Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - VII-Verg 80/11
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde gegen die infolge Fristablaufs fingierte Ablehnung des Nachprüfungsantrages (Verfahren vor der Verga-bekammer bei der Bezirksregierung Köln, VK VOL 19/11) wird zurückgewiesen.
1
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
2I.
3Die Antragsgegnerin schrieb Reinigungsdienstleistungen aus. In dem Werkvertrag hieß es u.a.:
4§ 3
5Der Auftragnehmer ist verpflichtet, sein Reinigungspersonal durch fach- und sachkundige Kontrollpersonen einzuweisen und laufend zu beaufsichtigen. Zur Aufsicht vor Ort hat der Auftragnehmer eine geeignete Person einzusetzen, die gegenüber dem Auftraggeber oder dessen Beauftragten für die ordnungsgemäße Durchführung der Reinigung verantwortlich ist.
6Dem Auftraggeber und der Hausverwaltung vor Ort ist umgehend mit Beginn der Reinigungsarbeiten mitzuteilen, wer die Aufsicht führt. Eine enge objektbezogene Zusammenarbeit zwischen der Aufsichtsperson und der Hausverwaltung vor Ort ist erforderlich. Der Auftragnehmer muss sicherstellen, dass die Aufsichtsperson kurzfristig erreichbar ist.
7Ebenfalls integraler Bestandteil des Reinigungsdienstes ist die vollständige Erfüllung der Aufsichts- und Nachweispflichten gemäß Merkblatt Qualitätssicherung. …
8§ 9
9Um eine ordnungsgemäße und einwandfreie Reinigung sicherzustellen, hat der Auftragnehmer für die Aufsicht eine geeignete Person (Objektleitung) einzusetzen, die mit dem Auftraggeber und dessen Beauftragten eng zusammenzuarbeiten hat. Die Aufsichtsperson hat den Wünschen und Anweisungen des Auftraggebers bzw. dessen Beauftragten, die sich auf die Vertragsgemäße Reinigung beziehen, Folge zu leisten. …
10Der Auftragnehmer ist verpflichtet, sein Reinigungspersonal durch fach- und sachkundige Kon-trollpersonen einzuweisen und laufend zu beaufsichtigen …
11In dem beigefügten Merkblatt zur Qualitätssicherung hieß es:
12Integraler Bestandteil der vertraglich zu erbringenden Reinigungsleistung ist die regelmäßige Qualitätskontrolle der durchgeführten Arbeiten in Form gemeinsam vom Hausmeister des Aufraggebers mit der Objektleitung des Auftragnehmers durchgeführter Stichproben. Ohne den Nachweis der Qualitätssicherung gelten die Reinigungsleistungen als nicht erbracht.
13…
14Die gemeinsamen Kontrollen erfolgen jeweils im Abstand von zwei Wochen. Der Auftraggeber behält sich darüber hinaus vor, häufigere gemeinsame Prüfungen anzuweisen, wenn die Reinigungsqualität nicht der vertragsgemäßen Reinigung entspricht. Im Falle wiederholt beanstandungsfreier Prüfungen können die Kontrollintervalle im beiderseitigen Einverständnis reduziert werden. …
15Im Rahmen der Kontrollen sind sämtliche Positionen des Berichts zur Qualitätssicherung auszufüllen und nach der Kontrolle vom Hausmeister des Auftraggebers mit der Objektleitung des Auftragnehmers zu unterschreiben.
16Die Bieter hatten mit ihren Angeboten eine – näher beschriebene - Kalkulation vorzulegen. Dazu gehörte u.a. die "Plausibilität des Umfangs und der Kalkulation der angebotenen Aufsichts- und Kontrollstunden zur Erfüllung der Leistungspflichten gem. Merkblatt nach o.g. Prüfungsparametern im Verhältnis zum hierzu angegebenen Wert im Stundenverrechnungssatz".
17Die Antragsgegnerin schloss das Angebot der Antragstellerin aus, weil ihrer Auffassung nach die Kontroll- und Aufsichtsstunden in der Kalkulation unzureichend berücksichtigt seien.
18Die Berechnung der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin in Frage gestellt. Ihrer – der Antragstellerin - Ansicht hätten lediglich im Merkblatt angesprochenen Kontrollstunden gemeinsam mit dem Hausmeister berücksichtigt werden müssen. Zudem sei eine "produktive Aufsicht", d.h., eine Aufsicht durch Personen, die auch Reinigungsdienstleistungen erbringe, nicht ausgeschlossen. Das führe dazu, dass nur die Mehrkosten für eine Aufsichtsperson gegenüber einer Reinigungskraft hätten angesetzt zu werden brauchen. Die Antragsgegnerin ist dem entgegen getreten.
