Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-24 U 170/10
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Die Beklagte erhält Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen schriftsätzlich Stellung zu nehmen.
2. Der für den 22.02.2011 geplante Senatstermin entfällt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Das Rechtsmittel der Beklagten hat keine Erfolgsaussicht, 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat zu Recht der Klage in Höhe von 3.556,18 € stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine der Beklagten günstigere Entscheidung.
41.
5Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Auszahlung von Guthaben aus den Betriebskostenabrechnungen der Beklagten für die Jahre 2006 und 2007 aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag zu. Der Anspruch besteht in der unstreitigen Höhe von insgesamt 3.556,18 €, die sich aus den Guthaben der Klägerin gemäß der Abrechnung der Beklagten vom 29.10.2007 für das Jahr 2006, die ein Guthaben von1.668,55 € ausweist, und der Abrechnung der Beklagten vom 25.12.2008 für das Jahr 2007, die ein Guthaben von 1.887,63 € ausweist, zusammensetzt.
62.
7Der Anspruch der Klägerin ist nicht durch Aufrechnung gem. § 389 BGB untergegangen. Zwar hat die Beklagte im Rahmen dieses Prozesses mit Schriftsatz vom 15.12.2008 die Aufrechnung von Schadensersatzansprüchen mit der Forderung der Klägerin aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2006 und mit Schriftsatz vom 26.08.2009 nachrangig mit der Forderung der Klägerin aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2007 erklärt. Die Aufrechnungserklärungen führen jedoch mangels aufrechenbarer Gegenforderung nicht zum Erlöschen der Forderung der Klägerin. Denn der Beklagten steht gegen die Klägerin nach § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Mietvertrag weder der geltend gemachte Schadensersatzanspruch in Höhe der Kosten für die Erneuerung des PVC-Bodenbelags in den vermieteten Räumlichkeiten zu noch hat sie einen Anspruch in Höhe der Kosten für den Einbau einer neuen Praxiseingangstür.
8a. Ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Verlegung eines neuen PVC-Bodenbelags nach § 280 Abs. 1 BGB besteht nicht, da nicht festgestellt werden kann, dass der Beklagten aufgrund einer mietvertraglichen Pflichtverletzung durch die Klägerin ein Schaden entstanden ist.
9(1) Zunächst kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin ihre mietvertraglichen Pflichten gegenüber der Beklagten verletzt hat, indem sie den ursprünglich von der Beklagten eingebrachten Fußbodenbelag beschädigte.
10Nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB obliegt es grundsätzlich dem Vermieter die Mietsache im vertragsgemäßen Zustand zu halten. Ihm fällt auch die altersbedingte Abnutzung der Mietsache durch vertragsgemäßen Gebrauch zur Last, § 538 BGB. Eine Pflichtverletzung der Klägerin im Hinblick auf die Beschädigung des von der Beklagten eingebrachten Fußbodens wäre daher nur dann zu bejahen, wenn die Klägerin den Fußboden durch ein vertragswidriges Verhalten, das nicht dem gewöhnlichen Gebrauch entsprach, wie z. B. durch unsachgemäße Reinigung, beschädigt hätte. Dies kann jedoch nicht festgestellt werden.
11Die Beklagte hatte zu Beginn des Mietverhältnisses am 1.7.1988 einen neuen Fußbodenbelag in die von der Klägerin als Kinderarztpraxis genutzten Räumlichkeiten einlegen lassen. Dieser Fußbodenbelag bestand größtenteils aus einem PVC-Boden der Firma G. GmbH, welcher im Jahre 2004 Schäden in Form von vergrößerten Fugen und Ablösungen vom Untergrund aufwies, die eine Erneuerung des Bodenbelags erforderten.
12Das Landgericht ist aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme jedoch zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die insoweit beweispflichtige Beklagte nicht zu beweisen vermochte, dass die Ursache der Schäden eine unsachgemäße Reinigung war und somit im Verantwortungsbereich der Klägerin lag.
