Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-5 U 97/14
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf – Einzelrichterin – teilweise abgeändert.
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin weitere 2.961,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2010 zu zahlen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden der Klägerin 1/5 und den Beklagten als Gesamtschuldnern 4/5 auferlegt.
Die Kosten des Berufungsrechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.
Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung von Restwerklohn aus Estrich- und Bodenarbeiten im Wohnhaus der Beklagten in Anspruch.
4Die Beklagten rechnen mit Gegenforderungen auf, die aus einer Beschädigung des bereits im Wohnhaus befindlichen Parketts bei den Arbeiten der Klägerin, die diese durch eine Subunternehmerin hat ausführen lassen, eingetreten sind. Die Subunternehmerin hatte wiederum einen Mitarbeiter des Herstellers hinzugezogen.
5Wegen der Prozessgeschichte und der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
6Nach Durchführung einer Beweisaufnahme hat das Landgericht der Klage im Umfang von 4.083,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 27.08.2013 (Rechtshängigkeit) stattgegeben.
7Zur Begründung hat die Einzelrichterin ausgeführt, der Klägerin stehe der tenorierte Betrag aus § 631 BGB zu. Im Umfang von 5.462,30 € sei der Anspruch dagegen im Wege der Aufrechnung untergegangen. Zur Überzeugung der Kammer stehe fest, dass einer der Mitarbeiter der von der Klägerin beauftragten Subunternehmerin oder der ebenfalls im Auftrag der Klägerin auf der Baustelle anwesende Zeuge S… als Mitarbeiter der Firma R… die Sorgfaltspflichten aus dem Werkvertrag verletzt habe, indem er das neu verlegte Parkett im Wohnbereich mit Nagelschuhen betreten und hierbei bis zu 2 mm tiefe Löcher im Holzboden verursacht habe. Der Sachverständige habe festgestellt, dass aufgrund der Erscheinung der Löcher, ihrer Tiefe, ihres Durchmessers und ihrer Position im Parkett davon auszugehen sei, dass diese von Nagelschuhen stammten. Unstreitig hätten die im Auftrag der Klägerin tätigen Handwerker solche Schuhe bei den Arbeiten getragen. Die darin liegende Sorgfaltspflichtverletzung könne der Klägerin als Auftraggeberin zugerechnet werden, da die Mitarbeiter der Subunternehmerin sowie der Zeuge S… in Erfüllung der vertraglich gegenüber den Beklagten geschuldeten Pflichten tätig geworden seien. Durch diese Sorgfaltspflichtverletzung seien Schäden an dem im Eigentum der Beklagten stehenden Parkettboden entstanden. Zur Beseitigung der Schäden und zur Wiederherstellung des Zustandes, wie er sich darstellen würde, wenn es nicht zur Beschädigung gekommen wäre, seien unter anderem für Abschleifarbeiten nach den Feststellungen des Sachverständigen Kosten in Höhe von netto 2.227,63 € angemessen und erforderlich. Zur Schadensbeseitigung seien ferner Malerarbeiten erforderlich, da die Sockelleisten demontiert und anschließend wieder montiert werden und außerdem beim Abschleifen Staub freigesetzt werde, der sich aller Voraussicht nach auf der Oberfläche der Decken und Wände absetzen werde. Für diese Arbeiten seien Kosten in Höhe von 2.961,41 € netto ortsüblich und angemessen. Die von dem Beklagten behaupteten Reinigungskosten fielen nach den Feststellungen des Sachverständigen K… im Umfang von 223,26 € netto an. Hinzu komme eine Auslagenpauschale, die mit 50,00 € angemessen angesetzt sei.
8Die bisher nicht erfolgte Beseitigung der Schäden und der Umstand, dass eine Renovierung sowohl der Wände als auch der Böden aufgrund des Zeitablaufs ohnehin erforderlich sei, stehe der Gegenforderung der Beklagten nicht entgegen. Ob die Beklagten den als Ersatz zu zahlenden Betrag tatsächlich zur Beseitigung des Schadens verwendeten, unterliege ebenso ihrer Disposition wie die Entscheidung, ob sie die abstrakten Renovierungsintervalle einhielten.
