Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 16 U 163/02
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. Juli 2002 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird auf ihre Kosten zurückge-wiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicher-heitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicher-heit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Sicherheitsleistungen können auch durch Bürgschaft eines der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegenden Kreditin-stituts erbracht werden.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin hat gegen die Beklagte Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zur Zahlung von 69.813,00 DM mit Zinsen zu verurteilen Zug um Zug gegen Rückübertragung von 60.450 Stück ordinary shares der Beklagten.
3Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen:
4Die Beklagte sei Aktiengesellschaft mit Sitz in L... und dort im Handelsregister eingetragen. Sie vertreibe Aktien. Die Repräsentanzniederlassung der Beklagten in R... sei dort im Handelsregister eingetragen.
5Die Beklagte sei Rechtsnachfolgerin der C... M... R... P... (C...), deren deutsche Repräsentanzniederlassung ebenfalls im Handelsregister R... eingetragen gewesen sei. Direktoren dieser Repräsentanz seien nunmehr die Direktoren der Repräsentanz der Beklagten. Am 2. Februar 2001 sei die deutsche Repräsentanzniederlassung der C... im Handelsregister Ratingen gelöscht worden. Am 31. Januar 2001 sei die deutsche Repräsentanzniederlassung der Beklagten im Handelsregister R... eingetragen worden.
6Gegenstand der Muttergesellschaft C... sei die Suche nach Schätzen in versunkenen Schiffen auf den Weltmeeren gewesen. Geschäftsgegenstand der deutschen Repräsentanzniederlassung der C... sei die Suche nach Anlegern gewesen, die Gelder zur angeblichen Suche versunkener Schiffe und Bergung von Schätzen zur späteren wirtschaftlichen Verwertung zur Verfügung hätten stellen sollen. Die Anleger hätten dabei sogenannte Shares an dem Unternehmen erhalten sollen. Versprochen worden sei im Zuge des Erwerbs dieser Anteile, dass die C... an die englische Börse gehen werde und die Aktienoptionen offiziell gelistet werden sollten. Die deutsche Repräsentanzniederlassung sei daher das hauseigene Brokerunternehmen der C... gewesen, das den Anlegern die Aktien habe verkaufen sollen.
7Die Klägerin sei von der Übernahme der C... durch die Beklagte mit Schreiben vom 13. Dezember 2000 (Anlage K4) informiert worden.
8Die Klägerin habe sich durch die Telefonverkäufer der C... zum Erwerb von Aktienoptionen überreden lassen. Sie sei jedoch nicht ordnungsgemäß über börsentypische Risiken, Marktmechanismen und Verlustrisiken aufgeklärt worden. Sie sei auch nicht börsentermingeschäftsfähig gewesen. Für dieses aufklärungswidrige Verhalten sei nach Übernahme der C... die Beklagte verantwortlich. Der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus § 826 BGB.
9Die Klägerin sei als Kundin der C... geworben worden. Die C... habe sich dabei der Mithilfe von Telefonverkäufern bedient, welche die Klägerin unaufgefordert zu Hause angerufen und überredet hätten, Anteile an dem Unternehmen zu erwerben. Ihr seien in dem Gespräch exzellente Gewinne im Zuge eines Börsengangs von über 100 % innerhalb kürzester Zeit in Aussicht gestellt worden. Als Termin des Börsenganges sei Mitte Februar 2000 genannt worden. Ein außerordentlich günstiger Aktienkurs sei ihr zugesichert worden, ebenso erhebliche Gewinne durch Koststeigerungen innerhalb kürzester Zeit. Auch könne sie die Aktien zu einem äußerst günstigen Preis erwerben und auf diese Weise sofort erhebliche Wertsteigerungen erhalten. Ein Projektprospekt sei ihr zugeschickt worden. Es sei aber verschwiegen worden, dass die von der Beklagten bezeichneten Aktien reine Optionen seien und zur Zeit des Erwerbs nur einen fiktiven Wert besäßen. Es habe sich um ein sogenanntes Grau-Markt-Papier gehandelt. Erst mit dem Börsengang des Unternehmens bei einer offiziellen Börse erhielten die Aktien einen messbaren Wert und seien offiziell handelbar und veräußerbar. Verschwiegen worden sei auch, dass Gewinne nur möglich seien, wenn tatsächlich verwertbare Schätze auf versunkenen Schiffen gefunden, geborgen und veräußert werden können. Damit habe es sich bei den Anlagen um eine hochspekulative Anlage gehandelt.
