Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - VII-Verg 12/03
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes (Az. VK 2 - 02/03) insoweit aufgehoben, als darin ausgesprochen worden ist, die Beigeladene trage ihre Kosten selbst.
Die Antragstellerin hat (neben den Kosten - Gebühren und Auslagen - des Verfahrens vor der Vergabekammer sowie notwendigen Auslagen der An-tragsgegnerin) auch die der Beigeladenen im erstinstanzlichen Nachprü-fungsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen zu tragen.
Die Zuziehung anwaltlicher Bevollmächtigter war für die Beigeladene im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin aufer-legt.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 1.500 Euro.
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(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
2I. Die sofortige Beschwerde richtet sich gegen die Kostengrundentscheidung der Vergabekammer, die nach Rücknahme des Nachprüfungsantrags die Verfahrenskosten und die der Antragsgegnerin entstandenen Aufwendungen der Antragstellerin auferlegt, von einer Auferlegung der Aufwendungen der Beigeladenen jedoch abgesehen hat. Letztgenanntes hat die Vergabekammer damit begründet, die Beigeladene habe sich am Nachprüfungsverfahren nicht aktiv beteiligt und daher kein Verfahrensrechtsverhältnis entstehen lassen. Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Beigeladene, die ihr im Nachprüfungsverfahren entstandenen Aufwendungen der Antragstellerin aufzuerlegen.
3II. Die sofortige Beschwerde ist begründet.
4Die Antragstellerin ist verpflichtet, auch die der Beigeladenen im Nachprüfungsverfahren entstandenen Aufwendungen (außergerichtlichen Kosten) zu tragen.
5a) Gemäß § 162 Abs. 3 VwGO kann dem Beigeladenen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten durch den unterliegenden Beteiligten aus Gründen der Billigkeit zugesprochen werden. Diese Vorschrift wendet der Senat in ständiger Rechtsprechung analog auf die Erstattungsverpflichtung des unterliegenden Beteiligten hinsichtlich der einem Beigeladenen im erst- und zweitinstanzlichen Nachprüfungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten an. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9.2.2004 (Az. X ZB 44/03, NZBau 2004, 229, 232) gibt für den Streitfall keine Veranlassung, dieses Praxis aufzugeben, da sie sich nur über die Rechtsgrundlage einer Verteilung der im Beschwerdeverfahren erwachsenen Kosten verhält, hier jedoch über solche Kosten zu entscheiden ist, die im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren entstanden sind.
6Nach der Rechtsprechung des Senats entspricht es im Allgemeinen der Billigkeit, dem unterliegenden Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, wenn sich der Antragsteller mit seinem Nachprüfungsantrag ausdrücklich, bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zum Beigeladenen gestellt hat. Auch in einem solchen Fall können Billigkeitserwägungen die Anordnung einer Kostenerstattung zu Gunsten des Beigeladenen aber nur rechtfertigen, sofern der Beigeladene sich zusätzlich aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat, indem er erfolgreich Anträge gestellt (vgl. auch den in § 155 Abs. 3 VwGO geregelten umgekehrten Fall einer Kostenbeteiligung des Beigeladenen) und diese begründet oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat (vgl. Senat NZBau 2001, 165, 166 m.w.N.).
7Im vorliegenden Fall sind die genannten Voraussetzungen einer Erstattungspflicht der Antragstellerin zu bejahen. Die Antragstellerin ist infolge der Rücknahme ihres Nachprüfungsantrags prozessual als Unterliegende des Verfahrens anzusehen. Sie hat sich mit ihrem Nachprüfungsantrag in einen bewussten und gewollten Interessengegensatz zur Beigeladenen gestellt, da sie im Verfahren beantragt hat, der Antragsgegnerin den beabsichtigten Zuschlag an die Beigeladene zu untersagen und diese zu verpflichten, statt dessen ihr, der Antragstellerin, den Zuschlag zu erteilen. Auf die von der Vergabekammer angeordnete Beiladung hat die Beigeladene aktiv am Nachprüfungsverfahren teilgenommen. Mit der Anwaltsbestellung vom 17.1.2003 haben ihre Verfahrensbevollmächtigten beantragt, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen. Mit weiterem Schriftsatz vom 23.1.2003 haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen (soweit dies ohne Akteneinsicht möglich war) auf den Nachprüfungsantrag sachlich erwidert. Im Schriftsatz vom 27.1.2003 hat die Beigeladene sich durch ihre Rechtsanwälte zu den von der Vergabekammer erteilten rechtlichen Hinweisen geäußert. Ob die schriftsätzlichen Beiträge der Beigeladenen geeignet waren, das Verfahren wesentlich zu fördern, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben. Die Voraussetzungen einer unter Billigkeitsgesichtspunkten anzuordnenden Auferlegung ihrer außergerichtlichen Kosten auf die Antragstellerin sind allein wegen ihrer aktiven Beteiligung am Verfahren durch Antragstellung und Begründung nicht zu verneinen.
8b) Nach den hierüber vom Senat aufgestellten Grundsätzen (vgl. NZBau 2000, 486, 487 f.) ist im vorliegenden Fall auch die Feststellung geboten, dass die Zuziehung anwaltlicher Bevollmächtigter für die Beigeladene im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren notwendig war. Die Beigeladene durfte sich bei vorausschauender Sicht durch den gezielt gegen ihre Zuschlagschancen gerichteten Nachprüfungsantrag namentlich unter dem Aspekt der Herstellung einer "Waffengleichheit" zur anwaltlich vertretenen Antragstellerin einer anwaltlichen Vertretung bedienen.
9Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 91 Abs. 1 ZPO.
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