Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 2 W 10/15
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der 4b Zivilkammer des Landgerichts D. vom 27. Januar 2015 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Beklagten auferlegt.
III. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.132,50 € festgesetzt.
1
Gründe:
2Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die geltend gemachten Dolmetscherkosten in Höhe von 2.132,50 € abgesetzt.
31.
4Die dem Gegner erwachsenen Kosten sind gemäß § 91 Abs.1 ZPO nur zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Das ist hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Übersetzungskosten nicht der Fall.
5a)
6Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 6. Januar 2011-I-2 W 63/10; Beschluss vom 27. April 2011 - I-2 W 2/11; Beschluss vom 4. März 2013 - I-2 W 9/13) sind Übersetzungskosten, die dadurch veranlasst sind, dass die beklagte deutsche Vertriebsgesellschaft ihre am Rechtsstreit selbst nicht beteiligte ausländische Muttergesellschaft informiert, grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Etwaige konzerninterne Vorgaben, die eine Einschaltung und Unterrichtung der Konzernmutter vorschreiben, können nicht zu Lasten des erstattungspflichtigen Prozessgegners gehen. Eine Ausgleichspflicht ist allenfalls dann anzuerkennen, wenn die Übersetzung notwendig war, um von der Mutter für den Rechtsstreit relevante technische Informationen einzuholen, ohne die der Partei eine angemessene Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht möglich und diese ansonsten gezwungen gewesen wäre, externen Sachverstand (etwa eines Privatgutachters) einzuholen. Auch insoweit gilt der Vorbehalt, dass es in erster Linie Sache der Partei und ihres Patentanwaltes ist, den technischen Sachverhalt aufzuarbeiten. Nur dort, wo - substantiiert darzulegende - Lücken verbleiben, sind Übersetzungen gerechtfertigt. Zwar steht es ausländischen Konzernen frei, aus organisatorischen, logistischen oder rechtlichen Gründen die für sie wirtschaftlichste Aufteilung in weltweite Einzelgesellschaften zu wählen, zu denen auch eigenständige kleine Vertriebsgesellschaften gehören können. Jedoch verfängt nicht das Argument, allein durch den Prozess verursachte Kosten dürften nicht zum Nachteil der in Deutschland ansässigen Tochtergesellschaften gehen, die selbst den Prozessablauf nicht bestimmen könnten. Diese Sichtweise verkennt, dass die Notwendigkeit von Übersetzungskosten pp. noch weniger zu Lasten des Prozessgegners gehen darf, der auf die konzernmäßige Organisation der Gegenseite keinen Einfluss hat, während die inländischen Vertriebsgesellschaften in der Regel - etwa als Lizenznehmer - von der entsprechenden Organisationsstruktur profitieren. Soweit im Einzelfall infolge der Konzernstruktur nicht erstattungsfähige Prozesskosten entstehen, stellt dies die zumutbare Kehrseite des vorerwähnten Vorteils dar. Dolmetscherkosten, die dadurch entstehen, dass ein Vertreter der nicht am Rechtsstreit beteiligten Muttergesellschaft dem Termin zur mündlichen Verhandlung beiwohnt, sind dementsprechend nur dann notwendig im Sinne des § 91 ZPO, wenn es darum geht, während der mündlichen Verhandlung wichtige technische Informationen zu erhalten, über welche die Partei nicht in zumutbarer Weise selbst verfügen kann. Auch insoweit ist es in erster Linie Aufgabe der Partei selbst und des auf ihrer Seite mitwirkenden Patentanwaltes, den technischen Sachverhalt aufzuarbeiten (Senat, Beschluss vom 4. März 2013 - I-2 W 9/13, S. 5 unter Ziff. 2).
