Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - VI-3 Kart 112/13 (V)
Tenor
Auf die Beschwerde der Betroffenen vom 13.12.2014 wird der Beschluss der Beschlusskammer 9 der Bundesnetzagentur vom 13.11.2013, BK9-11/8186, aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, die Betroffene unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Bestimmung des Jahresanfangsbestands der kalkulatorischen Restwerte bei Neuanlagen, die im Basisjahr aktiviert wurden, im Rahmen der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung neu zu bescheiden. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Betroffene zu 65 % und die Bundesnetzagentur zu 35 %.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf € … festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
G r ü n d e :
2A.
3Die Betroffene ist Betreiberin eines Gasverteilernetzes.
4Mit dem angegriffenen Bescheid vom 13.11.2013 legte die Bundesnetzagentur die Erlösobergrenzen der Betroffenen für die zweite Regulierungsperiode niedriger als von der Betroffenen begehrt fest. Bei der Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung für Neuanlagen, die erstmals im Basisjahr 2010 aktiviert wurden, setzte sie den Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens im Rahmen der Mittelwertbildung nach § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV unter Berufung auf den Grundsatz der Bilanzidentität gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB mit Null an. Die kalkulatorische Gewerbesteuer errechnete die Bundesnetzagentur auf der Grundlage der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung anhand einer Vorsteuerformel („Vom-Hundert“-Rechnung). Einen Abzug der kalkulatorischen Gewerbesteuer bei sich selbst nahm sie wegen des Wegfalls des § 8 Satz 2 GasNEV nicht vor.
5Gegen diesen Beschluss wendet sich die Betroffene mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde.
6Die Betroffene ist der Ansicht, die Festlegung der Erlösobergrenzen sei rechtswidrig, soweit diese im Rahmen der Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung bei Neuanlagen, die im Basisjahr i.S.d. § 6 Abs. 1 ARegV aktiviert worden seien, einen Anfangsbestand von Null in Ansatz bringe. Richtigerweise sei als Jahresanfangsbestand der volle Anschaffungspreis für die Restwertermittlung zugrunde zu legen. Durch ihre bilanziell geleitete Berechnungsweise missachte die Bundesnetzagentur den kalkulatorischen Grundansatz für die Berechnung der Eigenkapitalverzinsung. Das Vorgehen der Bundesnetzagentur widerspreche auch dem Wortlaut von § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV. Der darin genannte „Jahresanfangsbestand“ stelle keinen Terminus aus dem HGB dar und unterscheide sich bereits begrifflich von den in § 252 HGB verwendeten Begriffen „Eröffnungsbilanz“ und „Schlussbilanz“. Etwas anderes folge auch nicht aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 GasNEV. Aus diesem und dem darin enthaltenen Verweis auf die Gewinn- und Verlustrechnung könne keine generelle Verpflichtung zur Anwendung des Handelsrechts hergeleitet werden.
7Auch die systematische Auslegung des § 7 GasNEV führe zu dem Ergebnis, dass für die Ermittlung des Mittelwerts bei Neuanlagen kein Wert von Null angesetzt werden könne. Für die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung würden die Anlagengüter berücksichtigt, die auch bei Berechnung der kalkulatorischen Abschreibung in Ansatz gebracht würden. Diese Parallelität verlange die Berücksichtigung eines fiktiven Anlagenzugangs zum 1. Januar des jeweiligen Geschäftsjahres nach § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV.
8Die von der Bundesnetzagentur angewandte Vorgehensweise bei der Mittelwertbildung widerspreche schließlich auch dem Sinn und Zweck des § 7 GasNEV i.V.m. § 21 Abs. 2 S. 1 EnWG, eine angemessene, wettbewerbsfähige und risikoangepasste Verzinsung des eingesetzten Kapitals zu gewährleisten. Durch den Ansatz eines Jahresanfangswerts von Null werde der rechnerische Mittelwert der Neuanlage im Basisjahr halbiert. Sie habe im Basisjahr Neuanlagen in Höhe von € … aktiviert. Durch die Berechnungsmethode der Bundesnetzagentur entstünden ihr nicht mehr nachholbare Zinsverluste in Höhe von € …. Bei der Vorgehensweise der Bundesnetzagentur erfolge auch keine Kompensation durch andere im Anfangsbestand enthaltene Vermögenspositionen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den von der Bundesnetzagentur gebildeten Beispielsfällen. Ihr Begehren richte sich auch nicht auf eine Doppelberücksichtigung von Positionen, insbesondere bei Anlagen im Bau setze sie für die fertige Anlage lediglich die Höhe der tatsächlich neuen Zugänge im Basisjahr an. Die Betroffene führt dazu weiter aus, insoweit wird auf ihr Vorbringen in der Replik vom 16.10.2014, S. 12 bis 21 (Bl. 161 bis 170 GA) verwiesen.
