Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - VII-Verg 38/13
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 4. November 2013 (VK 2-96/13) aufgehoben.
Den Antragsgegnern wird untersagt, im Vergabeverfahren „Abschluss von Arzneimittel-Rahmenrabattverträgen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V für den Wirkstoff Interferon beta-1b“ einen Zuschlag zu erteilen.
Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer werden den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern auferlegt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens, diese einschließlich der Kosten des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB, und die der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Aufwendungen werden je zur Hälfte den Antragsgegnern auferlegt.
Die Zuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten war für die Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 500.000 Euro
1
G r ü n d e :
2I. Die Antragsgegner, gesetzliche Krankenkassen, schrieben am 5. September 2013 den Abschluss von Arzneimittel-Rabattverträgen betreffend den patentgeschützten Wirkstoff Interferon beta-1b für eine Dauer von zwei Jahren im offenen Verfahren und in zwei, ihren geographischen Geschäftsbereichen entsprechenden Gebietslosen unionsweit aus. Die Ausschreibung ist der wiederholte Versuch einer Beschaffung, nachdem eine erste Ausschreibung an einer bestandskräftigen Entscheidung der Vergabekammer gescheitert war (2. Ver-gabekammer des Bundes, Beschluss vom 7. August 2013 - VK 2-68/13).
3In der Bekanntmachung vom September 2013 verlangten die Antragsgegner von Bietern mit dem Angebot die Vorlage
4- einer Eigenerklärung, dass sie zu Vertragsbeginn Produkte des ausgeschriebenen Wirkstoffs in bestimmter Menge im Vertrieb haben werden,
5- einer weiteren Eigenerklärung zum Nachweis eigener und fremder Lieferkapazitäten unter Benennung von Unterauftragnehmern (womit Vorlieferanten gemeint waren).
6In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Bieter, die sich bei der Vertragsausführung der Fähigkeiten eines Unterauftragnehmers bedienen wollten, im Vergabeverfahren durch Eigenerklärungen eigene und fremde Lieferkapazitäten sowie ihnen zu Gebote stehende Mittel nachzuweisen hätten - letzteres durch Vorlage von Verpflichtungserklärungen der Nachunternehmer oder von Lieferverträgen.
7Aus den als Bestandteil der Vergabeunterlagen versandten Bewerbungsbedingungen ging hervor, dass sich die Antragsgegner vorbehielten, Verpflichtungserklärungen oder Ablichtungen von Lieferverträgen nur von den beiden bestplatzierten Bietern einzuholen.
8Die Antragstellerin ist Arzneimittelimporteur. Sie gab kein Angebot ab, sondern sieht sich durch die von den Antragsgegnern an die Lieferfähigkeit gestellten Bedingungen und Nachweisanforderungen gegenüber Arzneimittelherstellern und deren Vertriebsunternehmen diskriminiert und im Wettbewerb behindert. Unter dem 13. September 2013 brachte sie deswegen eine erfolglose Rüge und daraufhin einen Nachprüfungsantrag an, mit dem sie hauptsächlich begehrt hat, den Antragsgegnern die Forderung von Eigenerklärungen zum Nachweis eigener und fremder Lieferkapazitäten unter Benennung von Unterauftragnehmern zu untersagen.
9Die Antragsgegner sind dem Nachprüfungsantrag entgegengetreten.
10Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag abgelehnt. Auf die Gründe der Entscheidung wird verwiesen.
11Dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug nimmt und es vertieft.
12Die Antragstellerin beantragt,
13unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses dem Nachprüfungsantrag stattzugeben.
14Die Antragsgegner beantragen,
15die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
16Sie verteidigen die Entscheidung der Vergabekammer und begründen dies näher.
17Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und die Anlagen sowie auf die Verfahrensakten der Vergabekammer und die beigezogenen Vergabeakten Bezug genommen.
18II. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
19Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet.
201. Die ausgeschriebenen Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V sind Rahmenverträge, die auf einen Abschluss öffentlicher Lieferaufträge gerichtet sind (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Februar 2008 - VII-Verg 7/08, BA 14; Beschluss vom 19. Dezember 2007 - VII-Verg 49/07), und die den maßgebenden Auftragsschwellenwert im Streitfall überschreiten.
21Die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags scheitert nicht daran, dass sich die Antragstellerin mit keinem Angebot an der Ausschreibung beteiligt hat (§ 107 Abs. 2 GWB - Antragsbefugnis). Die Antragstellerin greift die Ausschreibungsbedingungen, insbesondere die geforderten Eignungsnachweise an, mit der Folge, dass - sofern ihrem Begehren in der Sache stattzugeben ist - ein Zuschlag zu unterbleiben hat und das Vergabeverfahren zurückversetzt werden muss.