9Dagegen stehe den Beklagten keine Gegenforderung auf Ersatz für die Wertminderung des Parkettbodens zu. Der Sachverständige habe zwar festgestellt, dass bei einer Renovierung des im Zeitpunkt des Schadenseintrittes 3,5 Jahre alten Bodens dieser 7,5 Jahre früher als üblich renovierungsbedürftig geworden wäre, da von einem durchschnittlichen Renovierungsintervall von elf Jahren auszugehen sei. Tatsächlich sei eine Renovierung jedoch nicht durchgeführt worden. Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung sei eine Renovierung des zu diesem Zeitpunkt 9,5 Jahre alten Parkettbodens nicht erfolgt. Eine Wertminderung aufgrund einer frühzeitigen Renovierung sei demnach nicht eingetreten; eine Ersatzfähigkeit einer fiktiv berechneten Wertminderung bestehe nicht. Die Wertminderung richte sich nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht nach dem Umfang der gegenwärtig vorhandenen Schäden, sondern nur im Fall der tatsächlichen Renovierung nach der dann tatsächlich eintretenden Verkürzung der Lebensdauer des Bodens.
10Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag im Umfang von weiteren 2.961,41 € weiter und trägt vor, das Landgericht habe zu Unrecht Kosten in dieser Höhe für Malerarbeiten als zur Wiederherstellung erforderlich anerkannt. Zum Schadenfeststellungszeitpunkt in der letzten mündlichen Verhandlung seien sieben Jahre vergangen und das Wohnzimmer in dieser Zeit in voller Nutzung durch die Beklagten gewesen. Nach einer solch langen Zeit wären Malerarbeiten im Wohnzimmer ohnehin notwendig geworden; die vom Landgericht aufgezeigte Möglichkeit, dass beim Abschleifen Staub freigesetzt und sich dieser aller Voraussicht nach auf der Oberfläche der Decken und Wände absetzen werde, wäre durch einfaches Abdecken der Wände zu verhindern.
11Zur Berufung der Beklagten trägt sie vor, „Rückkosten“ seien vom Landgericht im Tatbestand nicht festgestellt; eine Tatbestandsberichtigung sei nicht beantragt worden. Der Vortrag, Regale und Schränke sowie weitere Möbel müssten demontiert und eingelagert werden, sei offensichtlich unrichtig, da beim Ortstermin mit dem Sachverständigen festgestellt worden sei, dass in dem Wohnzimmer im Parkettbereich lediglich zwei kleine Schränke und eine Couchgarnitur standen, die ohne weiteres für die Dauer der Parkettarbeiten in den anderen Teil des Wohnzimmers ohne Parkettboden geschoben werden könnten. Zutreffend habe das Landgericht für die Schadensberechnung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt.
12Die Klägerin beantragt,
13unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 24.09.2014, Az. 3 O 74/10, die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere 2.961,41 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2010 zu zahlen.
14Die Beklagten beantragen,
15die Berufung zurückzuweisen.
16Mit ihrer Berufung beantragen die Beklagten,
17das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 765,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. März 2010 zu zahlen.
18Die Klägerin beantragt,
19die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
20Die Beklagten verfolgen mit ihrer Berufung ihren Klageabweisungsantrag in Höhe von weiteren 3.317,96 € weiter. Zu Unrecht habe das Landgericht sich nicht mit den geltend gemachten Rückkosten in Höhe von 1.400,00 € befasst. Ihnen stehe ein fälliger Anspruch auf Ersatz dieser Kosten zu; mit ihrer Aufrechnung sei der Anspruch der Klägerin auch insoweit erloschen.