9Die Bundesnetzagentur habe außerdem die kalkulatorische Gewerbesteuer fehlerhaft berechnet, indem sie den Wegfall des In-Sich-Abzugs der Gewerbesteuer nicht berücksichtigt, sondern – mathematisch fehlerhaft - eine „Vom-Hundert“-Rechnung vorgenommen habe. Da § 7 GasNEV die Verzinsung des gebundenen Eigenkapitals nach Gewerbesteuer und vor Körperschaftsteuer darstelle, sei die Gewerbesteuer zwingend anhand der sogenannten „Im-Hundert“-Rechnung - der Rückrechnung des verminderten Wertes auf den Grundwert - zu ermitteln. Die Betroffene trägt zu den verschiedenen Berechnungswegen näher vor, insoweit wird auf ihr Vorbringen auf Seiten 21-25 der Replik vom 16.10.2014 (Bl. 170 bis 174 GA) Bezug genommen.
10Mit ihrem Berechnungsansatz setze sich die die Beschlusskammer 9 der Bundesnetzagentur auch in Widerspruch zu dem methodischen Vorgehen der Beschlusskammer 4 bei der Bestimmung der Eigenkapitalzinssätze (Festlegung vom 31.10.2011, BK4-11-304), bei der sie die Nachsteuerformel zur Ermittlung eines Zinssatzes vor Körperschaftssteuer zugrunde gelegt habe. Aufgrund der fehlerhaften Vorgehensweise werde dem Netzbetreiber entgegen der Vorgaben in § 7 GasNEV i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG die angemessene, wettbewerbsfähige und risikoangepasste Verzinsung des Eigenkapitals i.S.d. § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG gekürzt. Bei einem durchschnittlichen Steuersatz von … % betrage die Kürzung des für angemessen befundenen Nach-Steuer-Zinssatzes knapp … %. Richtigerweise wäre ihr eine um € … erhöhte kalkulatorische Gewerbesteuer zuzugestehen.
11Der Ansatz der kalkulatorischen Gewerbesteuer unter Heranziehung der „Im-Hundert“-Rechnung folge auch zwingend aus der Verordnungsbegründung zu § 7 StromNEV/GasNEV, wonach der Eigenkapitalzins „wie bisher“ als Vor-Steuer-Zinssatz bestimmt werde.
12Dass die „Im-Hundert“-Rechnung die einzig in Betracht kommende Berechnungsmethode darstelle, zeige sich spätestens seit dem Wegfall des § 8 Satz 2 GasNEV. Bis zum Wegfall des In-Sich-Abzugs habe die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur (vielleicht) noch dadurch gerechtfertigt werden können, dass sie zur Berechnung des In-Sich-Abzugs eine „Auf-Hundert“-Rechnung habe durchführen müssen. Durch den Wegfall des In-Sich-Abzugs könne die Bundesnetzagentur aber nunmehr eine „Im-Hundert“-Rechnung durchführen.
13Soweit sich die Betroffene mit der Beschwerde ursprünglich auch gegen die Anwendung der von der Bundesnetzagentur mit Beschluss vom 31.10.2011 (BK4-11-304) festgelegten Eigenkapitalzinssätze gewendet hat, hat sie den Beschwerdepunkt im Termin vom 16.09.2015 mit Zustimmung der Bundesnetzagentur zurück genommen.
14Die Betroffene beantragt,
15den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 13.11.2013 (BK 9-11/8186) insoweit aufzuheben und die Bundesnetzagentur zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, als
16a) es die Bundesnetzagentur unterlasse, bei Neuanlagen, die im Basisjahr aktiviert worden seien, eine Berechnung des Jahresanfangsbestands der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens vorzunehmen und sie den Jahresanfangsbestand daher mit Null ansetze;
17b) es die Bundesnetzagentur unterlasse, bei der Bestimmung der kalkulatorischen Gewerbesteuer den Wegfall des In-Sich-Abzugs zu berücksichtigen.
18Die Bundesnetzagentur beantragt,
19die Beschwerde zurückzuweisen.
