Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 1 U 123/12
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 13. April 2012 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Mönchengladbach unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.581,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2011 zu zahlen.
Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Gebührenansprüchen des Rechtsanwaltes A, …straße …, Stadt 1, in Höhe von 307,88 € freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 48 % und der Beklagte zu 52 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 26 % und der Beklagte zu 74%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
G r ü n d e:
2Die Berufung ist zulässig, aber nur in geringem Umfang begründet. Der Senat ist – wie das Landgericht – aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass bei dem Verkehrsunfall vom 02.09.2010 auf der A 61 mit einem in Land 1 zugelassen Lkw, für dessen Folgen der Beklagte dem Grunde nach unstreitig einzustehen hat, ein Lasergerät sowie Zubehörteile irreparabel beschädigt und abhanden gekommen sind. Der Klägerin steht aufgrund dessen aber nur ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 17.581,00 € gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 2 Abs. 1 b Ausländerpflichtversicherungsgesetz zu. Hinzu kommt ein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 307,88 €. Dagegen kann die Klägerin weitergehenden Mietwagenkostenersatz nicht verlangen.
31.
4Auch als Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass sich im Kofferraum des Fahrzeug 1 der Klägerin das in der Klageschrift aufgeführte Y Lasergerät sowie ein Handteil ….. Epilation ….. Wellenlänge, ein ….. Laserhandstückset für PHS+ Laserset für Resurfacing ….. Wellenlänge sowie ein Distanzhalter befanden. Zwar hat der Senat zunächst Zweifel an der Tatsachenfeststellung des Landgerichts gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gehabt und daher die Beweisaufnahme wiederholt. Diese Zweifel gründeten sich insbesondere darauf, dass die ungenaue Aussage des Zeugen Z1, der nur meinte, sich daran erinnern zu können, dass bei der polizeilichen Unfallaufnahme von Geräten im Pkw Fahrzeug 1 die Rede war, nicht hinreichend für die Feststellung erschien, dass sich überhaupt Lasergeräte im Fahrzeug befanden. Hinzu kam, dass schriftliche Belege für die Vermietung der Geräte an Z2 in Stadt 2 fehlten, das beschädigte Lasergerät entsorgt, Handgeräte abhanden gekommen waren und ein Anschaffungsbeleg für das Handgerät zum Resurfacing fehlte. Jedoch ist auch der Senat aufgrund der Anhörung der Klägerin und der Aussagen der Zeugen Z3 und Z2 davon überzeugt, dass die vorgenannten Laser- und Laserzubehörgeräte durch den streitgegenständlichen Unfall beschädigt wurden und bis auf das Y Lasergerät verloren gegangen sind.
5a.
6Die Klägerin und der Zeuge Z3 haben die Ereignisse um den streitgegenständlichen Unfall übereinstimmend und glaubhaft geschildert. Danach waren sie vor dem Unfall auf dem Weg zu Z2, um ihm das Y Lasergerät mietweise zu überlassen. Das Epilationshandgerät sowie das Handgerät für Resurfacing einschließlich Distanzhalter sind Zubehörteile für ein Lasergerät der Marke B, welches die Klägerin als mögliche Ersatzgeräte regelmäßig mitführte. Sowohl die Klägerin als auch der Zeuge Z3 haben übereinstimmend erklärt, dass sich das für Z2 bestimmte Y Lasergerät in der Wanne unterhalb des Kofferraumbodens befand, die drei Handgeräte jedoch auf einer Decke im Übrigen unverpackt auf dem Kofferraumboden lagen. Den Transport der äußerst empfindlichen Geräte ohne weitere Sicherung hat der Zeuge Z3 damit erklärt, dass bei normaler Fahrt keine Beschädigung zu befürchten sei und es in den vergangenen 20 Jahren bis zum streitgegenständlichen Unfall zu keiner Transportbeschädigung gekommen sei.
