Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - VI-3 Kart 369/12 (V)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur vom 30.10.2012 (BK6-11/098) aufgehoben. Die auf Feststellung, hilfsweise auf Neubescheidung gerichtete weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Betroffenen trägt die Bundesnetzagentur. Die weiteren Beteiligten tragen ihre Kosten selbst.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
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G r ü n d e :
2A.
3Die Betroffene zu 1. ist Betreiberin der Kraftwerke D. (Blöcke x und x, jeweils x MW), E. (Block x (KWK) x MW, Block x (KWK) x MW), J. (Block x x MW, Block x (KWK) x MW, Block x (KWK) x MW) und M. (Block x x MW, davon x MW …, Block x (KWK) x MW). Die Betroffene zu 2., eine 100%-ige Tochter der Betroffenen zu 1., betreibt im x die Steinkohlekraftwerke L. (Block x (KWK) x MW, Block x (KWK) x MW) und N. (Block x (KWK) x MW). Die Betroffene zu 3. ist eine gemeinsame Gesellschaft der Betroffenen zu 1 und der DD. AG, … . Der Gesellschaft gehört das Steinkohlekraftwerk E. (Block x (KWK x MW) in x, … . Technischer Betriebsführer ist die Betroffene zu 1. Die Betroffene zu 3 verantwortet den Kraftwerkseinsatz und trägt das wirtschaftliche Risiko. …
4Mit dem angegriffenen Beschluss vom 30.10.2012 hat die Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur (BK6-11/098) die Festlegung zur „Standardisierung vertraglicher Rahmenbedingungen für Eingriffsmöglichkeiten der Übertragungsnetzbetreiber in die Fahrweise von Erzeugungsanlagen“ erlassen. Der Beschluss wurde am 07.11.2012 im Amtsblatt der Bundesnetzagentur veröffentlicht. Die Betroffenen waren nicht zum Verwaltungsverfahren beigeladen.
5Hintergrund der Festlegung ist die Zunahme sog. Redispatch-Maßnahmen, u. a. weil im März 2011 acht Kernkraftwerke außer Betrieb genommen worden waren und zunehmend Strom aus erneuerbaren Energien in das Netz eingespeist wird, mit der der Netzausbau nicht Schritt hält. Bei Redispatch-Maßnahmen handelt es sich um physikalische Eingriffe in die Fahrweise von Kraftwerken, die notwendig werden, wenn die strom- oder spannungsbedingte Überlastung eines Netzelements die Netzsicherheit gefährdet. Beim strombedingten Redispatch wird einer Überlastung eines Netzelementes dadurch entgegengewirkt, dass ein Kraftwerk auf der Seite mit dem Erzeugungsüberschuss seine Einspeisung reduziert und ein Kraftwerk hinter dem Engpass seine Einspeisung entsprechend erhöht. Dadurch nimmt der Stromfluss (Stromstärke) auf dem betroffenen Netzelement ab. Beim spannungsbedingten Redispatch wird die Wirkleistungseinspeisung von einem oder mehreren Kraftwerken reduziert oder erhöht, um den Einsatz von Blindleistung aus Kraftwerken zur Spannungsstabilisierung in ausreichender Menge zu gewährleisten. In der Vergangenheit erfolgten Redispatch-Maßnahmen nur aufgrund freiwilliger Vereinbarungen zwischen Übertragungsnetzbetreibern und Kraftwerksbetreibern.
6Durch die angegriffene Festlegung vom 20.10.2012 hat die Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur die Vorgaben in § 13 Abs. 1 EnWG näher ausgestaltet.
7Nach Tenorziffer 1 der Festlegung ist eine Anweisung zur Vornahme einer Redispatch-Maßnahme zulässig, wenn aufgrund von Netzbelastungsberechnungen oder aufgrund anderer gesicherter Erkenntnisse andernfalls strombedingte Überlastungen von Betriebsmitteln oder Verletzungen betrieblich zulässiger Spannungsbänder zu erwarten sind. Etablierte, dem anerkannten Stand der Technik entsprechende Methoden zur Berücksichtigung von etwaigen Ausfällen von Netzbetriebsmitteln und von Erzeugungsanlagen, z.B. das (n-1)-Prinzip, sind bei den Netzbelastungsberechnungen zu berücksichtigen. Eine Anweisung zur Anpassung der Wirkleistungseinspeisung von Anlagen zur Erzeugung oder Speicherung elektrischer Energie ist ebenfalls bei akuten Überlastungen oder Spannungsgrenzwertverletzungen zulässig. Eine Anweisung zur Anpassung der Wirkleistungseinspeisung zum Ausgleich von Leistungsungleichgewichten ist nicht zulässig.
8Nach Tenorziffer 2 der Festlegung erstreckt sich die Verpflichtung, sich der Anpassung der Wirkleistungseinspeisung durch die Übertragungsnetzbetreiber zu unterwerfen, auf alle Anlagen zur Erzeugung oder Speicherung elektrischer Energie mit einer elektrischen Netto-Nennwirkleistung größer oder gleich 50 MW. Dazu gehören auch Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, die zumindest in einem Betriebszustand eine disponible, d.h. keinen Einschränkungen durch die Wärmeproduktion unterworfene elektrische Netto-Nennwirkleistung größer oder gleich 50 MW erzeugen können. Maßgeblich ist die Summe der Netto-Nennwirkleistung aller an einem Netzknoten angeschlossenen Anlagen. Tenorziffer 3 regelt den Umfang der Anpassung der Wirkleistungseinspeisung. Speicheranlagen können auch zu einem Wirkleistungsbezug angewiesen werden (Tenorziffer 3 Satz 2).
9Die Anweisung zur Anpassung der Wirkleistung erfolgt für die Gesamtheit aller an einem Netzknoten angeschlossenen Anlagen zur Erzeugung oder Speicherung elektrischer Energie eines Betreibers (Tenorziffer 3 Satz 3) und ist frühestens ab 14.30 Uhr für den Folgetag zulässig (Tenorziffer 3 Satz 4). Wirkleistungsanpassungen sind unter Berücksichtigung der technischen Möglichkeiten der Anlage anzukündigen und durchzuführen (Tenorziffer 3 Satz 5). Leistungsscheiben von Anlagen zur Erzeugung oder Speicherung elektrischer Energie, deren Brennstoffverfeuerung oder Primärenergieträgerverbrauch aufgrund von gesetzlichen oder behördlichen Vorgaben bzw. aufgrund von an die Stromproduktion gekoppelten industriellen Produktionsprozessen nicht disponibel ist, sind für Wirkleistungsanpassungen nicht heranzuziehen (Tenorziffer 3 Satz 6). Dasselbe gilt nach Tenorziffer 10 für Leistungsscheiben, die für die Erbringung von Regelenergie und zur Besicherung vorgehalten werden; § 13 Abs. 2 EnWG bleibt unberührt.
10Die Anweisung zur Wirkleistungsanpassung erfolgt nach Ziffer 6 der Festlegung ausschließlich durch denjenigen Übertragungsnetzbetreiber, an dessen Netz die Anlagen mittelbar oder unmittelbar angeschlossen sind.
11Die Einsatzfolge der Kraftwerke (Merit Order) richtet sich gemäß Tenorziffer 4 der Festlegung bei mehreren in Betracht kommenden Anlagen nach dem Quotienten aus netzstützender Wirkung und zu entrichtender Vergütung. Im Fall einer Erhöhung der Einspeisung sind die Anlagen beginnend mit dem höchsten Quotienten hin zum niedrigsten abzurufen, bis ein sicherer Betriebszustand erreicht ist. Bei einer Reduzierung gilt die umgekehrte Reihenfolge. Sobald die netztechnische Notwendigkeit entfällt, ist die Anpassung zu beenden.
12Zur Gewährleistung der bilanziellen Neutralität einer spannungsbedingten Redispatch-Maßnahme – bei einer strombedingten Redispatch-Maßnahme ergibt sich der energetische Ausgleich automatisch durch die Erhöhung und Reduzierung der Einspeisemengen auf beiden Seiten des Engpasses - bestimmt Tenorziffer 5 der Festlegung, dass die Übertragungsnetzbetreiber den energetischen Ausgleich des Eingriffs sicherzustellen haben.
13Die Anpassung der Einspeisung wird nach Tenorziffer 7 der Festlegung durch den Austausch eines Fahrplans im Viertelstundenraster zwischen Übertragungsnetzbetreiber und Anlagenbetreiber bestätigt, wobei bei Differenzen der Fahrplan des Übertragungsnetzbetreibers vorrangig gilt. Referenzgröße für den Fahrplan ist die aktuellste, vom Anlagenbetreiber an den Übertragungsnetzbetreiber vor Beginn der Maßnahme übermittelte Einspeisezeitreihe der betroffenen Anlage. Nach Tenorziffer 8 der Festlegung sind die Anlagenbetreiber verpflichtet, dem zuständigen Übertragungsnetzbetreiber zum Zeitpunkt der Abgabe der Kraftwerkseinsatzpläne um 14.30 Uhr des Vortags viertelstundenscharf freie Leistungsscheiben ihrer Anlagen zur Erhöhung als auch Reduzierung der Wirkleistungseinspeisung für den Folgetag zu melden und bei Veränderungen unverzüglich anzupassen. Die freien Leistungsscheiben sind bezogen auf die Gesamtheit aller an einem Netzknoten angeschlossenen Anlagen zu melden. In der Begründung der Festlegung (S. 53) führt die Beschlusskammer 6 aus, dass sie sich der teilweise geforderten Zulässigkeit einer jederzeitigen, insbesondere auch während eines anstehenden Eingriffs zur Wirkleistungsanpassung möglichen Aktualisierung der Einspeisezeitreihen durch die Anlagenbetreiber nicht anschließen könne, auch wenn dies bereits heute von einem Übertragungsnetzbetreiber zugelassen werde. Es bestehe ansonsten die Gefahr, dass die Aktualisierung der Einspeisezeitreihe während einer Maßnahme zu Lasten des Übertragungsnetzbetreibers erfolge und eine Anweisung zur Wirkleistungsanpassung unterlaufen werde.
14Wegen der weiteren Einzelheiten der Festlegung wird auf die Anlage Bf 1 verwiesen.
15In einer weiteren Festlegung vom 30.10.2013 hat die Beschlusskammer 8 der Bundesnetzagentur Kriterien für die Bestimmung einer angemessenen Vergütung bei Redispatch-Maßnahmen und Anpassungen von Wirkleistungseinspeisung bestimmt (BK8-12/019). Nach Tenorziffer 2 haben Übertragungsnetzbetreiber den Betreibern hochfahrender Erzeugungsanlagen die durch die Redispatch-Maßnahme tatsächlich verursachten, zusätzlich entstehenden Aufwendungen zu vergüten (Aufwendungsersatz). Betreiber von absenkenden Erzeugungsanlagen haben den Übertragungsnetzbetreibern die durch die Redispatch-Maßnahme ersparten Aufwendungen zu vergüten. Maßgebend sind jeweils die Anschaffungswerte aus der Finanzbuchhaltung des letzten Quartals. Marktprämien, Gewinnzuschläge und Opportunitäten sind nicht zu vergüten. Sofern Maßnahmen jährlich nicht mehr als die Bagatellgrenze von 0,9 % der Einspeisemengen des Vorjahres betreffen, führt dies nach Tenorziffer 3 zu einer pauschalen Vergütung: Hochfahrende Anlagen erhalten das Produkt aus der maßnahmenbedingten Veränderung ihrer Einspeisemenge und den aus den stündlichen EPEX-Spot-Preisen (Deutschland) abgeleiteten Grenzkosten. Maßgebend ist insoweit der niedrigste Preis, zu dem die Erzeugungsanlage im Vormonat im Normalbetrieb eingespeist hat. Für das Herunterfahren der Einspeiseleistung ist als Grenzkostenersparnis das Produkt aus redispatchbedingter Veränderung der Einspeisemenge und den aus den EPEX-Spot-Preisen (Deutschland) abgeleiteten Grenzkosten zu vergüten. Liegen keine EPEX-Spot-Daten für den Vormonat vor, weil die Anlage in diesem Zeitraum nicht eingespeist hat, wird die angemessene Vergütung mittels vergleichbarer Erzeugungsanlagedaten der letzten zwölf Vormonate berechnet. Wird ein zusätzliches An- oder Abfahren erforderlich, werden die zusätzlichen Aufwendungen erstattet. Von der Bagatellregelung darf nach Tenorziffer 4 nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen und ein individueller Aufwendungsersatz gewährt werden. Die Vergütung eines Leistungsanteils kommt nach Tenorziffer 5 erst in Betracht, wenn Maßnahmen jährlich mehr als 10 % der Einspeisemengen des Vorjahres betreffen. Anlagen, die in diesem Zeitraum nicht eingespeist haben, sind davon ausgenommen. Diese Festlegung haben die Betroffenen mit gesondert eingelegter Beschwerde angegriffen, die beim Senat unter dem Aktenzeichen VI-3 Kart 370/12 (V) geführt wird.
16Mit ihrer form- und fristgerechten Beschwerde wenden sich die Betroffenen gegen die Festlegung der Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur vom 30.10.2012 mit dem Ziel, festzustellen, dass sie nach der Festlegung nicht daran gehindert seien, auch während einer Redispatch-Maßnahme ihren Kraftwerksfahrplan untertägig anzupassen, hilfsweise, die Bundesnetzagentur zu einer entsprechenden Gestattung zu verpflichten, hilfsweise die Festlegung aufzuheben.
17Die Betroffenen sind der Ansicht, der Feststellungsantrag sei zulässig. Streitiges Rechtsverhältnis sei vorliegend das Nichtbestehen der Hinderung der Betroffenen, auch im Fall einer Anweisung zum Redispatch durch den Übertragungsnetzbetreiber die Einspeisezeitreihen des angewiesenen Kraftwerks virtuell anzupassen und die Verpflichtung des Übertragungsnetzbetreibers, diese Anpassung bei der Durchführung des energetischen Ausgleichs gemäß Tenorziffer 5 der Festlegung der Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur zu berücksichtigen. Insoweit sei die Festlegung unklar. Sie hätten auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse, um ihr Verhalten danach ausrichten zu können. Dabei gingen sie davon aus, dass die Festlegung sie nicht daran hindere, ihre Kraftwerksfahrpläne untertägig virtuell anzupassen, so dass – mangels entsprechender Verbotsregelung – die Feststellungsbeschwerde gegenüber der Leistungsbeschwerde nicht subsidiär sei.
18Der Feststellungsantrag sei auch begründet. Die Festlegung der Beschlusskammer 6 verbiete es dem Anlagenbetreiber nicht, eine virtuelle Fahrplananpassung vorzunehmen, nachdem er durch den Übertragungsnetzbetreiber zum Redispatch angewiesen worden sei. Insoweit fehle es an einer der Auslegung zugänglichen untersagenden Regelung im Tenor der Festlegung. Lediglich die Begründung der Bundesnetzagentur auf Seite 53 der Festlegung könnte Anhaltspunkte für die Absicht eines umfassenden Verbots geben. Andererseits lasse die Bundesnetzagentur durch die Begründung ihrer Ansicht Raum für das Verständnis, dass damit lediglich eine physikalische Anpassung der Einspeisung gemeint sei, denn nur eine solche könne die Anweisung des Übertragungsnetzbetreibers tatsächlich unterlaufen. Allerdings gelte dies nicht für den Fall der marktgetriebenen Wirkleistungsanpassung in einer der Anweisung entsprechenden Richtung. Das von der Bundesnetzagentur verfolgte Ziel, die Redispatch-Maßnahme physikalisch nicht zu unterlaufen, ließe sich in diesem Fall ebenso beispielsweise durch ein „Widerspruchsrecht“ des Übertragungsnetzbetreibers erreichen. Von der physikalischen Anpassung zu unterscheiden sei aber eine virtuelle Anpassung des Fahrplans infolge der Teilnahme am Intraday-Handel, um sich dort ergebende Geschäftschancen aufgrund – im Vergleich zum EPEX-Spot-Handel (Day-Ahead-Markt) - aktuellerer Marktentwicklungen zu nutzen. Die Anweisung des Übertragungsnetzbetreibers werde nicht unterlaufen, weil die Anpassung durch den angewiesenen Anlagenbetreiber einen Bestandteil des durch den Übertragungsnetzbetreiber vorzunehmenden energetischen Ausgleichs darstelle und seine physikalische Einspeisung nicht verändert werde. Dieses Verständnis liege deswegen nahe, weil es die schwierig zu beantwortende und von der Bundesnetzagentur ausgeklammerte Frage nach der Ermittlung von Opportunitätsverlusten, die durch diese Flexibilitätseinbußen hervorgerufen würden, umgehe. Denn dem Kraftwerksbetreiber würde - anders als seinen Wettbewerbern - die Möglichkeit genommen, mit dem vom Redispatch betroffenen Kraftwerk am Intraday-Handel teilzunehmen und diesen Teil des Wertes des Kraftwerks zu heben. Damit entstünde einem Kraftwerksbetreiber über den Deckungsbeitragsverlust am Spotmarkt hinaus ein wesentlicher wirtschaftlicher Nachteil durch den Verlust der Opportunität am Intraday-Markt. Insoweit verkenne die Bundesnetzagentur die Bedeutung und den Umfang des Intraday-Handels, dessen Handelsvolumen beträchtlich sei und damit nicht lediglich ein „Optimierungsplatz“ sei, sondern erhebliche Erlöspotentiale eröffne.
19Der Festlegung lasse sich auch nicht das von der Bundesnetzagentur erstmals im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vorgetragene Verständnis über die Zulässigkeit untertägiger Fahrplanänderungen im Einzelfall, wenn die Situation dies erlaube, entnehmen. Zudem handele es sich dabei auch nur um ein Recht, das im Ermessen des Übertragungsnetzbetreibers stehe, nicht um einen Anspruch der Betroffenen.
20Der hilfsweise gestellte Neubescheidungsantrag sei zulässig. Ihnen gehe es in der Sache nicht darum, die Existenz der Festlegung als solche zu bekämpfen und diese insgesamt aus der Welt zu schaffen, sondern um eine Ausgestaltung der Festlegung mit insgesamt rechtmäßigem Inhalt. Eine Anfechtungsbeschwerde werde daher ihrem Rechtsschutzziel nicht gerecht. Sie hätten auch einen Anspruch auf Erlass einer rechtmäßigen Festlegung, welcher sich aus den durch die Festlegung eingeschränkten Grundrechten der Betroffenen ergebe. Unerheblich sei, dass die Festlegung im Ermessen der Bundesnetzagentur stehe, da sie ihr Entschließungsermessen bereits ausgeübt und sich damit selbst gebunden habe. Ob sie eine rechtmäßige oder eine rechtswidrige Festlegung erlasse, stehe aber gerade nicht in ihrem Ermessen.