10Die Klägerin sei später mehrfach erneut angerufen worden. Sie habe sich überreden lassen, insgesamt 60.450 Stück sogenannter Aktienzertifikate zum Preis von 69.813,-- DM zu erwerben. Die Kaufverträge seien der Klägerin als bereits ausgefüllte Vordrucke zugesandt worden. Die Klägerin habe den Preis an die C... überwiesen und habe dafür jeweils ein Aktienzertifikat erhalten.
11In den Telefongesprächen sei der Klägerin jeweils mitgeteilt worden, dass sich der Börsengang noch etwas verzögern werde. Im Juli 2000 sei die Klägerin hinsichtlich des Börsengangs auf August vertröstet worden. Nachdem auch dies nicht eingehalten worden sei, habe die Klägerin mit Schreiben vom 10. November 2000 ihre Einlage zurückverlangt. Rückzahlungen seien nicht erfolgt.
12Mit Schreiben vom 13. Dezember 2000 sei der Klägerin mitgeteilt worden, dass die C... von der Beklagten zu 100 % übernommen worden sei und dass ein Zwangsumtausch der Anteilscheine vorgenommen werde. Im Folgenden seien der Klägerin die entsprechenden Anteilscheine der Beklagten zugesandt worden (vgl. hierzu Anlage K22). Eine Rückzahlung sei nicht erfolgt. Zu dem behaupteten Börsengang der C... oder der Beklagten sei es nicht gekommen. Offensichtlich seien Schätze weder gefunden noch verwertet worden. Von Anfang an seien der Klägerin falsche Tatsachen vorgespiegelt worden. In Kenntnis der Tatsache, dass es nicht zum Börsengang kommen werde, hätte die Klägerin die Anteile niemals gezeichnet. Es werde bestritten, dass die Beklagte überhaupt über Rechte zur Bergung versunkener Schiffe verfüge.
13Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen:
14Die Klägerin habe Aktien der C... gekauft. Ansprüche richteten sich allenfalls gegen die C.... Eine Rechtsnachfolge liege nicht vor. C... bestehe nach wie vor als selbständige Rechtspersönlichkeit. Sie sei weder aufgelöst noch habe eine Liquidation stattgefunden. Eine Übertragung der Aktiva und Passiva habe es nicht gegeben.
15Im Übrigen stünden der Klägerin aber auch Ansprüche gegen C... nicht zu. Die für Warentermingeschäfte entwickelten Grundsätze seien nicht auf Aktienkäufe anzuwenden. Das habe zwischenzeitlich auch der Bundesgerichtshof bestätigt. C... habe ihrem Aktienangebot einen vom Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel genehmigten Verkaufsprospekt zugrundegelegt, der alle erforderlichen Risikohinweise enthalten habe. Diese Hinweise seien auch für unerfahrene Personen deutlich und eindeutig. Es sei selbstverständlich und entspreche der Lebenserfahrung, dass Schatzsuche risikoreich sei und nur in wenigen Fällen zum Erfolg führe. Dementsprechend sei in dem Verkaufsprospekt auch auf S. 18 ein entsprechender Risikohinweis enthalten.
16In der mündlichen Verhandlung hat das Landgericht rechtliche Hinweise erteilt (Bl. 90 GA). Durch das angefochtene Urteil hat es die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 35.694,82 EUR mit 5 % Zinsen seit dem 22. Januar 2002 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückübertragung von 60.450 Stück Ordinary Shares der Beklagten.
17Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Rückgängigmachung ihrer Beteiligung bestehe nach den Grundsätzen der cic und der Prospekthaftung. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei diese Rechtsnachfolgerin der C.... Durch die telefonische Kontaktaufnahme der Telefonverkäufer der C... sei ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis begründet worden, aus welchen sich besondere Aufklärungs- und Informationspflichten ergeben hätten. Bei den veräußerten Shares habe es sich nicht um Aktien, sondern um Aktienoptionen gehandelt. Diese rechtliche Einordnung finde ihre Grundlage in den Ausführungen auf S. 7 des von der Beklagten als Anlage B3 zu den Akten gereichten Memorandums der C.... Daraus ergebe sich, dass die Anteilscheine im Zeitpunkt der Veräußerung noch an keiner europäischen oder nordamerikanischen Börse gehandelt worden seien und die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin noch nicht an irgendeiner Börse notiert gewesen sei. Die Anteilscheine hätten daher lediglich ein späteres Bezugsrecht verbriefen können. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien Optionsgeschäfte mit Aktien Börsentermingeschäfte. Der ihr obliegenden Aufklärungspflicht sei die C... mit Aushändigung des in englischer Sprache abgefassten Memorandums nicht in ausreichender Weise nachgekommen. Zudem enthielten auch die vorformulierten Aktienaufträge der C... ein erhebliches Irreführungspotential. Dem durchschnittlichen Erwerber werde suggeriert, dass er Aktien erwerbe, die tatsächlich an einer Börse gehandelt würden.
18Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Antrag,
19abändernd die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung trägt sie vor, das Urteil halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landgericht habe verkannt, dass die C... als selbständige juristische Person nach wie vor existent sei und eine Übernahme von 100 % der Aktien auf Gesellschafterebene nicht dazu führe, dass die juristischen Personen verschmolzen würden und die Beklagte Rechtsnachfolgerin werde. Es habe verkannt, dass es sich bei dem zugrundeliegenden Geschäft um einen Aktienkaufvertrag und nicht um ein Options- und Börsentermingeschäft gehandelt habe und dass die Grundsätze für solche Geschäfte auf den hier vollzogenen Aktienkauf nicht angewendet werden dürften.
21Eine Pflichtverletzung durch die Beklagte oder deren Angestellte oder Organe werde nicht behauptet. Damit sei das Klagevorbringen unschlüssig. Eine Rechtsnachfolge habe es nicht gegeben. Die C... bestehe fort. Sie sei nicht aufgelöst. Eine Übertragung von Aktiva und Passiva habe nicht stattgefunden.
22Die Klägerin habe nicht Aktienoptionen erworben, sondern Aktien, die ihr ausgehändigt worden seien. Damit entfalle die Notwendigkeit einer Aufklärung über Optionsgeschäfte. Zu Unrecht sei das Landgericht der Auffassung, dass mit dem Begriff der Aktie verbunden sei, dass diese Anteilscheine auch an Börsen gehandelt würden. Das sei nicht der Fall. Der Begriff "Aktie" oder "shares" bezeichne nur eine entsprechende gesellschaftsrechtliche Beteiligung an einer Aktiengesellschaft. Die Frage der Börsenzulassung sei hiermit nicht verbunden. Im Übrigen weise der Verkaufsprospekt darauf hin, dass die Gesellschaft und deren Aktien noch nicht an der Börse gehandelt würden.
23Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Verkaufsprospekt der C... von dem Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel genehmigt worden sei und dass er alle erforderlichen Risikohinweise enthalten habe. Er sei in englischer Sprache genehmigt worden. Das Verkaufsprospektgesetz sehe insofern die Möglichkeit eines fremdsprachigen Prospektes vor. Die Risiken seien in der Broschüre ausführlich und umfangreich dargestellt worden.
24Die Klägerin beantragt
25die Zurückweisung der Berufung.
26Sie weist insbesondere auf das Schreiben vom 13. Dezember 2000 hin, wiederholt ihrerseits ihren erstinstanzlichen Vortrag und beruft sich im Übrigen auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung.
27Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Urkunden und Schriftstücke, auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung sowie auf die in der mündlichen Verhandlung erteilten und protokollierten Hinweise des Senats verwiesen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
29Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat nicht nur im Ergebnis, sondern im Wesentlichen auch in der Begründung zutreffend entschieden. Die Ausführungen der Beklagten in der Berufungsbegründung, die ohnehin nur in einer Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens in der Klageerwiderung bestehen, sind nicht geeignet, eine Änderung der angefochtenen Entscheidung herbeizuführen.
30Streitentscheidend sind zwei Gesichtspunkte:
31- Es geht zum einen um die Frage, ob die Beklagte für ein pflichtwidriges Handeln der C... überhaupt in Anspruch genommen werden kann.
- Zum anderen ist zu entscheiden, ob die Klägerin durch C... nicht oder jedenfalls nicht in dem rechtlich gebotenen Maße über die mit dem Erwerb der shares verbundenen Risiken aufgeklärt worden ist.
Beide Voraussetzungen sind zu bejahen, was zur Folge hat, dass der Klageanspruch - gerichtet auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe der ausgegebenen ordinary shares - begründet ist. Das Landgericht hat die Haftungsvoraussetzungen der culpa in contrahendo bejaht. Rechtserhebliche Einwendungen hiergegen enthält die Berufungsbegründung der Beklagten nicht.
33Insoweit gilt über die in der mündlichen Verhandlung bereits erteilten und protokollierten Hinweise hinaus im Einzelnen folgendes:
34A.
35Zu Recht beruft sich die Klägerin darauf, dass die Beklagte ausdrücklich erklärt hat, das Unternehmen der C... übernommen zu haben, und dass sie aus diesem Rechtsgrund auch für die zum Zeitpunkt der Übernahme bereits bestehenden Verbindlichkeiten der C... einzustehen hat.
36I.
37Die Klägerin beruft sich hierfür auf das Schreiben der Beklagten vom 13. Dezember 2000 (Anlage K4), mit welchem die Beklagte gegenüber der Klägerin ausdrücklich folgendes erklärt hat:
38"Wir haben somit von dem Recht nach den Gesetzen in G... Gebrauch gemacht und für die verbleibenden Aktien einen Zwangsumtausch durchgeführt. Damit wurde die C... M... R... p... von der D... S... E... p... zu 100 % übernommen und ist in deren Besitz übergegangen.
39Das Übernahmeangebot wird somit als vorbehaltlos angenommen erklärt.
40Das Registrierungsamt M... R... plc, ..., England wird Ihnen Ihre neuen Aktien-Zertifikate innerhalb der nächsten 2 Wochen direkt zusenden.
41Wir danken Ihnen für das Vertrauen, das Sie Ihrer neuen Aktiengesellschaft entgegengebracht haben. Wir werden Sie über die weiteren Entwicklungen Ihrer neuen Firma informieren."
42II.
43Diese eindeutige Erklärung versucht die Beklagte nun damit zu bagatellisieren, dass das Unternehmen der C... weiterhin existiere, nicht von ihr übernommen worden sei und sie nicht deren Rechtsnachfolgerin sei.
44Hierzu fehlt jedoch schon jeder schlüssige Vortrag der Beklagten, der zunächst nachvollziehbar erklären müsste, aus welchen Gründen die Unternehmensübernahme gescheitert oder nicht vorgenommen worden sein soll. Der durch Urkunden belegte weitere Verlauf widerlegt ohnehin die unsubstantiierte Behauptung der Beklagten. Die Klägerin verweist zu Recht auf das weitere Schreiben der Beklagten gemäß Anlage K22, mit welchem sie der Klägerin unter dem Datum des 21. Dezember 2000 ausdrücklich bestätigt hat, dass diese registrierte Inhaberin von 60.450 "ordinary shares of EUR 1 each fully paid in D... S... E... PLC" ist. Die Beklagte erläutert nicht, aus welchen Gründen der von ihr zuvor bereits erklärte und hiermit erneut bestätigte Zwangsumtausch vorgenommen worden ist, wenn die Übernahme der C... nicht stattgefunden haben sollte. Auf die Frage, ob ein solcher Zwangsumtausch ohne Übernahme der Gesellschaft rechtlich überhaupt möglich war, kommt es in diesem Zusammenhang nicht einmal an.
