Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-24 U 138/10
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO im Be-schlussverfahren zurückzuweisen. Der Beklagte erhält Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von z w e i W o c h e n schriftsätzlich Stellung zu nehmen.
2. Der für den 22. Februar 2011 geplante Senatstermin entfällt.
1
G r ü n d e :
2Die Berufung des Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine dem Beklagten günstigere Entscheidung.
3I.
41.
5Die Klage ist zulässig; sie genügt insbesondere den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Bei einer Teilklage ist dies dann der Fall, wenn erkennbar ist, welcher Teil des Gesamtanspruchs Gegenstand der Klage sein soll (BGHZ 124, 164, 166). Das ist hier gegeben. Die Klägerin macht 100.000,00 EUR als Teil eines Schadensersatzanspruchs sowie hilfsweise ausstehende Leasingraten geltend. Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass es nicht erforderlich war, die Klagesumme auf die einzelnen Positionen aufzuteilen, aus denen sich der Schadensersatzanspruch zusammensetzt. Denn diese stellen nur unselbständige Rechnungsposten dar (vgl. BGH, NJW-RR 2003, 1075; BGH, BauR 1999, 25; SaarlOLG, MDR 2009, 1412 vgl. auch Senat NZS 2009, 281).
62.
7Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Dass sie die Forderungen aus dem streitgegenständlichen Leasingvertrag von der Leasinggeberin erworben hat, lässt sich schon dem als Anlage K 14 vorgelegten Schreiben der Leasinggeberin an die Klägerin entnehmen, mit der jene den Ankauf der Leasingforderung gegenüber der Klägerin abgerechnet hat. Vor dem Hintergrund des eindeutigen Inhalts des Schreibens musste die Klägerin nicht näher dazu vortragen, wann es im Einzelnen zu der Abtretung gekommen ist, zumal sich die Absicht der Forderungsübertragung bereits aus dem Leasingvertrag und auch aus der Bürgschaftserklärung (dort unter 3.) ergab. Ergänzend hat die Klägerin zudem nunmehr noch das Schreiben vom 21. Oktober 2005 vorgelegt, mit dem die Leasinggeberin das Verkaufsangebot der Klägerin angenommen hat. Auf Einzelheiten des von der Klägerin als Anlage K 12 vorgelegten LGS-Verbundvertrages kommt es nach alledem nicht mehr an.
83.
9Der Beklagte haftet für die Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin als Bürge, § 765 BGB. Seine Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Bürgschaftsvertrages, mit denen sich das Landgericht zutreffend auseinander gesetzt hat, hat der Beklagte mit der Berufung nicht mehr aufgegriffen.
104.
11Die Hauptforderung, für die der Beklagte sich verbürgt hat, ist in Höhe der geltend gemachten Teilforderung von 100.000,00 EUR begründet.
12Die Klägerin kann dem Grunde nach den leasingtypischen Ersatz ihres Nichterfüllungsschadens gemäß §§ 535, 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen. Eine Nachfristsetzung war gemäß §§ 281 Abs. 2, 1. Alt. BGB entbehrlich, nachdem der Insolvenzverwalter die weitere Erfüllung des Vertrages abgelehnt hatte (vgl. dazu OLG Düsseldorf 10. Zivilsenat, ZInsO 2005, 820).
13a)
14Wegen der vorzeitigen Beendigung des Vertrags erhält die Klägerin das Kapital vorzeitig zurück. Der damit verbundene Zinsvorteil wird durch Abzinsung der restlichen Leasingraten und des kalkulierten Restwerts auf den Kündigungszeitpunkt ausgeglichen. Hatte, wie im Streitfall, der Leasingnehmer die Leasingrate vereinbarungsgemäß am Quartalsanfang zu zahlen (Ziffer 3.2. der AGB, vgl. auch die Leasing-Rechnung, Anlage K 2), gilt die vorschüssige Rentenbarwertformel (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juni 2006, I-24 U 169/05, bei juris und Beck RS 2006, 10381 = DB 2007, 1355 (nur Leitsatz); OLG Celle NJW-RR 1994, 743):
151 (qn – 1)
16Rentenbarwert = LR x q x _______ x _________-__
17qn (q – 1)
18RW
19Restbarwert = ___________
20qn
21Dabei sind:
22LR = monatliche Leasingrate/netto
23RW = kalkulierter Restwert/netto
24n = Restlaufzeit in Monaten
25p = Refinanzierungszinssatz
26q = Abzinsungsfaktor
27= 1 + monatlicher Zinsfuß/100 (1 + p/100)
28Zinsfuß = Zinssatz x 100 (z.B. bei 12% also 12)
29monatlicher Zinsfuß = jährlicher Zinsfuß/12 (z.B. bei 12 also 1)
30Daraus ermitteln sich die abgezinsten Beträge, nämlich der Rentenbarwert und der bare Restwert des Leasinggegenstandes. Ausgehend von dem von der Klägerin vorgetragenen, unstreitigen Refinanzierungszinssatz von 3,8 % errechnet sich ein Nichterfüllungsschaden von 189.158,20 EUR und damit sogar noch ein etwas höherer als der von der Klägerin - auf Basis der nachschüssigen Rentenbarwertformel - errechnete Betrag von 188.882,56 EUR.
