Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-20 U 196/14
Tenor
Das am 24.02.2015 verkündete Versäumnisurteil des Senats wird aufrecht erhalten.
Die weiteren Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Gründe
A)
1Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht eine Beschlussverfügung vom 2. Juni 2014 bestätigt, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verboten wurde, die von der Antragstellerin, dem Betreiber eines Pay-TV-Senders, ausgestrahlten Fußballsendungen ohne deren vorherige Zustimmung öffentlich wahrnehmbar zu machen, wie geschehen am 27.04.2014 in der Betriebsstätte X. Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründeten Berufung. Sie behauptet – wie schon in erster Instanz –die Gaststätte sei zu dem Zeitpunkt, an dem der Ermittler der Antragstellerin die Rechtsverletzung beobachtet haben will, geschlossen gewesen. Dieser habe sich rechtswidrig Zutritt zu dem geschlossenen Betrieb verschafft; das Fußballspiel sei daher nicht öffentlich wahrnehmbar gewesen.
2Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24.02.2015 war die ordnungsgemäß geladene Antragstellerin nicht vertreten. Der Senat hat daraufhin antragsgemäß ein Versäumnisurteil erlassen und auf die Berufung der Antragsgegnerin das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 8. Oktober 2014 abgeändert sowie die einstweilige Verfügung vom 2. Juni 2014 unter Zurückweisung des Antrags auf ihren Erlass aufgehoben.
3Das Versäumnisurteil ist der Antragstellerin am 11. März 2015 zugestellt worden. Mit am 25. März 2015 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tage hat die Antragstellerin gegen das Versäumnisurteil Einspruch eingelegt. Zur Begründung der Versäumung des Termins hat sie vorgetragen, in der Kanzlei der beauftragten Terminsbevollmächtigten sei infolge einer fehlerhaften Einstellung eines E-Mail-Programms der Termin nicht im Kalender vermerkt worden. Dies sei erst durch die Zustellung des Versäumnisurteils aufgefallen.
4Die Antragsgegnerin macht nunmehr ergänzend geltend, durch die Säumnis sei der Verfügungsgrund jedenfalls entfallen.
5Die Antragsgegnerin beantragt,
6das Versäumnisurteil des Senats vom 24.02.2015 aufrecht zu erhalten.
7Die Antragstellerin beantragt,
8das Versäumnisurteil aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.
9Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
B)
10Das Versäumnisurteil des Senats war auf den zulässigen, insbesondere fristgerechten Einspruch der Antragstellerin gemäß § 539 Abs. 3, § 343 S. 1 ZPO aufrecht zu erhalten, weil die einstweilige Verfügung unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils unter Zurückweisung des Antrags auf ihren Erlass aufzuheben war.
11Es fehlt nunmehr an dem nach §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Verfügungsgrund. Im Urheberrecht wird die Dringlichkeit nicht in entsprechender Anwendung von § 12 Abs. 2 UWG vermutet, sondern ist gesondert festzustellen (Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 97 Rn. 90; vgl. auch Berneke/Schüttpelz, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 3. Aufl., Rn. 745). Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes ist unter Abwägung der sich im Einzelfall gegenüberstehenden Parteiinteressen zu prüfen. Gegen das Interesse des Antragstellers an der alsbaldigen Untersagung ist das Interesse des Antragsgegners abzuwägen, nicht auf Grund eines bloß summarischen Verfahrens mit einem Verbot belegt zu werden. Zwar wird man grundsätzlich davon ausgehen können, dass einem Schutzrechtsinhaber regelmäßig nicht zugemutet werden kann, den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten und fortdauernde Rechtsverletzungen hinzunehmen. Diese Annahme kann aber durch ein zögerliches Verhalten des Antragstellers widerlegt werden. Ein Antragsteller, dem der begehrte Rechtsschutz so wichtig ist, dass es gerechtfertigt erscheint, auf Grund eines nur summarischen Verfahrens und mit eingeschränktem Rechtsweg über sein Begehren zu entscheiden, wird alles tun, was zu einer schnellen Erlangung des begehrten Schutzes erforderlich ist. Er hat das Verfahren mithin in jeder Lage des Verfahrens mit dem Ziel, schnellen Rechtsschutz zu erhalten, zu beobachten und zu betreiben. Unterlässt er dies, gibt er durch sein Verhalten zu erkennen, dass ihm die Sache nicht so eilbedürftig ist, dass die mit dem Verfügungsverfahren verbundene Einschränkung der Rechtsverteidigung des Antragsgegners gerechtfertigt ist.
12Es mag an dieser Stelle dahinstehen, ob nicht schon die durch die Säumnis im Termin geschaffene Gefahr, den bereits erstrittenen Titel wieder zu verlieren, ein Indiz für ein mangelndes Interesse der Antragstellerin darstellt. Jedenfalls aber hat die Antragstellerin durch ihr Verhalten nach dem Termin vom 24.02.2015 zu erkennen gegeben, dass ihr die Sache nicht so eilbedürftig ist, dass sie zu einer Aufrechterhaltung des vorläufigen Rechtsschutzes alles erforderliche veranlasst.
13Ein Antragsteller, dem die Sache hinreichend bedeutsam ist, hätte sich spätestens am Tag nach dem Termin nach dem Terminsergebnis erkundigt. Dies haben aber weder die Antragstellerin selber noch deren Hauptbevollmächtigte getan. Vielmehr hat die Antragstellerin die Zustellung des Versäumnisurteils abgewartet. Hätte sie sich bereits am 25.02.2015 über das Terminsergebnis unterrichtet, hätte sie noch am gleichen Tage Einspruch einlegen können, um möglichst schnell wieder zu einem Unterlassungstitel zu gelangen. Sie hat dies jedoch unterlassen. Sodann hat sie die Einspruchsfrist voll ausgeschöpft mit der Folge, dass bis zum Eingang des Einspruchs sie bereits einen vollen Monat ohne Schutz war. Wäre ihr der Schutz vor weiteren Rechtsverletzungen wirklich bedeutsam gewesen, hätte sie diese lange Dauer der Schutzlosigkeit nicht hingenommen. Das Verhalten der Antragstellerin lässt damit nur den Rückschluss zu, dass ihr die Wiedererlangung eines Unterlassungstitels nicht derart dringlich ist, dass sie eine Verurteilung der Antragsgegnerin im summarischen Verfahren und unter Beschränkung des Rechtsweges rechtfertigt.
14Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist entbehrlich, da dieses Urteil kraft Gesetzes nicht revisibel ist, § 542 Abs. 2 ZPO.
15Streitwert: 17.016,00 € (entsprechend der von den Parteien nicht angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung)
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Referenzen
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