19Über den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin hat die Vergabekammer nicht innerhalb der – verlängerten – Entscheidungsfrist entschieden. Die Antragstellerin hat dagegen sofortige Beschwerde, verbunden mit einem Antrag nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB eingelegt. Die Antragsgegnerin ist dem entgegen getreten.
20II.
21Der Antrag hat keinen Erfolg. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat mutmaßlich keinen Erfolg.
221.
23Zu Recht hat die Antragsgegnerin gerügt, dass das Angebot der Antragstellerin inplausibel ist.
24Wie der Senat mit Beschluss vom 14.01.2009 (VII-Verg 59/08, NZBau 2009, 398 = VergabeR 2009, 619) entschieden hat, ist die Plausibilität des Angebots auf der ersten Wertungsstufe zu prüfen. Dabei ist zu überprüfen, ob die Kalkulation des Bieters, die auf den für allgemein verbindlich erklärten Tarifverträgen zu fußen habe, die Leistungsbeschreibung hinreichend widerspiegelt. Unterschreiten die angesetzten Kosten die nach der Leistungsbeschreibung notwendigen oder angebotenen Leistungen, ist dies entweder auf eine untertarifliche Entlohnung der Arbeitnehmer oder auf den fehlenden Willen des Bieters, die angebotenen Leistungen vollständig zu erbringen, zurückzuführen. Beide denkbaren Gründe führen zum Ausschluss des Angebots.
25Zu Recht ist die Antragsgegnerin davon ausgegangen, dass eine Aufsichtsperson nicht nur während der gemeinsamen Kontrollen mit dem Hausmeister zur Verfügung stehen muss. Ein Bieter hat so zu kalkulieren, dass er die versprochenen Leistungen vollständig erbringen kann. Aus den §§ 3 und 9 des Werkvertrages geht eindeutig hervor, dass eine Kontrolle "laufend" zu erfolgen hat. Sie beschränkt sich damit nicht auf eine gemeinsame Begehung mit dem Hausmeister, welche in einem zweiwöchigen Turnus stattfinden sollte. Vielmehr hatte die Aufsichtsperson von sich aus die notwendigen Einweisungen und Kontrollen vorzunehmen. Sie musste dem Hausmeister "kurzfristig" zur Verfügung stehen. Die Reinigungsleistung erfasste auch "die geforderte Qualitätssicherung entsprechend der werkvertraglichen Vereinbarungen" (Merkblatt S. 2, letzter Absatz).
26Die Antragstellerin musste auch einen nennenswerten und erheblichen Zeitraum für die Kontrolle einkalkulieren. Zwar war mag nicht von vornherein ausgeschlossen gewesen sein, dass die Aufsichtsperson auch selbst putzt (wobei es allerdings dann an einer Beaufsichtigung ihrer eigenen Leistungen fehlt, wenn nicht eine andere Person dies insoweit übernimmt). Eine "laufende" Aufsicht setzt jedenfalls voraus, dass die Aufsichtsperson sich von sich aus von der Ordnungsgemäßheit jeder Reinigungsleistung vergewissert, was eine erhebliche Zeit erfordert, in der die Aufsichtsperson nicht selbst putzen kann. Dieser zeitliche Aufwand ist von der Antragstellerin nicht einbezogen worden, vielmehr geht sie von einer nur rudimentären und damit nicht ordnungsgemäßen Aufsicht aus.
27Auf die Frage, ob das Angebot der Antragstellerin sowieso nicht – insgesamt oder zu einzelnen Losen – zuschlagsfähig war, weil es unter Berücksichtigung der Zuschlagskriterien den Angeboten dritter Bieter nachging, kommt es danach nicht an.
282.
29Die Tatsache, dass die Antragsgegnerin in vergaberechtswidriger Weise in der EU-Bekanntmachung hinsichtlich der geforderten Eignungsnachweise pauschal auf die Verdingungsunterlagen verwiesen hat (§ 7 Abs. 5 S. 1 EG VOL/A; vgl. Hausmann/von Hoff, in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Aufl., § 7 EG Rdnrn. 66 ff.; Hänsel, in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 7 EG VOL/A Rdnr. 17, § 12 VOB/A Rdnr. 31), führt nicht zu einer Beeinträchtigung der Bieterrechte der Antragstellerin. Sie ist von der Antragsgegnerin in wirtschaftlicher, finanzieller und technischer Hinsicht als geeignet angesehen worden.
30III.
31Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, eine etwaige Zuschlagserteilung unverzüglich dem Senat mitzuteilen.
32Schüttpelz Frister Rubel
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Referenzen
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