222. Die Antragsgegner haben in der Vergabebekanntmachung die Mindestanforderung der Lieferfähigkeit gestellt. Das Vorliegen von Lieferfähigkeit als einer Form der Leistungsfähigkeit ist als Eignungsanforderung zugelassen (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 VOL/A-EG; Art. 44 Abs. 1 Richtlinie 2004/18/EG; Art. 58 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 2014/24/EU). Eignungsanforderungen müssen mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen und ihm angemessen sein (Art. 44 Abs. 2 UA 2 Richtlinie 2004/18; Art. 58 Abs. 1 Satz 4 Richtlinie 2014/24). Einen Beurteilungsspielraum, so die Vergabekammer, hat der Auftraggeber beim Festlegen von Eignungsanforderungen indes nicht. Sowohl beim Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand als auch bei der Angemessenheit handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die keinem Beurteilungsspielraum zugänglich sind. Deswegen ist richtigerweise lediglich von einer Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers bei den Eignungsanforderungen zu sprechen. Die Festlegung von Eignungsanforderungen unterliegt der Zuständigkeit und Einschätzung des Auftraggebers. Nichtsdestoweniger ist sie in rechtlicher Hinsicht uneingeschränkt zu überprüfen.
23Ein Zusammenhang der geforderten Lieferfähigkeit mit dem Auftragsgegen-stand ist im Streitfall zu bejahen. Der Senat hat entschieden, dass die gesetzlichen Krankenkassen - und zwar um einer sicheren und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln willen - auch vor einem Abschluss von Rabattverträgen Mindestanforderungen an die Lieferfähigkeit der Bieter stellen dürfen (Senat, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - VII-Verg 25/13 unter II.2.a)bb). Rabattverträge sind Lieferverträge. Deshalb haben Krankenkassen ein unmittelbares Interesse daran, die Lieferfähigkeit des Auftragnehmers vor einem Vertragsabschluss in einem zumutbaren Umfang sicherzustellen. Sie sind entgegen der Ansicht der Beschwerde - unter gleichzeitigem Abschwächen von Eignungsanforderungen - insoweit nicht auf die Möglichkeit zu verweisen, bei Leistungsausfällen Vertragsstrafen- oder Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Das hieße, die Ausschreibung auf die Branche insbesondere der Arzneimittel-Importeure zuzuschneiden. Dazu ist der Auftraggeber nicht verpflichtet. Die an die Lieferfähigkeit gerichtete konkrete Anforderung ist auch nicht unangemessen. Bieterunternehmen sollen für 50 % der jeweiligen Dosiermengen lieferfähig sein. Zumal die Antragstellerin dies nicht beanstandet und der Senat keine entgegenstehenden Erkenntnisse hat, ist daran kein Anstoß zu nehmen.
243. Von den Anforderungen an die Eignung, insbesondere an die Leistungsfähigkeit, sind die zu deren Beleg geforderten Nachweise zu unterscheiden (vgl. § 7 VOL/A-EG; Art. 47, 48 Richtlinie 2004/18; Art. 60, 63 Richtlinie 2014/24 in Verbindung mit Anhang XII). Die Forderung von Nachweisen darf Bieterunternehmen nicht unzumutbar belasten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - X ZR 78/07, Rn. 14; Urteil vom 3. April 2012 - X ZR 130/10, Rn. 17 f.). Sie muss auch durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt sein (§ 7 Abs. 1 Satz 1 VOL/A-EG). Einen Beurteilungs- oder Ermessenspielraum im Rechtssinn hat der Auftraggeber auch bei der Festlegung der Eignungsnachweise nicht. Zumutbarkeit und Rechtfertigung durch den Auftragsgegenstand sind unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Anwendung auf den jeweiligen Fall einer uneingeschränkten Rechtskontrolle durch die Vergabenachprüfungsinstanzen unterliegt.
25Im Entscheidungsfall haben die Antragsgegner in Bezug auf die Lieferfähigkeit, mit § 7 Abs. 1 Satz 2 VOL/A-EG übereinstimmend, zunächst lediglich Eigenerklärungen von den Bietern verlangt. Erst auf einer zweiten Stufe haben sie sich vorbehalten, von den in die engere Wahl genommenen beiden bestplatzierten Bietern Verpflichtungserklärungen von (Vor-)Lieferanten (Lieferzugsagen) oder Ablichtungen der Lieferverträge zu verlangen. Gegen ein solches mehrstufiges Nachweisverlangen ist, namentlich unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten, vergaberechtlich nichts einzuwenden. Dadurch soll der zur Vorbereitung der Angebote von Bietern zu tätigende Aufwand verringert werden.
