Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 5 W 26/02
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 02. Mai 2002 - 3 OH 5/99 - unter Zurückweisung des wei-tergehenden Rechtsmittels teilweise dahin geändert, dass die Antragsteller die dem Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten in Höhe eines Anteils von 95 % zu tragen haben.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller 2% und der Antragsgegner 98%.
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Die Antragsteller haben als Wohnungseigentümer im selbständigen Beweisverfahren ein Sachverstän digengutachten beantragt, weil der Antragsgegner Heizungsventile fehlerhaft eingebaut habe. Die Kosten der Mä ngelbeseitigung haben sie angegeben mit 20.852,97 DM. Der Sachverständige stellte fest, es liege nur ein Teil der angenommenen Mängel vor, deren Beseitigung einschl. MWSt 1.000 DM koste.
2Das Landgericht hat den Antragstellern auf Antrag des Antragsgegners eine Klagefrist gesetzt un d ihr nach deren Ablauf die dem Antragsgegner im Beweisverfahren entstandenen Kosten in voller Höhe auferlegt.
3Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsteller. Sie machen ge ltend, die Klage sei nur deshalb nicht erhoben worden, weil der Antragsgegner die vom Sachverständigen festges tellten Mängel beseitigt habe. Sie meinen, deshalb habe der Antragsgegner die ihr im selbständigen Beweisverfa hren entstandenen Kosten zu tragen.
4Der Antragsgegner verweist darauf, dass er durch seine Mängelbeseitigungsarbeiten nur einen ger ingen Teil des ursprünglichen Anspruchs der Antragsteller gegenstandslos gestellt habe.
5Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen.
6Die Entscheidung über die sofortige Beschwerde richtet sich nach neuem, vom 1. Januar 2002 an g eltendem Recht, § 26 Nr. 10 EGZPO, weil die Entscheidung des Landgerichts nach dem 31. Dezember 2001 ergangen ist.
7Gemäß § 494 a II S.2 ZPO unterliegt der Kostenbeschluss der sofortigen Beschwerde. Sie ist gemä ß § 567 II S. 1 ZPO zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 50 EUR übersteigt.
8Der Beschwerdeantrag ist auszulegen. Die Antragsteller haben beantragt auszusprechen, dass der Antragsgegner die ihnen im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu tragen habe. Dieses Begehren s etzt voraus, dass auch die Entscheidung des Landgerichts in dem angefochtenen Beschluss (Erstattung der dem An tragsgegner entstandenen Kosten durch die Antragsteller) geändert wird.
9Die sofortige Beschwerde hat nur in geringem Umfang Erfolg, nämlich insoweit, als die Antragste ller die Kosten des Antragsgegners nur zu 95 % zu tragen haben.
10Im selbständigen Beweisverfahren findet grundsätzlich keine Kostengrundentscheidung gem. §§ 91 ff. ZPO statt. Sie ist im Hauptsacheverfahren zu treffen (vgl. KG BauR 01, 1951; OLG München BauR 01, 1947), d enn das selbständige Beweisverfahren führt zu keiner Streitentscheidung und kennt daher keine obsiegende oder unterliegende Partei (Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 494a, 1). Wird ein Hauptsacheverfahren nicht durchgefüh rt, so hat grundsätzlich jede Partei die ihr entstandenen Kosten selbst zu tragen (OLG München BauR 01, 1947).
11Eine Ausnahme von diesem Grundsatz regelt § 494 a Abs. 2 ZPO:
12Erhebt der Antragsteller entgegen der gerichtlichen Anordnung nach § 494 a Abs. 1 ZPO nicht fri stgerecht Klage zur Hauptsache, hat er die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners (nur hierauf bezieht s ich diese Vorschrift) zu tragen.
13Es ist inzwischen anerkannt, dass § 494 a Abs. 2 ZPO keine abschließende Regelung für Kostenent scheidungen im selbständigen Beweisverfahren enthält, sondern - außerhalb seines Anwendungsbereiches - andere Kostenentscheidungen zulässt (Senat OLGR 1995, 44; Senat OLGR 1993, 345; OLG München BauR 01, 993; OLG München BauR 01, 1947 m.N.).