21Der Neubescheidungsantrag sei begründet. Eine Redispatch-Maßnahme werde nicht unterlaufen, solange es nur um virtuelle bzw. abrechnungsrelevante Anpassungen der Fahrpläne gehe oder die Anpassung in einer Weise erfolge, die in ihrer netztechnisch-physikalischen Wirkrichtung der Anweisung des Übertragungsnetzbetreibers entspreche. Eine Redispatch-Maßnahme beziehe sich allein auf den physikalischen Lastfluss und damit auf eine Einschränkung der Einspeisung oder Entnahme der Anlage. Bereits dadurch werde der Engpass beseitigt und die Versorgungssicherheit geschützt bzw. wiederhergestellt. Strikt davon zu unterscheiden sei jedoch die Aufteilung der Einspeisung oder Entnahme der Anlage auf den Bilanzkreisbezug des Anlagenbetreibers und den Bilanzkreisbezug des Netzbetreibers. Vorrangig darauf beziehe sich das von ihnen beanspruchte Recht zur Teilnahme am Intraday-Handel, der es ihnen ermöglichen solle, erhebliche und kaum prognostizierbare Opportunitätsverluste zu vermeiden. Der Verlust der Flexibilität habe bei ihnen zur Folge, dass sie die Verträge zur Bereitstellung von sehr kurzfristig abrufbarer Leistung nicht einhalten könnten. Eine Beschaffung am Intraday-Handel scheide bereits deshalb aus, weil Intraday-Geschäfte einen mindestens 45-minütigen Vorlauf benötigten. Wenn Kunden der Betroffenen allerdings die Leistung mit nur 15 Minuten Vorlauf abriefen, genüge diese Zeitspanne nicht, um ersatzweise ein entsprechendes Intraday-Geschäft abzuschließen. Da sich die Situation im Netz durch eine virtuelle Anpassung bezogen auf das überlastete Netzteil nicht verändere, sei ein Verbot der virtuellen Anpassung der Einspeisezeitreihe nicht erforderlich und damit rechtswidrig. Eine bilanzielle Veränderung der Einspeisemengen – ohne Auswirkungen auf die physikalische Fahrweise der Anlagen – sei im Übrigen über Jahre Teil der Realität von Redispatch-Maßnahmen gewesen, wie sie die Betroffenen mit dem zuständigen Übertragungsnetzbetreiber auf vertraglicher Grundlage abgewickelt hätten.
22Die Behauptung der Bundesnetzagentur, die Fahrplananpassungsflexibilität sei für die Übertragungsnetzbetreiber nicht praktikabel, sei nicht nachvollziehbar und durch nichts belegt. Anders als die Bundesnetzagentur meine, komme es für den Erhalt der untertägigen Flexibilität weder auf das Zeitfenster von einer Viertelstunde an noch führe die Vorgehensweise zu einem unzumutbaren Aufwand bei den Übertragungsnetzbetreibern. Vielmehr bestehe ein dreimal längerer Vorlauf, da sowohl der stündliche als auch der viertelstündliche Intraday-Markt der EPEX-Spot aktuell eine Vorlaufzeit von 45 Minuten hätten. Das Einräumen untertägiger Flexibilität sei mit überschaubarem zusätzlichem Aufwand beim Übertragungsnetzbetreiber verbunden, da alle notwendigen Funktionen – schon zur Abwicklung des Mechanismus aus § 5 Abs. 2 StromNZV - vorhanden seien. Die enge zeitliche Taktung durch die viertelstündigen Vorlaufzeiträume für Fahrplanänderungen gehöre sowohl für Übertragungsnetzbetreiber als auch Anlagenbetreiber zum Tagesgeschäft und würde überdies in dieser engen zeitlichen Taktung nicht verlangt.
23Es sei auch nicht ersichtlich, aus welchem Grund eine Erhaltung der Fahrplananpassungsflexibilität und der Einräumung eines Vorbehaltsrechts zugunsten des Übertragungsnetzbetreibers nicht gleich geeignet sein solle. Exakt diese Regelungssystematik sei in § 5 Abs. 2 S. 1 und 2 StromNZV niedergelegt und entspreche der alltäglichen Wirklichkeit von Kraftwerks- und Übertragungsnetzbetreibern. Warum dies gerade im Redispatch-Fall anders sein sollte oder abweichend geregelt werden müsse, sei nicht ersichtlich.
24Der Entzug der Fahrplanflexibilität sei auch schon nicht geeignet, Verhalten zu unterbinden, das der Maßnahme des Übertragungsnetzbetreibers zuwiderlaufen oder diese konterkarieren könnte. Denn auch bei einem Entzug der Fahrplanhoheit bestehe das Risiko gegenläufiger Fahrweisen, wenn auch mit zunächst geringeren Auswirkungen, durch das Verhalten jedes dritten Betreibers von Anlagen, die an jeweils benachbarten Netzknoten angeschlossen seien. Der Entzug der Fahrplanflexibilität könne damit auch nicht erforderlich sein.
25Sofern die Bundesnetzagentur jedes Recht zur Fahrplananpassung entziehen wolle, um den Übertragungsnetzbetreiber nicht zu überfordern, sei den in Anspruch genommenen Anlagenbetreibern aber jedenfalls hilfsweise unter der Festlegung BK8-12-019 die entstehenden Opportunitätskosten zu vergüten.
26Die Festlegung entspreche in ihrer jetzigen Form nicht dem geltenden Recht, das in § 13 Abs. 1a EnWG vorgegeben sei, so dass sie jedenfalls hilfsweise aufgehoben werden müsse.
27Die Regelung in Tenorziffer 2 Satz 3 der Festlegung überschreite die Grenzen der Ermächtigungsgrundlage. Mit der netzknotenbezogenen Betrachtung der Netto-Nennwirkleistung werde der Adressatenkreis in rechtswidriger Weise ausgeweitet, da auch Anlagen zu Redispatch-Maßnahmen herangezogen würden, die den gesetzlichen Grenzwert gar nicht erreichten.
28Die Festlegung sei zudem nicht hinreichend bestimmt. Dies betreffe zum einen die Auswahl der heranzuziehenden Anlagen, zum anderen die Regelung der Merit Order der netzstützenden Wirkung, nach der die Anlagen für die Anweisung aufzureihen seien. Überdies sei nicht eindeutig, nach welchen Maßstäben KWK-Anlagen einbezogen seien.
29Die Vorgaben zur Einsatzreihenfolge und Anweisung seien widersprüchlich. Nach Ziffer 3 des Tenors würden Anlagen nicht blockscharf zu Redispatch-Leistungen angewiesen, sondern bezogen auf den Netzknoten, an dem eine Gesamtheit von Anlagen eines Betreibers angeschlossen sei. Hinsichtlich der Reihenfolge der Heranziehung stelle die Bundesnetzagentur in Ziffer 4 des Tenors hinsichtlich der Reihung der Abrufreihenfolge aber auf „Anlagen“, nicht auf Netzknoten ab. Unklar bleibe insoweit, ob die Einsatzreihenfolge parallel zum späteren Abruf netzknotenbezogen bestimmt werde oder ob eine blockscharfe Betrachtung erfolgen solle.
30Daneben bleibe auch völlig unklar, welches Prinzip die Bundesnetzagentur mit der Festlegung der Einsatzreihenfolge in Redispatch-Fällen in Tenorziffer 4 verfolge. Die netzstützende Wirkung sei kein technisch oder energiewirtschaftlich geprägter Begriff des Netzbetriebs, mittels dessen der Übertragungsnetzbetreiber eine Einsatzreihenfolge bestimmen könne. Wie sie zu messen sei, bleibe völlig offen. Die Festlegung fordere jedoch die Abbildung in einer konkret messbaren und definierten Einheit, um aus diesem Wert und der zu zahlenden Vergütung rechnerisch einen Quotienten ermitteln zu können. Nach der Festlegung seien es die Übertragungsnetzbetreiber, die die entsprechenden Kriterien aufstellen müssten, anhand derer die Einsatzreihenfolge zu bestimmen sei.
31Überdies sei nicht eindeutig, nach welchen Maßstäben KWK-Anlagen einbezogen seien. Insoweit werde zwar nicht in Zweifel gezogen, dass der nicht wärmegeführte Teil der Stromerzeugung keine privilegierungsbedürftigen Besonderheiten aufweise. Unklar sei jedoch, wie weit die Aktualisierung der gemeldeten Kraftwerkseinsatzpläne gemäß Ziffer 8 des Tenors reiche und wie bei KWK-Anlagen zu verfahren sei, wenn der Übertragungsnetzbetreiber eine Anweisung hinsichtlich des Kraftwerkseinsatzes gegeben habe. Unter technischen Gesichtspunkten sei die durch die Wärmeproduktion gebundene Leistungsscheibe keine feste Größe, sondern Veränderungen unterworfen. Zumindest im Intraday-Bereich sei die nicht-wärmegeführte freie Leistung eines Kraftwerks Veränderungen unterworfen. Schwankungen ergäben sich zum einen – wie bei der Stromproduktion – aufgrund einer nicht gleichmäßigen Nachfrage, zum anderen auch dadurch, dass sich die klimatischen Bedingungen ändern könnten. Aus der Begründung der Bundesnetzagentur auf Seite 53 der Festlegung ergebe sich, dass eine Anpassung der Einspeisezeitreihen nach Anweisung zur Wirkleistungsanpassung nicht möglich sei. Gelte dies auch für KWK-Anlagen, führe dies aber dazu, dass unter Umständen auch wärmegeführte Leistungsscheiben von der Anweisung des Übertragungsnetzbetreibers betroffen würden mit der Folge, dass die Anweisung zum Redispatch Versorgungsengpässe im Wärmemarkt verursache.
32Die Festlegung sei auch deshalb rechtswidrig, weil sie dem Privilegierungstatbestand des § 7 Abs. 1 KraftNAV keine Rechnung trage.
33Die Festlegung sei unverhältnismäßig. Wegen der netzknotenbezogenen Betrachtung bei der Anweisung zu Redispatch-Maßnahmen nach Tenorziffer 3 sei sie nicht geeignet und gleichzeitig in sich selbst widersprüchlich. Die anlagenscharfe Auswahl nach Tenorziffer 4 und die netzknotenbezogene Anweisung nach Tenorziffer 3 führten dazu, dass die vorgesehene Einsatzreihenfolge de facto nicht umgesetzt werde. Die Festlegung stelle nicht sicher, dass die Anweisung eines Netzknotens immer nur in dem Umfang erfolge, in dem die nach der Merit-Order vorrangig in Anspruch zu nehmende Anlage Redispatch-Leistungen erbringen könne. Die nach der Einsatzreihenfolge zweite abzurufende Anlage werde daher nie zu einer Maßnahme herangezogen, solange der gesamte Netzknoten des ersten Anlagenbetreibers die Leistung durch den Einsatz von teureren Anlagen erbringen könne. Damit führe die Festlegung in ihrer jetzigen Form entgegen § 1 EnWG zu einer nicht gerechtfertigten Kostensteigerung.
34Die netzknotenbezogene Betrachtung der Nennwirkleistung in Tenorziffer 2 sei nicht geeignet, das mit der Begrenzung verfolgte Privilegierungsziel zu erreichen. Soweit die Bundesnetzagentur den Sinn und Zweck einer Mindestnennleistung von 50 MW nach § 13 Abs. 1a EnWG a.F. darin sehe, übermäßige Belastungen kleiner Anlagenbetreiber zu vermeiden, werde dieses Ziel durch eine netzknotenbezogene Betrachtung nicht erreicht, da sie nicht zu einer Besserstellung führe, sondern einzig die Zahl der Anlagen, auf die zugegriffen werden könne, erhöhe.
35Es fehle an der Erforderlichkeit einer netzknotenbezogenen Anforderung. Ziffer 3 Satz 3 des Tenors lasse mit der Formulierung „für die Gesamtheit“ das Verständnis zu, dass der Betreiber der Anlagen die Leistung mittels aller angeschlossenen Anlagen kumulativ zu erbringen habe. Dieser Vorgabe fehle aber die Erforderlichkeit.
36Ein Entzug der Fahrplananpassungsflexibilität des Anlagenbetreibers sei nicht erforderlich. Die Bundesnetzagentur verursache damit Auswirkungen, die sie selbst offenbar nicht beabsichtigt habe. Ausweislich des Tenors zu Ziffer 2 der Festlegung habe sie wärmegeführte Leistungsscheiben von KWK-Anlagen von der Verpflichtung zu Redispatch-Maßnahmen freistellen wollen. Wenn sie aber die Fahrplananpassungsflexibilität entziehe, führe dies gerade zu einer Einbeziehung dieser Leistungsscheiben mit der Folge von Versorgungsengpässen im Wärmemarkt. Der Umstand, dass sie ganz offensichtlich ihrer Festlegung andere Rechtsfolgen zugemessen habe und von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei, führe dazu, dass die Ermessensausübung jedenfalls defizitär erfolgt sei.
37Schließlich sei der Erlass der Festlegung unverhältnismäßig, weil er nicht erforderlich gewesen sei. Soweit die Bundesnetzagentur die Erforderlichkeit mit der stark sinkenden Bereitschaft der Erzeuger, Redispatch-Verträge mit den Übertragungsnetzbetreibern abzuschließen, begründe, habe sie die Behauptung nicht belegt. Aus Sicht der Betroffenen … sei die Erwägung nicht nachvollziehbar. Auch in der Vergangenheit seien Redispatch-Maßnahmen mit dem zuständigen Übertragungsnetzbetreiber zur allseitigen Zufriedenheit reibungslos abgewickelt worden. Dadurch dränge sich der Schluss auf, dass sie mit ihren Festlegungen auf Einzelfälle- nach ihrer Kenntnis sogar lediglich in Bezug auf einen einzigen Akteur - reagiert habe. Dass eine diskriminierungsfreie und transparente Durchführung von Redispatch-Maßnahmen nicht erfolgt sein solle, werde ausdrücklich bestritten.
38Fälschlicherweise habe die Bundesnetzagentur im Rahmen ihres Aufgreifermessens auch das Volumen von Countertrading-Maßnahmen einbezogen, was unzweckmäßig sei, da Redispatch und Countertrading andere Sachverhalte beträfen und der Einsatz von Redispatch wegen seiner größeren Effizienz insgesamt geringere Kosten hervorrufe.
39Im Übrigen werde vorsorglich aufgrund der jedenfalls entschädigungspflichtigen Inanspruchnahme der Betroffenen eine Verletzung der Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 2 Abs.1 und 3 Abs1 GG gerügt.
40Die Betroffenen beantragen,
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1. festzustellen, dass die Betroffenen auch im Falle einer Anweisung zu Redispatch-Maßnahmen durch den Übertragungsnetzbetreiber nicht daran gehindert ist, ihren Kraftwerksfahrplan untertägig anzupassen, wobei der energetische Ausgleich der Redispatch-Maßnahme gemäß Ziffer 5. des Tenors der Festlegung BK6-11-098 aufbauend auf diesem angepassten Fahrplan zu erfolgen hat.
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2. hilfsweise zu 1.:
a) die Festlegung der Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur vom 30.10.2012 (Az.: BK6-11/098) aufzuheben und die Bundesnetzagentur zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue Festlegung zu erlassen, die den Betroffenen eine untertägige Anpassung ihrer Kraftwerksfahrpläne auch im Falle einer Anweisung zu einer Redispatch-Maßnahme gestattet,
45b) hilfsweise zu 2.a), die Festlegung der Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur vom 30.10.2012 (Az.: BK6-11/098) aufzuheben.
46Die Bundesnetzagentur beantragt,
47die Beschwerde zurückzuweisen.
48Sie verteidigt die angegriffene Festlegung unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Gründe. Ergänzend trägt sie vor:
49Der Feststellungsantrag der Betroffenen sei bereits nicht statthaft. Eine Feststellungsbeschwerde sei im EnWG nicht vorgesehen und auch nicht im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG geboten, da keine Fallgestaltung erkennbar sei, in der die Betroffenen nicht durch eine Leistungsbeschwerde ihr prozessuales Ziel erreichen könnten.
50Schließlich sei die Feststellungsbeschwerde jedenfalls unbegründet. Die dem Feststellungsantrag zu Grunde liegende Frage lasse sich zweifelsfrei durch die Auslegung der Festlegung beantworten. Auf Seite 53 der Festlegung stelle sie unmissverständlich klar, dass es untertägige Fahrplananpassungen während einer Redispatch-Anweisung nicht geben solle. Dies werde sodann ausführlich mit der Gefahr begründet, dass die Aktualisierung der Fahrpläne während der Redispatch-Maßnahme zu Lasten der Übertragungsnetzbetreiber gehen könnte. Außerdem werde durch das Verbot untertägiger Fahrplananpassungen während der Anweisung verhindert, dass die Wirkleistungsanpassung unterlaufen oder vollständig konterkariert werde.
51Die Ausführungen zum grundsätzlichen Ausschluss der Anlagen vom Intraday-Markt auf S. 52ff des Beschlusses konkretisierten und erläuterten Tenorziffer 7., wonach Übertragungsnetzbetreiber und Betreiber von Erzeugungsanlagen einen Kraftwerksfahrplan im Viertelstundenraster austauschten, der Beginn, Ende und zeitlichen Verlauf der Wirkleistungsanpassung beschreibe. Diese Verpflichtung aus dem Tenor der Festlegung würde konterkariert, wenn von diesem Fahrplan, der die Grundlage des Redispatch-Managements der Übertragungsnetzbetreiber bilde, untertägig beliebig abgewichen werden könnte. Allerdings sei die Einschränkung der untertägigen Fahrplananpassung nicht als absolutes Verbot gegenüber den Übertragungsnetzbetreibern zu verstehen. Untertägige Fahrplanänderungen könnten im Einzelfall akzeptiert werden, wenn die Situation dies erlaube. Sie habe es lediglich abgelehnt, den Anlagenbetreibern in einer kritischen Situation der Netzstabilität einen Anspruch untertägiger Fahrplanänderungen einzuräumen und damit die Übertragungsnetzbetreiber zu zwingen, jederzeit Aktualisierungen der Einspeisezeitreihen anzunehmen.
52Auch der hilfsweise zum Feststellungsantrag gestellte Neubescheidungsantrag der Betroffenen könne keinen Erfolg haben. Diese hätten keinen Anspruch auf den Erlass einer Festlegung zur Ausgestaltung von Redispatch-Maßnahmen nach § 13 Abs. 1a S. 3 EnWG. Eine solche stehe im Ermessen der Bundesnetzagentur. Das Aufgreifermessen habe sie ordnungsgemäß ausgeübt. Eine Ermessensreduzierung auf Null, die die begehrte Verpflichtung zur Neubescheidung begründen könnte, sei jedoch nicht gegeben und werde auch von den Betroffenen nicht vorgetragen.
53Der hilfsweise gestellte Aufhebungsantrag zu Ziffer 2b sei unbegründet.