26Gegen das grundsätzliche Verbot der Wertung eines „Mehr an Eignung“ ist dabei entgegen der Beschwerde nicht verstoßen worden. Dieses Verbot besagt nur, dass Eignungsmerkmale (wertungsverbessernd) nicht bei der Zuschlagsprüfung verwendet werden dürfen. Es bezieht sich auf die angewandten Zuschlagskriterien, unter denen grundsätzlich keine Eignungsmerkmale sein dürfen, und auf die sachliche Trennung der Eignungs- und der Zuschlagswertung, nicht aber auf die verlangten Eignungsnachweise, die hier in Rede stehen.
27Unzutreffend ist, so auch die Beschwerde, allerdings der Gebrauch des Ausdrucks „Unterauftragnehmer“ in der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen - ohne dass dies freilich rechtliche Konsequenzen hat. Unterauftragnehmer (Art. 25 Richtlinie 2004/18; Art. 71 Richtlinie 2014/24) führen, wenn auch allein vom Auftragnehmer beauftragt und in keinem Auftragsverhältnis zum Auftraggeber stehend, durch Übernahme bestimmte Teile des Auftrags, mithin einen Teil der in der Leistungsbeschreibung oder im Leistungsverzeichnis festgelegten Leistungen, selbständig aus. Darum geht es hier nicht. Vielmehr sollen die (Vor-)Lieferanten des Auftragnehmers erfasst werden, deren Kapazitäten der Auftragnehmer sich bei den Lieferungen bedienen will. Übereinstimmende Regelungen darüber und über die in einem solchen Fall zu fordernden Nachweise befinden sich in den Rechtsvorschriften über die technische Leistungsfähigkeit, und zwar in § 7 Abs. 9 VOL/A-EG, in Art. 48 Abs. 3 Richtlinie 2004/18 und in Art. 63 Richtlinie 2014/24. Danach dürfen sich Bieter für den Auftrag der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen und damit die technische Leistungsfähigkeit belegen (sog. Eignungsleihe). Sie müssen dem Auftraggeber dann allerdings nachweisen, dass ihnen die für die Ausführung des Auftrags erforderlichen fremden Mittel zur Verfügung stehen und dazu zum Beispiel die verbindliche Zusage des anderen Unternehmens vorlegen, die erforderlichen Mittel für die Ausführung des Auftrags bereitzustellen. Nichts anderes als einen derartigen Nachweis verlangen die Antragsgegner, soweit sie sich die Forderung einer Vorlage von Verpflichtungserklärungen oder von Lieferverträgen mit Lieferanten vorbehalten haben. Die Verwechslung des Ausdrucks hat sich auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens allerdings nicht ausgewirkt.
28Die Nachweise, welche spezifisch die Eignungsleihe betreffen, sind entgegen der Ansicht der Beschwerde allein in Art. 48 Abs. 3 Richtlinie 2004/18, in Art. 63 Richtlinie 2014/24 sowie in § 7 Abs. 9 VOL/A-EG, und nicht etwa in Art. 48 Abs. 2 Richtlinie 2004/18 oder in § 7 Abs. 3 VOL/A-EG, geregelt. Sie betreffen nicht die Ausführung des Vertrages.
29Lieferanten des Auftragnehmers sind nicht Nachunternehmer; sie können jedoch den Vorschriften über die sog. Eignungsleihe unterfallen, weil der Begriff der Eignungsleihe weiter ist als jener des Unterauftrags. Die in den Normen angesprochene Ausleihe von Fähigkeiten oder Kapazitäten muss nicht in einer teilweisen Übernahme des Auftrags bestehen. Und: Dritte Unternehmen werden nicht dadurch zu Unterauftragnehmern, indem sie dem Bieter Mittel (Personal- oder Sachmittel) für die Auftragsausführung zur Verfügung stellen (vgl. Senat, Beschluss vom 30. Juni 2010 - VII-Verg 13/10; Conrad, VergabeR 2012, 15; Rosenkötter/Bary, NZBau 2012, 486).
30Am vorstehenden Verständnis gemessen sind die von den Antragsgegnern geforderten Eignungsnachweise zu beanstanden:
31a) Die Forderung, Lieferanten in einer mit dem Angebot einzureichenden Eigenerklärung mit jeweiligen Lieferkapazitäten namentlich zu benennen, kann vielleicht noch als durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt angesehen werden, was im Ergebnis freilich dahinstehen kann. Die verbindlich verlangte Angabe von Unterauftragnehmern und von deren Lieferkapazitäten mit dem Angebot ist Arzneimittel-Importeuren wie der Antragstellerin nach Lage der Dinge jedoch nicht zumutbar (auf der Grundlage der Urteile des BGH vom 10. Juni 2008 - X ZR 78/07, Rn. 14 und vom 3. April 2012 - X ZR 130/10, Rn. 17 f.).