20Die Bundesnetzagentur verteidigt den angegriffenen Beschluss. Die Festlegung der Erlösobergrenzen für die zweite Regulierungsperiode sei rechtmäßig.
21Sie habe zu Recht bei der Berechnung der Eigenkapitalverzinsungsbasis für die Ermittlung des Mittelwertes nach § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV bei Neuanlagen, die im Geschäftsjahr 2010 angeschafft worden seien, den Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens mit Null angesetzt. Diese Vorgehensweise sei bereits in der ersten Regulierungsperiode praktiziert worden. Auch im Hinblick auf die zwischenzeitliche Novellierung des § 6 Abs. 5 GasNEV sei für die zweite Regulierungsperiode keine abweichende Handhabung angezeigt. Die Auffassung der Betroffenen stehe im Widerspruch zu § 7 GasNEV und sei auch mit dem Sinn und Zweck von § 6 Abs. 5 GasNEV unvereinbar.
22Gegen die Auffassung der Betroffenen, eine unterjährig angeschaffte bzw. aktivierte Neuanlage bereits zum Jahresanfang mit dem vollen Anschaffungspreis zu berücksichtigen, spreche bereits der Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV. Unter dem dort verwendeten und nicht näher definierten Begriff „Jahresanfangsbestand“ sei der Wertansatz des Jahresendbestandes des vorhergehenden Geschäftsjahres zu verstehen, da Jahresanfangs- und Jahresendbestand gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB übereinstimmen müssten. Die handelsrechtlichen Grundsätze seien gemäß § 6 Abs. 1 ARegV i.V.m. § 4 Abs. 2 GasNEV auch im Rahmen der kalkulatorischen Kostenkalkulation des § 7 GasNEV zu berücksichtigen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass es an einer ausdrücklichen Verweisung in das Handelsrecht in § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV fehle. Dieses Schweigen sei nicht als bewusste Nichtregelung zu verstehen. Vielmehr enthalte § 4 Abs. 2 Satz 1 GasNEV Grundsätze, die bei der gesamten Ermittlung der Netzkosten im Rahmen der §§ 4 ff. GasNEV zu beachten seien. Fehle es dem Regelungsgefüge an einer Vorschrift, beanspruchten die dort normierten Grundsätze Beachtung.
23Aus § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV lasse sich nichts Gegenteiliges ableiten. Dort sei gerade nicht von „Jahresanfangsbestand“, sondern von einem „Zugang“ zum 1. Januar eines Jahres die Rede. Weiterhin fehle es auch an einem ausdrücklichen Verweis in § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV auf die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV, der über diese terminologischen Diskrepanzen hinweghelfen könnte. Wäre eine entsprechende Anwendung der Zugangsfiktion auch im Rahmen der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung als Jahresanfangsbestand von Seiten des Verordnungsgebers durch die Novellierung der GasNEV im Jahr 2010, mit der § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV eingeführt worden sei, gewollt gewesen, wäre eine Anpassung der Begrifflichkeiten mit Blick auf den Bestimmtheitsgrundsatz notwendig gewesen. Denn dem Verordnungsgeber sei die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur bei der Bestimmung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung bekannt gewesen. Allein die von der Betroffenen angeführte „systematische Verknüpfung“ beider Normen vermöge die Unvereinbarkeit des Wortlauts nicht auszuräumen. Vielmehr genüge dies den Anforderungen der Normenklarheit nicht. Die Sonderregelung des § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV beziehe sich im Übrigen lediglich auf die Behandlung der kalkulatorischen Abschreibungen. Sinn und Zweck der Änderung des § 6 Abs. 5 GasNEV durch die Ergänzung der Sätze 3 und 4 sei gewesen, eine jahresbezogene Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen – in Abgrenzung zu einer Ermittlung Pro-rata-temporis - zu erreichen. Eine Erweiterung der Verzinsungsgrundlage für die Eigenkapitalverzinsung sei hingegen nicht beabsichtigt gewesen.
24Die Fiktion des vollständigen Anlagenzugangs zum 1. Januar des Aktivierungsjahres als Jahresanfangsbestand überdehne den Wortlaut von § 7 Abs.1 Satz 2 Nr. 3 GasNEV, der von „kalkulatorischen Restwerten“ und nicht vom „Vollwert“ der Anschaffungs- und Herstellungskosten ausgehe.