13Ist zwischen Vermieter und Mieter streitig, ob die vermieteten Räume infolge des Mietgebrauchs beschädigt worden sind, trägt der Vermieter die Beweislast dafür, dass die Schadensursache dem Obhutsbereich des Mieters entstammt; eine in seinem eigenen Verantwortungsbereich fallende Schadensursache muss der Vermieter ausräumen. Erst wenn festgestellt werden kann, dass der Schaden im Obhuts- und Gefahrenbereich des Nutzungsberechtigten "durch Mietgebrauch" entstanden ist, findet nicht nur hinsichtlich des Verschuldens, sondern auch bezüglich der objektiven Pflichtverletzung eine Umkehr der Beweislast statt (BGH, Urteile vom 18.5.1994, XII ZR 188/92 –BGHZ 126, 124- und vom 3.11.2004, VIII ZR 28/04 – NZM 2005,100 -, jeweils auch in juris). Vorliegend kann eine Umkehr der Beweislast nicht angenommen werden. Es ist zwischen den Parteien streitig, ob der durch die Beklagte verlegte Fußbodenbelag aufgrund von Mängeln in der Bodenkonstruktion oder bei der Verarbeitung schadhaft wurde oder ob die Schäden auf zu feuchte Reinigung oder die Verwendung eines ungeeigneten Reinigungsmittels durch die Klägerin zurückzuführen sind. Da mithin auch eine Ursache für die Beschädigungen in Betracht kommt, die dem Verantwortungsbereich der Beklagten entstammt, hat die Beklagte zu beweisen, dass dies auszuschließen ist.
14Eine Beweislastumkehr zu Lasten der Klägerin ergibt sich auch nicht nach den Grundsätzen zur sog. "Beweisvereitelung". Danach kann eine Beweisvereitelung durch den Gegner des Beweisführers nach dem Rechtsgedanken der §§ 427, 441 Abs. 3 S. 3, 444, 446, 453 Abs. 3, 454 Abs. 1 ZPO und § 242 BGB nachteilig bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden. Eine Beweisvereitelung liegt aber nur dann vor, wenn eine Partei ihrem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht. Dabei muss sich das Verschulden darauf beziehen, die Beweislage des Gegners nachhaltig zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 29.09.2010, XII ZR 41/09 – NJW 2011, 778 – und in juris). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Zwar kann die Ursache für die Beschädigungen des ursprünglich verlegten PVC-Bodenbelags aufgrund des Austausches durch die Klägerin nicht mehr aufgeklärt werden. Die Klägerin nahm diesen Austausch jedoch bereits im Jahre 2004 vor, mithin zu einem Zeitpunkt als ein Prozess noch nicht zu erwarten war. Nach ihrem nicht zu widerlegenden Vortrag diente der Austausch des Bodenbelags sogar dazu, Streitigkeiten mit der Beklagten zu vermeiden. Ein Verschulden der Klägerin in Bezug auf eine Verschlechterung der Prozesslage der Beklagten kann daher nicht festgestellt werden.
15Die Beklagte beanstandet zu Unrecht die Beweiswürdigung des Landgerichts. Diese darf ohnehin nur eingeschränkt vom Berufungsgericht überprüft werden. Die vom Landgericht geschaffene Tatsachengrundlage bindet grundsätzlich auch das Berufungsgericht. Lediglich die unterlassene oder fehlerhafte Erfassung von Tatsachen durch die Verletzung materiellen Rechts (z.B. die Verkennung der Beweislast), die fehlerhafte Tatsachenfeststellung aufgrund von Verfahrensfehlern (z.B. Verletzung der Hinweispflicht) oder die sonstige Fehlerhaftigkeit des Beweisergebnisses (beispielsweise eine nicht erschöpfende Beweisaufnahme oder Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den Urteilsgründen) können die Notwendigkeit erneuter Feststellungen gebieten (vgl. Senat, AGS 2006, 480 f. = JurBüro 2006, 594 = OLG Düsseldorf 2007, 20 f.; RuS 2009, 521-523, Zöller/Heßler, ZPO, 28. Auflage, § 529 Rn. 2 ff. m.w.N.).
16Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist dem Beweisergebnis des Landgerichts, wonach die Beklagte im Rahmen der Beweisaufnahme nicht zu beweisen vermochte, dass die Schäden am ursprünglich verlegten Bodenbelag durch eine unsachgemäße Reinigung verursacht wurden, zu folgen.