32aa) Um wahrheitsgemäße Angaben zu machen, müssen Importeure dazu bereits vor Angebotseinreichung die Beschaffungsmodalitäten für den Wirkstoff, die Mengen und die Dosiereinheiten detailliert klären und sich von Lieferanten verbindlich Lieferungen in bestimmtem Umfang zusagen lassen. Anderenfalls sind sie von einem Angebotsausschluss bedroht. Die Angebotsinhalte sind rechtlich bindend und dürfen im Laufe des Vergabeverfahrens nicht abgeändert werden (§ 18 Satz 2 VOL/A-EG). Wenn auf das Verlangen der Antragsgegner, Lieferzusagen oder Lieferverträge vorzulegen, andere Lieferanten oder Liefermengen angegeben werden, stimmt damit die Eigenerklärung nicht überein, mit der Folge, dass der Nachweis der Leistungsfähigkeit (Lieferfähigkeit) scheitern kann.
33Mit Rücksicht darauf, dass Importeure Arzneimittellieferungen erfahrungsgemäß von in der Regel zahlreichen und in zeitlicher Hinsicht wechselnden Lieferanten aus verschiedenen Ländern der Union sowie in verschiedenen Mengen und Dosiereinheiten beziehen, dass Importeure für eine verbindliche Festlegung auf bestimmte Beschaffungsmodalitäten über die Vertragsdauer allein zum Zweck der Angebotserstellung mit einem erheblichen Angebotsaufwand belastet werden und dass der Auftrag nur auf ein Angebot ergehen kann, steht die Forderung einer Darlegung (sowie einer vorherigen Klärung und verbindlichen Absprache) der Lieferbeziehungen mit dem Angebot in keinem mehr angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen eines solchen Vorgehens für den Auftraggeber. Der Auftraggeber erspart sich dadurch lediglich den organisatorischen und gegebenenfalls zeitlichen Aufwand, die Lieferverhältnisse erst von den in die engere Wahl gelangten Bietern abzufragen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - X ZR 78/07). Das Verlangen, sich bereits mit dem Angebot verbindlich über die Lieferanten und die Lieferverhältnisse zu erklären, ist Arzneimittel-Importeuren nicht zuzumuten. Allein dies gebietet die Untersagung eines Zuschlags aufgrund der derzeitigen Vergabebedingungen. Arzneimittel-Importeure, die als pharmazeutische Unternehmen durch § 130a Abs. 8 SGB V zu Rabattverträgen zugelassen sind (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - VII-Verg 25/13, BA unter II.2.a)bb), werden dadurch gegenüber pharmazeutischen Herstellern und deren Vertriebsunternehmen diskriminiert und in der Teilnahme am Wettbewerb behindert, weil diese ihre Lieferbeziehungen und -kapazitäten weitaus einfacher, nämlich innerhalb des Konzerns, verbindlich ordnen und benennen können (§ 97 Abs. 1, 2 GWB).
34Zwar schreibt § 7 Abs. 12 VOL/A-EG vor, dass Bieterunternehmen verpflichtet sind, die Nachweise, deren Vorlage der Auftraggeber zum Beleg der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit gefordert hat, in Fällen der vorliegenden Art vor Ablauf der Angebotsfrist einzureichen haben (vgl. dazu auch Hausmann/v.Hoff in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 7 EG Rn. 98). Dabei handelt es sich freilich um einen Grundsatz, der dann an rechtliche Grenzen stößt, wenn Bietern in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe oben), wie im Entscheidungsfall, nicht zuzumuten ist, verlangte Eignungsnachweise innerhalb der Angebotsfrist vorzulegen. Diese Auffassung des Senats widerspricht entgegen der Annahme der Antragsgegner nicht dem Beschluss des Landessozialgerichts NRW vom 2. April 2009 (L 21 KR 35/09 SFB). Die Entscheidung betrifft ausweislich der Gründe nicht die Eignung von Arzneimittel-Importeuren. Sie erfordert demnach auch keine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof (§ 124 Abs. 2 GWB). In § 7 Abs. 9 VOL/A-EG (genauso in entsprechenden unionsrechtlichen Vorschriften) ist für den Fall einer sog. Eignungsleihe eine Vorlage von Nachweisen mit dem Angebot im Übrigen nicht gefordert.