7In Übereinstimmung mit den klägerischen Schriftsätzen hat der Zeuge Z3 diese Geräte im Verfahren konstant beschrieben und als Zweck der Fahrt die Belieferung von Z2 angegeben. Der Zeuge Z3 hat wie auch die Klägerin den Vermietungsvorgang erläutert. Danach arbeiten die Klägerin und der Zeuge nicht mit schriftlichen Mietverträgen oder Übergabequittungen, da sie langjährig mit einer überschaubaren Anzahl von Ärzten zusammenarbeiten. Die jeweiligen Vertragspartner erhalten erst nach Abholung der Geräte eine Rechnung über den Mietzeitraum. Damit ist der Umstand, dass schriftliche Nachweise über die bevorstehende Übergabe des Lasergerätes fehlten, hinreichend erklärt.
8Dass sich weder die Klägerin noch der Zeuge Z3 nach dem schweren Unfall unmittelbar um den Zustand bzw. den Verbleib der mitgenommenen Geräte gekümmert haben, erscheint angesichts der Tatsache, dass die Klägerin aufgrund einer überstandenen Gehirnblutung nach dem schweren Unfall vorrangig Angst um ihre Gesundheit hatte, nachvollziehbar. Gleichfalls ist naheliegend, dass sich der Zeuge Z3 als Ehemann zunächst nur um seine Frau sorgte und die Frage, was mit dem Laser- und den Handgeräten geschehen war, erst nach der Fahrt nach Stadt 3 zur Sprache kam.
9Auch wenn sowohl die Klägerin als auch der Zeuge Z3 ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens haben, weil es sich bei den Geräten um ihre Unternehmensgrundlage handelt, waren die Angaben der Klägerin und des Zeugen jeweils konstant, inhaltlich nachvollziehbar, detailreich, sachlich geprägt und damit insgesamt glaubhaft. Anhaltspunkte, die gegen die persönliche Glaubwürdigkeit der Klägerin und/oder des Zeugen Z3 sprechen, sind nicht gegeben.
10Die Aussage des Zeugen Z2 bestätigt gleichfalls das Beweisergebnis. Auch wenn der Zeuge sich nicht darin erinnern konnte, dass er gerade für den Unfalltag mit der Klägerin die mietweise Überlassung des Y Lasergerätes vereinbart hatte, so konnte er doch bestätigen, dass er aufgrund seines Berufes als Hautarzt mit der Klägerin in einer ständigen Geschäftsbeziehung steht und regelmäßig das Y Lasergerät sowie auch das größere B-Gerät für Behandlungen anmietet. Auch hat Z2 in Übereinstimmung mit der Klägerin und Zeugen Z3 ausgesagt, dass die Geräte überwiegend unverpackt zu ihm gelangen.
11b.
12Der Umstand, dass die Klägerin für das Handgerät zur Epilation keinen gesonderten Anschaffungsbeleg vorweisen konnte, erklärte der Zeuge Z3 schlüssig damit, dass er das Handgerät zusammen mit der B-Plattform und anderen Zubehörteilen als Demonstrationsgerät zu einem Gesamtpreis von seiner Erinnerung nach zwischen 60.000,00 und 65.000,00 € netto erworben hatte.
13c.
14Dass im Ergebnis keines der betroffenen Geräte mehr vorhanden ist, beruht dem Zeugen Z3 zufolge erklärlicherweise darauf, dass das Y Lasergerät nach dem Unfall nach Angaben des Herstellers nicht mehr reparaturwürdig gewesen sei. Daher sei es beim Hersteller geblieben, der es später entsorgt habe. Diese Aussage wird bestätigt durch ein Schreiben des Herstellers vom 06.09.2010. Der Verlust der auf dem Kofferraumboden liegenden Handgeräte erklärt sich durch das massive Unfallgeschehen. Unstreitig hat sich das Fahrzeug der Klägerin nach der Kollision mit dem Lkw nach einem Anprall gegen die Betonsicherung mehrfach um die eigene Achse gedreht, wurde dann von dem Lkw vor sich her geschoben und blieb sodann quer zur Fahrtrichtung mittig stehen. Auch wenn unklar ist, zu welchem Zeitpunkt die Heckscheibe zerborsten ist und ob dies unmittelbar zum Unfallzeitpunkt so vollständig der Fall war, wie es die Fotografien des Fahrzeugs nach dem Unfall im Gutachten der C AG zeigen, erscheint schlüssig, dass bei einem mehrfachen Schleudervorgang um die eigene Achse und einer zerstörten Heckscheibe die Gegenstände aus dem Fahrzeug herausgeschleudert wurden Dem Beweisantritt des Beklagten zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Unfallablauf ist nicht nachzugehen, da eine hinreichend genaue Unfallrekonstruktion zu der Frage, ob bei einem Schleudervorgang die Handgeräte aus dem Fahrzeug herausgeschleudert werden können, nicht möglich ist.