21Zudem habe das Landgericht verkannt, dass die Klägerin den Beklagten den Minderwert des zur Beseitigung der Schäden abzuschleifenden Parketts zu ersetzen habe. Durch das Abschleifen verringere sich die Lebensdauer des Bodens. Das zum Schadenseintritt neu verlegte Parkett sei elf Jahre früher als üblich renovierungsbedürftig geworden. Fälschlicherweise habe das Urteil im Tatbestand als unstreitig festgestellt, dass der Parkettboden zum Zeitpunkt des Schadeneintritts 3,5 Jahre alt gewesen sei. Tatsächlich sei er vor den Arbeiten der Klägerin gerade erst verlegt worden. Der Wert des neu verlegten Parkett sei bereits mit der Schädigung gemindert worden und das Parkett sei nicht einen Tag im unbeschädigten Zustand genutzt worden. Der Boden hätte sofort ausgetauscht oder lebensdauerverkürzend abgeschliffen werden müssen; seit dem ersten Tage hafte dem Parkett bereits der Minderwert der geringeren Lebensdauer an. Die dreieinhalbjährige Prozessdauer könne die Klägerin nicht von der Verantwortlichkeit entbinden. Die Wertminderung betrage nach dem Gutachten netto 14,53 € pro Monat bei 132 Monaten.
22Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf die wechselseitigen Schriftsätze verwiesen.
23II.
24Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache begründet (1.). Die zulässige Berufung der Beklagten ist dagegen unbegründet (2.).
251.
26Die Berufung der Klägerin ist zulässig; insbesondere sind die Voraussetzungen von § 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO erfüllt, da die Klägerin sich in hinreichender Weise mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzt.
27Die Berufung hat Erfolg, da der Klägerin gegen den Beklagten – über die erstinstanzliche Verurteilung hinaus – ein Anspruch auf Zahlung von 2.961,41 € zusteht. In diesem Umfang steht der Werklohnforderung der Klägerin keine aufrechenbare fällige Gegenforderung hinsichtlich der Kosten für Malerarbeiten entgegen.
28a) Zutreffend hat das Landgericht den Beklagten grundsätzlich einen Schadenersatzanspruch wegen der Beschädigung des Parkettbodens durch das Betreten mit Nagelschuhen zuerkannt. Die Klägerin greift mit der Berufung nicht die vom Landgericht festgestellte Verletzung einer Schutzpflicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB an, die sie aufgrund der Zurechnung des Handelns ihrer Erfüllungsgehilfen gemäß § 276 BGB zum Ersatz des aus der Verletzung des Erhaltungsinteresses entstandenen Schadens verpflichten. Auch die Berechtigung der die Beschädigung des Parketts an sich betreffenden Gegenforderung steht zweitinstanzlich nicht mehr im Streit der Parteien.
29b) Im Grundsatz ist nach der Rechtsprechung des BGH bei der Ermittlung und Bemessung eines nach §§ 249ff. BGB zu ersetzenden Vermögensschadens von der Differenzhypothese auszugehen, nach der die nach dem haftungsbegründenden Ereignis eingetretene Vermögenslage mit derjenigen zu vergleichen ist, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre (BGH, Urt. v. 21.03.2013 – III ZR 260/11 –, NJW 2013, 1434 [1435f.] m. w. Nachw.). Maßgebender Zeitpunkt für den Vermögensvergleich ist dabei im Schadensersatzprozess die letzte mündliche Tatsachenverhandlung (BGH, Urt. v. 06.05.2004 – III ZR 247/03 –, NJOZ 2004, 2400 m. w. N.; Oetker, in: MüKo-BGB, § 249 Rn 312, 317 m. w. Nachw.).
30Ersatzfähig sind danach die zur Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten.
31Zum Umfang des Ersatzanspruches werden in unterschiedlichen Konstellationen, insbesondere beim vertraglichen Schadenersatzanspruch zur Mängelbeseitigung, uneinheitliche Auffassungen vertreten.
32Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat einen Anspruch auf die geschätzten Kosten für eine Hotelunterbringung anerkannt, sofern diese zur ordnungsgemäßen Mängelbeseitigung notwendig sind und Mängelbeseitigungsmaßnahmen am Bauwerk unmittelbar erst ermöglichen (BGH, Urt. v. 10.04.2003 – VII ZR 251/02 –, NZBau 2003, 375). Es gebe keinen Grund, zwischen solchen Schäden zu unterscheiden, die im Rahmen der Mängelbeseitigung am Bauwerk zwangsläufig entstehen und solchen, die notwendig dadurch entstehen, dass die Mängelbeseitigung am Bauwerk erst ermöglicht wird. Stehe der zu erwartende, aber noch nicht bezifferbare Schaden nicht fest, bleibe dem Besteller die Möglichkeit der Feststellungsklage. Stehe allerdings fest, dass während der Mängelbeseitigung ein Hotel für eine bestimmte Dauer genutzt werden muss, so könnten diese Kosten unabhängig davon ausgeurteilt werden, ob der Besteller die Mängelbeseitigung durchführen lasse, da dies allein seiner Disposition unterliege.
33In einer kaufrechtlichen Entscheidung hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs einen Anspruch auf abstrakt berechnete Mängelbeseitigungskosten ohne Einschränkung als begründet angesehen (BGH, Urt. v. 04.04.2014 –V ZR 275/12 –, NJW 2015, 468).
34Demgegenüber hat der VII. Zivilsenat in einer anderen Entscheidung aufgrund des in § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens und des Verbots der Überkompensation einen Anspruch auf Zahlung von Umsatzsteuer auf die Kosten der Mängelbeseitigung von der tatsächlichen Ausführung der Mängelbeseitigungsarbeiten abhängig gemacht (BGH, Urteil vom 22.07.2010 – VII ZR 176/09 –, NZBau 2010, 690). Der Gehalt dieser Entscheidung wird mitunter nicht auf den Bereich der werkvertraglichen Praxis beschränkt gesehen, sondern im gesamten zivilrechtlichen Schadensersatzrecht angesiedelte elementare Fragen des Restitutionsrechts betreffend erachtet (Popescu, NZBau 2011, 132 [137]).
35Auch bei der Vorteilsausgleichung in der Leistungskette hat der VII. Zivilsenat des BGH den Ersatz der fiktiven Mängelbeseitigungskosten in Frage gestellt, wenn der Hauptunternehmer in der Leistungskette von seinem Nachunternehmer die Kosten für die Beseitigung von Mängeln verlangt, wegen derer er von seinem Auftraggeber nicht in Anspruch genommen wird (BGH, Urteil vom 28.06.2007 – VII ZR 81/06 –, NZBau 2007, 578; Urteil vom 28.06.2007 – VII ZR 8/06 –, NZBau 2007, 580). Kann der Hauptunternehmer von seinem Auftraggeber etwa wegen Verjährung nicht mehr in Anspruch genommen werden, muss er sich das im Verhältnis zu seinem Nachunternehmer nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen mit der Folge, dass er seinerseits die ihm gar nicht entstandenen Nachbesserungskosten auch nicht von seinem Nachunternehmer verlangen kann.
36Der VI. Zivilsenat hat in einer Entscheidung zu einer deliktischen Beschädigung auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten beschränkt, wenn die von der beauftragten Werkstatt berechneten Reparaturkosten die vom Sachverständigen angesetzten Kosten unterschreiten (BGH, Urteil vom 03.12.2013 – VI ZR 24/13 –, NJW 2014, 535).
37Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht besteht ein Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten im Wege des Schadensersatzes nur dann, wenn diese Kosten tatsächlich entstanden sind (Halfmeier, BauR 2013, 320). Wähle der Besteller Schadensersatz, könne er bis zur Mängelbeseitigung nur die Verkehrswertdifferenz beanspruchen, die nicht ohne weiteres den Mängelbeseitigungskosten entspreche und insbesondere bloß fiktive Mängelbeseitigungskosten nicht umfasse.