35Unzumutbarkeit ist entgegen der Ansicht der Antragsgegner von der Antragstellerin im Prozess hinreichend dargelegt worden. Die Antragsgegner haben die diesbezüglichen Ausführungen der Antragstellerin selbst zitiert, nämlich die Antragsschrift vom 9. Oktober 2013 (Seite 5):
36„… Allerdings kann sie (Zusatz: die Antragstellerin) sich insoweit nicht auf feste Vertragsbeziehungen mit den erforderlichen Mindestmengen und der dazu erforderlichen Mindestlaufzeit berufen, denn typischerweise deckt sie sich bei einer Vielzahl von Lieferanten ein, je nach deren Preis und Lieferfähigkeit sowie nach Nachfrage im Inland.“
37Ferner haben die Antragsgegner aus der Beschwerdeschrift der Antragstellerin vom 15. November 2013 (Seite 8) auszugsweise wiedergegeben:
38„… das Geschäftsmodell der Importeure, nämlich der europaweite Einkauf bei einer Vielzahl von Händlern im EU-Raum, schließt es praktisch aus, dieses Kriterium zu erfüllen.“
39Weitere Einzelheiten hat die Antragstellerin dazu nicht vortragen müssen. Sie ergeben sich aus der Natur der Sache, aus den dem Senat aus inzwischen mehreren gleichgelagerten Rechtsstreitigkeiten amtswegig bekannten Umständen und aus der wirtschaftlichen Erfahrung. Die maßgebenden Umstände sind, mindestens aufgrund derselben anwaltlichen Vertretung, allesamt auch den Antragsgegnern bekannt. Aufgrund dessen kann mit den Antragsgegnern nicht davon gesprochen werden, die Antragstellerin wolle die verlangte Eigenerklärung unter Bezeichnung der (Vor-)Lieferanten und deren Lieferkapazitäten nur deshalb nicht abgeben, weil sie sich scheue, im Voraus als beschwerend angesehene Belieferungsbindungen verbindlich zu verabreden. Für eine derartige Bewertung sind keine Anhaltspunkte hervorgetreten. Vielmehr verhält es sich eher umgekehrt: Die in Betracht kommenden (Vor-)Lieferanten werden mit der Antragstellerin keine verbindlichen Liefer- und Preisabsprachen eingehen, weil sie ihrerseits nicht wissen (können), welche Mengen des betreffenden Wirkstoffs ihnen zu welchen Zeitpunkten und zu welchen abgabefähigen Preisen zur Verfügung stehen werden. Zu mehr als grundsätzlichen Lieferzusagen werden sich (Vor-)Lieferanten deshalb in der Regel nicht verstehen. Der Rabattvertrag soll immerhin zwei Jahre lang laufen. Über einen solchen Zeitraum sind die faktischen und preislichen Abgabemöglichkeiten an Arzneimittel-Importeure von Lieferanten kaum zu überblicken. Auf der anderen Seite hat dies die Antragstellerin an einer seriösen Kalkulation der abgefragten Rabatte nicht gehindert. Die Antragstellerin kennt über einen mehrjährigen Zeitraum ihre bisherigen Bezugsquellen, deren Ergiebigkeit und die Preisentwicklung. Das vermittelt ihr diejenigen Erfahrungswerte, die sie zu einer kaufmännisch vernünftigen und seriösen Angebotskalkulation befähigen. Dies hat die Antragstellerin auch nicht in Abrede gestellt.
40Ungeachtet dessen davon erschließt sich dem Senat kein sachlicher Grund dafür, weshalb die Antragsgegner gemäß den bisherigen Ausschreibungsbedingungen allein durch verbindliche Eigenerklärungen zur Lieferfähigkeit sowie durch Vorlage von Verpflichtungserklärungen oder Lieferverträgen, mithin gewissermaßen „holzschnittartig“ und auf einer mehr oder weniger formalen Grundlage, ein gesichertes Urteil über die Leistungsfähigkeit von Bietern, insbesondere von Arzneimittel-Importeuren, gewinnen wollen. Gerade in Bezug auf Arzneimittel-Importeure kommt auch in Frage, sich die Lieferbeziehungen und die Verläufe über einen repräsentativen Zeitraum und dabei auch die Bezugsmengen sowie die Dosiereinheiten im Einzelnen schriftlich darstellen zu lassen, was grundsätzlich erklärte Lieferzusagen untermauern kann. Zum Teil hat die Antragstellerin dazu in erster Instanz auch bereits vorgetragen. Ohnedies ist damit zu rechnen, dass Lieferanten von Arzneimittel-Importeuren zwar grundsätzliche Belieferungszusagen abgeben könnten, dass bei den gesichert lieferbaren Arzneimittelmengen und Dosiereinheiten möglicherweise aber Einschränkungen gemacht und hinsichtlich der Lieferfähigkeit Fragen offen bleiben werden. Solche Erkenntnislücken können unter Umständen durch eine Darstellung der vorstehend angesprochenen Art geschlossen werden.
41Damit ist, wie die Antragsgegner die Erörterung im Senatstermin möglicherweise verstanden haben, nicht die Abfrage eines Lieferkonzepts gemeint. Die hier zu beurteilende Ausschreibung ist nicht funktionaler Natur. Angegriffen sind die geforderten Eignungsnachweise.