54Sie habe ihr Aufgreifermessen sachgerecht ausgeübt. Grund für das Aufgreifen der Festlegungsermächtigung aus § 13 Abs. 1a Satz 3 EnWG sei insbesondere der Umstand gewesen, dass die zu diesem Zeitpunkt gelebte Praxis der freiwilligen Vereinbarungen zur Anpassung der Wirkleistungseinspeisung eine diskriminierungsfreie Durchführung von Redispatch-Maßnahmen nach transparenten und eindeutigen Kriterien nicht mehr gewährleistet habe. Trotz der gestiegenen Erforderlichkeit von Markteingriffen zur Aufrechterhaltung der Systemstabilität hätten einige Kraftwerksbetreiber ihre Teilnahme an Redispatch-Maßnahmen verweigert. Dabei könne auch schon die Weigerung weniger Akteure dazu führen, dass Gefährdungen oder Störungen der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems nicht mehr beseitigt werden können. Die zwischen Übertragungsnetzbetreibern und an Maßnahmen teilnehmenden Kraftwerksbetreibern geschlossenen Verträge seien extrem uneinheitlich ausgestaltet. Das praktizierte, rein privatwirtschaftliche Modell sei vor diesem Hintergrund nicht länger geeignet, die Aufrechterhaltung der Systemsicherheit angesichts der zunehmenden Anzahl von Engpässen hinreichend sicher zu stellen.
55Hinsichtlich der Analyse des Redispatch-Volumens habe sie richtigerweise Countertrading-Maßnahmen mit in die Betrachtung einbezogen, da diese ebenfalls der Engpassbeseitigung dienten. Während in der Vergangenheit das Verhältnis von Countertrading und Redispatch relativ ausgeglichen gewesen sei, würden seit einigen Jahren verstärkt Redispatch-Maßnahmen durchgeführt und würde Countertrading wegen der schlechteren Steuerungsmöglichkeiten im Hinblick auf den Engpass vernachlässigt. Diesen Trend habe sie in ihrer Prognose zur Entwicklung der Redispatch-Mengen und ihren Abwägungen zum Aufgreifermessen berücksichtigt.
56Schließlich habe sie das Gefahrenpotential drohender Überlastungssituationen und Spannungsgrenzwertverletzungen in ihre Entscheidung mit einbezogen.
57§ 13 Abs. 1a Satz 3 EnWG ermächtige sie zu sämtlichen im Rahmen der Festlegung getroffenen Regelungen. Der Gesetzgeber habe ihr für die praxisgerechte Ausgestaltung von Redispatch einen weiten Spielraum und eine umfassende Regelungskompetenz eingeräumt.
58In der Regelung in Tenorziffer 2 liege keine rechtswidrige Überschreitung der Ermächtigung im Hinblick auf die 50 MW Untergrenze. Der Wortlaut der Norm des § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG a.F. sei so zu verstehen, dass die angegebene Nennleistung von 50 MW auf alle Erzeugungs- oder Speicheranlagen eines Betreibers an einem Netzknoten bezogen sei. Die Angabe „Betreiber von Anlagen […] mit einer Nennleistung ab 50 Megawatt […]“ sei keine eindeutige Bezugnahme auf Einzelanlagen, sondern beziehe sich auf alle in der Verantwortung eines Betreibers stehenden Anlagen. Dies zeige die Verwendung des Wortes „Anlagen“ im Plural. Auch die nunmehr auf 10 MW abgesenkte Nennleistungsgrenze beziehe sich auf die Gesamtheit aller Anlagen eines Betreibers an einem Netzknoten.
59Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Wortlaut des § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG nicht ausdrücklich auf den Netzknoten Bezug nehme. Das Netzknotenkriterium ergebe sich eindeutig aus dem Sinn und Zweck der Nennleistungsgrenze. Die Regelung solle übermäßige Belastungen kleiner Anlagenbetreiber vermeiden. Insoweit mache es aber keinen Unterschied, ob ein Anlagenbetreiber an einem Netzknotenpunkt fünf Anlagen zu je 10 MW oder eine Anlage zu 50 MW angeschlossen habe. Entscheidend sei, dass die Anlagen insgesamt nicht mehr so klein seien, dass sie der Privilegierung durch die Begrenzung bedürften. Dieses Verständnis werde im Übrigen vom Verordnungsgeber der Reservekraftwerksverordnung vom 27.06.2013 geteilt, wie sich aus der netzknotenbezogenen Betrachtung in § 10 Abs. 1 sowie aus der Verordnungsbegründung (S. 23), wonach ausdrücklich auf die Definition der Bundesnetzagentur in der streitgegenständlichen Festlegung Bezug genommen worden sei, ergebe.
60Die Regelung müsse darüber hinaus im Zusammenhang mit den weiteren Vorgaben zur Konkretisierung des Adressatenkreises von Redispatch-Anweisungen betrachtet werden. Nach Ziffer 3 Satz 3 der Festlegung erfolge eine entsprechende Anweisung nicht anlagenscharf, sondern auch bezogen auf die Gesamtheit aller an einem Netzknoten angeschlossenen Anlagen eines Betreibers. Sinn und Zweck dieser Regelung sei es, dem angewiesenen Anlagenbetreiber eine größtmögliche Flexibilität bezüglich der konkreten Umsetzung der Maßnahme zu ermöglichen. Gleichzeitig verhindere die netzknotenbezogene Betrachtung eine Umgehung des Anwendungsbereichs der Festlegung durch einzelne Anlagenbetreiber. Eine anlagenscharfe Untergrenze der Nennwirkleistung könnte dazu führen, dass verschiedene Betreiber kleinerer Anlagen diese bis kurz unterhalb der Leistungsschwelle dimensionierten, um sich so dem Adressatenkreis von Redispatch-Anweisungen zu entziehen.
61Die Festlegung sei hinreichend bestimmt i.S.d. § 37 Abs. 1 VwVfG. Sie richte sich ausschließlich an Marktteilnehmer, die den Regelungsgegenstand der Festlegung aufgrund ihrer Sachkenntnis und Erfahrung selbstverständlich genau kennen.
62Die Bildung der Merit Order gemäß Tenorziffer 4 sei hinreichend bestimmt und eindeutig. Entscheidend sei der Quotient aus netzstützender Wirkung und der für die Anpassung der Wirkleistungseinspeisung zu entrichtenden Vergütung. Die Merit Order gewährleiste die notwendige netzphysikalische Wirkung der Maßnahme zur Wirkleistungsanpassung sowie deren volks- und betriebswirtschaftliche Effizienz. Damit würden zugleich die in § 1 Abs. 1 EnWG formulierten Ziele des EnWG verwirklicht. Beide Komponenten zur Berechnung des Quotienten seien bestimmbar. Die abstrakte Vorgehensweise zur Ermittlung der Merit Order sei vollständig in der streitgegenständlichen Festlegung geregelt. Es handele sich dabei um eine von der Frage der konkreten Höhe der Vergütung unabhängige Methodik. Die Frage der konkreten Ermittlung des zu entrichtenden Entgelts sei im Parallelverfahren zu klären, da die Kriterien für die Bestimmung der Vergütung im Rahmen der Festlegung der BK 8 festgelegt worden seien.
63Dass die Vergütung in einer anderen Festlegung geregelt sei, sei unschädlich. Die Aufteilung der Regelungsgegenstände in zwei Festlegungen basiere auf der Zuständigkeitsverteilung der Beschlusskammern der Bundesnetzagentur, die verfahrensunabhängig und abstrakt in der Geschäftsordnung der Bundesnetzagentur geregelt sei. Eine Rechtsverletzung der Betroffenen sei damit nicht verbunden.
64Darüber hinaus stehe die Vorgabe zur Bestimmung der Merit Order nicht im Widerspruch zu den weiteren Regelungen bezüglich der Bestimmung des Adressaten einer Anweisung zur Wirkleistungsanpassung in Tenorziffer 3.
65Die anlagenscharfe Aufstellung der Merit Order folge daraus, dass der Übertragungsnetzbetreiber den Quotienten aus netzstützender Wirkung und – der sich aus der Festlegung der Beschlusskammer 8 ergebenden - Vergütung für jede einzelne Anlage bilde. Die konkrete Anweisung zur Wirkleistungsanpassung sei sodann an den Betreiber der „Platz-1-Anlage“ zu richten, jedoch nicht auf Umsetzung der Maßnahme durch diese konkrete Anlage, sondern hinsichtlich sämtlicher, von ihm an dem fraglichen Netzknoten angeschlossenen Anlagen, um dem Anlagenbetreiber ein gewisses Maß an Flexibilität einzuräumen. Die Unkenntnis darüber, welche Anlage der Betreiber letztlich zur Umsetzung der Anweisung einsetze, stehe der Aufstellung der Merit Order erkennbar nicht entgegen. Die Ermittlung der durch eine Anlage an einem bestimmten Netzknoten bewirkten Lastflussänderung bzw. Spannungsänderung bezogen auf deren Änderung der Einspeiseleistung erfolge unabhängig von deren freien Leistungsscheiben (i.d.R. relativ, d.h. in Prozent). Die Übertragungsnetzbetreiber führten dazu sog. Sensitivitätsuntersuchungen durch. Im modulierten Netz würden verschiedene Szenarien simuliert, um so den netzstützenden Einfluss der verschiedenen Netzknoten bzw. der daran angeschlossenen Anlagen festzustellen. Tatsächlich sei also die Kenntnis der freien Kapazität einer einzelnen Anlage für die Ermittlung der netzstützenden Wirkung und damit auch für die Aufstellung der Merit Order nicht erforderlich.
66Dass die nach der Merit-Order auf Platz 1 gereihte Anlage nicht geeignet wäre, den Netzengpass alleine zu beseitigen und daher auch die andern Anlagen desselben Anlagenbetreibers an diesem Netzknoten herangezogen würden, beschreibe einen recht theoretischen Fall. Das Beispiel zeige jedoch die Konsequenz der im Verhältnis zum konsultierten Eckpunktepapier deutlich verringerten Meldepflichten der Anlagenbetreiber, die freie Leistungsscheiben nur bezogen auf den gesamten Netzknoten melden müssten (vgl. Bl. 56f. der Festlegung) und der Möglichkeit der Anlagenbetreiber, die angewiesenen Wirkleistungsanpassung an einem bestimmten Netzknoten mit der Anlage ihrer Wahl durchzuführen, auf. Warum diese, für die Anlagenbetreiber günstige Regelung rechtswidrig sein solle, erschließe sich nicht.
67Soweit die Betroffenen im Zusammenhang mit der Tenorziffer 8 rügten, sie hätte den Umstand, dass eine Anweisung des Anlagenbetreibers einer KWK-Anlage zu Redispatch später zu Versorgungsengpässen im Wärmemarkt führen könnte, ausführlicher abwägen und begründen müssen, überspannten sie die Anforderung an die Begründungstiefe einer Festlegung. Es müsse nicht jede denkbare Fallgestaltung jedes möglichen Anlagentyps bis ins kleinste Detail beschrieben und abgewogen werden, sondern es genüge, wenn die grundsätzlichen Besonderheiten zutreffend bewertet und ausgeführt würden.
68Die streitgegenständliche Festlegung verstoße auch nicht gegen den Anspruch auf bevorzugten Netzzugang gemäß § 7 Abs. 1 KraftNAV. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 KraftNAV sei der Anspruch auf bevorzugten Netzzugang definiert als Bereitstellung von Leitungskapazität ohne die Erhebung von zusätzlichen Entgelten durch den Netzbetreiber. Vorliegend gehe es jedoch nicht um Leitungskapazität. Die Wirkleistungsanpassung im Rahmen von Redispatch erfolge nicht über eine Veränderung der Leitungskapazität der angeschlossenen Anlage. Diese bleibe selbstverständlich unverändert. Es gehe allein um die Eingriffsmöglichkeit in die Fahrweise von Erzeugungsanlagen durch Wirkleistungsanpassung.
69Sie habe das ihr hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung der Festlegung eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die streitgegenständliche Festlegung sei zudem verhältnismäßig. Sie sei geeignet und erforderlich, Gefahren oder Störungen für die Sicherheit oder Zuverlässigkeit von Elektrizitätsversorgungssystemen effizient zu beseitigen.
70Dass die Redispatch-Anweisung nach Tenorziffer 3 netzknotenbezogen erfolge, sei im Rahmen der Erforderlichkeit ebenfalls nicht zu beanstanden, da kein milderes, gleich effektives Mittel zur Verfügung stehe. Durch die Anweisung des Netzknotens werde nämlich gerade nicht der Anlagenbetreiber über das für die Beseitigung der Störung erforderliche Maß hinaus belastet. Vielmehr könne er unter den an diesem Netzknoten angeschlossenen Anlagen, die für ihn günstigste auswählen. Damit stelle die netzknotenbezogene Anweisung eine Regelung dar, die dem Anlagenbetreiber zusätzliche Freiheiten schaffe und weniger in seine Fahrplanflexibilität eingreife als eine anlagenscharfe Anweisung.
71Der Ausschluss der angewiesenen Anlagen vom Intraday-Markt und das Einfrieren der Kraftwerksfahrpläne seien erforderlich, um das Ziel der Festlegung, die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungsnetzes, bestmöglich zu gewährleisten. Durch die Teilnahme am Intraday-Markt könnte die Wirksamkeit der Redispatch-Maßnahme vermindert oder sogar aufgehoben werden. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass beim strombedingten Redispatch immer mindestens zwei – häufig sogar mehr – Kraftwerke beteiligt seien. Eine kurzfristige Änderung der Fahrweise eines Kraftwerks erfordere regelmäßig Folgeänderungen bei den anderen beteiligten Kraftwerken, so dass die Komplexität der Engpassbeseitigung für den jeweiligen Systemführer des betroffenen Übertragungsnetzbetreibers durch die Zulassung des Intraday-Handels während der Redispatch-Maßnahme erheblich stiege.
72Eine Regelung, durch die die Teilnahme am Intraday-Markt grundsätzlich eröffnet bliebe, ggf. aber den Übertragungsnetzbetreibern ein Vorbehaltsrecht gegen dort getätigte Geschäfte eingeräumt würde, sei jedenfalls nicht gleich geeignet. Die Übertragungsnetzbetreiber müssten sich dann in einer Phase der Netzunsicherheit, in der zeitkritisch Entscheidungen getroffen werden müssten, mit virtuellen Kraftwerksfahrplänen bzw. mit Fahrplanänderungen der angewiesenen Erzeuger auseinandersetzen, anstatt sich auf die erforderliche Wiederherstellung der Netzsicherheit konzentrieren zu können. Eine solche Regelung wäre nicht praktikabel. Angesichts dessen, dass Fahrplanänderungen mit einer Vorlauffrist von einer Viertelstunde zu jeder Viertelstunde geändert werden dürften, wären die Übertragungsnetzbetreiber in einem für Reaktionen sehr engen Zeitfenster und während einer länger anhaltenden Redispatch-Maßnahme u.U. wiederholt mit Fahrplananpassungen konfrontiert. Dieser zusätzliche Aufwand sei den Übertragungsnetzbetreibern in einer Situation, in der sie mit der Wiederherstellung der Netzsicherheit befasst seien, nicht zuzumuten. Das Einfrieren der Kraftwerkspläne sei insoweit für alle Anlagen des angewiesenen Betreibers am betreffenden Netzknoten erforderlich, da ansonsten die Möglichkeit bestünde, dass es zu einer Verschärfung des Engpasses bzw. einem Unterlaufen der Redispatch-Maßnahme komme. Flexibilitätseinbußen seien seitens der Erzeuger insoweit im Interesse der Aufrechterhaltung der Systemsicherheit hinzunehmen.
73Haupthandelsmarkt für Strom seien die Termin- und Spotmärkte. Der Intraday-Handel biete lediglich die Möglichkeit zur untertägigen Optimierung aufgrund geänderter Rahmenbedingungen und stelle daher lediglich einen Optimierungsmarkt dar. Während das Handelsvolumen am Day Ahead-Markt der EPEX Spot Strombörse im Jahr 2013 für das Marktgebiet Deutschland/Österreich bei 245,6 Mrd. kWh gelegen habe, seien Intraday 19,7 Mrd. kWh gehandelt worden, mithin etwa 8 % der Day Ahead gehandelten Menge. Sie verkenne damit nicht, dass die untertägige Fahrplanoptimierung des am Vortag gemeldeten Kraftwerksfahrplans durch Intraday-Handel für Kraftwerksbetreiber von wirtschaftlicher Bedeutung und nachvollziehbarem Interesse sei. Dieses Interesse müsse jedoch im Fall einer Gefährdung oder Störung der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems zurückstehen. Die durch Engpässe bedingten Gefahren seien erheblich und die Aufgabe der Übertragungsnetzbetreiber, die Netzstabilität wiederherzustellen zeitkritisch und hochkomplex. Teilweise seien sogar mehrere Maßnahmen pro Tag, unter Umständen sogar gleichzeitig erforderlich.
74Die Forderung der Betroffenen nach einer Vergütung von Opportunitäten verkenne die Vergleichsparameter. Statt die Redispatch-Maßnahme hinwegzudenken, dächten die Betroffenen für ihre Vergleichsbetrachtung die Netzgefährdung bzw. –störung hinweg. Vergütungsfragen seien im Übrigen allein Gegenstand des Parallelverfahrens.
75Die Festlegung verstoße darüber hinaus nicht gegen Grundrechte. Eine Verletzung von Art. 12 GG sei fernliegend. Da die Sicherheit der Energieversorgung ein absolutes Gemeinschaftsgut darstelle, könne an einer Rechtfertigung des Eingriffs kein Zweifel bestehen. Dies gelte umso mehr, als die Betroffenen auch ohne die Festlegung durch die Übertragungsnetzbetreiber unmittelbar aus § 13 Abs. 1a EnWG zur Redispatch-Maßnahmen herangezogen werden könnten. Der durch § 13 Abs.1a EnWG bewirkte Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit zur Gewährleistung der Sicherheit des Elektrizitätsversorgungsnetzes diene zugleich auch dem Zweck, den Anlagenbetreibern die Berufsausübung weiterhin zu ermöglichen. Die Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in Art. 12 GG könne jedenfalls durch eine Kostenerstattungsregel gewährleistet werden. Eine solche sei Gegenstand des Parallelverfahrens zur Festlegung der BK 8. Die Frage, ob die Vergütung unzureichend sei, sei für das vorliegende Verfahren jedoch irrelevant.
76Eine ungerechtfertigte Diskriminierung durch den Auswahlmechanismus (Tenorziffer 4) sei nicht erkennbar. Dass bestimmte Erzeugungsanlagen häufiger zu Redispatch herangezogen würden als andere, stelle eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung und damit keinen Verstoß gegen Art. 3 GG dar. Die unterschiedliche Häufigkeit der Heranziehung sei dadurch bedingt, dass aufgrund des netztopologisch lokalen Charakters der netztechnischen Probleme für die effektive Störungsbeseitigung tatsächlich meist nur wenige Netzknoten in Betracht kämen. Erzeugungsanlagen an räumlich weiter vom Netzengpass entfernt liegenden Netzknoten könnten aus technischen Gründen nicht in annähernd gleich effektiver Weise zur Beseitigung der Netzstörung beitragen. Die netzstützende Wirkung sei somit maßgeblicher Faktor. Die Regelung sei folglich diskriminierungsfrei, weil sie allein auf die technische Notwendigkeit zur Durchführung einer Wirkleistungsanpassung wegen einer Störung des Übertragungsnetzes und damit auf einen aus den tatsächlichen Gegebenheiten folgenden Sachgrund abstelle.
77Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang sowie das Protokoll zur Senatssitzung verwiesen.
78B.
79Die zulässige Beschwerde hat aus den mit den Verfahrensbeteiligten in der Senatssitzung erörterten Gründen hinsichtlich des als Hilfsantrags gestellten zulässigen Anfechtungsantrags (III.) Erfolg. Die Festlegung ist rechtswidrig und die Betroffenen dadurch in ihren Rechten verletzt. Der als Hauptantrag gestellte Feststellungsantrag (I.) und der hilfsweise dazu gestellte Neubescheidungsantrag (II.) sind hingegen nicht begründet.
80I.
81Die Feststellungsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
821. Antrag
83Zunächst ist klarzustellen, dass es den Betroffenen entgegen dem Wortlaut des Antrags nicht um die Feststellung der Zulässigkeit einer untertägigen Anpassung der Kraftwerksfahrpläne während einer Redispatchmaßnahme im Allgemeinen geht. Ein solcher Antrag wäre schon aus Gründen der Subsidiarität gegenüber einer Anfechtungsbeschwerde (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO analog) unzulässig. Ausweislich ihrer Ausführungen zur Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags soll festgestellt werden, dass die Festlegung Fahrplananpassungen nicht verbietet, wobei es ihnen vorrangig um die virtuelle Anpassung geht.
842. Zulässigkeit
85Der Feststellungsantrag ist statthaft. Das EnWG sieht gesetzlich die Anfechtungsbeschwerde (§ 75 Abs. 1 EnWG) und die Verpflichtungsbeschwerde (§ 75 Abs. 3 EnWG) sowie die Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde (§ 83 Abs. 2 Satz 2 EnWG) vor. Darüber hinaus kommt eine allgemeine Feststellungsbeschwerde in Betracht, wenn im Einzelfall ein dem Art. 19 Abs. 4 GG genügender lückenloser Rechtsschutz nur im Wege eines gerichtlichen Feststellungsstreits erreichen lässt. Insoweit sind für die Beurteilung der Zulässigkeit der allgemeine Feststellungsbeschwerde die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend heranzuziehen (BGH, Beschluss vom 14.08.2008, Az. KVR 42/07 – Rheinhessische Energie, RN 80; allg. zur entsprechenden Anwendbarkeit der Vorschriften der VwGO: BGH, Beschluss vom 11.11.2008, EnVR 1/08 – citiworks, juris RN 9).
86Entsprechend § 43 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Als Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen anzusehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Regelung für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (vgl. nur BVerwGE 89, 327, 329). Auch selbständige Teile eines solchen Rechtsverhältnisses können Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht aber bloße Elemente, unselbständige Teile oder Vorfragen von Rechtsverhältnissen, die nicht unmittelbar Rechte und Pflichten begründen, sondern nur Voraussetzungen solcher Rechte und Pflichten sind. Im Wege eines gerichtlichen Feststellungsstreits können daher weder abstrakte Rechtsfragen noch konkrete Rechtsfragen, die nicht unmittelbar ein Rechtsverhältnis zum Gegenstand haben, geklärt werden (BGH, Beschluss vom 14.08.2008, KVR 42/07, RN 85f. – Rheinhessische Energie).
87Die Betroffenen begehren sinngemäß die Feststellung, dass die Festlegung nicht das Verbot enthalte, im Falle einer Anweisung zur Durchführung einer Redispatchmaßnahme den Kraftwerksfahrplan untertägig – virtuell - anzupassen. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung ist im Tenor der Festlegung nicht enthalten. Insoweit streiten die Beteiligten darüber, ob den Ausführungen zum Ausschluss von untertägigen Fahrplananpassungen während der Redispatchmaßnahme auf Seite 53 der Festlegung überhaupt Regelungscharakter zukommt und sich der etwaige Ausschluss auch auf die virtuelle Anpassung bezieht. Streitiges Rechtsverhältnis ist demnach das Bestehen oder Nichtbestehen eines Verbots der Festlegung zur – virtuellen - Fahrpananpassung während einer Redispatchmaßnahme.
88Die Betroffenen haben auch ein Feststellungsinteresse hinreichend dargelegt. Das Feststellungsinteresse als besonderes Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, wenn der Betroffene ein besonderes Interesse an der baldigen Feststellung hat, sei es rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art (Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung 27. Ergänzungslieferung 2014, § 43, RN 32 f.). Ein berechtigtes Interesse ist grundsätzlich gegeben, wenn die Rechtslage oder auch die inhaltliche Reichweite eines Verwaltungsaktes unklar ist, die zuständige Behörde insoweit anderer Auffassung als der Kläger ist und der Kläger sein künftiges Verhalten an der Feststellung orientieren will (Kopp/Schenke, VwGO. 20. Aufl., § 43 RN 24, 26). So liegt der Fall hier. Die Festlegung verhält sich nicht ausdrücklich zur Zulässigkeit virtueller Fahrplananpassungen. Vor diesem Hintergrund gehen die Betroffenen von deren Zulässigkeit aus. Die Bundesnetzagentur stellt dies jedoch in Abrede, so dass die Betroffenen ein berechtigtes Interesse an einer Klärung des Regelungsgehalts der Festlegung haben, um auch ihr Verhalten an der begehrten Feststellung ausrichten zu können.
89Der Feststellungsantrag ist nicht subsidiär zur Anfechtung. Ein Anfechtungsantrag schließt einen Feststellungsantrag dann nicht aus, wenn Streit über die Auslegung eines Verwaltungsaktes besteht (Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 27. Erg. Lieferung 2014, § 43, RN 15, 47). Es geht den Betroffenen nicht um die Beseitigung des Verbots von Fahrplananpassungen, sondern um die Klärung, ob die Festlegung ein solches Verbot überhaupt enthält. Dies können sie jedoch nur im Wege der Feststellungsbeschwerde erreichen.
903. Begründetheit
91Die Feststellungsbeschwerde ist nicht begründet. Aus der Festlegung geht mit hinreichender Bestimmtheit hervor, dass Fahrplananpassungen jedweder Art verbindlich ausgeschlossen sind.
923.1. Regelung
93Den Ausführungen auf Seite 53 der Festlegung kommt Regelungscharakter zu. Bezogen auf den Streitfall ist zwischen einem Verwaltungsakt in Form einer Sachentscheidung nach § 29 EnWG oder in Form eines feststellenden Verwaltungsakt, der eine bestehende Rechtslage rechtsverbindlich feststellt, und einem schlichten Hinweis auf die Rechtslage, der bloßen Mitteilung oder Auskunft ohne Regelungscharakter, zu unterscheiden (vgl. Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. Ergänzungslieferung, § 42 Abs. 1 RN 26). Dabei kann es sich auch um einen schlichten Hinweis handeln, wenn dieser in die Begründung eines Verwaltungsakts aufgenommen worden ist (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Auflage, § 35 RN 86). Ob und wie weit eine verbindliche Regelung getroffen werden soll, entscheidet allein die Behörde. Maßgeblich ist jedoch der objektive Erklärungswert, d.h. der am objektiven Inhalt zu messende Bindungswille. Entsprechend § 133 BGB ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, wie ihn der durch die Erklärung Betroffene einschließlich eines Drittbetroffenen bei verständiger Würdigung verstehen durfte (BVerwGE 60, 223, 228f.; 41, 305, 306; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.06.2014, VI-3 Kart 93/13 (V), S. 10 BA; Beschluss vom 23.09.2009, VI-3 Kart 25/08 (V) m.w.N.).
94Vorliegend handelt es sich nicht lediglich um einen schlichten Hinweis auf die Rechtslage ohne Regelungscharakter. Insoweit kann dahinstehen, ob es sich bei den Ausführungen auf Seite 53 der Begründung um eine Sachentscheidung nach § 29 EnWG – nach Ansicht der Bundesnetzagentur im Beschwerdeverfahren i.V.m. § 13 Abs. 1a Satz 3 EnWG - bezüglich der Rechte und Pflichten von Kraftwerksbetreibern oder um einen feststellenden Verwaltungsakt in Bezug auf die bestehende Rechtslage nach § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG handelt, da es sich in beiden Fällen um einen Verwaltungsakt handelt. Die Beschlusskammer hat die Zulässigkeit einer jederzeitigen, insbesondere auch während eines anstehenden Eingriffs zur Wirkleistungsanpassung möglichen Aktualisierung der Einspeisezeitreihen durch die Anlagenbetreiber ausdrücklich verneint und ihre Entscheidung auch näher begründet. I., F. und YZ. geforderten jederzeitigen Zulässigkeit einer Anpassung und dem sich daraus ergebenden Klärungsbedarf bestand hinreichender Anlass für die Bundesnetzagentur, verbindlich anzuordnen, dass eine jederzeitige Anpassung nicht zulässig ist. Insoweit hat sie in der Begründung des Verbots ausdrücklich auf die Stellungnahmen der Betroffenen I. sowie F. und YZ. Bezug genommen. Die streitgegenständliche Passage ging damit aus der Sicht eines objektiven Empfängers über einen schlichten Hinweis auf die bestehende Rechtslage hinaus, da sich die Bundesnetzagentur mit dem Begehren der Marktteilnehmer und Verbände auseinandergesetzt, dieses abgewogen und entschieden hatte. Ein solcher Abwägungs- und Begründungsprozess spricht aber maßgeblich für den Entscheidungs- und damit Regelungscharakter der Ausführungen.
95Es ist hierbei unerheblich, dass sich die Konkretisierung aus der Begründung der Festlegung ergibt. Der Inhalt eines Verwaltungsakts muss sich nicht allein aus dem Anordnungssatz ergeben, vielmehr sind neben den bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen vor allem die dem Verwaltungsakt beigefügte Begründung zur Auslegung des Regelungsinhalts heranzuziehen (vgl. nur Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 37 RN 6; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage, § 37, RN 3, § 43, RN. 58). Die Ausführungen auf Seite 53 der beziehen sich auf Tenorziffer 7 Satz 4 und konkretisieren diese näher. So sind sie dem Gliederungspunkt „3.7. Bilanzielle Abwicklung“ zugeordnet, der sich ausschließlich mit Tenorziffer 7 befasst und stehen konkret im Zusammenhang mit den Ausführungen zu Tenorziffer 7 Satz 4. Nach Tenorziffer 7 Satz 1 haben Übertragungsnetzbetreiber und Betreiber von Erzeugungsanlagen einen Kraftwerksfahrplan im Viertelstundenraster auszutauschen, der Beginn, Ende und zeitlichen Verlauf der Wirkleistungsanpassung beschreibt. Bei Differenzen zwischen dem Fahrplan des Übertragungsnetzbetreibers und dem Bestätigungsfahrplan des Bilanzkreises der Anlage gilt der Fahrplan des Übertragungsnetzbetreibers vorrangig. Nach Tenorziffer 7 Satz 4 ist Referenzgröße, auf die dieser Fahrplan aufsetzt, die aktuellste, vom Anlagenbetreiber an den Übertragungsnetzbetreiber vor Beginn der Maßnahme übermittelte Einspeisezeitreihe der betroffenen Anlage. Damit beschränkt sich die Regelung nicht nur auf die bilanzielle Abwicklung der Redispatch-Maßnahme, sondern nimmt auch den vor Beginn der Redispatch-Maßnahme gemeldeten Fahrplan zur Gesamteinspeiseleistung in Bezug. Hintergrund dafür ist nach den Ausführungen der Bundesnetzagentur auf Seite 52, einen eindeutigen Bezugspunkt zur Bestimmung der Höhe der Wirkleistungsanpassung zu definieren. Damit ist auch eindeutig, dass sich der Ausschluss zur Fahrplananpassung nicht nur auf die physikalische Anpassung, sondern auch auf die virtuelle Anpassung erstreckt, denn ansonsten könnte die letzte vor Beginn der Redispatch-Maßnahme übermittelte Einspeisezeitreihe nicht Bezugspunkt zur Bestimmung der Höhe der Wirkleistungsanpassung sein. Dementsprechend sahen sich die Betroffenen auch gezwungen, ihren Feststellungsantrag um den angefügten Halbsatz „wobei der energetische Ausgleich der Redispatchmaßnahme gemäß Ziffer 5 des Tenors der Festlegung BK6-11-098 aufbauend auf diesem angepassten Fahrplan zu erfolgen hat“ zu ergänzen. Dies zeigt, dass die virtuelle Anpassung in der Festlegung gerade nicht vorgesehen ist. .
963.2. umfassender Ausschluss
97Die Festlegung geht demnach von einem umfassenden Ausschluss der untertägigen Fahrplananpassung durch Anlagenbetreiber und damit der Teilnahme am Intraday-Handel aus. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Bundesnetzagentur im Beschwerdeverfahren, wonach Einschränkungen der untertägigen Fahrplananpassung gegenüber den Anlagenbetreibern nicht als absolutes Verbot gegenüber den Übertragungsnetzbetreibern zu verstehen sei, diese vielmehr im Einzelfall untertägige Fahrplanänderungen akzeptieren könnten, wenn die Situation dies erlaube. In der mündlichen Verhandlung hat die Bundesnetzagentur ergänzend vorgetragen, es habe lediglich der Rechtsanspruch des Kraftwerksbetreibers auf Intraday-Geschäfte während einer Redispatch-Maßnahme ausgeschlossen werden sollen. Intraday-Handel solle dann weiter möglich sein, wenn der zuständige Übertragungsnetzbetreiber keine Einwände erhebe. Für ein solches Verständnis finden sich in der Begründung allerdings keine Anhaltspunkte. Die Bundesnetzagentur hat die Zulässigkeit einer jederzeitigen Wirkleistungsanpassung mit der Gefahr des Unterlaufens der Redispatch-Maßnahme begründet. Dabei hat sie nicht etwa auf eine konkrete Gefahr im Einzelfall, sondern allgemein und damit auf die abstrakt bestehende Gefahr hingewiesen.
98II.
99Die hilfsweise zur Feststellung gestellte Neubescheidungsbeschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1001. Zulässigkeit
101Der Neubescheidungsantrag zu Ziffer 2a ist zulässig, insbesondere ist er als Bescheidungsbeschwerde statthaft (§§ 75 Abs. 1, 78 Abs. 1, 3, 83 Abs. 4 EnWG).
102Die Betroffenen erstreben mit dem Neubescheidungsantrag nicht vorrangig die Beseitigung der Festlegung, sondern eine Korrektur hinsichtlich des ihrer Ansicht nach rechtswidrigen Verbots, Fahrplananpassungen während der Redispatchmaßnahme vornehmen zu dürfen. Dieses Rechtsschutzziel können sie jedoch nur im Wege der Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsbeschwerde erlangen. Zwar steht der Erlass und die Ausgestaltung der Festlegung im Ermessen der Bundesnetzagentur, die Betroffenen haben jedoch einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. § 13 Abs. 1a EnWG dient auch dem Schutz der Interessen der Betroffenen als Anlagenbetreiber. Dies ergibt sich schon daraus, dass ein Eingriff nur gegen „angemessene Vergütung“ zulässig ist. Eine Berücksichtigung der Interessen der Anlagenbetreiber ergibt sich jedoch nicht erst auf der Stufe der Vergütung, sondern bereits beim Eingriff selbst, da dieser in die Berufsausübungsfreiheit der Anlagenbetreiber nach Art. 12 Abs. 1 GG eingreift. Damit kann das Bestehen eines subjektiven Rechts der Betroffenen auf die begehrten Korrekturen nicht von vornherein verneint werden (vgl. BGH, Beschluss vom 15.05.2012, EnVR 46/10, RN 16).
1032. Begründetheit
104Ein Neubescheidungsanspruch steht den Betroffenen nicht zu.
105Ein solcher kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil § 29 Abs. 1 EnWG i.V.m. § 13 Abs. 1a Satz 3 EnWG der Bundesnetzagentur ermöglicht, zu entscheiden, ob sie überhaupt eine Regelung von Redispatch-Maßnahmen und ihrer Vergütung trifft. Ein Neubescheidungsausspruch würde diese Ermessensentscheidung, das Aufgreifermessen („ob“), unzulässig einschränken. Eine Ermessensreduzierung auf Null ist weder dargelegt noch ersichtlich.
106Unabhängig davon steht den Betroffenen aber auch in der Sache kein Anspruch auf Gestattung von – virtuellen - Fahrplananpassungen zu. Das Verbot der Fahrplananpassungen und der damit verbundene Ausschluss der verpflichteten Anlagen vom Intraday-Markt ist nicht zu beanstanden.
107Mit dem Verbot untertägiger Fahrplananpassungen auf Seite 53 der Begründung der streitgegenständlichen Festlegung stellt die Bundesnetzagentur die Rechtslage nach § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG verbindlich fest. Aus der gesetzlichen Verpflichtung der Kraftwerks- und Speicheranlagenbetreiber nach § 13 Abs. 1a EnWG, auf Anforderung der Übertragungsnetzbetreiber die Wirkleistungsanpassung vorzunehmen, folgt, dass die Anforderung verbindlich ist. Dementsprechend muss die Wirkleistungsanpassung in einer Weise erfolgen, die in ihrer netztechnisch-physikalischen Wirkrichtung der Anweisung des Übertragungsnetzbetreibers entspricht. Denn eine Redispatch-Maßnahme bezieht sich auf den physikalischen Lastfluss und damit auf eine Einschränkung der Einspeisung der Anlage. Die Redispatch-Anforderung darf daher nicht durch gegenläufige Intraday-Geschäfte physikalisch unterlaufen werden. Dies wäre aber der Fall, wenn bei einer Wirkleistungsreduzierung die frei gewordenen Energiemengen oder die bis dahin noch freien Mengen vermarktet würden. Dasselbe gilt, wenn bei einer Wirkleistungserhöhung der Kraftwerks- oder Speicheranlagenbetreiber die verpflichtete Anlage nicht hochführe, sondern die Redispatch-Menge anderweitig über den Intraday-Handel beschaffte, was mit Blick auf seine Grenzkosten aus wirtschaftlichen Gründen durchaus sinnvoll sein könnte, jedoch wegen der geringeren netzstützenden Wirkung einer anderen Anlage kontraproduktiv wirkte.