38Einer anderen Literaturstelle zufolge soll nur der feststehende Schaden in Höhe der sicheren Mängelbeseitigungskosten ausgeurteilt werden können, wenn der kleine Schadensersatz nach den Mängelbeseitigungsaufwendungen berechnet wird; weitere Schäden, die während der Mängelbeseitigung entstehen, stünden erst fest, wenn es tatsächlich zur Mängelbeseitigung kommt und können nicht von vornherein als Schadensposition anerkannt werden (Kniffka in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl. 2014, 6. Teil Rn 274).
39Eine andere Ansicht billigt einen Anspruch unabhängig von der Durchführung der Mängelbeseitigung auch hinsichtlich Mangelfolgekosten zu und verweist auf die praktischen Vorteile (Weyer, NZBau 2013, 269). Da für die Ermittlung der Verkehrswertdifferenz klare Anhaltspunkte fehlten, sei dieser nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten zu bemessen. Dies führe zu einer endgültigen Streitbeilegung, wohingegen bei einem bloßen Anspruch auf einen abrechnungspflichtigen Vorschuss ein weiterer Prozess über dessen Abrechnung provoziert werde. Da der Mängelbeseitigungsanspruch erlösche, wenn der Besteller (berechtigt) Schadensersatz verlange (§ 281 Abs. 4 BGB), trete ohne Weiteres ein Geldanspruch an die Stelle des Leistungsanspruchs. Für diesen Geldanspruch gehe die Gesetzesbegründung in unterschiedlichen Zusammenhängen davon aus, dass er nach den Mängelbeseitigungskosten zu bemessen sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber durch die Schuldrechtsreform die ständige Rechtsprechung des BGH habe ändern wollen, fehlten.
40c) Diese Streitfragen erfassen auch die hier zur Entscheidung stehenden Kosten zur Beseitigung eines Schadens, der nicht mit einem Mangel in Zusammenhang steht und lediglich bei Gelegenheit der Ausführung einer Werkleistung verursacht wurde. Zur Mehrzahl der vorstehend erörterten Auffassungen besteht der Unterschied, dass § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB unmittelbar anwendbar ist, da es sich um die Beschädigung einer Sache im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB handelt. Aus dem Umstand, dass nur hinsichtlich des Teilbereiches der Umsatzsteuer ein Ausschluss der fiktiven Abrechnung gesetzlich angeordnet ist, lässt sich indes nicht auf die ansonsten generelle Zulässigkeit der fiktiven Abrechnung schließen (Greger, NZV 2002, 385 [386]).
41d) Der Senat folgt dabei der Auffassung, dass ohne tatsächliche Mängelbeseitigung allenfalls die zur reinen Beseitigung des Schadens erforderlichen Kosten fiktiv geltend gemacht werden können. Für alle darüber hinausgehenden Begleit- und Folgekosten kommt nur ein konkreter Zahlungsanspruch in Betracht. Da die Kosten von den Beklagten nicht aktiv oder widerklagend verfolgt werden, sondern hilfsweise zur Aufrechnung gestellt werden, scheidet auch ein Feststellungsanspruch als Minus eines Zahlungsanspruchs hier aus.
42Bei den Kosten für Malerarbeiten nach Durchführung des Parkettabschliffs handelt es sich nicht um zur Schadensbeseitigung selbst anfallende Kosten. Die Voraussetzung, dass sie zwangsläufig dem Grunde und der Höhe nach aufgrund der Schadenbeseitigung anfallen ist, nicht erfüllt. Solange die Beklagten die Arbeiten am Parkett nicht haben durchführen lassen, steht nicht fest, dass eine Staubentwicklung eintritt, die nicht anders beseitigt werden kann und die Durchführung eines Neuanstrichs als Schadensfolge erforderlich macht. Denn es ist keineswegs gewiss, dass die Sockelleisten vor den Abschleifarbeiten demontiert und nachfolgend wieder montiert werden müssen. Ebenso ist weder das Ausmaß der Staubentwicklung gewiss noch das Fehlen von Möglichkeiten gegen deren Ausbreitung.