152.
16Die Höhe des gemäß § 287 ZPO ermittelten Schadens beträgt für die Lasergeräte insgesamt 17.581,00 €.
17Die Beschädigung des ausweislich des Anschaffungsbelegs ein Jahr vor dem Schadensereignis angeschafften Y Lasergeräts führt zu einem ersatzfähigen Schaden in Höhe von 8.550,00 €. Auch wenn das Gerät aufgrund eines der Klägerin gewährten Sonderpreises in der Anschaffung lediglich 5.225,00 € netto gekostet hat, so hat die Klägerin ein Angebot für die Ersatzbeschaffung vorgelegt, dem zufolge für ein Neugerät nunmehr 9.500,00 € aufzuwenden sind. Dieser Betrag ist damit in die Schadensabrechnung einzustellen. Entsprechend der Kalkulation des Landgerichts ist auf der Grundlage der Aussage des Zeugen Z3 von einer jedenfalls zehnjährigen Nutzungsdauer des Geräts auszugehen, so dass bei einer linearen Abschreibung von jährlich 10% unter Berücksichtigung des Zeitwerts 8.550,00 € ersatzfähig sind.
18Der Schadenersatz für das während des Unfalls abhanden gekommene Handgerät zum Resurfacing ist mit 4.550,00 € in die Abrechnung einzustellen. Der Zeuge Z3 hat angegeben, das Gerät im Rahmen des Erwerbs eines Gesamtpakets bestehend aus der Laser-Plattform mit verschiedenen Zusatzgeräten vor ca. 6 – 7 Jahren für einen Gesamtpreis in Höhe von 60 – 65.000,00 € erworben zu haben. Ein Neugerät kostet separat ausweislich des vorgelegten Angebots 13.000,00 € netto. Da der Wiederbeschaffungspreis unter Berücksichtigung des Zeitwerts ersatzfähig ist, ist bei einer zugrunde gelegten bisherigen Nutzung von 6,5 Jahren ein Betrag in Höhe von 4.550,00 € in die Schadensrechnung einzustellen.
19Der Schaden für das gleichfalls abhanden gekommene Handgerät zur Epilation beträgt auf der Grundlage der Berechnung des Landgerichts bei einem Neupreis von 5.200,00 € netto und einer bisherigen zweijährigen Nutzungsdauer 4.160,00 €. Der Verlust des Distanzhalters, der als Neugerät 335,00 € kostet, führt angesichts der fünfmonatigen Nutzungsdauer unter Berücksichtigung einer zehnjährigen Gebrauchszeit zu einem Schaden in Höhe von 331,00 €.
20Dem Beweisantritt des Beklagten zur Einholung eines Sachverständigengutachtens über den Zeitwert der Lasergeräte ist nicht nachzugehen, weil auf der Grundlage der Angaben des Zeugen Z3 sowie der schriftlichen Unterlagen eine ausreichende Schätzgrundlage gemäß § 287 ZPO gegeben ist.
213.
22Verzugszinsen stehen der Klägerin für diese Forderung unter dem Gesichtspunkt des Verzuges seit dem 16.01.2011 zu, §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
234.