108Auch in dem in der Begründung der Festlegung beispielhaft genannten Fall, wonach der Kraftwerksbetreiber bei einer Anweisung zur Anpassung der Wirkleistungserzeugung von Minimal- auf Maximalleistung die Redispatch-Menge als marktgetriebene Stromproduktion umdeklariert und zur Erhaltung des energetischen Gleichgewichts seines Bilanzkreises die Leistung eines anderen, auf der gleichen Seite des Engpasses liegenden Kraftwerks in gleicher Höhe reduziert, wird die Wirkleistungsanpassung in ihrer Wirkung reduziert oder sogar aufgehoben. Insofern birgt auch die physikalische Anpassung in gleicher Richtung sowie die bloß virtuelle Anpassung grundsätzlich die Gefahr des Unterlaufens der Redispatch-Maßnahme. Zwar entspricht die physikalische Anpassung der Redispatch-Anweisung und konterkariert für sich gesehen nicht die Anweisung des Übertragungsnetzbetreibers. In jedem Fall ist jedoch ein energetischer Ausgleich der Maßnahme erforderlich, der bei den Auswirkungen der marktgetriebenen Anpassung durch den Kraftwerksbetreiber nicht außer Acht gelassen werden kann. Da der Übertragungsnetzbetreiber nach der Festlegung nur für den energetischen und bilanziellen Ausgleich der angewiesenen Redispatch-Mengen verantwortlich ist, muss der Anlagenbetreiber bzw. dessen Bilanzkreisverantwortlicher den energetischen Ausgleich der vom Anlagenbetreiber selbst vermarkteten Energiemengen – je nach Anweisungsrichtung durch eine Wirkleistungsreduzierung oder – erhöhung eines anderen Kraftwerks – sicherstellen. Wenn sich dieses Kraftwerk in räumlicher Nähe zum verpflichteten Kraftwerk befindet, führt dies allerdings, wie die Bundesnetzagentur in der Festlegung zu Recht ausgeführt hat, zu kontraproduktiven Effekten mit der Folge, dass die Wirksamkeit der Redispatch-Maßnahme reduziert oder aufgehoben wird. Diese Gefahr besteht zwar grundsätzlich auch beim energetischen Ausgleich einer spannungsbedingten Redispatch-Maßnahme über den Intraday-Handel durch den Übertragungsnetzbetreiber. Allerdings kann dieser in diesem Fall auf bilaterale Geschäfte zurückgreifen (vgl. S. 48 der Festlegung).
109Beim strombedingten Redispatch verschärft sich die Situation noch, da zur Auflösung des Engpasses zwingend (mindestens) zwei Anlagen – eine vor, eine hinter dem Engpass – zu gegenläufigen Wirkleistungsanpassungen angewiesen werden müssen. Ein energetischer Ausgleich erübrigt sich damit. Bei einer marktgetriebenen Anpassung entsprechend der Redispatch-Anweisung bestünde wiederum grundsätzlich die Gefahr, dass bei einem durch den Anlagenbetreiber oder dessen Bilanzkreisverantwortlichen veranlassten Ausgleich durch ein Kraftwerk auf derselben Seite des Engpasses die Wirksamkeit der Redispatch-Maßnahme reduziert oder aufgehoben würde. Eine physikalische Erhöhung der Wirkleistung durch den Anlagenbetreiber in Richtung der Anweisung hätte zudem zur Folge, dass auch das Kraftwerk auf der anderen Seite des Engpasses seine Einspeisung in derselben Höhe weiter reduzieren müsste, um den Engpass zu beseitigen. Wie die Übertragungsnetzbetreiberin X. im Senatstermin erläutert hat, muss daher immer eine Paarungsbetrachtung stattfinden, d.h. fährt vor dem Engpass ein Kraftwerk z.B. 200 MW herunter, muss hinter dem Engpass ein Kraftwerk gefunden werden, was ebenfalls eine Wirkleistungsanpassung von genau 200 MW in gegenläufiger Richtung durchführt. Dies wird durch die Anweisung des Übertragungsnetzbetreibers nach der Merit Order jeweils sichergestellt. Dass dies bei marktgetriebenem Handeln der Anlagenbetreiber in entsprechender Weise gesichert ist, ist weder dargelegt noch ersichtlich.
110Aber selbst wenn man davon ausginge, dass der Übertragungsnetzbetreiber auch im Falle eines die Redispatch-Anweisung ersetzenden Intraday-Geschäfts für die Anweisung der gegenläufig zur marktgetriebenen Anpassung auf der anderen Engpassseite durchzuführenden Wirkleistungsanpassung zuständig bleibt, birgt dies Gefahren für die Effektivität der Redispatch-Maßnahme. Denn der Übertragungsnetzbetreiber müsste bei einer kurzfristigen Änderung der Fahrweise eines Kraftwerks ebenfalls kurzfristig die entsprechende Gegenmaßnahme anweisen und – sofern die Fahrplanänderung des Anlagenbetreibers in ihrer physikalischen Wirkung noch über die Redispatch-Anforderung hinausgeht – weitere Folgemaßnahmen ergreifen. Er liefe damit quasi den Intraday-Geschäften der angewiesenen Anlagenbetreiber ständig hinterher. Damit würde die Komplexität der Engpassbeseitigung für den Übertragungsnetzbetreiber zunehmen und die Beseitigung der Störung oder Gefährdung der Netzsicherheit erschwert werden. Insoweit kann der Umfang der Redispatch-Maßnahmen nicht negiert werden. Die Übertragungsnetzbetreiber X. und B. haben in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass angesichts der Vielzahl der zu treffenden Maßnahmen die unbeschränkte Zulässigkeit von Intraday-Geschäften die Durchführbarkeit ihres operativen Geschäfts erheblich erschweren und daher die Netzsicherheit gefährden würde. Der Übertragungsnetzbetreiber X. hat unwidersprochen dargelegt, dass von ihm große Redispatch-Mengen zu bewältigen sind, deren Umfang in den letzten Wochen vor dem Senatstermin x bis x betragen habe. Es geht daher nicht um das „übliche Tagesgeschäft“, bei dem Fahrpläne mit einem zeitlichen Vorlauf von mindestens einer Viertelstunde zu jeder Viertelstunde eines Tages geändert werden können und dem Übertragungsnetzbetreiber im Engpassfall bei regelzonenübergreifenden Fahrplananpassungen ein Ablehnungsrecht zusteht (§ 5 Abs. 2 StromNZV). Vielmehr liegt mit dem Redispatch-Fall eine Sondersituation vor, da das Eintreten einer Engpasssituation oder Spannungsgrenzwertbeeinträchtigung nicht erst geprüft wird, sondern die Gefährdung oder Störung von den Übertragungsnetzbetreibern bereits konkret bejaht wurde. Vor diesem Hintergrund kann auch die Tatsache, dass Intraday-Geschäfte mit einem längeren Vorlauf, nämlich 45 Minuten vor Beginn der Stunde, getätigt werden können, die Situation im Engpassfall nicht nachhaltig entschärfen.
111Das Verbot der Fahrplananpassungen und der damit verbundene Ausschluss der verpflichteten Anlagen vom Intraday-Markt ist zur Erreichung des mit der Redispatch-Maßnahme erstrebten Zwecks, die Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der Systemsicherheit und -zuverlässigkeit, grundsätzlich erforderlich. Fahrplananpassungen aufgrund von Intraday-Geschäften unter Vorbehalt des Übertragungsnetzbetreibers zu stellen, ist demgegenüber kein gleich geeignetes Mittel. Denn auch in diesem Fall müsste der Übertragungsnetzbetreiber zunächst sämtliche Fahrplanänderungen auf ihre Vereinbarkeit mit der Netzsicherheit prüfen, dies jedoch in einer Situation, in der er eine Gefährdung oder Störung der Netzsicherheit bereits bejaht und aufgrund dessen die Redispatch-Maßnahme angewiesen hat. Angesichts der Vielzahl der zu treffenden Maßnahmen und der nicht unerheblichen Redispatch-Mengen würde das operative Geschäft des Übertragungsnetzbetreibers erheblich erschwert, wodurch sich negative Auswirkungen auf die ohnehin schon gefährdete Netzsicherheit nicht ausschließen ließen. Hinzu kommt, dass für den Anlagenbetreiber im Voraus auch gar nicht ersichtlich wäre, ob das von ihm getätigte Intraday-Geschäft vom Übertragungsnetzbetreiber genehmigt würde, mit der Folge, dass er sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig macht. Ein Anlagenbetreiber hat insoweit im Senatstermin nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass eine Rücksprache mit dem Übertragungsnetzbetreiber nicht praktikabel sei. Soweit dies in der Praxis von Übertragungsnetzbetreibern in Einzelfällen anders gehandhabt wird, ist dies nicht zu beanstanden, vermag aber die grundsätzlich bestehende Gefahr des Unterlaufens von Redispatchmaßnahmen und damit die Erforderlichkeit eines Verbots von Fahrplan-anpassungen nicht in Frage zu stellen.
112Das Verbot der Fahrplananpassungen und damit des Intraday-Handels ist jedoch nur dann verhältnismäßig, wenn den Anlagenbetreibern Opportunitätseinbußen vergütet werden. Andernfalls sind Anlagen, die sich in räumlicher Nähe zu dem Engpass befinden und daher regelmäßig zum Redispatch herangezogen werden, gegenüber den übrigen Anlagenbetreibern benachteiligt. Denn Opportunitäten stellen entgangene Gewinnmöglichkeiten dar, die nur deswegen nicht wahrgenommen werden können, weil ein Kraftwerksbetreiber Redispatch-Maßnahmen erbringen muss. Soweit die Bundesnetzagentur darauf verweist, dass Intraday-Handel lediglich ermögliche, kurzfristige Abweichungen von Verbrauchsprognosen auszugleichen, greift dies zu kurz. Der Intraday-Handel ist inzwischen ein relevanter und erheblicher Markt, um Renditen und Deckungsbeiträge zu erwirtschaften.
113Auch der Hinweis der Bundesnetzagentur, dass der Intraday-Handel in einer Netz-engpasssituation ohnehin eingeschränkt sei, Intraday-Chancen nicht nutzbar seien, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Grundsätzlich können Fahrpläne auch im Redispatch-Fall kurzfristig geändert werden (§ 5 Abs. 2 S. 1 StromNZV). Durch die bloße Möglichkeit des Übertragungsnetzbetreibers, eine Fahrplanänderung abzulehnen (§ 5 Abs. 2 S. 2 StromNZV), wird der Markt nicht von vornherein und regelmäßig beschränkt. So können auch die nicht zum Redispatch angewiesenen Netzbetreiber während eines Netzengpasses weiterhin uneingeschränkt am Intraday-Handel teilnehmen. Damit wird im Redispatch-Fall nicht jeder Intraday-Handel ausgeschlossen, sondern nur dem zum Redispatch konkret verpflichteten Kraftwerksbetreiber der Intraday-Handel verwehrt, der daher gegenüber den übrigen Anlagenbetreibern wirtschaftlich benachteiligt ist. Soweit die Vergütungsfestlegung der Beschlusskammer 8 die Vergütung von Opportunitätskosten nicht vorsieht, ist diese rechtswidrig (vgl. Beschlüsse vom heutigen Tag in den Beschwerdeverfahren gegen die Vergütungsfestlegung der Beschlusskammer 8). Dies führt jedoch nicht gleichzeitig zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Festlegung, denn der entsprechende Vergütungsanspruch ergibt sich bereits unmittelbar aus § 13 Abs. 1a EnWG (angemessene Vergütung).
114III.
115Der hilfsweise zum Neubescheidungsantrag zu Ziffer 2a gestellte Aufhebungsantrag zu Ziffer 2b ist zulässig und hat in der Sache aus den mit den Verfahrensbeteiligten in der mündlichen Verhandlung erörterten Gründen in der Sache Erfolg.
1161. Zulässigkeit
117Der Hilfsantrag zu 2b ist als Anfechtungsbeschwerde statthaft, §§ 83 Abs. 2 Satz 1, 75 Abs. 1, 78 Abs. 1 EnWG.
118Die Betroffenen sind gemäß §§ 75 Abs. 2, 66 Abs. 2 Nr. 2 EnWG als Adressaten der Festlegung beschwerdebefugt. Insoweit steht auch für die Betroffene zu 3 nach Ergänzung ihres Vorbringens in der mündlichen Verhandlung fest, dass diese Betreiberin des Kraftwerks E. und damit beschwerdebefugt ist. Die Betroffenen haben ferner vorgetragen, dass sie infolge der Regelungen der Festlegung zu Redispatch-Maßnahmen herangezogen und in ihrer wirtschaftlichen Disposition über ihren Kraftwerkspark beschränkt würden, ohne dass die entgangenen Erlöse ausreichend kompensiert würden und damit dargelegt, dass die Möglichkeit einer Beeinträchtigung ihrer Rechte bestehen kann.
1192. Begründetheit
120Die Anfechtungsbeschwerde ist begründet. Die Festlegung ist hinsichtlich der Tenorziffern 2 Satz 3 (netzknotenbezogene Nennwertgrenze) und 3 Satz 2 (Wirkleistungsbezug durch Speicheranlagen) materiell rechtswidrig. Im Übrigen sind die Regelungen der Festlegung nicht zu beanstanden. Da die Festlegung inhaltlich nicht teilbar ist, ist sie jedoch insgesamt aufzuheben.
1212.1. Ermächtigungsgrundlage
122Die Bundesnetzagentur war gemäß § 13 Abs. 1a EnWG grundsätzlich zum Erlass der streitgegenständlichen Festlegung ermächtigt. Die Tenorziffern 2 Satz 3 und 3 Satz 2 sind jedoch von dieser Ermächtigungsgrundlage nicht mehr gedeckt.
1232.1.1. Voraussetzungen
124Aufgrund des mit Wirkung zum 04.08.2011 neu in das Energiewirtschaftsgesetz eingefügten § 13 Abs. 1a EnWG sind Betreiber von Anlagen zur Speicherung und zur Erzeugung von elektrischer Energie mit einer näher bestimmten Nennleistung im Falle der Gefährdung oder Störung der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems kraft Gesetzes verpflichtet, auf Anforderung durch den jeweiligen Übertragungsnetzbetreiber gegen angemessene Vergütung die Wirkleistungs- oder Blindleistungseinspeisung anzupassen. Nach der bis zum 27.12.2012 geltenden Fassung bezog sich diese Verpflichtung ursprünglich auf Betreiber von Erzeugungsanlagen und Speichern mit einer Nennleistung ab 50 MW und einer Spannung von mindestens 110 kV. Durch das dritte Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftlicher Vorschriften vom 20.12.2012 ist der Anwendungsbereich von Absatz 1a dahingehend ausgeweitet worden, dass mit Wirkung ab dem 28.12.2012 Anlagen zur Speicherung und zur Erzeugung von elektrischer Energie mit einer Nennleistung ab 10 MW zur Anpassung verpflichtet sind. Die Ausweitung ist bis zum 31.12.2017 befristet (vgl. Art. 2 Nr. 3 i.V.m. Art. 8 Abs. 2 des Dritten Gesetzes zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom 20.12.2012, BGBl. I. S. 2743).
125Schon vor der Einfügung des Abs. 1a in § 13 EnWG standen den Übertragungsnetzbetreibern gemäß § 13 EnWG ein Stufensystem von Maßnahmen im Netz und gegenüber Netznutzern auf Erzeuger- und Verbraucherseite zu (BT-Drs. 15/3917 vom 14.10.2004, S. 57), um die ihnen nach §§ 12, 13 EnWG übertragene Systemverantwortung ausüben zu können. Ist die Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems in ihrer Regelzone gefährdet oder gestört, sind sie gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 EnWG auf einer ersten Stufe berechtigt und verpflichtet, netzbezogene (Nr. 1) oder marktbezogene (Nr. 2) Maßnahmen zu ergreifen. Netzbezogene Maßnahmen iSv. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnWG betreffen lediglich den technischen Netzbetrieb ohne Kosten und Beeinträchtigungen von Netznutzern zu verursachen (Bourwieg in: Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 2. Aufl., § 13 RN 12; König in: BerlKommEnR, 3. Aufl., § 13 RN 15 m.w.N.), wie beispielsweise die Beeinflussung der Lastflüsse im Netz durch Schaltungen sowie die Ausnutzung betrieblich zulässiger Toleranzbänder (vgl. TransmissionCode 2007, Anhang A 1. S.1). Marktbezogene Maßnahmen iSv. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EnWG sind solche, die die Netznutzer mit einbeziehen und regelmäßig auf der Grundlage entsprechender vertraglicher Vereinbarungen gegen Vergütung getroffen werden (Bourwieg in: Britz/Hellermann/Hermes, a.a.O., § 13 RN 13, König in: BerlKommEnR, a.a.O., § 13 RN 21 m.w.N). Dazu gehört auch der Redispatch von Erzeugungsanlagen. In der Vergangenheit erfolgten Redispatch-Maßnahmen nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EnWG aufgrund freiwilliger Vereinbarungen zwischen Übertragungsnetzbetreibern und Kraftwerksbetreibern.
126Reichen netz- und marktbezogene Maßnahmen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 EnWG nicht aus, um eine Gefährdungs- oder Störungssituation rechtzeitig und vollständig abzuwenden, sind die Übertragungsnetzbetreiber auf einer zweiten Stufe berechtigt und verpflichtet, auf gesetzlicher Grundlage sogenannte Notfallmaßnahmen gemäß § 13 Abs. 2 EnWG zu ergreifen (vgl. BT-Drs. 15/3917, S. 57), indem sie sämtliche Stromeinspeisungen, Stromtransite und Stromabnahmen in ihren Regelzonen den Erfordernissen eines sicheren und zuverlässigen Betriebs des Übertragungsnetzes anpassen oder diese Anpassung verlangen. Gemäß § 13 Abs. 2a Satz 1 EnWG müssen die Übertragungsnetzbetreiber bei Maßnahmen gemäß Abs. 1, Abs. 1a und Absatz 2 die Verpflichtungen nach § 8 Abs. 1 EEG und § 4 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 KWKG einhalten (sog. EE-/KWK-Vorrangprinzip).
127Zur Einführung des § 13 Abs. 1a EnWG sah sich der Gesetzgeber deshalb veranlasst, weil entsprechende Befugnisse der Übertragungsnetzbetreiber zur Wirkleistungsanpassung in der Vergangenheit teilweise von Kraftwerksbetreibern entweder in Frage gestellt oder die Wirk- und Blindleistungserzeugung von der Kostenerstattung abhängig gemacht wurde oder einzelne Kraftwerksbetreiber an Maßnahmen wie dem Redispatch gar nicht mitwirkten. Der neu eingefügte Absatz 1a sollte daher nach den Ausführungen des Gesetzgebers einen Ausgleich zwischen den wechselseitigen Interessen schaffen, indem Anpassungsbefugnisse gegenüber größeren Kraftwerken gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung unmittelbar gesetzlich vorgegeben werden (BT-Drs. 17/6072 vom 06.06.2011, S. 71).
128§ 13 Abs. 1a Satz 3 EnWG ermächtigt die Regulierungsbehörde, Festlegungen zu treffen zur Konkretisierung des Adressatenkreises der Regelung in § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG, zu erforderlichen technischen Anforderungen, die gegenüber den Betreibern betroffener Erzeugungsanlagen aufzustellen sind, zu Methodik und Datenformat der Anforderung durch den Betreiber von Übertragungsnetzen sowie zu Kriterien für die Bestimmung der angemessenen Vergütung.
129Von dieser Ermächtigung hat die Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur durch die angegriffene Festlegung vom 30.10.2012 (BK6-11/098) Gebrauch gemacht.
1302.1.2. Tenorziffer 2 Satz 3:
131Die Regelung in Tenorziffer 2 Satz 3 der Festlegung ist jedoch nicht von der Ermächtigung gemäß § 13 Abs. 1a Satz 3 EnWG gedeckt und daher rechtswidrig. Zwar ist die Bundesnetzagentur gemäß § 13 Abs. 1a Satz 3, 1. Alt. EnWG grundsätzlich zur Konkretisierung des Adressatenkreises berechtigt. Die Tenorziffer 2 regelt auch den Adressatenkreis. Die Betroffenen rügen aber zu Recht, dass die Regelung den Adressatenkreis durch die netzknotenbezogene Betrachtungsweise entgegen der Vorgaben in § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG unzulässig erweitert.
