Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - VII-Verg 62/03
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 15.10.2003 (VK 2 - 104/03) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 2.000 Euro.
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G r ü n d e :
2I. Die Antragstellerin hat im Vergabeverfahren über Nassbaggerarbeiten im Nord-Ostsee-Kanal (Vergabestelle: Wasser- und Schiffahrtsamt B.) unter dem 30.9.2003 einen Nachprüfungsantrag gestellt, welcher der Vergabestelle als Vertreter der Antragsgegnerin zugestellt worden ist. Unter dem 6.10.2003 hat die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag zurückgenommen, da der Auftragswert unterhalb des Schwellenwerts liegt, von dem an eine Auftragsvergabe nach den §§ 97 ff. GWB zu erfolgen hat.
3Durch Beschluss vom 15.10.2003 hat die Vergabekammer der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin auferlegt. Die Gebühren und Auslagen hat die Vergabekammer auf 804 Euro festgesetzt.
4Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Sie will der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens und ihre, der Antragstellerin, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung aufgewandten Auslagen auferlegt sehen. Die Antragsgegnerin ist dem Beschwerdebegehren entgegengetreten.
5Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und auf die mit diesen vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
6II. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.
7Die Vergabekammer hat zutreffend ausgesprochen und begründet, dass die Kostenlast im vorliegenden Nachprüfungsverfahren die Antragstellerin trifft. Gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 GWB hat der Antragsteller, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterliegt, die Verfahrenskosten zu tragen und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. Die genannten Vorschriften sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht nur im Fall einer Zurückweisung des Nachprüfungsantrags, sondern ebenfalls anzuwenden, wenn der Antragsteller - wie im vorliegenden Fall - den Nachprüfungsantrag zurückgenommen hat (vgl. die Beschlüsse des Senats vom 9.8.2001, Az, Verg 1/01, vom 19.2.2002, Az. Verg 33/01, und vom 9.12.2002, Az. Verg 35/02). Denn auch bei einer Rücknahme seines Antrags "unterliegt" der Antragsteller im Sinne der genannten Vorschriften. Hierauf hat die Vergabekammer in den Gründen des angefochtenen Beschlusses hingewiesen.
8Hiergegen macht die Antragstellerin ohne Erfolg geltend, von der Vergabestelle pflichtwidrig zu der Annahme veranlasst worden zu sein, das Vergabeverfahren stehe unter dem Vergaberechtsregime der §§ 97 ff. GWB und dementsprechend sei das Nachprüfungsverfahren nach den §§ 102 ff. GWB eröffnet. Denn die Vergabebekanntmachung habe als Nachprüfungsinstanz die Vergabekammer des Bundes bezeichnet (Anl. Ast 1 = GA 11). Erst nach Zustellung des Nachprüfungsantrags habe sie, die Antragstellerin, erfahren, dass das Auftragsvolumen unterhalb des Schwellenwertes lag. Die Antragstellerin will auf die Kostenentscheidung deswegen die Vorschriften des § 155 Abs. 4 VwGO oder des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO entsprechend angewandt sehen, welche den Wortlaut haben:
9§ 155 Abs. 4 VwGO: Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
10§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO: Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind.
11Im letztgenannten Zusammenhang will die Antragstellerin ersichtlich den in § 93 ZPO enthaltenen Rechtsgedanken der Klageveranlassung herangezogen sehen.
12Der vorliegende Fall erfordert jedoch keine Entscheidung, ob in Fällen einer Veranlassung des Nachprüfungsantrags durch den öffentlichen Auftraggeber die Kostenentscheidung unter entsprechender Anwendung der wiedergegebenen Vorschriften der VwGO oder der ZPO ergehen kann. Denn aufgrund der von der Antragstellerin selbst vorgetragenen Tatsachenlage hat die Vergabestelle ihr keine, jedenfalls keine zureichende Veranlassung zu der Annahme gegeben, im vorliegenden Vergabeverfahren könne ein Nachprüfungsverfahren vor der zuständigen Vergabekammer beschritten werden. Hierauf weist als einziger Umstand der zitierte Vermerk in der Vergabebekanntmachung hin. Eine darauf gegründete Fehlvorstellung hat die Vergabestelle indessen korrigiert. Mit ihrem Schreiben vom 08.09.2003 hat sie der Antragstellerin die jetzige Verfahrensvertreterin der Antragsgegnerin (die Wasser- und Schiffahrtsdirektion Nord) als Nachprüfungsstelle bekannt gegeben (Anl. Ast 2 = GA 12). Mit ihrem Schreiben an die Antragstellerin vom 16.9.2003 hat die Wasser- und Schiffahrtsdirektion Nord klargestellt, dass der Auftragswert den maßgebenden Schwellenwert nicht erreichte, dass auf das Vergabeverfahren Abschnitt 1 der VOB/A anzuwenden war, dass die Vergabebekanntmachung ohne Obligation im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft erfolgt war und dass nach § 100 Abs. 1 GWB das Vergaberechtsregime der §§ 97 ff. GWB nicht galt (Anl. Ast 4 = GA 14). Zusätzliche und in die gleiche Richtung gehende Bedenken musste der Umstand bei der Antragstellerin erwecken, dass ihr eigenes Angebot den maßgeblichen Schwellenwert deutlich unterschritt. Wenn die Antragstellerin gleichwohl durch ihren Nachprüfungsantrag vom 30.9.2003 (Anl. Bf 1 = GA 5 ff.) ein förmliches Nachprüfungsverfahren einleitete, ohne zuvor den aufgezeigten Bedenken an einer Statthaftigkeit dieses Verfahrens nachgegangen zu sein, handelte sie auf eigenes Risiko. Nach den erfolgten Klarstellungen ist der Vergabestelle eine irgendwie geartete Veranlassung hieran nicht zuzuschreiben.
13Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 128 Abs. 3, Abs. 4 GWB (oder auf § 97 Abs. 1 ZPO; vgl. BGH, Beschl. v. 09.02.2004, Az: X ZB 44/03).
14Im Rahmen der Streitwertbemessung ist der Senat von einem Nettoauftragswert von 2.091.200 Euro ausgegangen.
15- W.
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