14So hat der Antragsteller - analog § 269 Abs. III ZPO - die Kosten des Beweisverfahrens zu trage n, wenn er den Beweisantrag vor Durchführung der Beweisaufnahme vollständig zurückgenommen hat (Senat, a.a.O.) . Darüber hinaus wird die Auffassung vertreten, es bestehe in all denjenigen selbständigen Beweisverfahren weg en der Kostenentscheidung eine Gesetzeslücke, in denen die Beweisaufnahme tatsächlich nicht oder nicht vollstä ndig durchgeführt wurde; diese Lücke sei durch analoge Anwendung der Kostenbestimmungen des streitigen Verfahr ens, insbesondere der §§ 91 ff. ZPO und des § 269 Abs. 3 ZPO zu schließen (OLG München BauR 2001, 1947, 1948). In diesen Fällen soll auch ein Anspruch des Antragstellers auf Entscheidung über die ihm entstandenen Kosten bestehen.
15Anerkannt ist auch, dass trotz unterlassener Hauptsacheklage eine Kostenentscheidung gem. § 494 a Abs. 2 ZPO (zugunsten des Gegners im selbständigen Beweisverfahren) unterbleibt, wenn die beabsichtigte Kla ge deshalb gegenstandslos geworden ist, weil der Gegner den Hauptsacheanspruch erfüllt hat, denn § 494 a Abs. 2 ZPO könne begrifflich nur dann eingreifen, wenn die Hauptsacheforderung noch streitig sei; in einem etwaigen Hauptsacheprozess könne der Beweisführer nicht einmal sein früheres Leistungsbegehren für erledigt erklären ( OLG Düsseldorf BauR 1994, 277; so auch Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 494 a 5 m. N.; OLG Karlsruhe BauR 1998 , 1278; OLG München BauR 1999, 784: in solchen Fällen sei eine Kostenentscheidung nicht veranlasst; für den Fa ll des Abschlusses eines außergerichtlichen Vergleiches, der einer Hauptsacheklage entgegen stand: OLG Dresden BauR 2000, 605).
16Die Besonderheit des vorliegenden Sachverhaltes liegt darin, dass die Antragsteller in großem U mfang Mängel behauptet hatten, die nicht bestätigt worden sind. Ob in einem solchen Fall im selbständigen Bewe isverfahren eine Teilkostenentscheidung ergehen kann, ist streitig.
17Solange der Antragsgegner die - in geringem Umfang festgestellten - Mängel nicht beseitigt und der Antragsteller - nur insoweit - Hauptsacheklage erhebt, kann dies nach einer Entscheidung des Oberlandesger ichts Düsseldorf (BauR 1993, 370) nicht schon im selbständigen Beweisverfahren im Rahmen des § 494 a Abs. 2 ZP O zugunsten des Antragsgegners berücksichtigt werden. In einem solchen Fall seien die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens insgesamt Teil der Kosten des Hauptsacheverfahrens, über die dort nach allgemeinen Regeln zu entscheiden sei. Nach anderer Ansicht (OLG München OLGR 1992, 94) sind die Kosten des Beweisverfahrens durch Beschluss nach § 494 a Abs. 2 ZPO zu quoteln, wenn die Hauptsacheklage nur einen Teil des Streitgegenstandes d es Beweisverfahrens erfasst, weil im Rahmen des Hauptsacheverfahrens über die Kosten des selbständigen Beweisv erfahrens nur entschieden werde, soweit die Feststellungen aus dem Beweisverfahren auch im Hauptsacheverfahren "gegenständlich" seien.
18Diese Frage bedarf hier keiner Entscheidung. Hier konnten die Antragsteller auch wegen des vom Sachverständigen festgestellten Teils der Mängel Hauptsacheklage deshalb nicht mehr erheben, weil der Antragsg egner diese Mängel beseitigt hatte.