45Darüber hinaus sind die Direktoren der nicht mehr existierenden Repräsentanz der C... in Ratingen nunmehr die Direktoren der Repräsentanz der Beklagten, die sich an demselben Ort niedergelassen hat. In zeitlich engem Zusammenhang wurde die deutsche Niederlassung der C... im Handelsregister gelöscht und die Niederlassung der Beklagten im Handelsregister eingetragen. Diesen schon in erster Instanz unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin hat das Landgericht auch ausdrücklich festgestellt (S. 2-3 des Urteils), ohne dass die Beklagte diesen Feststellungen mit der Berufung entgegentritt. Damit aber wird die von der Beklagten vorprozessual ausdrücklich erklärte Übernahme der C... auch durch diese Umstände bestätigt.
46III.
47Das Landgericht hat den Vortrag der Beklagten daher vollkommen zu Recht als unsubstantiiert, widersprüchlich und unschlüssig bewertet, so dass schon aus diesen Gründen eine Beweisaufnahme über die Behauptung, nicht Rechtsnachfolgerin der C... zu sein, prozessual weder geboten noch zulässig war.
48Darüber hinaus trägt die Beklagte auch mit der Berufungsbegründung keine konkreten Anhaltspunkte im Sinne des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO vor, die Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen des Landgerichts begründen und daher eine erneute Feststellung gebieten könnten. Die bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags auf Seite 2 der Berufungsbegründung wird daher auch den prozessualen Anforderungen nicht gerecht.
49IV.
50Letztlich kommt es auf die Übernahme der C... durch die Beklagte aber auch nicht einmal an. Die Beklagte muss sich jedenfalls an ihrer rechtsverbindlichen Erklärung vom 13. Dezember 2000 festhalten lassen, dass sie C... übernommen habe und diese in ihren Besitz übergegangen sei, welche auch ein Angebot auf Haftungsübernahme als vertragliche Verpflichtungserklärung zum Ausdruck bringt, das die Klägerin unstreitig und nach Maßgabe der Vorschrift des § 151 BGB wirksam angenommen hat.
51Willenserklärungen sind aus der objektivierten Sicht des Erklärungsempfängers unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und der Grundsätze von Treu und Glauben auszulegen. Nach diesem rechtlichen Maßstab ist der schriftlichen Erklärung der Beklagten eindeutig und unmissverständlich zu entnehmen, sie habe C... übernommen, diese sei nun in ihrem Besitz. Damit hat die Beklagte erklärt, sie sei die Rechtsnachfolgerin der C..., was bei Richtigkeit dieser Erklärung auch bedeutet, dass sie für die zum Zeitpunkt der Rechtsnachfolge bestehenden Verbindlichkeiten der C... einstehen will und einzustehen hat. Diese Erklärung hat die Beklagte gegenüber der Klägerin durch das Schreiben vom 13. Dezember 2000 abgegeben. Eine andere Auslegung der Erklärung ist angesichts des klaren und eindeutigen Wortlauts nicht möglich.
52Einer ausdrücklichen Erklärung der Annahme dieses Angebots der Beklagten durch die Klägerin bedurfte es nach § 151 BGB nicht, worauf die Beklagte in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ist. Die Beklagte hat auf eine ausdrückliche Annahmeerklärung der Klägerin verzichtet. Gemäß ihrem Schreiben vom 21. Dezember 2000 ist die Beklagte davon ausgegangen, dass der Empfänger ihres vorangegangenen Schreibens vom 13. Dezember 2000 das hiermit erklärte Angebot auf Haftungsübernahme bereits angenommen hat, wenn nicht ein ausdrücklicher Widerspruch erfolgt ist. Einen solchen Widerspruch der Klägerin hat es unstreitig nicht gegeben.
