Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 22 U 108/03
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31. Juli 2003 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach unter Zurückwei-sung der Berufung im übrigen zu einem geringen Teil abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14.525,07 EUR nebst Zinsen in Hö-he von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 8.280,09 EUR seit dem 19. März 2003 und aus weiteren 6.244,98 EUR seit dem 14. April 2003 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
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G r ü n d e
2I.
3Der Kläger, der durch Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 1. Januar 2002 zum Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn F.-J. L. (im Folgenden: Schuldner) ernannt wurde, verlangt von der Beklagten Zahlung ausstehenden Werklohns. Der Schuldner hatte für die Beklagte aufgrund Vertrages vom 22. Februar 2001 (Bl. 4 GA), in dem die Geltung der VOB/B vereinbart worden war, Marmorarbeiten an einem Mehrfamilienhaus in R. erbracht. Als Pauschalfestpreis war ein Betrag in Höhe von 249.049,68 DM vereinbart; außerdem kam es während der Bauarbeiten zu drei Nachtragsaufträgen in einem Gesamtvolumen von 6.724,38 DM.
4In dem Ursprungsvertrag war vereinbart, dass die Beklagte 5 % der "Gesamtabrechnungssumme" als Sicherheit für die Dauer der mit fünfeinhalb Jahren vereinbarten Gewährleistungsfrist einbehalten durfte und gegen Vorlage einer Bankbürgschaft ("auf erste schriftliche Anforderung") auszuzahlen hatte.
5Im Rahmen der zwischen den Parteien geführten Korrespondenz über die Abrechnung des Bauvorhabens teilten die Bevollmächtigten der Beklagten dem Kläger unter dem 23. August 2002 mit, dass sich unter Berücksichtigung von Gegenansprüchen der Beklagten zugunsten des Schuldners ein offener Restbetrag in Höhe von 8.280,09 EUR ergebe (Bl. 14 GA). Dieser Betrag errechnete sich wie folgt:
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Auftragssumme Hauptauftrag | 249.049,68 DM |
./. 1,1 % für Baustrom, Versicherung und Schuttbeseitigung | 2.739,55 DM |
./. 5 % Sicherheitseinbehalt | 12.452,48 DM |
./. Gegenforderungen wg. Mängeln | 27.386,17 DM |
Auftragssumme Nachträge | 6.724,38 DM |
./. 6,1 % für Baustrom, Versicherung, Schuttbeseitigung und Sicherheitseinbehalt | 410,19 DM |
Berechtigte Nachforderungen der Gesamtschuldnerin | 4.781,92 DM |
./. 6,1 % für Baustrom, Versicherung, Schuttbeseitigung und Sicherheitseinbehalt | 291,70 DM |
Zwischensumme | 217.275,89 DM |
./. 3 % Skonto | 6.518,28 DM |
Zwischensumme | 210.757,61 DM |
./. Abschlagszahlungen | 194.563,17 DM |
Restbetrag | 16.194,44 DM = 8.280,09 EUR |
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Zugleich baten die Bevollmächtigten der Beklagten den Kläger um Bestätigung, dass ausstehende Arbeiten an den Innenfensterbänken der Wohnung Nr. 3.04 ausgeführt seien.
8Mit Schreiben vom 3.9.2002 (Bl. 186 d. GA) forderte die Beklagte den Schuldner auf, bis zum 10. September die Fensterbänke der Wohneinheit 3-04 abzuschleifen. Eine Nachfrist mit der Androhung, die Leistung abzulehnen und anderweitig durchführen zu lassen, erfolgte mit Schreiben vom 19. September 2002 unter Fristsetzung bis zum 26. September 2002 (Bl. 189 d. GA). Da eine Durchführung der Arbeiten nicht erfolgte, beauftragte die Beklagte die Firma L. mit den Arbeiten, die sie gem. Rechnung vom 22.10.2002 (Bl. 191 d. GA) zum Preis von 121,87 EUR durchführte.