132Nach Tenorziffer 2 Satz 1 der Festlegung erstreckt sich die Verpflichtung, sich der Anpassung der Wirkleistungseinspeisung durch die Übertragungsnetzbetreiber zu unterwerfen, auf alle Anlagen zur Erzeugung oder Speicherung elektrischer Energie mit einer elektrischen Netto-Nennwirkleistung größer oder gleich 50 MW. Maßgeblich ist nach Tenorziffer 2 Satz 3 der Festlegung die Summe der Netto-Nennwirkleistungen aller an einem Netzknoten, also demselben Netzanschlusspunkt angeschlossenen Anlagen zur Erzeugung oder Speicherung elektrischer Energie eines Betreibers. Dadurch werden aber auch Anlagen verpflichtet, die für sich gesehen unter der Nennwertgrenze von 50 MW liegen. Wie sich in der mündlichen Verhandlung vom 21.01.2015 ergeben hat, rechnen mehrere Kraftwerksbetreiber, die kleinere Anlagen als 50 MW an einem Netzknoten betreiben, mit der Heranziehung ihrer Anlagen oder sind sogar schon konkret vom Übertragungsnetzbetreiber angesprochen worden. § 13 Abs. 1a EnWG unterwirft dem Redispatch jedoch nur Anlagen zur Speicherung von elektrischer Energie und Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie - zum Zeitpunkt des Erlasses der Festlegung - mit einer Nennleistung von ursprünglich 50 MW. Zwar ist seit dem Inkrafttreten des dritten Gesetzes zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften (BGBl. 2012, I, S. 2743f.) am 28.12.2012 die Nennleistungsgrenze auf 10 MW herabgesetzt worden, so dass zumindest ab diesem Zeitpunkt die Einbeziehung von Anlagen ab 10 MW nach § 13 Abs.1a EnWG zulässig wäre. Allerdings werden durch die netzknotenbezogene Regelung auch Anlagen mit einer Nennleistung unter 10 MW erfasst. Die netzknotenbezogene Betrachtungsweise der Bundesnetzagentur ist im Gesetz nicht vorgesehen. Die Mindestnennleistungsgrenze von ursprünglich 50 MW (jetzt 10 MW) des § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG bezieht sich nicht auf die addierte Nennwirkleistung aller an einem Netzknoten angeschlossener Anlagen eines Betreibers, sondern auf die jeweiligen Einzelanlagen (Erzeugungseinheit). Dies ergibt die Auslegung der Vorschrift nach Wortlaut, Gesetzesbegründung, Systematik und Sinn und Zweck.
133Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, dass sich die Mindestnennleistungsgrenze auf alle in der Verantwortung eines Betreibers stehenden Anlagen an einem Netzknoten bezieht. Der Begriff des Netzknotens wird ebenso wenig genannt wie die Formulierung „Anlagen mit einer Nennleistung von insgesamt 50 MW“. Auch aus der Verwendung des Wortes „Anlagen“ im Plural folgt nicht, dass der Gesetzgeber auf eine netzknotenbezogene Betrachtung der Mindestnennleistungsgrenze abstellen wollte. Die Verwendung des Plurals macht lediglich deutlich, dass alle Anlagenbetreiber, unabhängig von der Zahl ihrer Anlagen, verpflichtet sind. Die Verwendung des Singulars, wonach „Betreiber einer Anlage zur Speicherung von elektrischer Energie und einer Anlage zur Erzeugung von elektrischer Energie“ zum Redispatch verpflichtet sind, hätte demgegenüber zu Unklarheiten über den Umfang der Verpflichtung geführt (nur Betreiber mit einer einzigen Anlage). Dass der Verwendung des Plurals nicht die von der Bundesnetzagentur beigemessene Bedeutung zukommt, zeigt sich auch daran, dass im weiteren Verlauf des Satzes 1 auf „die Erzeugungsanlage“ im Singular abgestellt wird („in Abstimmung mit dem Betreiber desjenigen Netzes, in das die Erzeugungsanlage eingebunden ist“). Ansonsten hätte es heißen müssen „in das die Erzeugungsanlagen eines Betreibers eingebunden sind“. Damit spricht schon der Wortlaut dafür, dass bei der Mindestnennwertgrenze auf die einzelne Anlage (Erzeugungseinheit) abzustellen ist. Auch die Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur ist im Verwaltungsverfahren zunächst nicht von einem netzknotenbezogenen Verständnis des § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG ausgegangen, sondern hat in ihrem Eckpunktepapier vom 06.01.2012 (Bl. 496ff, 498 VV) „alle Blöcke von Erzeugungs- und Speicheranlagen mit einer elektrischen Nennleistung ab 50 MW“ als verpflichtet angesehen. Erst auf Anregung einzelner Netzbetreiber (W. AG, Bl. 803f. VV, Y., Bl. 857f. VV) hat die Bundesnetzagentur eine netzknotenbezogene Betrachtungsweise favorisiert.
134Die Gesetzesmaterialien sprechen ebenfalls dafür, dass sich die Nennleistungsgrenze auf die jeweilige Anlage und nicht auf sämtliche Anlagen eines Betreibers an einem Netzknoten bezieht. Nach der Gesetzesbegründung schafft der neu eingeführte Absatz 1a einen Ausgleich zwischen den wechselseitigen Interessen, indem Anpassungsbefugnisse „gegenüber größeren Kraftwerken“ gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung unmittelbar gesetzlich vorgegeben werden (BT-Drs. 17/6072, S. 71). Verpflichtet werden sollen danach nur „größere Kraftwerke“. Diese Vorgabe steht jedoch einer netzknotenbezogenen Betrachtung entgegen, da diese auch die Verpflichtung kleinerer Kraftwerke zur Folge hätte. Dass kleinere Anlagen zunächst nicht einbezogen werden sollten, zeigt aber auch die Absenkung der Leistungsgrenze von 50 MW auf 10 MW durch das dritte Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften (BGBl. 2012, I, S. 2743f.). Wäre der Gesetzgeber von einem netzknotenbezogenen Verständnis ausgegangen, wären Anlagen unterhalb der 50 MW-Grenze, soweit sie an einem Netzknoten liegen, von der ursprünglichen Regelung bereits erfasst gewesen. Die Begründung der Gesetzesänderung enthält jedoch keinerlei Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber mit der Absenkung nun zusätzlich diejenigen Anlagen erfassen wollte, die nicht schon ohnehin über den Netzknoten verpflichtet waren. Er führt lediglich aus, dass die Leistungsgrenze zur Bestimmung der betroffenen Kraftwerke von 50 auf 10 Megawatt gesenkt würde, weil die Erfahrungen im Umgang mit Versorgungsengpässen im Winter 2011/12 gezeigt hätten, dass auch diese Kraftwerke mit geringerer Leistung entscheidenden Einfluss auf den Erhalt der Systemstabilität haben könnten. Vor diesem Hintergrund erschien ihm eine Absenkung des Schwellenwertes und damit eine Ausweitung des Kreises der potentiell Verpflichteten zielführend (BT-Drs. 17/11705, S. 50). Dass der Gesetzgeber wie schon in der Begründung zur vorherigen Fassung erneut von „Kraftwerken“ („betroffenen Kraftwerke“, “diese Kraftwerke mit geringerer Leistung“) spricht, belegt vielmehr, dass hinsichtlich der Nennwertleistungsgrenze auf das einzelne Kraftwerk und nicht auf die Gesamtheit der an einem Netzknoten befindlichen Kraftwerke eines Betreibers abzustellen ist.
135Die Gesetzesänderung und ihre Begründung ist im Rahmen der Auslegung des § 13 Abs. 1a EnWG auch nicht irrelevant. Etwas anderes lässt sich insbesondere nicht den Ausführungen des Senats im Beschluss vom 18.12.2013, VI-3 Kart 92/09 (V), entnehmen, wonach die Erwägungen in der Begründung einer Gesetzesänderung als nachgeschobene Rechtsauffassung im Rahmen der genetischen Auslegung zur Ermittlung des vom Gesetzgeber zuvor Gewollten nicht maßgebend sind. Anders als bei der Verordnungsänderung des § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV (BR-Drs. 447/13 vom 05.07.2013, S. 28), auf die sich der Senatsbeschluss vom 18.12.2013 bezieht, enthält die Begründung der Herabsetzung der Leistungsgrenze in der Bundestags-Drucksache 17/11705 keinerlei ausdrückliche Erwägungen zum Verständnis der bisherigen Regelung. Von einer nachgeschobenen Rechtsauffassung kann daher keine Rede sein.
136Auch systematische Erwägungen sprechen dafür, dass der Adressatenkreis i.S.v. § 13 Abs. 1a EnWG nur Betreiber von Anlagen erfasst, die je für sich genommen eine Leistung von 50 MW erreichen und nicht im Wege der Zusammenrechnung sämtlicher an einem Netzknoten angeschlossener Anlagen. Denn an anderen Stellen im Gesetz hat der Gesetzgeber die Zusammenrechnung mehrerer Anlagen ausdrücklich angeordnet. So enthält § 117 a Satz 2 EnWG die Vorgabe, dass Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie zum Zweck der Ermittlung der elektrischen Leistung im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 (bis zu 500 Kilowatt) unter bestimmten Voraussetzungen als eine Anlage gelten. Auch § 117a Satz 5 EnWG enthält eine Zusammenrechnungsklausel bezüglich der elektrischen Leistung mehrerer Anlagen im Sinne des § 3 Nr. 1 EEG bzw. § 3 Abs. 2 KWKG. Ferner ist auch in § 19 Abs. 1 EEG ausdrücklich angeordnet, dass mehrere Anlagen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen zum Zwecke der Ermittlung der Vergütung unter bestimmten Voraussetzungen als eine Anlage gelten. Daraus kann geschlossen werden, dass der Gesetzgeber eine Zusammenrechnung der Nennleistungen mehrerer Anlagen an einem Netzknoten ebenfalls ausdrücklich angeordnet hätte. Dafür spricht auch § 10 Abs. 1 der Reservekraftwerksverordnung vom 27.06.2013 (ResKVO, BGBl. I S. 1947), in der der Verordnungsgeber im Hinblick auf die Pflichten der Betreiber von Anlagen zur Anzeige einer Stilllegung nach § 13a Abs. 1 EnWG, zur Unterlassung der Stilllegung nach § 13a Absatz 1 Satz 2 und nach § 13a Absatz 3 EnWG, zur Bereithaltung der Anlage nach § 13a Abs. 3 EnWG sowie zur Anpassung der Einspeisung nach § 13 Abs. 1a EnWG ausdrücklich angeordnet hat, dass Anlagen oder Teilkapazitäten von Anlagen eines Betreibers, bei denen die Summe der Nettonennwirkleistungen aller an einem Netzknoten angeschlossenen Anlagen den jeweiligen Schwellenwert überschreitet, als eine Anlage gelten.
137Dass der Verordnungsgeber in der Begründung auf Seite 23 darauf verweist, dass Anlagen oder Teilkapazitäten von Anlagen unterhalb der Nennleistungsschwelle gleichwohl in Summe zu einer Gefährdung der Systemsicherheit führen können und deshalb § 10 Abs. 1 ResKVO festlegt, dass auf die Summe der Netto-Nennwirkleistungen aller an einem Netzknoten angeschlossenen Anlagen abzustellen ist, lässt entgegen der Ansicht der Bundesnetzagentur keine Rückschlüsse auf das vom Gesetzgeber bei § 13 Abs. 1a EnWG zuvor Gewollte zu. Zum einen handelt es sich nicht um die Erklärung des Gesetzgebers, sondern um die der Bundesregierung, für die sich im Rahmen der Normauslegung des § 13 Abs. 1a EnWG jedoch keinerlei Anhaltspunkte ergeben und die schon von daher unbeachtlich ist. Zum anderen nimmt der Verordnungsgeber nicht etwa auf das sich unmittelbar aus der Norm des § 13 Abs. 1a EnWG ergebende Verständnis Bezug, sondern auf die Definition der Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur in der hier streitgegenständlichen Festlegung, die er für die Auslegung der Norm im Rahmen der ResKVO entsprechend anwendbar erklärt. Ergäbe sich die netzknotenbezogene Betrachtung unmittelbar aus § 13 Abs. 1a EnWG, wäre dieser Hinweis – ebenso wie die Anordnung der Fiktion in § 10 Abs. 1 ResKVO - nicht erforderlich gewesen.
138Auch nach dem Sinn und Zweck des Schwellenwerts ist hinsichtlich des Nennlei- stungswerts auf das jeweilige Kraftwerk (Erzeugungseinheit) und nicht auf die Summe der an einem Netzknoten angeschlossenen Kraftwerke eines Betreibers abzustellen. Der Gesetzgeber wollte lediglich „größere Kraftwerke“ verpflichten. Die Mindestnennleistungsgrenze hat dabei den Zweck, die betroffenen – größeren - Kraftwerke näher zu bestimmen. Kraftwerke unterhalb der Nennleistungsgrenze von 50 MW hat der Gesetzgeber hingegen zunächst nicht für die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems als systemrelevant angesehen. Dies hat sich erst aufgrund der Erfahrungen im Umgang mit den Versorgungsengpässen im Winter 2011/12 geändert, die gezeigt hatten, dass auch Kraftwerke mit einer Nennwertleistung von mindestens 10 MW entscheidenden Einfluss auf den Erhalt der Systemstabilität haben können (BT-Drs. 17/11705 vom 28.11.2012, S. 50). Bezugspunkt für die Nennleistungsgrenze ist damit das Kraftwerk, also die Anlage, nicht der dahinter stehende Kraftwerksbetreiber. Anlagen, die unterhalb der Nennleistungsgrenze liegen, sollen mangels Systemrelevanz nicht verpflichtet sein. Bei netzknotenbezogener Betrachtungsweise würden aber auch Kraftwerke, die unterhalb dieser Bagatellgrenze liegen, in die Verpflichtung zur Wirkleistungsanpassung einbezogen, sofern sie an einem Netzknoten liegen. Soweit eine netzbezogene Betrachtung hätte erfolgen sollen, hätte der Gesetzgeber entweder eine ausdrücklich Regelung vorgenommen oder zumindest in der Gesetzesbegründung – wie der Verordnungsgeber in § 10 Abs. 1 ResKVO – zwischen Anlagen und Teilkapazitäten von Anlagen oder - wie die Bundesnetzagentur in dem Eckpunktepapier vom 06.01.2012 – Blöcken von Erzeugungs- und Speicheranlagen unterschieden. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Regelungslücke sind nicht vorhanden. Der Gesetzgeber wollte mit der 50 MW-Grenze auf Anlagen und nicht auf den Betreiber oder den Netzknoten abstellen. Insoweit verbietet sich eine Ausfüllung durch eine netzknotenbezogene Betrachtungsweise, unabhängig davon, dass eine solche für die Aufrechterhaltung der Systemstabilität grundsätzlich nützlich und geeignet wäre.
139Die Ausweitung des Adressatenkreises durch die Bundesnetzagentur kann auch nicht damit begründet werden, dass die Redispatch-Anweisung zu Gunsten der Anlagenbetreiber netzknotenbezogen erfolgen soll. Die Möglichkeit, die Anlage für die Redispatch-Maßnahme selbst auswählen zu können, ist nicht davon abhängig, dass für alle an einem Netzknoten gelegenen Anlagen eine Verpflichtung zum Redispatch besteht. Ebenso wenig kann die netzknotenbezogene Betrachtungsweise die Gefahr einer Gesetzesumgehung verhindern. Eine Umgehungsmöglichkeit besteht - theoretisch - nicht nur im Falle der anlagenbezogenen Betrachtungsweise der Bagatellgrenze durch eine bewusst geringere Dimensionierung der Einzelanlage, sondern auch im Falle der netzknotenbezogenen Betrachtung durch die vertragliche Übertragung der Betreibereigenschaft.
1402.1.3. Tenorziffer 3 Satz 2
141Auch die Regelung in Tenorziffer 3 Satz 2 der Festlegung, wonach die Wirkleistungseinspeisung für Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie auch negativ, d.h. ein Wirkleistungsbezug sein kann, ist rechtswidrig. Die den Übertragungsnetzbetreibern eingeräumte Befugnis zur Anweisung eines Wirkleistungsbezugs ist von § 13 Abs. 1a EnWG nicht gedeckt.
142Schon nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 1a EnWG bezieht sich die Verpflichtung der Betreiber von Anlagen zur Speicherung von elektrischer Energie und von Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie nur auf die Wirkleistungseinspeisung. Dies korrespondiert mit dem Verständnis von Redispatch als Maßnahme des Erzeugungsmanagements, die auf die Anpassung der Stromeinspeisungen an die Bedürfnisse der Netzsicherheit abzielt. Davon zu unterscheiden ist das Lastmanagement, das auf eine Anpassung des Stromverbrauchs gerichtet ist. Das Lastmanagement ist zwar eine marktbezogene Maßnahme, die jedoch nicht in § 13 Abs. 1a EnWG, sondern in § 13 Abs. 4a EnWG (große Verbrauchsanlagen), § 14a EnWG (unterbrechbare Verbrauchseinrichtungen in der Niederspannung) und § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EnWG (sonstige Verbrauchsanlagen) geregelt ist. Schon vor diesem Hintergrund verbietet sich eine Gleichsetzung der Wirkleistungseinspeisung mit dem Wirkleistungsbezug. Daran ändert auch die Formulierung „negative Wirkleistungseinspeisung“ nichts. Auch die ausdrückliche Nennung von Speicheranlagen neben Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie lässt nicht zwingend den Schluss auf die Zulässigkeit der Anforderung eines Wirkleistungsbezugs zu. Die explizite Nennung von Speicheranlagen ist vielmehr dem Umstand geschuldet, dass das Energiewirtschaftsgesetz in § 3 Nr. 15 EnWG zwischen Anlagen zur Erzeugung und solchen zur Speicherung von elektrischer Energie unterscheidet. Speicher wären daher entgegen der Ansicht der Bundesnetzagentur nicht schon automatisch von dem Begriff „Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie“ umfasst, zumindest ergäben sich berechtigte Zweifel an ihrer Adressatenstellung, da Speicher sowohl Strom einspeisen als auch verbrauchen können. Dass Speicheranlagen nur unter dem Aspekt der Erzeugungsanlage erfasst sind, ergibt sich jedoch aus der ausdrücklichen Beschränkung auf die Wirkleistungseinspeisung. In den Sätzen 2 und 3 des § 13 Abs. 1a EnWG werden Speicher- und Kraftwerke darüber hinaus nur noch unter dem Begriff der „Erzeugungsanlagen“ zusammengefasst. Auch dies belegt, dass Speicher lediglich wegen ihrer Erzeugungsfunktion in § 13 Abs. 1a EnWG einbezogen worden sind.