25Auch systematische Zusammenhänge sprächen gegen den Ansatz der Betroffenen. Aus § 7 GasNEV ergebe sich, dass immer dann, wenn eine Anwendbarkeit der Vorschriften über die kalkulatorischen Abschreibungen im Rahmen der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung gewollt gewesen sei, ein ausdrücklicher Verweis im Verordnungstext enthalten sei (siehe § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 GasNEV). Demzufolge stehe der fehlende Verweis in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV auf § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV einer Anwendbarkeit der Zugangsfiktion im Rahmen der Restwertermittlung entgegen. Darüber hinaus würde es dem sich in der Gesamtsystematik des Abschnitts 1 im zweiten Teil der GasNEV widerspiegelnden Willen des Verordnungsgebers widersprechen, im Rahmen der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung anstelle der zur Lückenfüllung bestimmten Grundsätze in § 4 Abs. 2 Satz 1 GasNEV mit § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV eine Sondervorschrift zur Frage der kalkulatorischen Abschreibungen analog anzuwenden bzw. die darin enthaltene Zugangsfiktion entsprechend anzuwenden.
26Gegen den Ansatz der Betroffenen spreche auch der unmittelbare Zusammenhang von § 7 Abs. 1 GasNEV und § 7 Abs. 2 GasNEV. Die Ermittlung der Wertansätze nach Absatz 1 und Absatz 2 habe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einheitlich zu erfolgen. Dies entspreche auch der Intention des Verordnungsgebers bei Einfügung der Mittelwertbildung in § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV. Damit sei ein Rückgriff auf § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV zur Bestimmung des Jahresanfangsbestands ausgeschlossen, da dies ersichtlich zu uneinheitlichen Wertansätzen führe.
27Die Fiktion des vollständigen Anlagenzugangs zum Beginn des Aktivierungsjahres der Anlage sei mit dem Sinn und Zweck von § 7 GasNEV, eine angemessene, wettbewerbsfähige und risikoangepasste Verzinsung des eingesetzten Kapitals im Sinne von § 21 Abs. 2 EnWG zu gewährleisten, nicht vereinbar. Die Sichtweise der Betroffenen führe zu einer unsachgemäßen Erhöhung der Verzinsungsbasis und damit zu einer unangemessenen Doppelverzinsung. Das Ergebnis einer systematischen Überverzinsung durch die seitens der Betroffenen geforderte Vorgehensweise werde durch die von ihr gebildeten Beispielsfälle belegt, zu deren Einzelheiten auf Seite 16ff. der Beschwerdeerwiderung (Bl.93ff GA) sowie auf Seite 2ff. des Schriftsatzes der Bundesnetzagentur vom 28.11.2014 (Bl.247ff GA) verwiesen wird. Erst das Vorgehen der Bundesnetzagentur gewährleiste eine angemessene Verzinsung des von der Betroffenen eingesetzten Kapitals, weil das im Sachanlagevermögen gebundene Kapital bereits in voller Höhe in anderen Bilanzpositionen Berücksichtigung finde.
28Die Betroffene habe insgesamt € …. investiert. Dem stünden etwa € … anerkanntes Umlaufvermögen und etwa € … Rückflüsse aus Abschreibungen gegenüber. Anlass zu der Annahme, dass in dem Jahresanfangsbestand die für die Finanzierung der Neuanlagen benötigten Beträge nicht enthalten sein könnten, bestehe nicht im Ansatz.
29Die Bundesnetzagentur habe auch die kalkulatorische Gewerbesteuer nach § 8 GasNEV zutreffend ermittelt. Die Vorgehensweise stehe im Einklang mit den Vorgaben in § 8 GasNEV sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Als Teil der kalkulatorischen Kostenrechnung werde bei der Ermittlung der kalkulatorischen Gewerbesteuer nicht auf die der steuerlichen und handelsrechtlichen Gewinnermittlung zugrunde liegenden Vorschriften abgestellt, sondern auf eine rein fiktive Bemessungsgrundlage: die kalkulatorisch ermittelte Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV. Diese stelle den Gewerbeertrag dar, auf den die Steuermesszahl nach § 11 Abs. 2 GewStG in Höhe von 3,5 % angewandt werde. Daraus ergebe sich der Steuermessbetrag, auf den der Hebesatz Anwendung finde. Der Vorwurf der Betroffenen, sie missachte den Wegfall des In-Sich-Abzugs der kalkulatorischen Gewerbesteuer, gehe fehl. Der In-Sich-Abzug sei von der Frage der Berechnungsmethode der kalkulatorischen Gewerbesteuer („Vom Hundert“ oder „Im Hundert“) zu unterscheiden, insbesondere habe der Wegfall des In-Sich-Abzugs keinen Einfluss auf die anzuwendende Berechnungsmethodik. Einen In-sich-Abzug der Gewerbesteuer nehme sie – unstreitig - nicht vor.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und die Protokolle der Senatssitzungen Bezug genommen.