43Sowohl der Sachverständige K… (Reinigungsarbeiten) als auch der Sachverständige A… (Malerarbeiten) haben unterstellt, dass sich Schleifstäube voraussichtlich in weiten Bereichen des Gebäudes absetzen werden. Der zur Begutachtung der Kosten für Malerarbeiten beauftragte Sachverständige A… hat ausdrücklich ausgeführt, der mögliche Versuch, die Decken und Wände mit Folie und Klebeband zu schützen, könne dazu führen, dass die Farbschicht vom Klebeband abgerissen werde und gegebenenfalls Rückstände vom Klebeband oder Klebebandabrissspuren zurückblieben.
44Dies zeigt, dass – sollte dies aus Sicht des die Parkettarbeiten ausführenden Handwerkers im Hinblick auf die von diesem erwartete Staubbelastung erforderlich sein – zunächst zu versuchen wäre, den Anstrich der Decken und Wände durch Folien zu schützen. Dass beim Entfernen des Klebebands die Farbschicht abgerissen wird, stellt nach der Äußerung des Sachverständigen nur einen möglichen Verlauf dar, der nicht sicher eintreten muss. Hinsichtlich des Erfordernisses der Demontage und Montage der Sockelleisten handelt es sich um eine Hypothese des Sachverständigen, die bei der Ermittlung der erforderlichen Kosten keinen Niederschlag im Gutachten gefunden hat. Für den Fall der Durchführung der Abschleifarbeiten und eines etwaigen Schadenseintritts ist im Einzelnen zu prüfen, inwieweit den Beklagten ein Ersatzanspruch gegen die Klägerin zusteht.
452.
46Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Den Beklagten stehen gegen den Werklohnanspruch der Klägerin, dessen Höhe die Beklagten mit der Berufung nicht angreifen, keine aufrechenbaren Gegenansprüche zu.
47a) Bezüglich der Rückkosten steht einem Anspruch nicht bereits deren Nichterwähnung im Tatbestand entgegen. Durch die Verweisung auf den weiteren Akteninhalt ist auch diese Position tatbestandlich so in Bezug genommen worden, wie sie von den Beklagten in den Rechtsstreit eingeführt worden ist. Auch wenn die Beklagten im Unterschied zur Erklärung der Hilfsaufrechnung in der Klageerwiderung nicht ausdrücklich die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Erstattung von Rückkosten erklärt haben, werden diese nach der Modifizierung der Schadensposition dies gleichwohl von der erklärten Hilfsaufrechnung umfasst.
48Die Beklagten waren auch nicht gehalten, ein Urteilsergänzungsverfahren gemäß § 321 ZPO durchzuführen, da dieses nicht auf Verteidigungsmittel anwendbar ist (vgl. Musielak in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, § 321 ZPO Rn 5).
49Zu den ersatzfähigen Schadenspositionen gehören nach der Differenzhypothese auch solche Kosten, die – unter Berücksichtigung der Schadensminderungspflicht des Geschädigten – erforderlich sind, um die Schadensbeseitigungsmaßnahmen unmittelbar erst ermöglichen (BGH, Urt. v. 10.04.2003 – VII ZR 251/02 –, NZBau 2003, 375 [375f.] zu § 635 BGB a. F.); für einen anderen Maßstab beim deliktischen Schadenersatzanspruch gibt es keine Veranlassung. Ebenso wie die bereits erörterten Kosten der Folge der Schadenbeseitigung, müssen diese indes nach Auffassung des Senats zwangsläufig dem Grunde und der Höhe nach anfallen.
