Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - II-2 UF 95/14
Tenor
Auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Westfalen wird der Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 10.01.2014 – Az. 28 F 17/13 – hinsichtlich der Entscheidung unter Ziffer 2. (Versorgungsausgleich) teilweise abgeändert und wie folgt neugefasst:
„Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers. Nr.) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 2,5845 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen, bezogen auf den 31. 03. 2013, übertragen.
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei dem Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen (Vers. Nr….) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 88,83 € monatlich auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31.03.2013, begründet. Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Ein Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der Allianz Lebensversicherungs AG (Vers. Nr. Vers-Nr. …) findet nicht statt.
Ein Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei dem Debeka Lebensversicherungsverein a.G. (Vers. Nr. Vers.-Nr….) findet nicht statt.“
Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtsgebühren nicht erhoben, im Übrigen werden die Kosten gegeneinander aufgehoben.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
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OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
3BESCHLUSS
II-2 UF 95/14 Erlassen am: 19. September 2014
428 F 17/13 K., Justizbeschäftigter
5Amtsgericht Duisburg
6In der Familiensache
7pp.
8Auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Westfalen wird der Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 10.01.2014 – Az. 28 F 17/13 – hinsichtlich der Entscheidung unter Ziffer 2. (Versorgungsausgleich) teilweise abgeändert und wie folgt neugefasst:
9„Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers. Nr.) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 2,5845 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen, bezogen auf den 31. 03. 2013, übertragen.
10Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei dem Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen (Vers. Nr….) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 88,83 € monatlich auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31.03.2013, begründet. Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
11Ein Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der Allianz Lebensversicherungs AG (Vers. Nr. Vers-Nr. …) findet nicht statt.
12Ein Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei dem Debeka Lebensversicherungsverein a.G. (Vers. Nr. Vers.-Nr….) findet nicht statt.“
13Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtsgebühren nicht erhoben, im Übrigen werden die Kosten gegeneinander aufgehoben.
14Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
15G r ü n d e :
16I.
17Die Parteien haben am 15.05.2009 geheiratet. Auf den am 13.04.2013 zugestellten Scheidungsantrag der Antragstellerin hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 10.01. 2014 die Ehe geschieden (Ziffer 1. des Tenors) und im Rahmen der Entscheidung zum Versorgungsausgleich unter Ziffer 2. des Tenors im Wege der externen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei dem Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen (Vers. Nr….) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 88,83 € monatlich auf deren Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31.03.2013, begründet, ferner im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 2,5845 Entgeltpunkten auf ein zu begründendes Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31. 03. 2013, übertragen, sowie schließlich angeordnet, dass die Anrechte der Parteien aus privaten Altersvorsorgeveriträgen nicht ausgeglichen werden.
18Am erstinstanzlichen Verfahren war die Beschwerdeführerin nicht beteiligt, da der Antragsgegner davon ausgegangen war, dass dieser Versorgungsträger mangels dort bestehender Rentenanwartschaften nicht angegeben werden müsse.
19Die Entscheidung des Amtsgerichts wurde den formell Beteiligten zwischen dem 27.01. und 30.01.2014 zugestellt.
20Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wendet sich die Deutsche Rentenversicherung Westfalen mit ihrer Beschwerde, mit der sie geltend macht, der Antragsgegner verfüge bereits über ein Rentenkonto bei ihr mit der Folge, dass die gesetzlichen Rentenanwartschaften der Antragstellerin auf dieses Konto zu übertragen seien.
21Auf den entsprechenden Hinweis des Senats zur Frage der Zulässigkeit der Beschwerde vertritt die Antragstellerin die Auffassung, es werde für einen im ersten Rechtszug nicht formell betroffenen Beteiligten keine Beschwerdefrist in Gang gesetzt.
22Der Antragsgegner verweist darauf, dass er auf dem bestehenden Konto bei der Beschwerdeführerin keinerlei Anwartschaften erworben habe.
23II.
24Die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Westfalen gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich gemäß Beschluss des Amtsgerichts vom 10.01.2014 ist statthaft gemäß §§ 58 Abs. 1 FamFG und auch im Übrigen zulässig,
25Der Zulässigkeit der Beschwerde steht insbesondere nicht entgegen, dass die Beschwerdeführerin die einmonatige Beschwerdefrist gemäß § 63 Abs. 1 FamFG nicht gewahrt hat, da eine Zustellung der angefochtenen Entscheidung an die Deutsche Rentenversicherung Westfalen zu keinem Zeitpunkt erfolgt ist.