17Der vom Gericht beauftragte Sachverständige E. hat mit Schreiben vom 10.4.2010 erklärt, er könne zu der Ursache der im Jahr 2004 aufgetretenen Schäden des Bodenbelags keine Feststellungen treffen, da der streitgegenständliche Bodenbelag nicht mehr vorhanden und der Untergrund bearbeitet worden sei.
18Die Aussage des Zeugen O. war insoweit unergiebig. Aus der Aussage des Zeugen lässt sich lediglich herleiten, dass seiner Ansicht nach die Ablösung der Bodenplatten durch den Eintritt von Wasser erfolgte. Aufgrund welcher Umstände der Wassereintritt möglich geworden war, konnte der Zeuge nach eigener Einschätzung jedoch nicht mit Sicherheit bekunden. Vielmehr gab er hierfür eine Vielzahl von möglichen Ursachen, wie die Verwendung von überdimensional viel Wasser, eines zu aggressiven Reinigungsmittels, aber auch Probleme mit dem Klebstoff oder starke Sonneneinstrahlung an. Letztere Ursachen stammen aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten. Soweit der Zeuge O. in dem vom ihm unter dem 8.10.2004 erstellten Protokoll zur Ortsbesichtigung noch ausführte, dass aus seiner Sicht die Beanstandungen auf eine falsche Reinigung durch die Klägerin zurückzuführen seien, hat der Zeuge diese eindeutige Einschätzung in seiner persönlichen Vernehmung durch das Landgericht nicht aufrecht erhalten.
19Auch lässt sich aus der Aussage des Zeugen R. nicht mit der für die Entscheidungsbildung erforderlichen Sicherheit herleiten, dass die Schadensursache dem Verantwortungsbereich der Klägerin entstammt. Der Zeuge hat bei seiner Vernehmung lediglich pauschale Bewertungen abgegeben, die so nicht nachvollzogen werden können. Dies gilt insbesondere, soweit der Zeuge angegeben hat, er könne einen Materialfehler ausschließen, da er zahlreiche Praxen mit diesem Bodenbelag eingerichtet habe. Denn es ist bekannt, dass bei massenhaft angefertigten Waren bei einzelnen Chargen Materialfehler auftreten können. Zudem kämen selbst bei Ausschluss eines Materialfehlers noch weitere Schadensursachen aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten, wie z.B. die Verwendung eines fehlerhaften oder ungeeigneten Klebstoffs oder die unzureichende Vorbereitung des Untergrunds bei der Verlegung, in Betracht. Des Weiteren kann selbst unter Zugrundelegung der Angaben der Beklagten, dass der Zeuge R. seit vielen Jahren medizinische Fachpraxen plane und Architekt sei, nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass der Zeuge die erforderliche besondere Sachkunde für die Beurteilung von Schadensursachen an PVC- Bodenbelägen hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte selbst mit Schriftsatz vom 29.12.2009 Bedenken gegen die Sachkunde des vom Gericht beauftragten Sachverständigen E. angemeldet hat, weil dieser seinen Tätigkeitsschwerpunkt beim Estrichleger-Handwerk und nicht bei Bodenbelägen habe. Schließlich ist bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen, dass der Zeuge, der für die Beklagte die Praxis plante und den Umbau beaufsichtigte, im Lager der Beklagten steht und ein Interesse an der Feststellung hat, dass Auswahl und Verarbeitung des Bodenbelags fehlerfrei erfolgt sind.
20Nicht zu beanstanden ist ebenfalls, dass das Landgericht das von der Beklagten vorgelegte schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. M. unberücksichtigt gelassen hat. Denn der Sachverständige Dipl.-Ing. M. konnte aufgrund der vom ihm am 25.2.2009 durchgeführten Ortsbesichtigung lediglich Aussagen zum derzeitigen Zustand des Fußbodenbelags und Untergrundes machen. Eine Feststellung bezüglich der Ursachen der Schäden am zunächst durch die Beklagte verlegten Bodenbelag hat der Sachverständige nicht getroffen.
21Nachdem die Beklagte nicht zu beweisen vermocht hat, dass die Schadensursache für die Schadhaftigkeit des Bodenbelags im Jahr 2004 aus dem Verantwortungsbereich der Klägerin stammte, kommt es nicht mehr darauf an, ob das von der Klägerin eingeholte Gutachten des Sachverständigen P. vom 21.7.2004, eine andere Ursache als die unsachgemäße Reinigung des Fußbodens für die Entstehung der Schäden belegt.