50Daran fehlt es hier. Die Erforderlichkeit zur Schadenbeseitigung tritt auch bei dieser Position erst mit der tatsächlichen Durchführung der Abschleifarbeiten an. Zudem hat die Klägerin das Entstehen von Rückkosten in tatsächlicher Hinsicht bestritten, da aus den Feststellungen beim Ortstermin festgestellt werden könne, dass lediglich zwei Schränke und eine Couchgarnitur mit einem Aufwand von höchstens 10 Minuten beiseite zu schieben seien. Der pauschale Vortrag der Beklagten, Ausweichflächen innerhalb des Hauses stünden nicht zur Verfügung, lässt danach nicht einmal eine fiktive Feststellung der Erforderlichkeit von Rückkosten zu, da weder zu erkennen ist, in welchem konkreten Umfang Ausweichflächen innerhalb des Gebäudes zur Verfügung stehen, noch, ob ein Rücken auf der Parkettfläche selbst von der einen zur anderen Seite möglich ist.
51b) Schließlich steht den Beklagten auch wegen eines etwaigen Minderwerts aufgrund der Beschädigung kein fälliger aufrechenbarer Gegenanspruch zu. Hinsichtlich der Wertminderung einer Sache kommt einerseits ein technischer und andererseits ein merkantiler Minderwert in Betracht. Der merkantile Minderwert ist zu ersetzen, wenn eine vom Markt beachtete Differenz des Vermögensbestandes des Geschädigten nach Reparatur des Schadens zu jenem vor seinem Eintritt verbleibt (BGH NJW 2005, 277 [279]). Der technische Minderwert ist zu ersetzen, wenn die sorgfältige und fachgerechte Reparatur nicht den gleichen technischen Zustand (Gebrauchsfähigkeit, Betriebssicherheit, Lebensdauer, äußeres Bild) wie vor der Beschädigung wiederherstellen kann (Ebert in: Erman BGB, Kommentar, 14. Aufl. 2014, § 251 BGB Rn 5; Schubert in: Beck'scher Online-Kommentar BGB, Hrsg: Bamberger/Roth, Stand: 01.11.2011, § 251 BGB Rn 25).
52Ein technischer Minderwert ist nicht bereits dadurch eingetreten, dass ein vorzeitiges Abschleifen erforderlich geworden ist. Vielmehr kommt es für das Vorliegen eines technischen Minderwerts darauf an, ob durch das Abschleifen die Lebensdauer des Parketts verkürzt wird. Dies setzt wiederum die tatsächliche Durchführung der Abschleifarbeiten voraus. Andernfalls ist die Wertminderung nach den Kosten der Schadenbeseitigung zu bemessen.
53Ein merkantiler Minderwert setzt ebenfalls die tatsächliche Durchführung der Schadenbeseitigungsmaßnahmen voraus. Da es sich bei dem Parkett nicht um eine Sache mit selbständigem Marktwert handelt, sondern um einen wesentlichen Bestandteil des Gebäudes gemäß § 94 Abs. 2 BGB, wäre für den merkantilen Minderwert auf den Wert des Grundstücks abzustellen. Einen solchen haben die Beklagten nicht dargelegt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Grundstück einen Wertverlust durch die Verkürzung der Lebensdauer des Parketts erfährt.
54III.
55Die Kostenentscheidung für den erstinstanzlichen Rechtszug beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 4 ZPO.
56Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass das Landgericht über zur Aufrechnung gestellte Ansprüche in Höhe von 11.689,25 € ausdrücklich entschieden hat. Gemäß § 45 Abs. 3 GKG beträgt der Streitwert danach 21.235,15 €, denn es handelt sich um eine Hilfsaufrechnung, da die Beklagten haben die Fälligkeit der Klageforderung insgesamt bestritten haben. In Bezug auf die in den Entscheidungsgründen übergangenen Gegenforderungen fehlt es an einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung. Im Umfang von insgesamt 16.590,91 € sind die Beklagten unterlegen.
57Die Kostenentscheidung für den Berufungsrechtszug beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 ZPO.
58Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
59IV.
60Der Senat lässt die Revision zu, da die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Frage der Ersatzfähigkeit fiktiver Begleit- und Folgekosten sowie Wertminderung bei nicht durchgeführter Schadensbeseitigung erfordern, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO.
61Streitwert für die Berufung: 6.279,37 € (Berufung der Klägerin: 2.961,41 €; Anschlussberufung des Beklagten: 3.317,96 €)
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