9Mit Schreiben vom 10. Oktober 2002 (Bl. 43 GA) forderte die Beklagte den Kläger auf, weitere im Einzelnen bezeichnete Mängel an den von dem Schuldner vorgenommenen Arbeiten beseitigen zu lassen und setzte hierfür eine Frist bis zum 23. Oktober 2002. Daraufhin ließ der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 16. Oktober 2002 (Bl. 65 GA) mitteilen, dass er grundsätzlich bereit sei, "die gerügten Mängel kurzfristig zu prüfen bzw. prüfen zu lassen und, sofern eine Verantwortlichkeit der Firma L. vorliegt, diese auch beheben zu lassen". Zugleich ließ der Kläger die Beklagte unter Hinweis auf § 648 a BGB auffordern, eine Sicherheitsleistung in Höhe von 28.500,00 DM zu erbringen. Der Kläger ließ der Beklagten für die Erbringung der Sicherheitsleistung eine Frist bis zum 21. Oktober 2002 setzen und kündigte an, weitere Arbeiten, insbesondere die geforderten Nachbesserungsarbeiten zu verweigern, falls die Sicherheit nicht gestellt werde. Mit Anwaltsschreiben vom 24. Oktober 2002 (Bl. 67 GA) ließ die Beklagte dem Kläger mitteilen, dass die Sicherheitsleistung "in Ansehung eines rechnerisch ausstehenden Werklohnanspruches von 28.500,00 DM = 14.316,17 EUR (...) in Form einer Bankbürgschaft" erbracht werde. Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 21. November 2002 (Bl. 88 GA) ließ die Beklagte dem Kläger mitteilen, die Vorraussetzungen für eine Sicherheitsleistung seien inzwischen geschaffen worden. Der Kläger möge jedoch dazu Stellung nehmen, ob er als Insolvenzverwalter bereit und in der Lage sei, die vorhandenen Mängel zu beseitigen.
10Unter dem 28. Februar 2003 ließ der Kläger die Beklagte auffordern, den als Sicherheitsleistung einbehaltenen Betrag in Höhe von 6.366,85 EUR bis zum 10. März 2003 auf ein Sperrkonto einzuzahlen (Bl. 32 GA). Mit weiterem Schreiben vom 17. März 2003 (Bl. 33 GA) ließ er Kläger der Beklagten hierfür eine Nachfrist bis zum 26. März 2003 setzen.
11Mit Schreiben vom 30. April 2003 (Bl. 76 GA) rügte die Beklagte gegenüber dem Kläger einen weiteren Mangel ("Natursteinbelag im Treppenhaus EG gelöst" (Bl. 79 GA) und forderte den Kläger auf, diesen bis zum 10. Mai 2003 zu beseitigen.
12Mit seiner Klage begehrt der Kläger Zahlung des nach dem Schreiben der Beklagtenvertreter vom 23. August 2002 offenen Betrages in Höhe von 8.280,09 EUR sowie des als Sicherheit einbehaltenen Betrages in Höhe von weiteren 6.366,85 EUR.
13Der Kläger hat beantragt,
14die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.646,94 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 8.280,09 EUR seit Rechtshängigkeit der Klage (19. März 2003) und aus 6.366,85 EUR seit Zustellung des Schriftsatzes vom 3. April 2003 (14. April 2003) zu zahlen.
15Die Beklagte hat beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie hat sich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen und dies damit begründet, dass die von dem Schuldner nach dem Bauvertrag eingebauten Fußmatten noch im Vorbehaltseigentum der Lieferantin stünden. Durch die deshalb notwendig werdende Beschaffung neuer Fußmatten entstünden ihr Kosten in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe. Außerdem hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit Mangelbeseitigungskosten und sonstigen Ansprüchen in Höhe von insgesamt 10.034,47 EUR erklärt, die sich wie folgt zusammensetzen:
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Beseitigung von Mängeln an den Fensterbänken der Wohnung 3.04 (Bl. 42 GA) | 140,15 EUR |
Erneuerung von abgerissenen Versiegelungsfugen (Bl. 45 GA) | 319,14 EUR |
Beseitigung der weiteren in dem Schreiben der Beklagten vom 10.10.2002 genannten Mängel (Bl. 56 GA) | 8.572,28 EUR |
Befestigung gelösten Natursteinbelages im Erdgeschoss des Treppenhauses (Bl. 80 GA) | 1.002,90 EUR |
Gesamtbetrag | 10.034,47 EUR |
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Das Landgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil stattgegeben. Zur Begründung ist ausgeführt: Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen des angeblich noch bestehenden Vorbehaltseigentums an den von dem Schuldner gelieferten Fußmatten bestehe nicht, da ein weitergeleiteter Eigentumsvorbehalt in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Lieferantin nicht wirksam habe vereinbart werden können und im Übrigen davon auszugehen sei, dass der Schuldner nach diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ermächtigt gewesen sei, das Eigentum an den Matten im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes weiter zu übertragen. Die von der Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung scheitere an § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO, da die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen zeitlich nach der Klageforderung fällig geworden seien.
20Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, soweit sie zur Zahlung eines über 4.612,47 EUR hinausgehenden Betrages verurteilt worden ist. Sie beanstandet die Auffassung des Landgerichts zur Unzulässigkeit der Aufrechnung als rechtsfehlerhaft und meint, § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO sei schon deshalb nicht anwendbar, weil ihr - der Beklagten - ein die Fälligkeit der Klageforderung hinderndes Zurückbehaltungsrecht wegen der gerügten Mängel zugestanden habe. Auch sei der Kläger nicht berechtigt gewesen, Sicherheitsleistung wegen ausstehenden Werklohns zu verlangen. Sie ist weiter der Ansicht, der Kläger könne seinen Werklohn nur gemindert um die von ihr aufgewandten Mängelbeseitigungskosten verlangen.
21Die Beklagte beantragt,
22das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 31. Juli 2003 abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit sie zur Zahlung eines 4.612,47 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14. April 2003 übersteigenden Betrages verurteilt worden ist.
23Der Kläger beantragt,
24die Berufung, ausgenommen einen Betrag in Höhe von 121,87 EUR, zurückzuweisen.
25Er verteidigt das angefochtene Urteil unter vertiefender Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Mit Schriftsatz vom 12. August 2004 hat er erklärt, den Betrag aus der Rechnung L. in Höhe von 121,87 EUR ohne Anerkennung einer Rechtspflicht von seiner Forderung in Abzug zu bringen.
26II.
27Die Berufung der Beklagten ist - ausgenommen eines Betrages in Höhe von 121,87 EUR - nicht begründet.
28Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung von Werklohn auch in Höhe des in der Berufung noch streitigen Betrages von 9.912,26 EUR verlangen.
291. Die - rechnerisch unstreitige - Werklohnforderung ist in Höhe des gesamten mit der Klage noch geltend gemachten Betrages von 14.525,07 EUR (14.646,94 EUR abzüglich 121,87 EUR) fällig.
30a) Die für die Fälligkeit erforderliche Abnahme der von dem Schuldner erbrachten Leistungen liegt vor. Soweit die Beklagte die Abnahme in erster Instanz ohne nähere Begründung in Frage gestellt hat (Bl. 35 GA), hat ihre Rechtsverteidigung keinen Erfolg. Denn die Beklagte hat das Bauvorhaben, nachdem der Schuldner seine Arbeiten ausgeführt hatte, mit Anwaltsschreiben vom 23. August 2002 (Bl. 14 GA) abschließend abgerechnet. Auf eine fehlende Abnahme hat sie sich insoweit - auch in der weiteren Korrespondenz - nicht berufen, so dass - auch angesichts des Zeitablaufs - ohne weiteres davon auszugehen ist, dass die von dem Schuldner erbrachten Leistungen in Benutzung genommen wurden, weshalb das Werk gemäß § 12 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B als abgenommen gilt.