22(2) Soweit die Beklagte ihre Gegenforderung in Höhe der Kosten für die Erneuerung des Weiteren darauf stützt, die Klägerin habe im Jahr 2004 den bestehenden Fußboden eigenmächtig durch einen Fußbodenbelag minderer Qualität, der für die Verwendung in einer medizinischen Praxis nicht geeignet sei, ersetzt und diesen nicht fachgerecht verlegt, begründet dies ebenfalls keinen Schadensersatzanspruch.
23Ein Schadensersatzanspruch der Beklagten könnte unabhängig von der Frage, ob die Klägerin den Austausch des Bodenbelag ohne die erforderliche Gestattung der Beklagten vorgenommen hat, nur dann gegeben sein, wenn der Beklagten durch den Austausch ein Schaden entstanden wäre, der über die bei normalem Gebrauch zu erwartende altersbedingte Abnutzung hinausginge. Dies ergibt sich einerseits aus den bereits unter Ziff. (1) dargelegten gesetzlichen Regelungen der §§ 535 Abs. 1 S. 2, 538 BGB, aber auch aus § 5 Abs. 5 des Mietvertrags, wonach im Falle von Einbauten durch den Mieter bei Ende des Mietverhältnisses der ursprüngliche Zustand bei Mietbeginn, ausgenommen die normale Abnutzung wie bei "Teppichböden etc.", wiederherzustellen ist. Auch insoweit trifft die Beklagte die Beweislast dafür, dass Schäden eingetreten sind, die nicht in ihrem Verantwortungsbereich fallen.
24Das Landgericht hat danach zu Recht ausgeführt, dass der Beklagten durch den Austausch des Fußbodens im Jahre 2004 kein Schaden entstanden sei, weil die Beklagte die Kosten für die Erneuerung des Fußbodens ohnehin zu tragen gehabt hätte. Denn unstreitig war der ursprüngliche Bodenbelag bereits im Jahr 2004 so stark beschädigt, dass er zu erneuern war. Da die Verursachung des Schadens durch die Klägerin, wie bereits unter Ziff. (1) ausgeführt, nicht festgestellt werden kann, wäre die Beklagte im Rahmen ihrer Instandhaltungspflicht bereits zu diesem Zeitpunkt verpflichtet gewesen, den alten Bodenbelag gegen einen neuen geeigneten auszutauschen. Die Wiederherstellungskosten, die die Beklagte nunmehr geltend machen, wären ihr also ohnehin bereits im Jahr 2004 entstanden, wenn sie ihrer Instandhaltungspflicht nachgekommen wäre und umfassen sowohl die reinen Materialkosten wie auch die Kosten der Verlegung. Danach kommt es weder darauf an, ob die Klägerin zu einer etwaigen Selbstvornahme berechtigt war, noch darauf, ob die Klägerin nunmehr einen gleichwertigen Bodenbelag verlegt hat und ob diese Verlegung fachgerecht erfolgte, was die Beklagte unter Berufung auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. M. bestreitet. Dass der Austausch des Fußbodenbelags für die Beklagte im Jahr 2004 kostengünstiger gewesen wäre als der Austausch des von der Klägerin verlegten Bodenbelags, hat die Beklagte nicht vorgetragen.
25Ein Schaden der Beklagten ist im Übrigen auch unter Berücksichtigung der Grundsätze der Vorteilsanrechnung zu verneinen, wonach sich der Vermieter einen Abzug "neu für alt" gefallen lassen muss. Danach scheidet ein Schadensersatzanspruch des Vermieters im Falle der Beschädigung von vermieteten Gegenständen aus, wenn die Lebensdauer zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Schadens bereits abgelaufen ist. Hiervon kann vorliegend ausgegangen werden, denn der von der Beklagten in der Praxis der Klägerin verlegte PVC-Boden wurde vor Mietbeginn am 1.7.1988 eingebracht und war damit zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Schadens durch Schreiben vom 22.11.2007 bereits fast 20 Jahre alt. Zwar trägt die Beklagte vor, dass es sich bei dem von ihr verlegten Bodenbelag um einen hochwertigen Belag gehandelt habe, der eine gewöhnliche Lebensdauer von mindestens 30 Jahren besitze. Für PVC-Bodenbeläge wird in der Rechtsprechung jedoch eine Lebensdauer von höchstens 20 Jahren, größtenteils sogar deutlich geringere Lebenszeiten, angenommen (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Auflage, § 538 BGB Rn. 374 m.w.N.).