24Ein Anspruch auf Freistellung von Mietwagenkosten steht der Klägerin nicht zu. Unstreitig ist unter Berücksichtigung des Zugangszeitpunkts des Gutachtens und der angenommenen Wiederbeschaffungsdauer ein angemessener Zeitraum für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs von jedenfalls 26 Tagen zugrunde zu legen. Da die Klägerin ein Fahrzeug unmittelbar am 02.09.2010 angemietet hat und sie dieses am 06.09.2010 zurückgegeben hat, sie jedoch bereits am 03.09.2010 ein anderes Fahrzeug für die Zeit bis zum 15.11.2010 angemietet hat, sind die hierin enthaltenen zeitlichen Überschneidungen der beiden vorgelegten Rechnungen offensichtlich und zu bereinigen Zu berücksichtigen ist auch im Hinblick auf die Rechnung vom 17.11.2010, dass für die ersten 32 Tage Mietzeit ein Preis in Höhe von 2.000,00 € angegeben wird, die nachfolgenden 32 Tage – bei denen es sich jedoch angesichts des Zeitraums vom 05.10.2010 – 15.11.2010 tatsächlich um 41 Kalendertage handelt – hingegen mit 0,00 € berechnet werden. Bei wirtschaftlicher Betrachtung enthält die Rechnung vom 17.11.2010 damit einen pauschalen Mietpreis für die gesamte Mietzeit in Höhe von 2.000,00 €, der auf die Laufzeit des Mietverhältnisses zu verteilen ist. Dabei ergibt sich ein angesichts der Gesamtlaufzeit von 73 Tagen ein täglicher Mietzins von 27,39 €. Für die Zeit vom 06.09.2010 bis zum 28.09.2010 ergibt sich bei 22 Tagen Mietzeit ein Betrag in Höhe von 602,58 €. Hinzu kommen für 22 Tagen eine Kaskoversicherung über 7,33 € täglich und damit insgesamt 161,26 €. Die Kosten für den in der Rechnung enthaltenen Zuschlag in Höhe von 20 % sind nicht mehr ersatzfähig, wenn das Fahrzeug erst mehrere Tage nach dem Unfall angemietet wird (vgl. OLG Hamburg, DAR 2009, 463). Da die Klägerin das vom D gemietete Fahrzeug erst am 06.09.2010 zurückgegeben hat, ist für die Anmietung eines Anschlussfahrzeugs nicht erkennbar, dass unfallbedingte Mehraufwendungen vorgelegen hätten, die einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen. Auf der Grundlage der Rechnung des D für die Anmietung eines Fahrzeugs in der Zeit vom 02.09. – 06.09.2010 262,93 € und aus der Rechnung der Fahrzeug 1 Rent für die Zeit vom 06.09.2010 – 28.09.2010 763,51 € ergeben sich damit als Zwischensumme zunächst zu berücksichtigende Mietkosten in Höhe von 1.026,77 €.
25Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist zudem von den Mietwagenkosten ein Abzug von 51,33 € wegen ersparter Eigenaufwendungen vorzunehmen, nachdem der Beklagte den Einwand der Notwendigkeit der Berücksichtigung einer solchen Ersparnis erhoben hat (Bl. 94 d.A.). Die Höhe der im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigenden Besserstellung des Geschädigten ist mit pauschal 5 % zu berücksichtigen (Senat, Urteil vom 17. März 2003, AZ: 1 U 139/02 mit Hinweis auf Senat DAR 1998, 102).
26Auf die ersatzfähigen Mietwagenkosten in Höhe von 975,44 € hat der Beklagte 717,00 € sowie 262,93 € und damit insgesamt 979,93 gezahlt (Bl. 86 d.A.), so dass keine Forderung seitens der Klägerin mehr besteht. Angesichts der Tatsache, dass der Beklagte die tatsächlich entstandenen ersatzfähigen Mietwagenkosten ausgeglichen hat, ist eine Schätzung der Kosten auf der Grundlage eines Tabellenwerks wie der Schwacke-Liste oder Fraunhofer Marktpreisspiegels für Mietwagen nicht erforderlich.
275.
28Ein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten beträgt 307,87 €. Bei Zugrundelegung einer berechtigten Forderung der Klägerin in Höhe von insgesamt 24.116,94 (17.581,00 € sowie bereits von dem Beklagten geleistete 6.494,63 €) ergibt sich eine 1,3 Geschäftsgebühr nach VV 2300 RVG zzgl. Auslagenpauschale über 911,80 €. Abzüglich der geleisteten 603,93 € errechnet sich der noch offene Anspruch in Höhe von 307,87 €.
296.
30Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
31Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
32Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
33Streitwert für die Berufungsinstanz: 23.936,29 €.
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