42Die der Antragstellerin (sowie auch anderen Arzneimittel-Importeuren) zu Gebote stehenden Belieferungsmöglichkeiten können sich die Antragsgegner zusätzlich durch eine Darstellung der vorstehend angesprochenen Art angeben lassen, und zwar innerhalb des durch § 7 Abs. 9 VOL/A-EG, Art. 48 Abs. 3 Richtlinie 2004/18 und Art. 63 Richtlinie 2014/24 eröffneten rechtlichen Rahmens. Verbindliche Lieferzusagen als Nachweis zur Verfügung stehender Fremdkapazitäten sind darin lediglich beispielhaft genannt, aber keine zwingende Voraussetzung, um eine Lieferfähigkeit festzustellen.
43bb) Darüber hinaus haben die Antragsgegner im nachgelassenen Schriftsatz vom 4. Juni 2014 nichts Wesentliches vorgebracht, was eine andere rechtliche Beurteilung erfordert.
44Begründete Vergaberügen anderer Bieterunternehmen, die Eignungsprüfung werde bei einem dem vorstehend dargestellten Verständnis entsprechenden Vorgehen des Auftraggebers marginalisiert (Seite 12 f. des Schriftsatzes der Antragsgegner vom 4. Juni 2014), sind nicht zu besorgen.
45Für die Annahme eines von den Antragsgegnern befürchteten Ausschreibungsverbots (Seite 13 f. des Schriftsatzes vom 4. Juni 2014) besteht schlechterdings keine Grundlage.
b) In der Vergabebekanntmachung (unter VI.3) haben die Antragsgegner als Lieferanten („Unterauftragsnehmer“ genannt) lediglich zugelassen:
- Auftragshersteller im Sinne des § 9 AMWHV (Verordnung über die Anwendung der Guten Herstellungspraxis bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen und über die Anwendung der Guten fachlichen Praxis bei der Herstellung von Produkten menschlicher Herkunft),
- Lieferanten, die das letzte Glied der Lieferkette bilden,
- nicht dagegen … Apotheker und pharmazeutische Großhändler.
Dadurch sind Arzneimittel-Importeure im Wettbewerb zusätzlich benachteiligt worden. Sie sind darauf angewiesen, die benötigten Arzneimittel aus jeder ihnen zugänglichen Quelle zu beschaffen, wozu auch Apotheken und pharmazeutische Großhändler zählen. Die nicht gebotene Beschränkung der Bezugsquellen beeinträchtigt die Chancengleichheit der Importeure (§ 97 Abs. 2 GWB).
Zwar haben die Antragsgegner den Kreis zulässiger Bezugsquellen in den Vergabeunterlagen (Bewerbungsbedingungen sowie Anlagen 5a und 5b: Eigenerklärungen) möglicherweise auf Apotheker und Großhändler erweitert. Dies ändert jedoch nichts daran, dass sich die Bekanntmachung und die Vergabeunterlagen in diesem Punkt widersprechen, und dass der Inhalt der Vergabebekanntmachung insoweit eine abschreckende Wirkung auf interessierte Wirtschaftsteilnehmer, sich an der Ausschreibung zu beteiligen, entfaltet. Dies hat von der Antragstellerin nicht ausdrücklich gerügt werden müssen, denn es geht aus dem tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses hervor und ist Bestandteil desjenigen Sachverhalts, der dem Beschwerdegericht im Sinn des § 110 Abs. 1 Satz 1 GWB zwangsläufig bekannt sein muss und von ihm, unabhängig von einer Rüge des Antragstellers, rechtlich zu würdigen ist.
c) Die Frist von „nicht unter zwei Wochen“, welche die Antragsgegner Bietern für eine eventuelle Vorlage von Lieferzusagen oder Lieferverträgen (oder von sonstigen Erklärungen) setzen wollen, verkürzt ebenfalls die Chancengleichheit der Arzneimittel-Importeure. Die Frist muss so bemessen sein, dass Importeure auch vielgestaltige Lieferbeziehungen im Ausland klären und für die nächsten zwei Jahre (Dauer des Rabattvertrags) so genau wie möglich verabreden können. Dazu sind Verhandlungen mit mehreren in Betracht kommenden Lieferanten zu führen, wofür eine Frist von lediglich zwei Wochen unangemessen kurz erscheint. Angemessen sind drei oder vier Wochen. Eine Fristankündigung von „nicht unter zwei Wochen“ ist außerdem intransparent (§ 97 Abs. 1 GWB). Sie lässt Bieter im Unklaren darüber, mit welcher über zwei Wochen hinaus gehenden Fristbestimmung sie rechnen können und eröffnet zudem Raum für Manipulationen des Auftraggebers mit Blick auf die zu treffende Vergabeentscheidung, dieses allein dadurch, dass die Zwei-Wochen-Frist nicht oder nur um eine kurze Dauer verlängert werden kann und dadurch pharmazeutische Hersteller (oder deren Vertriebsunternehmen) begünstigt werden können. Der von den Antragsgegnern insoweit für sich in Anspruch genommene „Rest an Flexibilität“ ist die mögliche Einbruchstelle für Manipulationen, die in den Vergabebedingungen auszuschließen sind.