31b) Die Werklohnforderung des Schuldners ist auch hinsichtlich der von der Beklagten einbehaltenen Sicherheit fällig. Dem steht nicht die Regelung auf Seite 4 des Bauvertrages (Bl. 6 GA) entgegen, wonach die Beklagte für die Dauer der mit fünfeinhalb Jahren vereinbarten Gewährleistungsfrist berechtigt sein sollte, 5 % der "Gesamtabrechnungssumme" als Sicherheit einzubehalten. Denn der Sicherheitseinbehalt ist nicht wirksam vereinbart, da dem Schuldner lediglich das Recht eingeräumt ist, den einbehaltenen Betrag - unter Ausschluss anderer in § 17 VOB/B genannter Sicherheiten - gegen Zahlung einer Bankbürgschaft abzulösen, die die "Zahlungsverpflichtung des Bürgen auf erst(e( schriftliche Anforderung" enthält. Die Wirksamkeit dieser Regelung scheitert indes an § 9 Abs. 1 AGBG a. F., da sie den Unternehmer unangemessen benachteiligt (allgem. Meinung, vgl. BGH BauR 2002, 463 (464(; 2001, 1093 (1095(; 2000, 1052 (1053(). Außerdem wäre die Verpflichtung des Schuldners zur Sicherheitsleistung jedenfalls gem. § 17 Nr. 6 Abs. 3 VOB/B entfallen, nachdem die Beklagte den einbehaltenen Betrag trotz der von dem Kläger mit Schreiben vom 17. März 2003 (Bl. 33 GA) gesetzten Nachfrist nicht auf ein Sperrkonto eingezahlt hatte.
322. Auf das in erster Instanz geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht wegen nicht erbrachter Vertragsleistungen, dessen Vorliegen das Landgericht mit zutreffender Begründung verneint hat, ist die Beklagte in der Berufung nicht mehr zurückgekommen.
333.
34Soweit die Beklagte gegenüber der Klageforderung in Höhe des in der Berufung noch streitigen Betrages die "Aufrechnung" mit Schadensersatzansprüchen bzw. Ansprüchen auf Erstattung der Kosten der Ersatzvornahme erklärt hat, hat ihre Rechtsverteidigung auch in zweiter Instanz keinen Erfolg.
35a) Der Senat folgt allerdings nicht der in dem angefochtenen Urteil vertretenen Ansicht, die von der Beklagten erklärte "Aufrechnung" scheitere an der Vorschrift des § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO. Denn Schadensersatzansprüche des Bestellers sowie Ansprüche des Bestellers auf Erstattung von Ersatzvornahmekosten sind auch dann bloße Rechnungspositionen bei der Ermittlung der Restvergütung, wenn der Besteller am Vertrag festhält und das mangelhafte Werk behalten will (vgl. dazu Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rn. 2576 ff.; s. auch OLG Düsseldorf (5. Zivilsenat( BauR 1984, 308; OLG Naumburg BauR 2001, 1615 (1617( i.V.m. dem Nichtannahmebeschluss des BGH vom 05.04.2001 - VII ZR 161/00 -; a.A. OLG Düsseldorf (21. Zivilsenat( BauR 2001, 290). Für eine Aufrechnung, deren Zulässigkeit an der Vorschrift des § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO zu messen wäre, ist daher kein Raum.
36Doch selbst wenn man mit dem Landgericht von einer Aufrechnung ausginge, würde diese nicht an § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO scheitern. Denn indem der Kläger mit Schreiben vom 1. Oktober 2002 (Bl. 65 GA) seine Bereitschaft erklärte, berechtigte Mängel beheben zu lassen, hat er gemäß § 103 InsO die Erfüllung des Vertrages gewählt. Damit sind eventuelle auf Zahlung von Geld gerichtete Gewährleistungsansprüche der Beklagten in Höhe des Nachbesserungsaufwandes zu Masseverbindlichkeiten geworden (vgl. BGH NJW 2002, 2783). § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO betrifft jedoch nur die Aufrechnung durch Insolvenzgläubiger und nicht auch die Aufrechnung durch Massegläubiger (vgl. BGH BKR 2003, 951 (954(), so dass die Aufrechnung jedenfalls in Höhe des hier geltend gemachten Nachbesserungsaufwandes möglich gewesen wäre. Ob § 95 Abs. 1 InsO überhaupt für Forderungen gilt, die - wie hier - zueinander in einem synallagmatischen Verhältnis stehen (insoweit verneinend: MüKo-InsO/Kreft, § 103 Rn. 35), kann daher dahinstehen.
37b) Letztlich kommt es auf die Frage, ob eine Aufrechnung zulässig gewesen wäre, jedoch nicht an, da der Beklagten die geltend gemachten Gegenansprüche nicht zustehen und der Vergütungsanspruch des Schuldners daher weder infolge einer Aufrechnung noch im Wege der Verrechnung oder Minderung untergegangen bzw. reduziert worden ist.