143Auch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich nichts Gegenteiliges. Der Gesetzgeber wollte mit der Einbeziehung von Speicheranlagen den potentiellen Adressatenkreis erweitern, „um nach Ausschöpfung von Maßnahmen nach Absatz 1 bei konventionellen Kraftwerken den Umfang von Einspeisemanagementmaßnahmen nach § 11 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zu minimieren“. Dass es ihm dabei nicht nur um die Anpassung der Einspeisungen durch Speicher, sondern auch um die Anpassung des Bezugs von elektrischer Energie ging, ist nicht ersichtlich.
144Dass der Wirkleistungsbezug bei Speichern nicht identisch ist mit der Wirkleistungseinspeisung, ergibt sich auch aus § 118 Abs. 6 EnWG. Danach ist der Bezug der zu speichernden elektrischen Energie unter bestimmten Voraussetzungen nicht entgeltpflichtig. Diese Regelung wäre jedoch nicht erforderlich, wenn es sich bei dem Wirkleistungsbezug von Speichern nicht um eine - grundsätzlich entgeltpflichtige - Netznutzung, sondern um eine (negative) Einspeisung handelte, da diese nach § 15 Abs. 1 Satz 3 StromNEV unentgeltlich ist.
145Schließlich steht auch der Sinn und Zweck der Norm der Einbeziehung des Wirkleistungsbezugs von Speicheranlagen in die gesetzlich begründete Redispatch-Verpflichtung nach § 13 Abs. 1a EnWG entgegen. § 13 Abs. 1a EnWG bezweckt die Anpassung von Einspeisungen zur Aufrechterhaltung der Systemstabilität. Wie bereits ausgeführt, ist der Wirkleistungsbezug jedoch keine Einspeisung. Dass der Wirkleistungsbezug von Speicheranlagen grundsätzlich ebenfalls geeignet wäre, die Systemstabilität zu gewährleisten, rechtfertigt keine andere Bewertung. Einen solchen hat der Gesetzgeber im Rahmen des § 13 Abs. 1a EnWG nicht angeordnet. Dass sich in der Vergangenheit Speicheranlagen auch im Pumpbetrieb an Maßnahmen des Übertragungsnetzbetreibers nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EnWG beteiligt haben, lässt keine Rückschlüsse auf das Verständnis von § 13 Abs. 1a EnWG zu. Denn auf freiwilliger vertraglicher Grundlage ist der Gestaltungsrahmen in das Belieben der Parteien gestellt. Vorliegend geht es aber um das gesetzliche Eingriffsrecht der Übertragungsnetzbetreiber. Dessen Umfang muss der Gesetzgeber nach dem Wesentlichkeitsgrundsatz wegen des damit verbundenen Eingriffs in Grundrechte der Kraftwerks- und Speicheranlagenbetreiber selbst bestimmen (BVerfG, Beschluss vom 08.08.1978, 2 BvL 8/77, juris RN 75; BVerfGE 116, 24, 58; Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 20 RN 54, 58ff).
1462.2. Bestimmtheit
147Die Festlegung ist auch nicht im Hinblick auf die Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit von Verwaltungsakten rechtswidrig.
148Grundsätzlich wird dem Bestimmtheitsgebot dann Genüge getan, wenn der Adressat aus dem verfügenden Teil in Zusammenhang mit den Gründen vollständig, klar und unzweideutig erkennen kann, was von ihm gefordert wird (BGH, Beschluss vom 19.06.2007, KVR 17/06, RN 37). Dabei ist nicht notwendig, dass der Inhalt der Regelung im Tenor der Verfügung so zusammengefasst ist, dass alle Aspekte aus sich heraus verständlich sind. Vielmehr genügt es, dass sich der Regelungsinhalt aus dem Bescheid einschließlich seiner Begründung ergibt (BGH, WuW DE-R 195, 196 m. w. N.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 37 RN 5, 12).
149Diesen Anforderungen genügt die angegriffene Festlegung.
1502.2.1 Tenorziffer 4
151Die Regelung in Tenorziffer 4 Satz 1 ist hinreichend bestimmt. Die Rügen der Betroffenen sowie weiterer Kraftwerksbetreiber haben keinen Erfolg.
1522.2.1.1. netzstützende Wirkung
153Die Bundesnetzagentur hat in der Festlegung auf Seite 44 ausreichend deutlich gemacht, was unter dem Begriff „netzstützende Wirkung“ zu verstehen ist. Danach beschreibt die netzstützende Wirkung im Falle eines strombedingten Redispatch, um welche Leistung der Lastfluss auf dem von Überlast bedrohten Netzelement durch Anpassen der Wirkleistungseinspeisung der betroffenen Erzeugungsanlagen und Speicher reduziert wird. Im Falle einer spannungsbedingten Wirkleistungsanpassung beschreibt die netzstützende Wirkung die bewirkte Spannungsänderung an dem von einer Spannungsgrenzwertverletzung bedrohten oder betroffenen Netzknoten.
154Die Ermittlung der durch eine Anlage an einem bestimmten Netzknoten bewirkten Lastflussänderung bzw. Spannungsänderung bezogen auf deren Änderung der Einspeiseleistung erfolgt nach den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen der Bundesnetzagentur unabhängig von deren freien Leistungsscheiben, und zwar in der Regel relativ, d.h. in Prozent. Dafür führen die Übertragungsnetzbetreiber sog. Sensitivitätsuntersuchungen durch, indem im modulierten Netz verschiedene Szenarien simuliert werden. Diese Vorgehensweise entspricht den Handlungsempfehlungen bei der Vornahme von Anpassungsmaßnahmen nach § 13 Abs. 2 EnWG im Leitfaden des BDEW und VKU („Praxis-Leitfaden für unterstützende Maßnahmen von Stromnetzbetreibern“ vom 12.12.2012, S. 16, 27). Auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften (BR-Drs. 10/08 vom 04.01.2008) ging im Rahmen des Eispeisemanagements nach § 11 EEG bereits von der Durchführung einer Sensitivitätsanalyse aus. Dabei darf der Netzbetreiber die Wechselwirkung zwischen einer Einspeisungsänderung an einem Netzknoten und dem Leistungsfluss über ein Netzbetriebsmittel vereinfacht als einen linearen Zusammenhang, den so genannten Sensitivitätsfaktor, beschreiben. Für das gesamte Netz ergibt sich somit eine Sensitivitätsmatrix, die den Zusammenhang abbildet, wie stark die an einem bestimmten Netzknoten eingespeiste Leistung die Leistungsflüsse über die verschiedenen Netzleitungen beeinflusst. Damit kann der Netzbetreiber ermitteln, welche Anlage in ihrer Einspeiseleistung beschränkt werden muss, um einen bestehendenNetzengpass zu beheben (vgl. BR-Drs. 10/08, Seite 107). Es handelt sich um eine anerkannte Methode, die netzstützende Wirkung zu berechnen. Der sich danach ergebende Wert kann sodann in den Quotienten eingestellt werden. Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass die Übertragungsnetzbetreiber mangels Vorgaben zur Bemessung der netzstützenden Wirkung die Kriterien aufstellen, anhand derer die Einsatzreihenfolge zu bestimmen ist. Die Übertragungsnetzbetreiber berechnen lediglich die netzstützende Wirkung nach einer anerkannten Methode. Die Reihenfolge der anzuweisenden Anlagen ergibt sich jedoch zwingend aus der Vorgabe in Tenorziffer 4, nämlich aus dem Quotienten von netzstützender Wirkung und Vergütung.
155Dass die netzstützende Wirkung von der jeweiligen Netzschaltung abhängig ist, wie teilweise geltend gemacht wird, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen. Die Merit Order wird bei einem drohenden oder bestehenden Engpass erstellt. Dieser wird aber auf der Grundlage der aktuellen Netzschaltung prognostiziert, so dass auch die netzstützende Wirkung entsprechend der aktuellen Netzschaltung berechnet wird. Vor diesem Hintergrund kann es auch im Falle des sogenannten getrennten Zwei-Sammelschienen-Betriebs nicht dazu kommen, dass der Redispatch in einem Teil der Netzgruppe wirkt, in dem gerade kein Engpass besteht.
156Die netzstützende Wirkung der Erzeugungsanlage ist nach der Festlegung abstrakt, d.h. unabhängig von der freien Leistungsscheibe einer Anlage zu bestimmen. Eine konkrete Betrachtungsweise scheidet schon deshalb aus, weil die Meldepflichten bezüglich der freien Leistungsscheiben nach Tenorziffer 8 Satz 4 der Festlegung lediglich netzknotenbezogen erfolgen, die Merit Order jedoch anlagenscharf aufgestellt wird.
157Dass der Übertragungsnetzbetreiber wegen der nur netzknotenbezogenen Meldung freier Leistungsscheiben nicht weiß, ob er eine bestimmte Anlage überhaupt in die Merit Order aufnehmen kann, steht der Berechnung der netzstützenden Wirkung einer Anlage sowie der Merit Order auch nicht entgegen. Die Festlegung enthält keine Vorgabe dahingehend, dass die netzstützende Wirkung anhand der freien Leistungspotentiale zu berechnen ist. Vielmehr wird diese – wie ausgeführt - unabhängig von den freien Leistungsscheiben anhand von Sensitivitätsuntersuchungen ermittelt. Die freien Leistungsscheiben – nach Tenorziffer 8 Satz 4 der Festlegung bezogen auf den Netzknoten - sind erst im Rahmen der Anweisung zu berücksichtigen. Für die Aufstellung der Merit Order spielen sie keine Rolle.
1582.2.1.2 Widerspruch zwischen Tenorziffern 3 und 4
159Dass die Anweisung zur Wirkleistungsanpassung nach Tenorziffer 3 bezogen auf den Netzknoten, an dem eine Gesamtheit von Anlagen eines Betreibers angeschlossen ist, erfolgt, während die Reihenfolge der Heranziehung der Anlagen nach Tenorziffer 4 anlagenscharf bestimmt wird, führt nicht zur Widersprüchlichkeit der Regelungen. Die netzbezogene Anweisung nach Tenorziffer 3 soll nur das Wahlrecht der Anlagenbetreiber sichern, verpflichtet ist aber letztlich nur die sich aus der Merit Order ergebende Anlage. Dass die Merit Order anlagenscharf zu bilden ist, ergibt sich schon daraus, dass im Rahmen des zu bildenden Quotienten auf die Vergütung abgestellt wird. Es würde wenig Sinn machen, die Vergütung netzknotenbezogen zu ermitteln, da diese anlagenspezifisch sehr unterschiedlich sein kann und die Merit Order mit der Einbeziehung der Vergütung gerade den Zweck verfolgt, die Maßnahmen zur Wirkleistungsanpassung möglichst kosteneffizient durchzuführen. Auch die Regelung in Tenorziffer 3 Satz 3 wäre überflüssig, wenn die Merit Order nicht anlagenscharf, sondern netzknotenbezogen ermittelt würde. Unklarheiten bezüglich der verpflichteten Anlage ergeben sich demnach grundsätzlich nicht.
160Dasselbe gilt für die Frage, auf welche Anlage für die Vergütung abzustellen ist. Entgegen der Auffassung einiger Kraftwerksbetreiber ist der Übertragungsnetzbetreiber trotz seiner Unkenntnis darüber, welche der an demselben Netzknoten angeschlossenen Anlagen der Betreiber für die Wirkleistungsanpassung heranzieht, in der Lage, den Quotienten aus netzstützender Wirkung einerseits und der für die Anpassung der Wirkleistungseinspeisung zu entrichtenden Vergütung andererseits nach Tenorziffer 4 S. 2 der Festlegung zu bestimmen. Denn die Merit Order wird unabhängig davon, welche Anlage eines Betreibers später die Wirkleistungsanpassung vornimmt, anlagenscharf bestimmt, d.h. für jede einzelne Anlage wird deren netzstützende Wirkung und die für deren Heranziehung zu zahlende Vergütung ermittelt und anschließend eine Reihung vorgenommen. Auch insoweit bestehen keine Unklarheiten. Selbst wenn tatsächlich eine andere Anlage die Wirkleistungsanpassung durchführt, wird die Anlage bzw. der Netzknoten angewiesen, an dem sich die aus der Merit Order ergebende günstigste Anlage liegt. Wie im Senatstermin bestätigt worden ist, erhält der Anlagenbetreiber aber die Vergütung für die Anlage, die die Redispatch-Maßnahme tatsächlich ausführt. Soweit einige Kraftwerksbetreiber darin einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsprinzip nach § 1 Abs. 1 EnWG sehen, ist schon nicht ersichtlich, inwieweit sie dadurch beschwert sein sollen. Dasselbe gilt für die Rüge der Betroffenen sowie weiterer Kraftwerksbetreiber, wonach durch die netzknotenbezogene Anweisung und das damit verbundene Wahlrecht des Anlagenbetreibers die festgelegte Einsatzreihenfolge konterkariert werde.
161Soweit die Betroffenen geltend machen, die Festlegung sei unbestimmt, weil sie nicht sicherstelle, dass die Inanspruchnahme nur im Rahmen der freien Leistungsscheiben der verpflichteten Anlage erfolge, kann dem nicht gefolgt werden. Dass die Wirkleistungsanpassung auch über die freien Leistungspotentiale der „Platz 1-Anlage“ hinaus erfolgen kann, solange an demselben Netzknoten noch freie Leistungsscheiben anderer Anlagen des Betreibers zur Verfügung stehen, beruht nicht auf der – nur das Wahlrecht des Anlagenbetreibers sichernden – netzknotenbezogenen Anweisung, sondern ist – von der Festlegung ganz bewusst beabsichtigte – Folge der nur netzknotenbezogenen Meldung freier Leistungsscheiben nach Tenorziffer 8, die die Anlagenbetreiber in geringerem Maße belastet als die anlagenscharfe Meldung. Ein Verstoß der Merit Order gegen den Bestimmheitsgrundsatz folgt daraus nicht.
1622.2.1.3. Tenorziffer 8
163Entgegen der Ansicht der Betroffenen sind auch KWK-Anlagen wie jede andere Anlage von den Meldepflichten nach Tenorziffer 8 umfasst. Unklarheiten über den Umfang der Einbeziehung im Hinblick auf Aktualisierungen gibt es insoweit nicht. KWK-Anlagenbetreiber haben dem Übertragungsnetzbetreiber ihre freien Leistungsscheiben mitzuteilen und zu aktualisieren, wobei sich diese Pflicht gemäß Tenorziffer 2 Satz 2 i.V.m. S. 36 der Begründung nur auf diejenigen freien Leistungsscheiben bezieht, die keinen Einschränkungen durch die Wärmeproduktion unterworfen sind, während wärmegeführte Leistungsscheiben bereits nach § 13 Abs. 2 a EnWG von der Verpflichtung zur Teilnahme am Redispatch grundsätzlich ausgeschlossen sind. Einer zusätzlichen Erwähnung dieser Leistungsscheiben in Tenorziffer 3 bedurfte es daher nicht. Dass die nicht-wärmegeführte freie Leistung Veränderungen unterworfen ist, steht dem nicht entgegen. Die KWK-Anlagenbetreiber sind zur Fahrplananmeldung beim Übertragungsnetzbetreiber über den jeweiligen Bilanzkreisverantwortlichen verpflichtet, so dass auch für sie eine Einsatzplanung erfolgen muss. Kommt es zu einer Veränderung des zunächst als frei gemeldeten – nicht-wärmegeführten – Leistungspotentials, weil beispielsweise aufgrund der Veränderung der klimatischen Bedingungen nunmehr mehr Strom für die Wärmeproduktion benötigt wird, hat der KWK-Anlagenbetreiber seine ursprüngliche Meldung zu aktualisieren. Dies kann er auch noch nach erfolgter Anweisung zum Redispatch, weil der an die Nutzwärmerzeugung gekoppelte Strom nach § 4 Abs. 1 KWK privilegiert ist und von der Festlegung schon nach Tenorziffer 2 gerade nicht umfasst sein soll (vgl. S. 36 der Festlegung). Das Bedürfnis nach einer Anpassung ergibt sich mithin – anders als bei der auf Seite 53 der Festlegung in den Blick genommenen Fahrplanänderung - aufgrund exogener Umstände (erhöhte Nachfrage, klimatische Verhältnisse) und ist vom Übertragungsnetzbetreiber jederzeit zu beachten. Auch bei konventionellen Anlagen besteht aufgrund unvorhersehbarer Restriktionen ein allgemeines Verfügbarkeitsrisiko.
1642.3. Verstoß gegen § 7 Abs. 1 KraftNAV
165Die Festlegung verstößt nicht gegen den Privilegierungstatbestand des § 7 Abs. 1 KraftNAV. Danach haben Anschlussnehmer im Sinne dieser Vorschrift unter den in Absatz 2 und 3 genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf bevorzugten Netzzugang im Fall von Engpässen im deutschen Übertragungsnetz. Inhalt des Anspruchs ist nach § 7 Abs. 3 Satz 2 KraftNAV, dass abweichend von § 15 Abs. 2 StromNZV von dem Netzbetreiber im Falle eines Engpasses die Bereitstellung von Leitungskapazität ohne die Erhebung von zusätzlichen Entgelten verlangt werden kann. Würde durch die Ausübung von Rechten nach Absatz 1 mehr als die Hälfte der verfügbaren Leitungskapazität in Anspruch genommen, so sind die bevorzugten Netzzugangsrechte anteilig zu kürzen. § 7 Abs. 1 KraftNAV bezieht sich demnach nicht auf das kurzfristige Engpassmanagement nach § 13 EnWG, sondern auf § 15 StromNZV, der die Bewirtschaftung langfristiger, struktureller Netzengpässe in den Blick nimmt (Ruge in: Rosin u.a., Praxiskommentar zum EnWG, Stand Dezember 2012, § 13 RN 87; König, Engpassmanagement in der deutschen und europäischen Elektrizitätsversorgung, S. 378). Aufgrund dessen wird auch auf die Leitungskapazität abgestellt. Im Rahmen des kurzfristigen Engpassmanagements nach § 13 EnWG wird die Leitungskapazität jedoch nicht in Frage gestellt, vielmehr geht es nur um vorübergehende Wirkleistungsanpassungen.
1662.4. Aufgreifermessen
167Die Bundesnetzagentur hat ihr Aufgreifermessen sachgerecht ausgeübt.
168Nach § 13 Abs. 1a Satz 3 EnWG ist die Bundesnetzagentur ermächtigt, Festlegungen zu den vier genannten Themenkomplexen zu erlassen. Die Ermächtigung soll ihr ausweislich der Gesetzesbegründung ermöglichen, in einem Feld von erheblicher Bedeutung für die Netzstabilität konkrete bundeseinheitliche Regelungen festzulegen, um die Pflichten zwischen den Übertragungsnetzbetreibern und den Betreibern der betroffenen Erzeugungsanlagen praxisgerecht auszugestalten (BT-Drs. 17/6072 vom 06.06.2011, S. 71). Damit hat ihr der Gesetzgeber ein weites Ermessen eingeräumt. Dies betrifft sowohl die Frage, ob sie überhaupt eine Festlegung erlässt (Aufgreifermessen), als auch die Frage des Inhalts der Festlegung (Gestaltungs-/Auswahlermessen). Die Ermessensentscheidung ist nach den auch im Energiewirtschaftsrecht geltenden allgemeinen Grundsätzen gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten (Ermessensüberschreitung), ihr Ermessen überhaupt nicht ausgeübt (Ermessensnichtgebrauch) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Ermessensfehlgebrauch).