19Sinnvoll wäre es in solchen Fällen, das Beweisverfahren übereinstimmend (teilweise) für erledig t zu erklären und eine Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO zu beantragen (so Vygen in einer Anmerkung zu KG Bau R 2001, 1951f., das eine Kostenentscheidung gem. § 91 a ZPO hier für unzulässig hält und auf den materiell-rec htlichen Kostenerstattungsanspruch verweist).
20Wird nicht für erledigt erklärt, so sind den Antragstellern im Rahmen des § 494 a Abs. 2 ZPO di e Kosten des Antragsgegners aus dem selbständigen Beweisverfahren zu dem Anteil aufzuerlegen, zu dem ihr Antra g nicht erfolgreich war (so auch OLG München BauR 1997, 167f.). Eine volle Kostenbelastung der Antragsteller, von der § 494 a Abs. 2 ZPO grundsätzlich ausgeht, wäre nicht sachgerecht. Sie würde insbesondere nicht berücks ichtigen, dass der Antragsgegner durch die Beseitigung des festgestellten Teils der Mängel die Hauptsacheklage der Antragsteller insoweit unmöglich gemacht hat.
21Die Antragsteller müssen sich auch nicht auf einen materiellen Kostenerstattungsanspruch verwei sen lassen. Gründe der Prozesswirtschaftlichkeit sprechen zwar nicht gegen eine Verweisung auf einen solchen m ateriell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch. Denn die Antragsteller müssten ohnehin ihre eigenen Kosten aus dem Beweisverfahren, soweit ihr Antrag erfolgreich war, materiell-rechtlich geltend machen, d.h. notfalls ges ondert einklagen; denn eine Erstattung dieser Kosten sieht § 494 a ZPO ohnehin nicht vor. Es käme daher nicht zu einem weiteren überflüssigen Prozess. Es wäre aber widersinnig, einerseits im Rahmen des § 494 a ZPO trotz Teilerfolges den Antragstellern die Kosten des Gegners voll aufzuerlegen, und sie sodann wegen der Erstattung des zuviel auferlegten Betrages auf das materielle Recht zu verweisen.
22Gegen eine Quotelung der Kosten des Antragsgegners aus dem selbständigen Beweisverfahren in Fäl len wie dem vorliegenden spricht auch nicht das Argument, im selbständigen Beweisverfahren sollten materiell-r echtliche Erwägungen nicht angestellt werden. Die Quote richtet sich - ohne materiell-rechtliche Prüfung - all eine danach, in welcher Höhe der Antragsgegner den ursprünglich geltend gemachten Hauptsacheanspruch erfüllt h at. Dies ergibt bei einem Gegenstandswert für das selbständige Beweisverfahren von unstreitig 20.852,97 DM und festgestellten und beseitigten Mängeln im Werte von 1.000 DM einer Quote von 95 % zu Lasten der Antragsteller und 5 % zu Lasten des Antragsgegners.
23Der Senat lässt gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO die Rechtsbeschwerde zu wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, § 574 Absätze 3 und 2 ZPO.
24Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren: bis 1.500 EUR
25Düsseldorf, den 11. September 2002
26Oberlandesgericht, 5. Zivilsenat
27K........... G........ L............. ......
28Vorsitzender Richter Richterin
29Richter am OLG am OLG am OLG
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31
32
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
33BESCHLUSS
345 W 26/02
35In Sachen
36In pp.
37Der Senatsbeschluss vom 11. September 2002 wird von Amts wegen gemäß § 319 Abs. 1 ZPO in der Kostenentscheidung wie folgt berichtigt:
38Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller 98% u nd der Antragsgegner 2%.
39Düsseldorf, den 30. September 2002
40Oberlandesgericht, 5. Zivilsenat
41K........... G........ L............. ......
42Vorsitzender Richter Richterin
43Richter am OLG am OLG am OLG
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