7b)
8Schaltet der beklagte Generalimporteur zu seiner Unterstützung im Patentverletzungsprozess den ausländischen Lieferanten des angegriffenen Erzeugnisses ein und fallen indessen Person Übersetzungskosten an, sind diese ebenfalls nur dann erstattungsfähig, wenn die Mithilfe des Lieferanten notwendig war, um dem Verletzungsvorwurf sachgerecht begegnen zu können. Dazu gehört nicht schon, dass der Lieferant dem Verletzungsbeklagten im Falle eines Unterliegens zur Freistellung verpflichtet ist. Vielmehr muss der Beklagte auf die technische Unterstützung des Lieferanten so angewiesen sein, dass er sich sonst nicht angemessen verteidigen könnte. Vorrangig ist auch hier der mitwirkende Patentanwalt aufgerufen, sich mit der fraglichen Technik vertraut zu machen; ggfs. sind ergänzende Informationen des Lieferanten auf schriftlichem und/oder telefonischem Wege einzuholen. Nur wenn das nicht möglich oder ausreichend ist (was ebenfalls im Einzelnen substantiiert dargelegt werden muss), bleibt Raum für eine im Rahmen der Kostenerstattung anzuerkennende weitergehende persönliche Unterrichtung des Beklagten oder die Mitwirkung an seiner Verteidigung in der mündlichen Verhandlung vor Gericht (vgl. zum Ganzen: K., Handbuch der Patentverletzung, 7. Aufl., Rdnrn. 703, 704).
9c)
10Diese Grundsätze gelten entsprechend, wenn der an der mündlichen Verhandlung teilnehmende Vertreter nicht der Muttergesellschaft, sondern einem anderen Unternehmen angehört, das mit der betreffenden Partei konzernrechtlich verbunden ist. Auch hier kann es abgesehen von den oben dargelegten Ausnahmesituationen nicht zu Lasten des jeweiligen Prozessgegners gehen, wenn eine Partei die Aufarbeitung des Prozessstoffes und die Vorbereitung ihrer Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung so organisiert, dass daran Vertreter bzw. Mitarbeiter ausländischer Unternehmen mitwirken müssen, die der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind.
112.
12Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass die geltend gemachten Übersetzungskosten nicht erstattungsfähig sind.
13Soweit die Kosten für einen Dolmetscher dadurch veranlasst waren, der für die Beklagte an der mündlichen Verhandlung teilnehmenden Mitarbeiterin M. F. den Ablauf den Verhandlung zu übersetzen, scheitert die Erstattungsfähigkeit daran, dass das Vorbringen der Beklagten nichts dafür hergibt, dass ihre Teilnahme an der Verhandlung notwendig war, um technische Informationen betreffend die angegriffenen Gegenstände zu vermitteln, die nicht über die auf Seiten der Beklagten mitwirkenden Patentanwälte hätten beschafft werden können. Ebenso wenig ist zu erkennen, dass ihre Mitwirkung notwendig war, um den Beklagten eine sachgerechte Reaktion auf den technischen Sachvortrag der Klägerin zu ermöglichen, zu der allein die Unterstützung ihrer Patentanwälte nicht ausgereicht hätte. Dass M. F. als „Senior Counsel“ im Unternehmensverbund der Beklagten u.a. für die Betreuung des vorliegenden Verfahrens zuständig ist, genügt zur Anerkennung der Erstattungsfähigkeit der durch ihre Teilnahme an der mündlichen Verhandlung veranlassten Dolmetscherkosten nicht.
14Soweit die Beklagten geltend machen, auch Patentanwalt R. S. habe auf ihrer Seite an der mündlichen Verhandlung teilgenommen und die Hilfe eines Dolmetschers benötigt, scheitert die Erstattungsfähigkeit der hierdurch ausgelösten Dolmetscherkosten, wie schon das Landgericht im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, daran, dass die Beklagten unabhängig von der Teilnahme von Patentanwalt S. durch in Deutschland ansässige Patentanwälte vertreten waren und nicht ersichtlich ist, aus welchem Grund die Anwesenheit eines weiteren ausländischen Patentanwalts im Termin notwendig war. Es mag sein, dass die Beklagten keine Mitarbeiter haben, die die notwendigen technischen Informationen übermitteln konnten. Das besagt aber nichts darüber, aus welchem Grund es den ohnehin auf Seiten der Beklagten mitwirkenden Patentanwälten nicht möglich gewesen sein soll, sich die notwendigen technischen Informationen außerhalb der mündlichen Verhandlung von entsprechend kundigen Personen zu besorgen.
153.
16Da die sofortige Beschwerde der Beklagten erfolglos war, haben sie nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
17Es bestand keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil die dafür in § 574 niedergelegten Voraussetzungen ersichtlich nicht gegeben sind.
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