53Aus diesem Grunde haftet die Beklagte gegenüber der Klägerin auch für etwaige Schadensersatzverpflichtungen der C..., welche zum Zeitpunkt der erklärten Haftungsübernahme bestanden.
54B.
55Das Landgericht hat ferner - jedenfalls im Ergebnis - zutreffend festgestellt, dass C... die ihr obliegenden Aufklärungspflichten verletzt hat, dass darin eine schuldhafte Verletzung vorvertraglicher Pflichten gegenüber der Klägerin liegt und dass aufgrund der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestehenden Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens die Klägerin die streitgegenständlichen shares nicht erworben hätte, so dass sie diese nunmehr gegen Kaufpreisrückzahlung zurückgeben darf.
56I.
57Für die Frage, ob und ggf. welche Aufklärungspflichten C... gegenüber der Klägerin vor Erwerb der shares verletzt hat, kommt es grundsätzlich darauf an, um welche Art von Papieren es sich bei den ordinary shares handelt, welche die Klägerin unstreitig erworben und mit insgesamt 69.813,-- DM bezahlt hat. Die Beklagte macht geltend, es handele sich um Aktien, während die Klägerin behauptet, es seien Aktienoptionen.
58Im vorliegenden Fall bedarf diese Frage jedoch keiner abschließenden Klärung. Die C... hat in ihrem Verkaufsprospekt (Anlage B3 = Bl. 34-66 GA) selbst erklärt, dass eine Aufklärung über die mit dem Erwerb der ordinary shares möglicherweise verbundenen Risiken dringend notwendig ist. Sie hat in diesem Zusammenhang den Rat erteilt, sich bei einem fachkundigen Dritten die notwendige Aufklärung zu beschaffen. Bereits aufgrund dieser Erklärung ist festzustellen, dass eine Risikoaufklärung gegenüber dem Kunden jedenfalls in dem Umfang notwendig war, wie er im Verkaufsprospekt zum Ausdruck gebracht worden ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die danach rechtlich erforderliche Aufklärung nicht durch den Prospekt selbst erfolgt.
591. Im Rahmen der Anbahnung oder des Bestehens vertraglicher Schuldverhältnisse besteht die Pflicht, den anderen Teil über entscheidungserhebliche Umstände zu informieren, jedenfalls dann, wenn sich die Aufklärungspflicht mit der Schutzpflicht, den anderen vor Gefahren zu warnen, die sein Leistungs- oder Integritätsinteresse beeinträchtigen könnten, überschneidet (vgl. BGHZ 64, 46, 49). Art und Umfang solcher Aufklärungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalles ab (BGH WM 1993, 1238, 1240). Sie können auch ganz entfallen, wenn beispielsweise der Kunde an einer Risikoaufklärung ersichtlich kein Interesse zeigt, so bei der Erteilung gezielter Kaufaufträge (vgl. hierzu BGHZ 139, 36, 38 f. zu gezielten Aufträgen eines Kunden zum Erwerb bestimmter Optionsscheine).
602. Grundsätzlich darf ein Anleger, der sich für eine bestimmte Kapitalanlageform entscheidet, nachdem er - wie es vorliegend unstreitig der Fall war - unaufgefordert von Mitarbeitern des Verkäufers der Anlage angesprochen und auf die Anlageform aufmerksam gemacht worden ist, erwarten, zutreffend und vollständig über die für den Anlageentschluss relevanten Umstände informiert zu werden (vgl. BGH WM 1993, 1238, 1239, wonach den Anlagevermittler die Pflicht zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände trifft, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind).
61Je nach Vertragsgegenstand können sich gesteigerte Aufklärungspflichten ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2002 - III ZR 237/01 - unter Hinweis auf die Rechtsprechung zu Aufklärungspflichten bei Vermittlung von Geldanlagen in am amerikanischen OTC (Over-the-Counter)-Markt gehandelte Penny Stocks (Billigaktien).
62Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind gewerbliche Vermittler von Börsentermingeschäften verpflichtet, vor Vertragsabschluss ungefragt über die wesentlichen Grundlagen, die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Risiken solcher Geschäfte aufzuklären. Konkreter Inhalt und Reichweite der Aufklärungspflichten richten sich nach der Art der zu vermittelnden Geschäfte (BGH WM 1994, 149 f.; BGH WM 1994, 453 f.; BGH WM 1994, 492 f.; BGH ZIP 2001, 2274, 2275).
633. Die von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätze, die an ein typisiertes Vertrauen des Anlegers auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den Prospektverantwortlichen gemachten Angaben anknüpfen, finden auch auf Prospekte Anwendung, mit denen für den Erwerb von Aktien außerhalb der geregelten Aktienmärkte geworben wird. Nicht anders als bei Publikums-Kommanditgesellschaften ist der Prospekt in diesen Fällen im allgemeinen die Grundlage für den Beitrittsentschluss des mit ihm geworbenen Interessenten. Er hat deshalb den Beteiligungsinteressenten auch hier ein zutreffendes Bild von der angebotenen Kapitalbeteiligung zu vermitteln. Dazu gehört, dass sämtliche Umstände, die für die Entschließung der mit dem Prospekt angesprochenen Anlageinteressenten von Bedeutung sind oder sein können, richtig und vollständig dargestellt werden. Ändern sich diese Umstände nach der Herausgabe des Prospekts, so haben die Verantwortlichen davon durch Prospektberichtigung oder durch entsprechende Hinweise bei Abschluss des Vertrages Mitteilung zu machen. Wird der Prospekt diesen Anforderungen zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Aufklärung über die zur Beurteilung der beworbenen Kapitalanlage erforderlichen Tatsachen nicht gerecht, indem er für die Anlageentscheidung erhebliche Umstände unrichtig oder unvollständig darstellt, so hat der auf seiner Grundlage geworbene Interessent, der die ihm angebotene Anlage in Kenntnis der ihm verschwiegenen Umstände nicht erworben hätte, gegen den schuldhaft handelnden Prospektverantwortlichen jedenfalls einen Anspruch auf Erstattung der für den Erwerb gemachten Aufwendungen gegen Rückgabe der Anlage (BGH WM 1993, 1787).
644. Daraus folgt für den vorliegend zu beurteilenden Fall folgendes:
65a. Die Beklagte haftet aufgrund der Haftungsübernahmeerklärung vom 13. Dezember 2000 auf Schadensersatz, da die C... mit dem vorgelegten Prospekt nicht den aufgezeigten rechtlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße und vollständige Aufklärung der Klägerin über die Risiken der vermittelten Geldanlage gerecht geworden ist.
66Dies folgt schon daraus, dass der Verkaufsprospekt auf S. 18 unstreitig den Hinweis enthält, dass die Anlage nicht für jedermann geeignet sein mag und aus diesem Grund angeraten wird, einen Investmentberater hinzuzuziehen, bevor eine Entscheidung über den Kauf der angebotenen Aktien getroffen wird. Daraus wird deutlich, dass der Verkaufsprospekt aus der eigenen Sicht der C... nicht alle notwendigen Informationen enthält, um eine sachgerechte Kaufentscheidung nach vollständiger Aufklärung über die mit dem Erwerb der Anlage verbundenen Risiken treffen zu können.
67b. Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob eine ins Einzelne gehende Überprüfung des Prospektinhalts dazu führte, dass alle notwendigen Aufklärungshinweise erteilt worden sind.
68Durch die englischsprachige Broschüre konnte die rechtlich gebotene Aufklärung gegenüber einem in Deutschland geworbenen Kunden grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die Beklagte hat - trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats auf die Erheblichkeit solchen Vorbringens - nicht vorgetragen, dass die C... sich vorher vergewissert habe, dass die Klägerin über hinreichende Kenntnisse der englischen Sprache verfügt, um den - für einen Laien schwer verständlichen - Prospektinhalt zutreffend erfassen zu können.