38Der Kläger war nämlich berechtigt, die dem Schuldner obliegende Pflicht, die von der Beklagten geltend gemachten Mängel zu beseitigen, zu verweigern, da die Beklagte ihrerseits der Aufforderung des Klägers, eine Sicherheitsleistung für die ausstehende Vergütung zu erbringen, nicht nachgekommen war. Dies hat zur Folge, dass es an dem gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B für einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Ersatzvornahme bzw. für einen entsprechenden Schadensersatzanspruch erforderlichem Verzug des Schuldners (Klägers) mit der Mangelbeseitigung fehlt.
39Gemäß § 648 a Abs. 1 BGB kann der Unternehmer im Falle der Erstellung eines Bauwerks von dem Besteller Sicherheit für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen verlangen. Gegenstand eines Verlangens nach Sicherheitsleistung können auch bereits erbrachte, aber - zumindest teilweise - noch nicht bezahlte Werkleistungen sein (allgem. Meinung vgl. BGH BauR 2001, 386 (389(; Schulze-Hagen BauR 1999, 210 (212(; Ullrich MDR 1999, 1233 jeweils m.w.N.), so dass es im vorliegenden Fall nicht darauf ankommt, ob auch der Aufwand für die geforderten Mangelbeseitigungsarbeiten eine Sicherheitsleistung in der geforderten Höhe gerechtfertigt hätte. Denn jedenfalls rechtfertigten die bereits erbrachten Leistungen das Verlangen nach einer Sicherheitsleistung in Höhe des offenen Werklohnes.
40Der Unternehmer kann die Sicherheitsleistung auch dann noch verlangen, wenn das Werk - wie hier - bereits abgenommen ist, d. h. wenn es lediglich um Mängelbeseitigung geht (BGH, Urteile vom 22.1.2004, NZBau 2004, 259 = NJW 2004, 1525; NZBau 2004, 261; NZBau 2004, 264 = NJW-RR 2004, 740; zuvor bereits OLG Düsseldorf (12. Zivilsenat( BauR 2003, 1723 (1724(; OLG Brandenburg NZBau 2003, 678 (679(; OLG Dresden NZBau 2000, 26 (27(; OLG Hamm (24. Zivilsenat( NJW-RR 2003, 520; OLG Naumburg (6. Zivilsenat( NJW-RR 2001, 1165; (2. Zivilsenat( BauR 2001, 1603; OLG München NZBau 2003, 676 (677(; OLG Stuttgart BauR 2001, 421 (422], Palandt/Sprau, 63. Auflage, § 648 a Rn. 9; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Auflage, Rn. 333). Denn auch nach Abnahme der Werkleistung bleibt der Unternehmer in Ansehung eventueller Mangelbeseitigungsarbeiten faktisch vorleistungspflichtig, weil der Besteller die ausstehende Vergütung nur Zug-um-Zug gegen Mangelbeseitigung zahlen muss. Damit unterscheidet sich jedoch die Interessenlage der Vertragsparteien wirtschaftlich nicht von denjenigen vor Abnahme, weshalb der Unternehmer, dessen Werklohn noch nicht vollständig gezahlt wurde und der noch (Mangelbeseitigungs-) Arbeiten zu erbringen hat, auch nach der Abnahme gegen das sich aus der Vorleistungspflicht ergebende Ausfallrisiko geschützt werden muss. Solange der Unternehmer daher in der Lage und bereit ist, Mängel zu beseitigen, hat er auch ein grundsätzlich schützenswertes Interesse an der Absicherung seines nach Mangelbeseitigung in voller Höhe durchsetzbaren Vergütungsanspruchs. Soweit die Beklagte einwendet, der Kläger sei weder bereit noch in der Lage gewesen, die gerügten Mängel zu beseitigen, weshalb er auch keine Sicherheitsleistung habe verlangen können, hat ihre Rechtsverteidigung keinen Erfolg. Dabei kann der Senat offen lassen, ob der Beklagten dieser Einwand bereits deshalb abgeschnitten ist, weil sie sich mit Anwaltsschreiben vom 24. Oktober 2002 (Bl. 67 GA) ausdrücklich zur Vorlage der Bürgschaft bereit erklärt und damit möglicherweise das entsprechende Verlangen des Klägers als berechtigt anerkannt hat. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen zur Mangelbeseitigung außerstande oder hierzu nicht bereit gewesen wäre. Da die dem Kläger gesetzte Frist zur Nachbesserung der in der Berufungsinstanz noch streitgegenständlichen Mängel entsprechend dem Schreiben vom 23. Oktober 2002 (Bl. 43 GA) zum Zeitpunkt des Verlangens nach Sicherheitsleistung bzw. bei Ablauf der hierzu gesetzten Frist (21. Oktober 2002, Bl. 66 GA) noch nicht abgelaufen war, war er jedenfalls zur Nachbesserung "berechtigt". Auch der Umstand, dass über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, stand der Nachbesserung durch den Kläger nicht entgegen. Eine auf § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B gestützte Kündigung des Vertrages wäre aufgrund der Fertigstellung bzw. Abnahme der Leistungen ohnehin nicht mehr in Betracht gekommen. Im Übrigen hat auch die Beklagte, wie ihr Schreiben vom 10. Oktober 2002 zeigt, an dem Vertragsverhältnis festhalten wollen. Schließlich hat der Kläger auch seinerseits mit Schreiben vom 16. Oktober 2002 (Bl. 65 GA) mitteilen lassen, bereit zu sein, berechtigte Mängel prüfen und beheben zu lassen. Damit hat er sich in Ausübung des ihm durch § 103 InsO eingeräumten Wahlrechts ausdrücklich für die Vertragserfüllung entschieden. Aus diesem Grund hilft der Beklagten auch der Hinweis auf das Urteil des OLG München vom 12. Juni 2003 (NZBau 2003, 675 = BauR 2004, 94) nicht weiter. Dort ist ausgeführt, dass ein auf § 648 a BGB gestütztes Leistungsverweigerungsrecht des Unternehmers ins Leere geht, wenn er eine von dem Besteller verlangte Nachbesserung endgültig ablehnt. Eine derartige Ablehnung des Nachbesserungsverlangens lag hier jedoch gerade nicht vor. Soweit der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit in Abrede gestellt hat, dass noch Schleifarbeiten in der Wohnung Nr. 3.04 auszuführen waren (Bl. 60 GA), hatte dies jedenfalls keinen Einfluss auf sein Nachbesserungsrecht in Ansehung der von der Beklagten mit Schreiben vom 10. Oktober 2002 (Bl. 43 GA) geltend gemachten - weit umfangreicheren - Mängel.
41Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger aus tatsächlichen - insbesondere wirtschaftlichen - Gründen außerstande gewesen wäre, dem Mangelbeseitigungsverlangen der Beklagten nachzukommen. Denn es ist weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen, dass der Schuldner seinen Geschäftsbetrieb bereits eingestellt hatte und daher - nach Erbringung der Sicherheitsleistung - eine Beseitigung der Mängel nicht mehr hätte vornehmen können. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht die Möglichkeit der Mangelbeseitigung durch den Kläger sowie seine entsprechende Bereitschaft hierzu unter Hinweis darauf in Abrede gestellt hat, dass tatsächlich nicht nachgebessert worden sei (Bl. 97 GA), ergibt sich hieraus nichts Abweichendes. Denn der Klägervertreter hat die unterbliebene Nachbesserung - nachvollziehbar - damit erklärt, dass die geforderte Sicherheitsleistung nicht erbracht worden sei. Im übrigen wäre die Beklagte für die fehlende Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des Klägers auch darlegungs- und beweispflichtig. Umstände, aus denen (ansonsten) hierauf geschlossen werden könnte, hat sie jedoch nicht vorgetragen.