31b)
32Der Kündigungsschaden vermindert sich um den Veräußerungserlös aus der Verwertung der vier Auflieger. Hierbei können die von der Klägerin erzielten Erlöse angesetzt werden (§ 287 ZPO). Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein noch wesentlich höherer Erlös hätte erzielt werden können. Der Beklagte, der darlegen und nachweisen muss, dass die Klägerin als Leasinggeberin in der Lage gewesen wäre, einen höheren Verwertungserlös zu erzielen (vgl. Senat, OLGR Düsseldorf 2008, 764), hat keine greifbaren Gesichtspunkte genannt, die einen höheren Wertansatz rechtfertigten. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin durchgehend höhere Erlöse erzielt hat, als sie der Gutachter ermittelt hat, kann ihr nicht vorgeworfen werden, gegen ihre Verpflichtung zur bestmöglichen Verwertung der Fahrzeuge verstoßen zu haben (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 21.11.2007, 3 U 40/07, bei juris).
33Der von dem Beklagten wiederholt herangezogene Vergleich der Veräußerungserlöse mit dem kalkulierten Restwert ist schließlich nicht stichhaltig. Denn es handelt sich bei dem Restwert lediglich um einen Kalkulationsfaktor, dessen Höhe davon abhängt, wie die übrigen Kalkulationsfaktoren mit Blick auf das Amortisationsziel bemessen sind; dem voraussichtlichen Zeitwert bei Vertragsablauf oder dem zu erwartenden Verkaufserlös muss dieser keineswegs entsprechen (vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Auflage, Rn. 1938; vgl. auch Senat, Beschluss vom 12. Mai 2010, I-24 U 167/09, bei juris und Beck RS 2010, 24325 = BB 2010, 2578 – Leitsatz -).
34c)
35Die Klägerin muss dem Beklagten den Verwertungserlös für die Auflieger ungekürzt gutbringen; sie ist weder zum Abzug der Kosten der Begutachtung berechtigt noch hat sie einen Rechtsgrund für die Erstattung der Sicherstellungskosten schlüssig dargetan.
36Die Kosten für die Begutachtung der Fahrzeuge sind im Rahmen der Verwertung nicht ersatzfähig. Ein vertraglicher Anspruch bezüglich dieser Kosten ist nicht dargetan. Da zur Verwertung die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich ist, kommt auch der Ansatz der Kosten als Schadensersatz nicht in Betracht. Hinzu kommt, dass nach allgemeinen Grundsätzen des Schadensrechts (vgl. dazu BGH MDR 1970, 834) der Leasinggeber bei der Schadensabrechnung nicht besser gestellt werden darf, als wenn der Leasingvertrag planmäßig erfüllt worden wäre (BGHZ 151, 188; Senat aaO., Beck RS 2006, 10381 und bei juris; Senat, NJW-RR 2003, 775). Bei planmäßiger Beendigung des Leasingvertrags hätte die Klägerin aber auch keinen Anspruch auf die Erstattung von Gutachterkosten gehabt.
37Die Sicherstellungskosten würde der Beklagte nur schulden, wenn die Insolvenzschuldnerin sich mit der Rückgabe der Fahrzeuge in Verzug befunden hätte. Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen.
38Anzurechnen sind damit insgesamt 33.885,64 EUR (12.751,19 EUR + 5.882,35 EUR + 6.008,40 EUR + 9.243,70 EUR).
39d)
40Der Klägerin ist nicht anzulasten, dass sie nur vier der acht Auflieger verwertet hat. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin in den Besitz der weiteren vier Auflieger gelangt ist und damit in der Lage war, diese zu verwerten. Nach Beendigung des Leasingvertrages durch die Erklärung des Insolvenzverwalters, die weitere Erfüllung des Vertrages abzulehnen, war die Leasingnehmerin mit Zustimmung es Insolvenzverwalters verpflichtet, die Leasinggegenstände an die Klägerin zurückzugeben (vgl. Ziffer 10.1. der AGB der Leasinggeberin; auch Wolf/Eckert/Ball, a.a.O., Rn. 1995). Dass dies geschehen sei oder der Klägerin auch nur die Rückgabe der Auflieger konkret angeboten worden ist, hat der Beklagte entgegen seiner Darstellung im Berufungsverfahren nicht dargelegt; er hat lediglich vorgetragen, wo sich die Auflieger bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens befunden haben sollen. Im Übrigen hat die Klägerin entsprechend Nr. 10.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Leasingvertrag mit Schreiben vom 28. April 2008 den Insolvenzverwalter um Herausgabe der Auflieger oder Mitteilung des Standorts zwecks Sicherstellung ersucht. Im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht war sie nicht gehalten, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um auch dir übrigen vier Anlieger an sich zu bringen und einer Verwertung zuzuführen (vgl. auch BGHZ 94, 195).
41e)
42Vom Schadensbetrag sind ersparte Vertragskosten abzuziehen, die der Senat regelmäßig auf 10,00 EUR pro Monat schätzt (vgl. nur Senat, OLGR Düsseldorf 2008, 764; DB 2007, 1355; siehe auch OLG Celle, NJW-RR 1994, 743). Auf die restliche Vertragslaufzeit von 18 Monaten entfallen somit 180,00 EUR, die von der Schadensersatzforderung in Abzug zu bringen sind.
435.
44Der Schadensersatzanspruch der Klägerin, für den der Beklagte als Bürge einzustehen hat, beläuft sich damit auf insgesamt 155.452,56 EUR:
45Nichterfüllungsschaden 189.158,20 EUR
46abzgl. Verwertungserlöse 33.885,64 EUR
47abzgl. ersp. Vertragskosten 180,00 EUR
48155.092,56 EUR
496.
50Auf den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zahlung der drei rückständigen Leasingraten kommt es damit nicht mehr an.
51II.
52Die weiteren in § 522 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen der Berufungszurückweisung im Beschlussverfahren liegen ebenfalls vor.
53III.
54Der Senat weist darauf hin, dass die Berufungsrücknahme vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1 und 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an (OLG Brandenburg, MDR 2009, 1363; Senat B. v. 01.02.10 – I-24 U 156/09 bei JURIS).
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