69Im Übrigen bringt der Warnhinweis, in jedem Falle einen Investmentberater hinzuzuziehen, gegenüber dem durchschnittlich informierten Anlageinteressenten zum Ausdruck, dass eine ausreichende Risikoaufklärung durch den Prospektinhalt nicht erfolgen kann, sondern eine weitere, darüber hinaus gehende und vor allem den konkreten Vorstellungen des Interessenten Rechnung tragende Beratung erforderlich ist, um die Risiken der Anlage zutreffend beurteilen zu können. Diese Aussage wird ganz zum Schluss - und somit nach dem Verständnis des mit der Materie durchschnittlich vertrauten Lesers als Resumée der Aufklärung - in Fettdruck wiederholt. Dort heißt es, dass bei irgendwelchen Zweifeln des Anlageinteressenten ein professioneller Berater hinzugezogen werden sollte (S. 33 des Prospekts = Bl. 66 GA). Mit diesem Hinweis sind die im Prospekt bereits enthaltenen Risikohinweise für den Leser ohne entscheidende Bedeutung; derjenige, der den Hinweis auf eine Beratung durch einen Dritten verstanden hat, wird den Prospektangaben keine wesentliche Beachtung mehr schenken.
70c. Die C... hat damit ihren Aufklärungspflichten nicht genügt.
71Wer selbst Aufklärung über die Folgen und die Bedeutung eines riskanten Geschäfts schuldet, aus dem er Gewinne erzielen will, kann die Pflicht zur notwendigen Aufklärung nicht auf Dritte abwälzen, an welche sich der Kunde zu wenden haben soll. Der Verweis auf einen Berater, der die erforderliche Aufklärung des einzelnen Anlegers zu erfüllen hat, kann nicht dazu führen, sich von den eigenen Verpflichtungen zu befreien. Die C... schuldete selbst diese Aufklärung. Sie durfte nicht darauf vertrauen und hatte auch keinen Anspruch darauf, dass ihre Kunden auf eigene zusätzliche Kosten noch die Hilfe Dritter in Anspruch nehmen würden - ganz abgesehen davon, dass sie diesen Hinweis möglicherweise gar nicht verstanden -, um sich diejenige Aufklärung zu verschaffen, welche sie gegenüber den Anlegern selbst schuldete.
72Auf den Umstand, dass es sich um einen vom Bundesaufsichtsamt für Wertpapierhandel genehmigten Verkaufsprospekt handelt, kommt es nicht entscheidend an. Mit der Genehmigung eines Verkaufsprospekts nach dem Verkaufsprospektgesetz ist nicht jede Haftung für ungenügende oder falsche Aufklärung eines Anlageinteressenten ausgeschlossen. Das ergibt sich schon aus § 13 VerkProspG, wonach eine Prospekthaftung für von der Vorschrift erfasste Verkaufsprospekte besteht.
73Auf die Frage, ob die C... darüber hinaus den weitreichenden Aufklärungspflichten unterlag, die bei der Veräußerung von Optionsgeschäften bestehen, kommt es daher nicht mehr an.
74II.
75Der berechtigte Schadensersatzanspruch der Klägerin ist aus den bereits aufgezeigten Gründen auf Rückzahlung ihrer Aufwendungen zum Erwerb der ordinary shares der C... gerichtet, wobei sie ihrerseits verpflichtet ist, die erworbenen (mittlerweile von der Beklagten umgetauschten) Beteiligungen zurückzugeben.
76Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der eine vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch bei gehöriger Aufklärung eingetreten wäre. Hierzu trägt die Beklagte nichts vor. Unerheblich ist, ob die getätigten Geschäfte wegen fehlender Börsentermingeschäftsfähigkeit der Klägerin unverbindlich sein könnten. Die Schadensersatzpflicht wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht setzt das wirksame Zustandekommen des Vertrages nicht voraus (BGH NJW 1997, 2171, 2172 f.).
77C.
78Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
79Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist auf 35.695,-- Euro festgesetzt. In dieser Höhe ist die Beklagte beschwert.
80Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
81Dr. L... v... R... S...
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