26In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings umstritten, wann die Beschwerdefrist für solche Beteiligte beginnt bzw. endet, die durch die Entscheidung in ihren Rechten zwar beeinträchtigt werden und damit gemäß § 59 Abs. 1 FamFG grundsätzlich beschwerdeberechtigt sind, aber vom Ausgangsverfahren keine Kenntnis erhalten haben. Eine Regelung hierzu enthält § 63 FamFG nicht. Während auf der einen Seite unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/9733 S. 289) die Auffassung vertreten wird, ein im erstinstanzlichen Verfahren übergangener materiell Betroffener könne aufgrund der gebotenen Rechtssicherheit und -klarheit nur solange fristgemäß Beschwerde einlegen, bis die Frist für den letzten am Verfahren formell Beteiligten abgelaufen sei, ist nach anderer Auffassung eine solche Lösung verfassungsrechtlich äußerst bedenklich und mit dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs unvereinbar mit der Folge, dass die Vorschrift des § 63 Abs. 3 S. 1 FamFG verfassungskonform dahingehend auszulegen sei, dass die gesetzlich normierten Rechtsmittelfristen für diesen nicht gelten (vgl. insoweit zum Sach-und Streitstand OLG Köln FamRZ 2013, 1913 ff.; OLG Dresden FamRZ 2014, 681 ff. m.w.N.).
27Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung. Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 04.06.2014 - XII ZB 353/13 - in einem Sorgerechtsverfahren die Rechtsbeschwerde einer Mutter für zulässig erachtet, die im erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt worden war, während die übrigen Beteiligten auf ein Rechtsmittel verzichtet hatten. Diese rechtliche Wertung spricht dafür, dass die Rechtsmittelfristen der formell Beteiligten nicht für übergangene weitere Beteiligte gelten. Auch der Verweis auf die Gesetzesbegründung vermag nach Auffassung des Senats nicht durchzugreifen. Denn nach einem Referentenentwurf des BMJ vom 13.05.2014 (vergleiche den Hinweis in FamRZ 2014,1348) ist eine Ergänzung des § 145 FamFG um einen Abs. 3 des Inhalts vorgesehen, dass der Scheidungsausspruch dann nicht im Wege der Anschließung angefochten werden kann, wenn die Beschwerde ausschließlich von einem oder mehreren Versorgungsträgern eingelegt wurde (vergleiche Seite 22 des Entwurfs).
28In der Begründung (Seite 44 des Entwurfs) wird hierzu ausgeführt, die geplante Änderung der Vorschrift beruhe auf der Erwägung, dass im Falle des Übergehens eines materiell zu beteiligenden Versorgungsträgers im Falle einer Beschwerde nach Rechtskraft der Entscheidung die Gefahr von Doppelehen bestünde. Dem ist zu entnehmen, dass seitens des Gesetzgebers entgegen der Gesetzesbegründung davon ausgegangen wird, dass ein bislang im erstinstanzlichen Verfahren übergangener materiell Betroffener auch nach Ablauf der für die formell Beteiligten geltenden Rechtsmittelfristen Beschwerde einlegen kann.
29Für diese Rechtsfolge sprechen daneben die rechtlichen Gesichtspunkte, auf die bereits das Oberlandesgericht Köln (FamRZ 2013, 1913 ff.) verwiesen hat und auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen uneingeschränkt Bezug nimmt.
30Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Aufgrund der Angaben des Antragsgegners ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass für diesen eine Versicherungsnummer noch nicht existiert (§ 127 Abs. 1 SGB VI). Damit wurde ein unzuständiger Rentenversicherungsträger benannt. Nach § 125 Abs. 1 SGB VI werden die Aufgaben der gesetzlichen Rentenversicherung von Regionalträgern und Bundesträgern wahrgenommen. Dabei handelt es sich um selbständige Rentenversicherungsträger und nicht um Unterabteilungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Daher sind in der Beschlussformel von Versorgungsausgleichsentscheidungen die zuständigen Rentenversicherungsträger genau zu bezeichnen, wobei sich deren Zuständigkeit nach den §§ 126 ff. SGB VI, § 274c, 2 Netz 74 die SGB VI bestimmt. Demgemäß war die im Übrigen zutreffende Entscheidung des Amtsgerichts dahin abzuändern, dass die von der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund erworbenen Anwartschaften auf das vorhandene Konto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen, bezogen auf den 31. 03. 2013, übertragen werden.
31III.
32Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 150 Abs. 1 FamFG, 20 Abs. 1 GKG.
33Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 FamFG liegen sowohl wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache als auch im Hinblick auf die zitierte uneinheitliche Rechtsprechung vor.
34Streitwert gemäß § 50 Abs. 1 Satz FamGKG: 1.000 €.
35Rechtsmittelbelehrung:Gegen diesen Beschluss ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde statthaft. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe einzulegen und muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dem Anwaltszwang unterliegen nicht Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand vertreten sind. Wegen der weiteren Details wird auf § 114 Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 2 FamFG Bezug genommen.
36Die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde beträgt ebenfalls einen Monat und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses.Die weiteren Einzelheiten zu den zwingenden Förmlichkeiten und Fristen von Rechtsbeschwerdeschrift und Begründung ergeben sich aus §§ 71 und 72 FamFG.
37Z. F. S.
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