46d) Keine unzumutbare Belastung von Bietern, insbesondere von Arzneimittel-Importeuren, stellt entgegen der Ansicht der Beschwerde dar, dass die Antragsgegner mit den Nachweisen zur Leistungsfähigkeit überhaupt Angaben zu den Lieferbeziehungen und Lieferanten abgefordert haben.
47Dafür, dass die Antragsgegner aufgrund dessen in Zukunft unmittelbar auf Lieferanten zugreifen und mit ihnen direkt Verträge schließen werden, gibt es keine Anhaltspunkte. Auch läuft die Argumentation der Antragstellerin darauf hinaus, eine Prüfung der Leistungsfähigkeit unzulässigerweise zu verhindern, sofern Bieter sich bei der Auftragsausführung der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen wollen.
48Nichts einzuwenden wäre im Übrigen dagegen, wenn die Antragsgegner (oder andere gesetzliche Krankenkassen) ausländische Lieferanten von Importeuren künftig an der Ausschreibung von Rabattverträgen ausdrücklich beteiligten. Einen dadurch erweiterten Wettbewerb hätte die Antragstellerin hinzunehmen.
494. Jedoch ist die Aufteilung des Auftrags auf lediglich zwei Gebietslose, die den räumlichen Geschäftsbereichen der Antragsgegner entsprechen, zu beanstanden. § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB schreibt dem öffentlichen Auftraggeber im Sinn eines justitiablen Regelfalls vor, dass Aufträge in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben sind, um - im Interesse des Mittelstandsschutzes, der typischerweise auch Arzneimittel-Importeuren wie der Antragstellerin zugute kommt - möglichst zahlreichen Unternehmen eine Teilnahme am Vergabeverfahren zu erlauben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen nur zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Bei der Abwägung der für und gegen eine Losvergabe sprechenden Gesichtspunkte darf sich der Auftraggeber für eine Gesamtvergabe entscheiden, wenn dafür anerkennenswerte wirtschaftliche oder technische Gründe bestehen. Sie rechtfertigen eine Gesamtvergabe, wenn die damit für den Auftraggeber verbundenen Vorteile bei vertretbarer prognostischer und auf den Vertragszeitraum bezogener Sicht und Abwägung der beteiligten Belange überwiegen (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Juli 2007 - VII-Verg 10/07, Lärmschutzwände I; Beschluss vom 22. Oktober 2009 - VII-Verg 25/09, Lärmschutzwände II; Beschluss vom 23. März 2011 - VII-Verg 63/10, Glasreinigung I; Beschluss vom 11. Januar 2012 - VII-Verg 52/11, Glasreinigung II). Zwar muss der Auftraggeber durch eine Losaufteilung nicht bestimmte Anbieter bedienen. Darum geht es im Streitfall jedoch nicht. Die Antragsgegner haben, und zwar gegebenenfalls durch eine entsprechende Losaufteilung, auch Arzneimittel-Importeuren, also mittelständischen Unternehmen, zu ermöglichen, sich mit gleichen Zuschlagschancen wie Arzneimittel-Hersteller und deren Vertriebsunternehmen an der Ausschreibung zu beteiligen.
50Eine Befassung des Senats mit der vorgenommenen Losaufteilung ist vom Untersuchungsgrundsatz nach § 110 Abs. 1 GWB gedeckt. Der Sachverhalt ergibt sich, unabhängig von einer Rüge durch die Antragstellerin, aus dem Beschluss der Vergabekammer. Er ist aufgrund des Rechtsmittels der Antragstellerin im Beschwerderechtszug angefallen.