31B.
32Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.
33I.
34Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie als Verpflichtungsbeschwerde in Form eines Bescheidungsantrags statthaft (§§ 75 Abs. 1, 78 Abs. 1, 3, 83 Abs. 4 EnWG).
35II.
36Die Beschwerde ist hinsichtlich der Mittelwertbildung nach § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV begründet. Dies führt zur Aufhebung des Beschlusses und Verpflichtung der Bundesnetzagentur zur Neubescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats. Im Übrigen hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg.
371. Mittelwertbildung
38Die Festlegung der Erlösobergrenzen für die zweite Regulierungsperiode ist insoweit rechtswidrig, als die Bundesnetzagentur bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus nach § 6 Abs. 1 ARegV im Rahmen der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung bei Neuanlagen, die erstmals im Basisjahr aktiviert wurden, den Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV mit Null ansetzt.
391.1. Das nach § 7 GasNEV zu verzinsende betriebsnotwendige Eigenkapital ermittelt sich nach den Vorgaben des § 7 Abs. 1 Satz 2 GasNEV. Für Neuanlagen bestimmt § 7 Abs.1 Satz 2 Nr. 3 GasNEV, dass die kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens der Neuanlagen bewertet zu historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten unter Abzug des Abzugskapitals und des verzinslichen Fremdkapitals in die Verzinsungsbasis einzustellen sind. Nach § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV ist jeweils der Mittelwert aus Jahresanfangs- und Jahresendbestand anzusetzen.
401.2. Die Vorgaben des § 7 GasNEV hat die Bundesnetzagentur zwar grundsätzlich beachtet. Zu Unrecht setzt sie jedoch den Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens für Neuanlagen, die erstmals im Basisjahr aktiviert wurden, bei der Mittelwertbildung mit Blick auf die Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahres mit Null an. Wie der Senat bereits entscheiden hat (Beschluss vom 27.05.2015, VI-3 Kart 115/14) verstößt diese Vorgehensweise gegen die Vorgaben in 7 Abs. 1 GasNEV und damit gleichzeitig gegen den Anspruch des Netzbetreibers nach § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG auf eine angemessene Verzinsung seines eingesetzten Kapitals. Denn entgegen der Ansicht der Bundesnetzagentur ist der Jahresanfangsbestand i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV nicht mit dem Wertansatz in der Eröffnungsbilanz und dieser über § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB mit dem Wertansatz des Jahresendbestandes des vorhergehenden Geschäftsjahres gleichzusetzen. Zwar müssen nach dem in § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB normierten Grundsatz der Bilanzidentität die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahres mit denen der Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahres übereinstimmen. Maßgebend für die Bestimmung der Eigenkapitalverzinsung sind jedoch nicht der Jahresabschluss oder bilanzrechtliche Grundsätze, sondern allein die kalkulatorische Rechnung, die für die Eigenkapitalverzinsung nach den Vorgaben des § 7 GasNEV durchzuführen ist. Danach ist bei der Ermittlung der kalkulatorischen Restwerte einer Neuanlage der Jahresanfangsbestand im Anschaffungsjahr mit den vollen ansetzbaren Anschaffungs- und Herstellungskosten zu berücksichtigen. Dies ergibt eine Auslegung der Norm nach Systematik sowie Sinn und Zweck (so auch OLG Dresden, Beschluss vom 18.07.2014, Kart 8/13, juris RN 45ff; OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.05.2014, 202 EnWG 6/13, S. 11ff; Theobald/Zenke/Lange in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Aufl., § 17 RN 124; a.A. OLG Schleswig, Beschluss vom 02.04.2015, 16 Kart 2/14, S. 8ff. BA.; Beschluss vom 04.12.2014, 16 Kart 1/14, juris RN 37ff.; OLG Thüringen, Beschluss vom 02.06.2015, 2 Kart 6/13 (2), S. 4ff. BA).