26b. Des Weiteren besteht auch kein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Klägerin in Höhe der Kosten für eine Erneuerung der Praxiseingangstür nach § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Mietvertrag.
27(1) Es kann bereits deswegen nicht von einer objektiven Pflichtverletzung der Klägerin ausgegangen werden, weil die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte auch hier nicht hinreichend substantiiert dargetan hat, dass die Schadensursache für die Beschädigung der Praxiseingangstür aus dem Verantwortungsbereich der Klägerin stammte.
28Unstreitig war das Türblatt der Praxiseingangstür beim Austausch durch die Klägerin im Jahre 2004 im unteren Bereich beschädigt. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, sie habe im ersten Halbjahr 2004 festgestellt, dass die Klägerin die Praxiseingangstür irreparabel beschädigt habe. Der Türstopper unten vor der Garderobe sei defekt gewesen, so dass die Tür immer oben gegen die Garderobe geschlagen habe und unten weiter ungestoppt in die Praxis hineingedrückt worden sei. Durch diese offensichtlich ungleichmäßige Belastung sei die Tür unten völlig ausgebrochen, sei dadurch irreparabel worden und habe komplett erneuert werden müssen. Für den Schadensablauf hat die Beklagte wiederum den Zeugen R. benannt, der sich den Schaden angesehen habe. Eine zum Schadensbild angekündigte Lichtbilddokumentation hat die Beklagte nicht vorgelegt. Diesen Geschehensablauf hat die Klägerin bestritten und behauptet, das Türblatt sei altersbedingt ausgebrochen, die Türzarge sei nicht für eine so schwere Tür ausgelegt gewesen. Soweit die Klägerin hiermit Ursachen für die Beschädigung der Tür aufgezeigt hat, die aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten stammen, musste sich die Beklagte entlasten. Dies ist ihr jedoch nicht gelungen, da bereits ihr Vortrag zum Schadenseintritt nicht hinreichend konkret ist. Denn nach dem Vortrag der Beklagten haben der Zeuge R. sowie die übrigen zum Schadensbild benannten Zeugen den Defekt des Türstoppers in der Praxis der Klägerin nur bei einer Gelegenheit festgestellt. Aus dieser einmaligen Gelegenheit kann nicht zwangsläufig auf einen länger andauernden Defekt des Türstoppers geschlossen werden, der ein Ausbrechen des Türblattes hätte verursachen können. Des Weiteren gibt die Beklagte auch keine Beschreibung des Schadensbildes ab, die ihre Rückschlüsse auf den Geschehensablauf für das Gericht nachvollziehbar machen würden. Aufgrund welcher genauen Umstände der Zeuge R. zu der Schlussfolgerung gelangt sein will, dass die Beschädigung des Türblatts auf den defekten Türstopper zurückzuführen sei, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Eine Vernehmung des von der Beklagten zum Geschehensablauf benannten Zeugen R. würde daher eine unzulässige Ausforschung des Sachverhaltes darstellen.
29(2) Des Weiteren ist auch der Vortrag der Beklagten zum eingetretenen Schaden in Höhe der Kosten für eine Tür, die der ursprünglich eingebauten Tür entsprechen soll, nicht hinreichend konkret. Das Landgericht hat bereits mit Hinweis- und Beweisbeschluss vom 26.10.2009 darauf hingewiesen, dass es den Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Tür nicht für hinreichend substantiiert halte, da die Beklagte nicht dargetan habe, um welche Typen es sich bei dem ausgetauschten und dem eingesetzten Türblatt jeweils gehandelt habe. Mit Schriftsatz vom 03.11.2009 hat die Beklagte daraufhin lediglich angegeben, dass es sich bei der von ihr eingebauten Tür um eine solche "der Klimaklasse III mit 37 dBA Schallex und PZ-Schloss" gehandelt habe. Bereits mit Schriftsatz vom 15.12.2008 hatte sie vorgetragen, der Ersatz der von der Klägerin eingebauten Tür erfordere einen Gesamtbetrag hinsichtlich Material und Arbeitskosten in Höhe von insgesamt "mindestens 2.500,00 €". Die Klägerin hat demgegenüber behauptet, sie habe das Türblatt im Jahr 2004 gegen ein qualitativ gleichwertiges Türblatt ausgetauscht, und auf eine Bestätigung der von ihr beauftragten Fachfirma verwiesen hat, nach der eine typenähnliche Tür mit dem von der Beklagten geforderten Schalldämmwert RwP= 32 dB eingebaut worden sei.