51Im Streitfall haben sich die Antragsgegner mit einer Aufteilung des Auftrags in Teillose (Gebietslose) nicht zureichend befasst. Es sind lediglich zwei Gebietslose gebildet worden, die ihren jeweiligen Geschäftsbereichen entsprechen. Für eine mögliche Unterteilung auf weitere Teillose sprechende Gründe sind nicht hinreichend herausgearbeitet, dargestellt und abgewogen worden. Die von der Vergabekammer gegen eine weitere Losaufteilung angeführten Gründe tragen die Entscheidung nicht (VKB 17). Weshalb dadurch zum Beispiel die Flexibilität des Rahmenvertrags insgesamt verloren gehen sollte, ist nicht nachzuvollziehen. Auch muss eine Teillosbildung nicht bestimmte Packungsmengen (Fachlose) betreffen, was auf Praktikabilitätsgrenzen stoßen kann. Die von den Antragsgegnern als entscheidend herausgestellte, derzeit von Ärzten und Apothekern verwendete Computersoftware und deren von den Antragsgegnern geltend gemachte Unvereinbarkeit mit weiteren Losaufteilungen, vor allem einer weiteren Gebietslosbildung, ist unerheblich. An der Kompatibilität mit einer vorhandenen, aber technisch änderbaren Computersoftware ist die Entscheidung des Auftraggebers über eine Losaufteilung rechtlich nicht zu messen. Dabei handelt es sich um keinen beachtlichen technischen Grund im Sinn des § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB. Technische Gründe, die von einer Losaufteilung absehen lassen, müssen im Auftrag selbst begründet sein und damit im Zusammenhang stehen. Davon kann bei der in Rede stehenden Software nicht gesprochen werden. Ihr kommt lediglich eine Hilfsfunktion bei der rechnerischen Abwicklung zu. Die Software ist einer nach Maßgabe des § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB vom Auftraggeber vorgenommenen Losaufteilung deshalb anzupassen. Selbst wenn solche Anpassungen, wie die Antragsgegner dies darstellen, gravierend sein sollten, müssen sie sich entgegenhalten lassen, einen ihnen nach den Umständen möglichen Einfluss bei der Entwicklung und Gestaltung der Software im Hinblick auf Gebietslosaufteilungen nicht oder nicht wirksam ausgeübt zu haben. Sollten die Antragsgegner keine Möglichkeit einer Einflussnahme auf den Inhalt der Ärzte- und Apothekersoftware gehabt haben, ist deren Beschaffenheit erst recht kein Grund, einer weiteren Gebietslosbildung entgegengehalten zu werden. Mit einer denkbaren weiteren Gebietslosaufteilung hat sich die Vergabekammer nicht weiter befasst.
52Als dagegen sprechenden Grund berufen sich die Antragsgegner ausweislich des Vergabevermerks darüber hinaus auf die ihren Geschäftsbereichen angehörenden Stadtstaaten Berlin und Hamburg, aus deren Randregionen Versicherte regelmäßig über Landesgrenzen hinweg Ärzte und Apotheker aufsuchten. Solche Versicherten unterlägen der Gefahr, dass neue und unterschiedliche Präparate an sie abgegeben würden, was der Kontinuität der Versorgung abträglich sei. Der dadurch angesprochene Versichertenkreis ist mit Rücksicht auf die Bevölkerungszahlen freilich eher gering. Er kann einen vollständigen Verzicht auf jegliche weitere Gebietslosaufteilung nicht rechtfertigen.
53Dabei redet der Senat keineswegs einer kleinteiligen Gebietslosbildung das Wort. Dies kann unpraktikabel sein. Möglicherweise ist auch nicht geboten, den Geschäftsbereich des Antragsgegners zu 2 in weitere Gebietslose aufzuteilen. Anderes kann möglicherweise für den Geschäftsbereich des Antragsgegners zu 1 gelten. Was bislang fehlt, ist indes eine nachvollziehbare und abgewogene Darstellung und Dokumentation der Antragsgegner zu praktisch denkbaren weiteren Gebietslosaufteilungen, die der mittelständischen Branche der Arzneimittel-Importeure eine chancenreiche Beteiligung an der Ausschreibung ermöglicht. Dass den Krankenkassen dadurch wirtschaftliche und praktikable Rabattvertragsabschlüsse verwehrt werden, haben die Antragsgegner nicht nachvollziehbar dargelegt, sondern lediglich pauschal behauptet, was der Beschwerdeentscheidung nicht zugrunde gelegt werden kann.
545. Aufgrund der festgestellten Verstöße ist den Antragsgegnern eine Zuschlagserteilung zu untersagen. Die Rechtsfolge geht zwar über den von der Antragstellerin gestellten Antrag hinaus, ist aber vom Beschwerdebegehren umfasst. Davon abgesehen hat § 114 Abs. 1 GWB auch für die Entscheidungen des Beschwerdegerichts zu gelten. Das Beschwerdegericht entscheidet, wie die Vergabekammer, amtswegig über die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern.
55Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3, Abs. 4 sowie auf den §§ 78, 120 Abs. 2 GWB. Die Beigeladene ist zu Kosten nicht heranzuziehen, weil sie sich am Nachprüfungsverfahren nicht durch Antragstellung oder schriftsätzlichen Vortrag beteiligt hat.
56Der Streitwertfestsetzung sind die Angaben der Antragsgegner im Schriftsatz vom 10. März 2014 und eine Umsetzungsquote von 70 % zugrunde gelegt worden.
57Dicks Brackmann Rubel
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