur die Hauptsacheentscheidung, welche die Vergabekammer im Verfahren nach §§ 104, 107 ff. GWB über einen Nachprüfungsantrag trifft. Sie eröffnet die Beschwerde zum Oberlandesgericht vielmehr auch für alle sonstigen instanzabschließenden Erkenntnisse der Vergabekammer, mithin auch für Entscheidungen der Vergabekammer im Rahmen der Vollstreckung nach § 114 Abs. 3 Satz 2 GWB.
15B. In der Sache bleibt der Rechtsbehelf der Antragstellerin allerdings ohne Erfolg.
161. Die Vergabekammer hat mit Recht die Verhängung eines Zwangsgeldes gegen die Antragsgegnerin abgelehnt. Die Voraussetzungen, unter denen der Schuldner gemäß § 114 Abs. 3 Satz 2 GWB i.V.m. § 60 VwVG NW mit einem Zwangsgeld belegt werden kann, liegen im Streitfall nicht vor.
17a) Das Vollstreckungsmittel des Zwangsgeldes ist ein Beugemittel und keine repressive Maßnahme zur Ahndung eines vorausgegangenen Ordnungsverstoßes. Das folgt (u.a.) aus § 60 Abs. 3 VwVG NW, wonach die Beitreibung eines festgesetzten Zwangsgeldes unterbleibt, sobald der Betroffene die gebotene Handlung ausführt. Voraussetzung für die Zwangsgeldfestsetzung ist dementsprechend, dass der Schuldner zur Vornahme der von ihm geschuldeten Handlung noch veranlasst werden kann. Hat er im Zeitpunkt der Entscheidung über den Zwangsgeldantrag dem zu vollstreckenden Gebot bereits Folge geleistet, darf das Beugemittel des Zwangsgeldes nicht (mehr) verhängt werden.
18b) So liegt der Fall hier. Nachdem der Senat mit Beschluss vom 25. Juli 2002 (Verg 33/02) zum Ausdruck gebracht hatte, dass die Tätigkeit des Ing.-Büros A... als Subunternehmer der Auftragnehmer K... und E... eine Umgehung des Senatsbeschlusses vom 7.November 2001 (Verg 23/01) darstellt, hat die Antragsgegnerin die Auftragnehmer K... und E... aufgefordert, die Zusammenarbeit mit dem Ing.-Büro A... aufzukündigen. Beide Auftragnehmer sind dieser Aufforderung gefolgt und haben mit Schreiben vom 19. und 20. August 2002 Herrn A... gegenüber die Vertragskündigung ausgesprochen. Dessen ungeachtet hat zwar der Auftragnehmer K... das Ing.-Büro A... weiterhin in die Auftragserledigung eingeschaltet. Hiervon hat die Antragsgegnerin indes - wie sie unwiderlegt geltend macht - zunächst keine Kenntnis erlangt. Erst durch Übersendung entsprechender Unterlagen durch die Vergabekammer mit Schreiben vom 17. Januar 2003 hat sie erfahren, dass der Auftragnehmer K... das Ing.-Büro A... noch immer beschäftigt. Die Antragsgegnerin hat sich daraufhin unter dem 30. Januar 2003 an den Auftragnehmer K... gewandt und ihn eindringlich und unter Androhung einer Vertragskündigung aufgefordert, die Zusammenarbeit mit dem Ing.-Büro A... sofort zu beenden. Zugleich hat sie den bislang in ihren Verdingungsunterlagen noch vorhandenen Hinweis auf das Ing.-Büro A... als "mitarbeitendes Büro" entfernt. Die Antragsgegnerin macht dazu unwiderlegt geltend, die Verdingungsunterlagen seien seinerzeit vom Büro A... mit dem erwähnten Hinweis erstellt worden; nach Kündigung der Subunternehmerverträge durch die Auftragnehmer K... und E... sei eine Streichung des Hinweises versehentlich unterblieben.
19Bei dieser Sachlage besteht derzeit weder ein Anlass noch eine Rechtfertigung, gegen die Antragsgegnerin ein Zwangsgeld festzusetzen. Die Antragsgegnerin hat - legt man ihre unwiderlegte Einlassung zugrunde - zeitnah reagiert und dem Senatsbeschluss vom 7. November 2001 in ausreichender Weise Folge geleistet. Den in ihren Verdingungsunterlagen versehentlich noch enthaltenen Hinweis auf das Ing.-Büro A... hat sie umgehend entfernt. Den Auftragnehmer K... hat sie unter Androhung der Vertragskündigung unmissverständlich und nachdrücklich aufgefordert, die Weiterbeschäftigung des Ing.-Büros A... sofort zu beenden. Dass diese Maßnahme unzureichend war und die Antragsgegnerin erneut oder in anderer Weise auf den Auftragnehmer K... einwirken muss, um die Weiterbeschäftigung des Ing.-Büros A... für die Zukunft zu unterbinden, ist nicht ersichtlich; dazu vermag auch die Beschwerde nichts vorzutragen. Folglich lässt sich auch die Notwendigkeit eines weiteren Vorgehens der Antragsgegnerin gegen den Auftragnehmer K..., das durch die Festsetzung des beantragten Zwangsgeldes erzwungen werden könnte, nicht feststellen.
202. Die Antragstellerin begehrt darüber hinaus die Verpflichtung der Antragsgegnerin, alle Bieter näher bezeichneter Gewerke darüber zu unterrichten, dass das Büro A... keinerlei Funktionen im Zusammenhang mit den Ausschreibungen wahrnehmen dürfe, die Erfüllung dieser Verpflichtung der Vergabekammer gegenüber nachzuweisen, sowie eine Information mit dem vorstehenden Inhalt im Supplement zum Amtsblatt der EG-Bauaufträge zu veröffentlichen, hilfsweise ihr (der Antragstellerin) zu gestatten, eine inhaltlich dahingehende Bieterinformation auf Kosten der Antragsgegnerin in allen Printmedien der Bundesrepublik Deutschland zu veröffentlichen. Auch dieses Begehren bleibt erfolglos. Es kann nicht zulässigerweise zum Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens gemacht werden. Das gilt schon deshalb, weil die nachgesuchte Bieterunterrichtung nicht zu denjenigen Maßnahmen zählt, die gemäß § 114 Abs. 3 Satz 2 GWB i.V.m. den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes NW als Zwangsmittel zur Durchsetzung der Entscheidung der Vergabenachprüfungsinstanzen in Betracht kommen. Geht es - wie hier - um die Erzwingung von Handlungen, sieht § 57 Abs. 1 VwVG NW als Zwangsmittel lediglich die Maßnahme der Ersatzvornahme, die Festsetzung eines Zwangsgeldes und die Anwendung unmittelbaren Zwangs vor.
213. Erfolglos bleibt ebenso der Antrag auf Feststellung, dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt habe. Auch insoweit handelt es sich nicht um ein Begehren, das zulässigerweise zum Gegenstand eines Vollstreckungsverfahrens gemacht werden kann. § 123 Satz 4 GWB sieht nur für das Vergabenachprüfungsverfahren vor, dass das Beschwerdegericht auf Antrag die Rechtsverletzung der beschwerdeführenden Partei feststellt.
22II.
23Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 128 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 GWB.
24Jaeger Dicks Kühnen
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