30Das Landgericht hat den Vortrag der Beklagten danach im Ergebnis zu Recht als nicht hinreichend konkret zurückgewiesen. Selbst wenn man hinsichtlich der ursprünglich durch die Beklagte eingesetzten Tür nicht die Angabe einer genauen Typenbezeichnung des Herstellers für erforderlich hält, so ist dennoch eine Beschreibung der zunächst eingebauten Tür anhand der wesentlichen konkretisierenden Merkmale zu fordern, um der Klägerin, die mittlerweile die Mieträume nicht mehr in Besitz hat, ein substantiiertes Bestreiten zu ermöglichen. Eine Beschreibung des ursprünglich eingebauten Türblatts in Bezug auf seine wesentlichen Merkmale umfasst aber zumindest auch die Größe der Tür, sowie Angaben zum verwendeten Material und Schloss. Diese Angaben hat die Beklagte nicht gemacht, obwohl sie ihr ohne Weiteres möglich gewesen wäre und sie insbesondere entweder die Rechnung der alten Tür oder einen spezifizierten Kostenvoranschlag für eine neue, ihrer Ansicht nach gleichwertige Tür hätte vorlegen können. Soweit die Beklagte für die Beschreibung des ursprünglichen Türblatts dagegen wesentlich auf den vorhandenen Schalldämmwert abstellt, ist ihr diesbezüglicher Vortrag zudem widersprüchlich. Denn mit Schriftsätzen vom 14.5.2008 und vom 25.8.2008 hat sie noch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die von ihr eingebaute Tür einen über die Anforderungen der DIN 4109 hinausgehenden Schallschutz von 43 dBA aufgewiesen habe, wogegen sie im Schriftsatz vom 03.11.2009 nur noch einen Schalldämmwert von 37 dBA angibt, ohne diese Abweichung im Vortrag zu erläutern.
31Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Landgericht auch nicht gegen seine Hinweispflicht nach § 139 ZPO verstoßen, indem es den Anspruch ohne erneuten Hinweis als unsubstantiiert zurückgewiesen hat. Der landgerichtliche Hinweis vom 26.10.2009 war insoweit eindeutig als er eine genaue Bezeichnung des Typs des eingebauten Türblatts forderte. Dass die pauschalen Angaben im Schriftsatz vom 3.11.2009, die gegenüber dem bisherigen Vortrag bis auf die Angabe der Klimaklasse keine Konkretisierung enthielten, nicht ausreichen würden, hätte für die Beklagte offensichtlich sein müssen.
323.
33Der Anspruch der Klägerin auf Auszahlung ihres Betriebskostenguthabens ist demnach nicht durch Aufrechnung der Beklagten untergegangen und mit der Erteilung der Abrechnungen durch die Beklagte auch fällig geworden (vgl. BGH, Urteil vom 09.03.2005, VIII ZR 57/04 – NJW 2005, 1499 -), so dass die Klage in der geltend gemachten Höhe gerechtfertigt ist.
344.
35Da, wie unter Ziff. 1 festgestellt, Schadensersatzansprüche der Beklagten bereits dem Grunde nach nicht bestehen, ist die Widerklage sowohl hinsichtlich des Zahlungsanspruchs wie auch hinsichtlich des Feststellungsantrags unbegründet.
36II.
37Auch die weiteren in § 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen der Berufungszurückweisung im Beschlussverfahren sind gegeben.
38III.
39Der Senat weist darauf hin, dass die Berufungsrücknahme vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1 und 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an (vgl. z.B. Senat vom 1. Februar 2010, I-24 U 156/09, zitiert nach juris Rn. 16 m.w.N.; OLG Brandenburg, MDR 2009, 1363).
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