169Nach diesen Maßgaben liegt eine rechtsfehlerhafte Ausübung des Entschließungsermessens der Bundesnetzagentur nicht vor. Mit der Festlegung wollte sie eine gesicherte und einheitliche Rechtsgrundlage für Redispatch-Einsätze schaffen. Dabei hat sie zutreffend darauf abgestellt, dass die gesetzliche Verpflichtung nach § 13 Abs. 1a EnWG für eine eindeutige, transparente und Unklarheiten vermeidende Durchführung von Redispatch-Maßnahmen in der Praxis nicht ausreicht. Die gesetzliche Regelung bestimmt nur die Grundzüge, nicht jedoch die konkrete Umsetzung, weswegen es zur Vermeidung von Diskriminierungspotential einer konkretisierenden Ausgestaltung bedarf. Beispielhaft hat die Bundesnetzagentur die Konkretisierungsbedürftigkeit im Hinblick auf den nach § 13 Abs. 1a EnWG weit aufgespannten Adressatenkreis bezüglich der Behandlung von KWK-Anlagen, die über eine nur beschränkte Disponibilität bei der Stromerzeugung verfügen, sowie im Hinblick auf die Einbindung der Verteilernetzbetreiber aufgeführt, um der Gefahr unklarer Zweifelsfälle und organisatorischer Defizite entgegenzuwirken.
170Ferner hat die Bundesnetzagentur die Notwendigkeit konkretisierender Vorgaben wegen der Uneinheitlichkeit bestehender Verträge über in der Regel strombedingte Wirkleistungsanpassungen aus Gründen der Diskriminierungsfreiheit als erforderlich angesehen. Sie hat dies damit begründet, dass die Verträge teilweise noch auf Zeiten zurückgingen, in denen Übertragungsnetzbetreiber und Kraftwerksbetreiber gemeinsam zu einem integrierten Unternehmen gehörten und Einzel- und Sonderregelungen beinhalteten, die eine gegenüber den anderen Marktteilnehmern diskriminierungsfreie Durchführung von Eingriffen in die Wirkleistungseinspeisung fraglich erscheinen ließen. Auch dies lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Uneinheitliche Verträge führen zwangsläufig zu einer Ungleichbehandlung einzelner Anlagenbetreiber und bergen damit jedenfalls eine Diskriminierungsgefahr. Dies gilt insbesondere auch für Verträge zwischen Übertragungsnetzbetreibern und Kraftwerksbetreibern, die aus einer Zeit stammen, als die Vertragspartner einem integrierten Unternehmen angehörten, und daher Sonderregelungen enthalten. Auch der Gesetzgeber hat bei Einführung des § 13 Abs. 1a EnWG auf die uneinheitlich ausgestalteten Verträge hingewiesen (BT-Drs. 17/072 vom 06.06.2011, S. 71).
171Auch vor dem Hintergrund, dass die Anzahl der Eingriffe in die Fahrweise der Kraftwerke und Speicher wegen der Abschaltung der Atomkraftwerke und der zunehmenden Einspeisung von EEG-Anlagen zugenommen hat, ist die von der Bundesnetzagentur gezogene Schlussfolgerung, dass das bisherige rein privatwirtschaftliche Modell nicht mehr geeignet gewesen ist, eine diskriminierungsfreie Durchführung von Redispatch-Maßnahmen zu gewährleisten, nicht ermessensfehlerhaft und ein Bedürfnis für eine bundesweite Vereinheitlichung der Vorgaben durch den Erlass der Festlegung nachvollziehbar.
172Dass die Bundesnetzagentur gegen Diskriminierungen grundsätzlich auch im Wege von Missbrauchsverfügungen nach §§ 30, 31 EnWG vorgehen könnte, macht die Ermessensausübung entgegen der Ansicht einzelner Anlagenbetreiber nicht fehlerhaft. Zum einen ist die Vereinheitlichung der Vorgaben für Redispatch-Maßnahmen das effektivere Mittel zur Gewährleistung der Diskriminierungsfreiheit als die Anordnung von Einzelmaßnahmen, zum anderen sind Missbrauchsverfügungen auch nicht geeignet, die mit der Festlegung weiter bezweckte Klarheit und Transparenz für alle Marktteilnehmer bei der Durchführung von Redispatch-Maßnahmen zu schaffen. Denn die Bundesnetzagentur hat die Regelungsbedürftigkeit im Beschluss auch damit begründet, dass infolge der mit der Abschaltung der acht Kernkraftwerke einhergegangenen sprunghaften Zunahme der Häufigkeit und des Umfangs von Maßnahmen zum strombedingten Redispatch und der seitdem bestehenden Notwendigkeit zur Durchführung von spannungsbedingten Redispatch klare Vorgaben für die Durchführung von Wirkleistungsanpassungen geboten sind, um ein ausreichendes Maß an Transparenz zu schaffen. Auch dabei handelt es sich um nicht zu beanstandende Erwägungen.
173Im Beschwerdeverfahren hat die Bundesnetzagentur ergänzend vorgetragen, dass die zuvor praktizierte privatwirtschaftliche Ausgestaltung von Redispatch-Vereinbarungen nicht mehr geeignet gewesen sei, die Aufrechterhaltung der Systemsicherheit angesichts der zunehmenden Anzahl von Engpässen hinreichend sicher zu stellen, weil einige Kraftwerksbetreiber ihre Teilnahme an Redispatch-Maßnahmen verweigert hätten. Dieser Umstand hatte die Bundesnetzagentur veranlasst, bereits vor Erlass des § 13 Abs. 1a EnWG ein Verwaltungsverfahren zu eröffnen, um Redispatch-Maßnahmen einheitlich und verpflichtend vertraglich zu regeln (Bl. 1, 2 VV). Die teilweise fehlende Bereitschaft von Kraftwerksbetreibern, an Redispatch-Maßnahmen überhaupt oder zu angemessenen Konditionen teilzunehmen, waren auch der Anlass für den Gesetzgeber, das gesetzliche Anweisungsrecht des Übertragungsnetzbetreibers in § 13 Abs. 1a EnWG einzuführen (BT-Drs. 17/072 vom 06.06.2011, S. 71). Vor diesem Hintergrund ist das Bestreiten der fehlenden Bereitschaft einiger Kraftwerksbetreiber durch die Betroffenen nicht nachvollziehbar. Angesichts der je nach Lage des Engpasses nur geringen Anzahl der für Redispatch-Maßnahmen in Betracht kommenden Anlagenbetreiber kann die fehlende Bereitschaft auch nur einzelner Kraftwerksbetreiber bereits zu einer Gefährdung der Netzsituation und damit der Systemsicherheit führen. Es ist daher gut nachvollziehbar, dass die Bundesnetzagentur einheitliche Vorgaben für Redispatch-Maßnahmen regeln wollte. Es ist nicht fernliegend, dass das System freiwilliger Vereinbarungen in Zukunft nicht oder jedenfalls nicht so wie in der Vergangenheit weiter funktioniert hätte.
174Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die Countertrading-Mengen mit in die Abwägung einzubeziehen waren. Jedenfalls auch ohne Berücksichtigung des Countertradings hat die Bundesnetzagentur ihr Aufgreifermessen anhand nachvollziehbarer Gründe sachgerecht ausgeübt. Dabei hat sie durch die gewählten Formulierungen, die Notwendigkeit konkretisierender Vorgaben „ergibt sich bereits“, „folgt auch aus“ und „ergibt sich nicht zuletzt aus“ deutlich gemacht, dass jeder Ermessensgrund für sich gesehen den Erlass der Festlegung rechtfertigt. Der Ermessensgrund „Countertrading-Mengen“ war daher für den Erlass der Festlegung nicht kausal (Kopp/Schenke, VwGO, 20.Aufl., § 114 RN 6a). Eine Einbeziehung der auf Countertrading-Maßnahmen entfallenden Kosten in den Abwägungsprozess des Aufgreifermessens hat die Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur hingegen nicht vorgenommen.
1752.5. Ermessen/Verhältnismäßigkeit
176Die Bundesnetzagentur hat auch im Übrigen ihr Ermessen sachgerecht ausgeübt und dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet.
1772.5.1. Tenorziffer 3 Satz 3
178Soweit die Betroffenen darauf hingewiesen haben, Tenorziffer Ziffer 3 Satz 3 lege das Verständnis nahe, dass nicht irgendeine der an einem Netzknoten angeschlossenen Anlage eines Betreibers, sondern alle angeschlossenen Anlagen kumulativ die Wirkleistungsanpassung vorzunehmen hätten, kann dem nicht gefolgt werden. Mit „Gesamtheit der an einem Netzknoten angeschlossenen Anlagen“ wollte die Beschlusskammer dem Anlagenbetreiber lediglich ermöglichen, die zur Durchführung der Maßnahme erforderlichen Blöcke selbst auswählen zu können. Dies geht eindeutig aus der Tenorziffer 3 erläuternden Begründung (S.39) hervor. Von daher lässt Tenorziffer 3 Satz 2 i.V.m. der Begründung nur das Verständnis zu, dass nicht zwingend die nach der Merit Order verpflichtete Anlage, sondern eine beliebige an einem Netzknoten angeschlossene Anlage des Betreibers die Redispatch-Maßnahme vornehmen kann. Insoweit kommt es auch nicht auf die Frage der Verhältnismäßigkeit einer kumulativen Leistungsanforderung an.
1792.5.2. Tenorziffer 4
180Tenorziffer 4 lässt keine Ermessensfehler erkennen.
181Zu Recht weisen die Betroffenen zwar darauf hin, dass die nach Tenorziffer 4 festgelegte Einsatzreihenfolge durch die netzknotenbezogene Anweisung konterkariert werden kann. Allerdings führt dies nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Festlegung.
182Wie bereits ausgeführt, bezieht sich die Verpflichtung, sich einer Redispatch-Anweisung zu unterwerfen auch an einem Netzknoten mit mehreren Anlagen eines Betreibers – entgegen der Regelung in Tenorziffer 2 der Festlegung - nur auf diejenigen Anlagen, die eine Netto-Nennwirkleistung größer oder gleich 50 MW aufweisen. Durch die Festlegung einer Merit Order in Tenorziffer 4 konkretisiert sich die Verpflichtung im Falle eines Netzengpasses oder einer Spannungsgrenzwertverletzung auf eine bestimmte Anlage. Die angewiesene Anlage ist grundsätzlich nur im Rahmen ihrer freien Leistungsscheiben zur Wirkleistungsanpassungen verpflichtet, danach ist die nach der Merit Order nächste Anlage anzuweisen. Dies wird allerdings im Rahmen der Festlegung nicht gewährleistet. Weder die Regelung über die Merit Order noch die über die Anweisung stellen sicher, dass die Inanspruchnahme nur im Rahmen der freien Leistungsscheiben der konkret verpflichteten Anlage erfolgt. Die netzstützende Wirkung wird im Rahmen der Merit Order unabhängig von den freien Leistungsscheiben berechnet. Die Anweisung erfolgt nach Tenorziffer 3 Satz 3 netzknotenbezogen, ebenso die Meldung freier Leistungsscheiben nach Tenorziffer 8. Dies führt dazu, dass die Wirkleistungsanpassung auch über die freien Leistungspotentiale der „Platz 1-Anlage“ hinaus erfolgen kann, solange an demselben Netzknoten noch freie Leistungsscheiben anderer Anlagen des Betreibers zur Verfügung stehen. Dadurch werden Anlagen herangezogen ohne Rücksicht darauf, ob diese nach der Reihenfolge der Merit Order als nächstes oder erst später verpflichtet sind. Allerdings belastet dies die Anlagenbetreiber nicht. Denn, wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen haben, erhalten sie die Vergütung für die tatsächlich eingesetzte Anlage. Die Beteiligten haben ferner dargelegt, dass sie selbst bei vorhandenen freien Leistungsscheiben der sich nach der Merit Order ergebenden Anlage immer die teuerste Anlage einsetzen und dafür die Vergütung erhalten. Ein etwaig damit verbundener Verstoß gegen den Grundsatz der Preisgünstigkeit nach § 1 EnWG beschwert sie daher schon nicht. Dasselbe gilt, soweit darauf hingewiesen wird, dass der Netzknoten unter Umständen wegen der freien Leistungsscheiben der anderen Anlagen öfter angewiesen wird als dies beim Abstellen der freien Leistungsscheiben der Fall wäre. Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass die Vergütung nach der Vergütungsfestlegung nicht angemessen ist, denn dies hat lediglich die Aufhebung der Festlegung zur Konsequenz (vgl. Beschlüsse vorm heutigen Tag in den Beschwerdeverfahren gegen die Vergütungsfestlegung der Beschlusskammer 8). Für den Einsatz der die Redispatch-Maßnahme ausführenden Anlage steht dem Anlagenbetreiber schon kraft Gesetzes ein Anspruch auf angemessene Vergütung zu.
1832.5.3. Ausschluss Intraday
184Das Verbot der Fahrplananpassungen und der damit verbundene Ausschluss der zum Redispatch verpflichteten Anlagen vom Intraday-Markt ist zur Erreichung des mit der Redispatch-Maßnahme erstrebten Zwecks, die Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der Systemsicherheit und -zuverlässigkeit, grundsätzlich erforderlich. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen unter Ziffer II.2. Bezug genommen. Das Verbot der Fahrplananpassungen bezieht sich nicht auf wärmegeführte Leistungsscheiben von KWK-Anlagen. Kommt es im Falle eines gestiegenen Wärmebedarfs zu einer Veränderung der zunächst als frei gemeldeten – nicht-wärmegeführten – Leistungsscheiben, hat der KWK-Anlagenbetreiber seine ursprüngliche Meldung nach Tenorziffer 8 zu aktualisieren. Wie bereits ausgeführt, kann er dies auch noch nach erfolgter Anweisung zum Redispatch, weil der an die Nutzwärmerzeugung gekoppelte Strom nach § 4 Abs. 1 KWK privilegiert ist und von der Festlegung schon nach Tenorziffer 2 gerade nicht umfasst sein soll (vgl. S. 36 der Festlegung).
1852.6. Art. 14, 12, Art. 3 GG
186Die hier streitgegenständliche Redispatch-Festlegung verstößt auch nicht unter dem Gesichtspunkt der unzureichenden Vergütung gegen Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG.
187Redispatch-Anweisungen nach § 13 Abs. 1a EnWG greifen in die unternehmerische Freiheit der Kraftwerksbetreiber und damit in das nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Grundrecht auf freie Berufsausübung ein. Sie sind jedoch grundsätzlich im Hinblick auf die Versorgungssicherheit, die ein Gemeinschaftsinteresse höchsten Ranges darstellt (BVerfG, Beschluss vom 16.03.1971, 1 BVR 52/66 juris RN 82; BVerfGE 13,97 (107)), gerechtfertigt und aufgrund des gesetzlich eingeräumten Anspruchs auf angemessene Vergütung verhältnismäßig (vgl. nur zur Statthaftigkeit von Regelungen der Berufsausübung BVerfG, Beschluss vom 17.10.1984, 1 BvL 18/82 u. a., NJW 1985, 963f.). Allerdings setzt die Vergütungsfestlegung den Anspruch auf angemessene Vergütung nicht ausreichend um, da sie die mit dem Eingriff in den Betrieb der Erzeugungsanlage durch den Übertragungsnetzbetreiber verbundenen Kosten nur unzureichend kompensiert. Dies führt zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der in Anspruch genommenen Kraftwerksbetreiber gegenüber den nicht in Anspruch genommenen Kraftwerksbetreibern, die ihre Kapazitäten weiterhin voll flexibel am Markt anbieten und damit die Chancen aus alternativen Vermarktungsmöglichkeiten realisieren können. Die angewiesenen Anlagenbetreiber werden daher innerhalb der betroffenen Berufsgruppe ohne zureichende sachliche Gründe wesentlich stärker als andere belastet, so dass Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verletzt ist. Die Rechtsverletzung ergibt sich aber nicht aus der Inanspruchnahme zum Redispatch, zu dem der Anlagenbetreiber ohnehin schon kraft Gesetzes verpflichtet ist, sondern allein aus der unzureichenden Vergütung der Maßnahme. Die unzureichenden Vergütungsregelungen führen daher zur Rechtswidrigkeit und Aufhebung der Festlegung der Beschlusskammer 8, nicht jedoch gleichzeitig zur Rechtswidrigkeit der hier streitgegenständlichen Festlegung unter dem Gesichtspunkt der Unverhältnismäßigkeit. Mit dem Wegfall der Vergütungsfestlegung entfällt auch nicht gleichzeitig der Anspruch auf angemessene Vergütung. Dieser ergibt sich vielmehr bereits unmittelbar aus dem Gesetz.
188Inwieweit die Festlegung in das Recht auf Eigentum nach Art. 14 GG eingreifen soll, ist nicht ersichtlich. Die Betroffenen haben ihre pauschale Rüge auch nicht näher begründet. Soweit die Betroffenen mit der Rüge auf die unzureichende Vergütung abzielen, gilt das Vorstehende entsprechend.
1892.7. Gesamtaufhebung
190Auch wenn nur die Reglungen in Tenorziffer 2 Satz 3 und Tenorziffer 3 Satz 2 der streitgegenständlichen Festlegung rechtswidrig sind, handelt es sich dabei um zentrale Regelungen, die zur Gesamtaufhebung der Festlegung führen. Schon die Rechtswidrigkeit der Tenorziffer 2, die den Adressatenkreis der Festlegung näher definiert, führt dazu, dass die übrigen Regelungen keinen Bestand haben können. Denn diese setzen die Bestimmung des Adressatenkreises voraus. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Bundesnetzagentur die Festlegung auch ohne die netzknotenbezogene Bestimmung der Nennwertgrenze der verpflichteten Anlagen bestimmt hätte. Vielmehr hat sie der Festlegung insgesamt ein netzknotenbezogenes Verständnis zugrunde gelegt. So geht sie auch in den Tenorziffern 3 und 8 von einer netzknotenbezogenen Betrachtungsweise aus.
191C.
192I.
193Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 1 EnWG. Die Betroffenen haben in der Sache obsiegt. Soweit sie mit den in Bezug auf die Zulässigkeit und Gestattung von Fahrplananpassungen gestellten Anträgen auf Feststellung und Neubescheidung nicht obsiegen, stellt dies wirtschaftlich das Obsiegen nicht in Frage. Denn die Aufhebung der Festlegung umfasst diese insgesamt und damit auch die darin enthaltene Regelung zum Verbot der Fahrplananpassung.
194II.
195Den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren hat der Senat bereits im Termin vom 21.01.2015 im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung und nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten auf 50.000 Euro für jedes Verfahren festgesetzt (§ 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO).
196D.
197Die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof ist zuzulassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben.
198Rechtsmittelbelehrung:
199Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf
200einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Rechtsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 Satz 2, 80 Satz 2 EnWG).
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