42Das Verlangen des Klägers nach Sicherheitsleistung verstieß auch nicht gegen Treu und Glauben. Denn der Kläger hätte den für die Mangelbeseitigung erforderlichen Aufwand aus der Masse bestreiten müssen, so dass es - auch unter Berücksichtigung seiner persönlichen Haftung gemäß § 61 InsO - nachvollziehbar und verständlich ist, dass er derartige Aufwendungen nur tätigen wollte, wenn er auch sicher sein konnte, anschließend die ausstehende Vergütung zur Masse zu erhalten. Schließlich scheiterte das berechtigte Verlangen des Klägers nach Sicherheitsleistung auch nicht daran, dass er selbst vertragsuntreu geworden wäre, indem er - nach dem Vortrag der Beklagten zu Unrecht - behauptet hat, Mangelbeseitigungsarbeiten in der Wohnung Nr. 3.04 bereits ausgeführt zu haben. Denn allein hierauf konnte die Beklagte noch nicht die berechtigte Annahme stützen, der Kläger werde sich auch im Übrigen vertragsuntreu verhalten, insbesondere die von ihr gerügten Mängel nicht beseitigen.
43Da die Beklagte somit - trotz vorheriger Ankündigung (Bl. 67 GA) - die geforderte Sicherheitsleistung nicht erbrachte, konnte der Kläger seinerseits die von der Beklagten verlangten Mangelbeseitigungsarbeiten verweigern mit der Folge, dass es an einem Verzug mit der Mangelbeseitigung und somit an den Voraussetzungen für einen aufrechenbaren Kostenerstattungs- oder Schadensersatzanspruch fehlt .
44a) Damit scheiden aufrechenbare Ansprüche der Beklagten gem. § 633 Abs. 3 BGB a.F. auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen aus einer Ersatzvornahme aus. Voraussetzung des Selbsthilferechts ist ein vom Unternehmer nicht rechzeitig erfüllter Mängelbeseitigungsanspruch (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. A., Rn. 1579). Wird ein noch bestehendes Nachbesserungsrecht durch eine voreilige Ersatzvornahme ausgeschaltet, besteht kein Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten (BGH BauR 1988, 82, 83; NJW-RR 1988, 208, 209; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2. A. 2004, Rn. 173; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. A., Rn. 1579). "Voreilig" ist die Mängelbeseitigung auch dann, wenn infolge eines Sicherheitsverlangens nach § 648 a BGB, dem der Besteller nicht nachgekommen ist, ein Verzug des Werkunternehmers mit der Mängelbeseitigung nicht vorliegt und deshalb sein Nachbesserungsrecht fortbesteht.
45b) Ansprüche der Beklagten ergeben sich auch nicht aus den §§ 648 a Abs. 5, 643, 645 Abs. 1 BGB. Eine Vertragsauflösung liegt nicht vor. Das Schreiben vom 16.10.2002 (Bl. 65 d. GA) betrifft allein die Vorschrift des § 648 a Abs.1 S. 1 BGB. Die Bauunternehmung hat (erstmals) Sicherheit verlangt und entsprechend dieser Vorschrift der Beklagten eine Frist mit der Erklärung bestimmt, dass sie nach Ablauf dieser Frist ihre Leistung, hier die Mängelbeseitigung, verweigert. Eine solche Erklärung führt aber noch nicht zur Vertragsauflösung mit der Folge, dass der Werklohnanspruch nur gemindert um ersparte Aufwendungen, zu denen auch die Kosten der Mängelbeseitigung gehören können, verlangt werden kann. Dafür ist entsprechend § 648 a Abs. 5 S. 1, 643 BGB grundsätzlich erforderlich, dass eine (weitere) Nachfrist gesetzt wird mit der Erklärung, dass nach Ablauf der Nachfrist der Vertrag aufgehoben sein soll. Die Nachfristsetzungen nach § 648 a Abs. 1 BGB und nach § 648 a Abs. 5 BGB ermöglichen dem Werkunternehmer, unterschiedliche Ziele zu verfolgen: Mit der Fristsetzung nach § 648 a Abs. 1 BGB erreicht der Werkunternehmer zunächst nur, dass er nicht mehr leistungs- (hier: nachbesserungs-) pflichtig ist. Mit der Fristsetzung nach § 648 a Abs. 5 BGB kann er die Vertragsbeendigung herbeiführen, wenn er die Abrechnung herbeiführen möchte, wobei er dann dem Risiko ausgetzt ist, nur eine um die Mängelbeseitigungskosten geminderte Vergütung zu erhalten. Der Werkunternehmer ist jedoch nicht verpflichtet, diesen Weg zu beschreiten (BGH NJW 2004, 1525, 1526).. Er kann sich auch dafür entscheiden, das Vertragsverhältnis bestehen zu lassen und mit seiner Vergütungsklage den vollen Werklohn zu verlangen, wobei er dann ggbfs. auch bei einem Sicherheitsverlagen einem Zurückbehaltungsrecht des Bestellers ausgesetzt ist (BGH NJW2004, 1525, 1527). Dabei ist eine Verpflichtung des Unternehmers, den Vertrag zu beenden, nicht gegeben. Es handelt sich um ein weiteres Gestaltungsrecht, das dem Werkunternehmer die Vertragsauflösung lediglich ermöglicht (vergl. BGH NZBau 2004, 261; NJW 2004, 1525, 1526). Entscheidet sich der Werkunternehmer dafür, von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen, so verbleibt dem Besteller, der keine Sicherheit leistet, die Möglichkeit, seinerseits eine Vertragsbeendigung durch eine Kündigung nach § 649 BGB zu erreichen. Diese ist dem Besteller auch nach Abnahme des Werkes, aber vor Abschluss von Mängelbeseitigungsarbeiten, möglich (Palandt/Sprau, 63. A., § 649 BGB Rn. 1).
46Die Klägerin hat vorliegend von der Möglichkeit, den vollen Werklohn zu verlangen, Gebrauch gemacht. Die Erklärung vom 16.10.2002 (Bl. 65 d. GA) ist keine Nachfristsetzung entsprechend § 648 a Abs. 5 BGB, sondern eine solche nach § 648 a Abs. 1 BGB. Mit ihr hat die Klägerin zur Absicherung ihres Vergütungsanspruches bei erfolgter Mängelbeseitigung erstmals Sicherheit verlangt. Damit ist nicht zugleich i.S. des § 648 a Abs. 5 BGB das Begehren nach Vertragsaufhebung, hier gerichtet auf die endgültige Ablehnung von Mängelbeseitigungsarbeiten, erklärt. Auch dann, wenn der Unternehmer Sicherheit verlangt hat, der Besteller diese jedoch nicht geleistet hat, führt dies nicht zugleich zu einer Vertragsauflösung. In dieser Situation ist in entsprechender Anwendung des § 648 a Abs. 5 BGB erforderlich, dass der Unternehmer eine Erklärung mit rechtsgestaltender Wirkung abgibt. Diese muss darauf gerichtet sein, die Mängelbeseitigung abzulehnen, weil die Sicherheit nicht geleistet wurde (BGH NJW-RR 2004, 740, 743; NJW-RR 2004, 1525, 1527). Dabei muss es sich um eine endültige Ablehnung der Mängelbeseitung handeln. Soweit der Unternehmer diese lediglich vorübergehend verweigert, weil Sicherheit nicht geleistet wurde und deshalb kein Verzug besteht, macht er allein von der im nach § 648 a Abs. 1 BGB eingeräumten Möglichkeit der Leistungsverweigerung Gebrauch.
475.
48Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen der geltend gemachten Mängel kommt nicht mehr in Betracht, da die Mängel - nach Ersatzvornahme durch die Beklagte - nicht mehr bestehen. Aufrechenbare Bereicherungsansprüche der Beklagten scheiden schon aus systematischen Gründen aus, da andernfalls jede gegenüber dem Unternehmer nicht gerechtfertigte Ersatzvornahme zu einem Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB führen würde.
496. Der zugesprochene Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
507. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
51Es liegen keine Gründe i.S. von § 543 Abs. 2 ZPO vor, die Revision zuzulassen, da sowohl die Frage der Rechtsfolgen einer voreiligen Nachbesserung als auch die der erforderlichen Fristsetzungen bzw. Erklärungen nach § 648 a) Abs. 1, 5 BGB höchstrichterlich geklärt sind und die Entscheidung damit insbesondere auch in Übereinstimmung mit den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 22.1.2004 steht.
52Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 10.034,47 EUR festgesetzt.
53- Dr. F.
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