411.2.1 Die Bundesnetzagentur kann sich für ihre gegenteilige Auffassung nicht auf den Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV stützen. § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV gibt lediglich vor, dass jeweils der Mittelwert aus Jahresanfangs- und Jahresendbestand anzusetzen ist. Er enthält jedoch keine Definition des Begriffs „Jahresanfangsbestand“. Nach seinem Wortsinn beschreibt der Begriff zunächst nur die Anzahl/Wertigkeit einer (Mengen-)Einheit zum Stichtag 1. Januar eines Jahres. Die in § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB enthaltenen Begriffe „Wertansatz der Eröffnungsbilanz“ oder „Wertansatz der Schlussbilanz“ werden nicht verwendet. Der Schluss, der Begriff „Jahresanfangsbestand“ sei mit dem „Wertansatz in der Schlussbilanz“ bedeutungsgleich, ist auch nicht zwingend. So verwendet § 5 Abs. 2 Satz 2 ARegV ebenfalls den Begriff „Jahresanfangsbestand“. Da das Regulierungskonto jedoch eine rein kalkulatorische Größe darstellt, welche nicht auf tatsächlichen Geldflüssen beruht (Held in: Holznagel/Schütz, ARegV, § 5 RN 55), stellt auch der Jahresanfangsbestand im Rahmen des § 5 ARegV eine rein kalkulatorische Größe dar, für die es keine Entsprechung in der Schlussbilanz gibt.
42Die Anwendbarkeit handelsrechtlicher Vorgaben bei der Ermittlung des Jahresanfangsbestands einer im Basisjahr aktivierten Neuanlage folgt auch nicht aus § 4 Abs. 2 Satz 1 GasNEV. Danach ist lediglich „ausgehend“ von den Gewinn- und Verlustrechnungen für die Gasversorgung des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres zur Bestimmung der Netzkosten eine kalkulatorische Rechnung zu erstellen. Damit wird nicht auf die Rechtsnormen des Handelsrechts verwiesen, vielmehr dient die Handelsbilanz lediglich als Datenquelle für die kalkulatorische Rechnung („ausgehend“). Aus ihr lassen sich nur die Kostenstruktur und Erlössituation des Netzbetreibers erkennen. Der Rückgriff auf bilanzielle Ansätze ist im Übrigen nur zulässig, wenn dies in der Verordnung ausdrücklich angeordnet wird, wie beispielsweise in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GasNEV (BGH, Beschluss vom 14.08.2008, KVR 39/07, RN 36f. – Vattenfall; Beschluss vom 07.04.2009, EnVR 6/08, RN 18 - Verteilnetzbetreiber Rhein-Main-Neckar; Schütz/Schütte in: Holznagel/Schütz, ARegV, § 4 StromNEV/GasNEV RN 25f.; Bartsch/Meyer/Pohlmann in: Säcker, BerlKommEnR, 2. Aufl., § 24 EnWG Anh. B, § 4 StromNEV, RN 9). Bei §§ 6, 7 GasNEV handelt es sich um ein eigenständiges Regelwerk, das die Eigenkapitalverzinsung losgelöst vom Handelsrecht normiert (BGH, Beschluss vom 14.08.2008, KVR 39/07, RN 36f. – Vattenfall; Beschluss vom 07.04.2009, EnVR 6/08, RN 18 - Verteilnetzbetreiber Rhein-Main-Neckar; vgl. auch BGH, Beschluss vom 18.02.2014, EnVR 67/12, RN 24; Schütz/Schütte in: Holznagel/Schütz, ARegV, § 4 StromNEV/GasNEV RN 25f.; Bartsch/Meyer/Pohlmann in: Säcker, BerlKommEnR, 2. Aufl., § 24 EnWG Anh. B, § 4 StromNEV, RN 9). Demzufolge kann der Wert des Jahresanfangsbestands auch nur anhand dieses Regelwerks bestimmt werden (OLG Dresden, a.a.O., juris RN 49).
431.2.2. Dass der Jahresanfangsbestand bei der Ermittlung des Mittelwerts der kalkulatorischen Restwerte von Neuanlagen, die im Basisjahr aktiviert wurden, mit den vollen Anschaffungs- und Herstellungskosten anzusetzen ist, ergibt sich aus der systematischen Auslegung des § 7 GasNEV (a.A. OLG Schleswig, Beschluss vom 02.04.2015, 16 Kart 2/14, S. 11f. BA.; Beschluss vom 04.12.2014, 16 Kart 1/14, juris RN 46f.; OLG Thüringen, Beschluss vom 02.06.2015, 2 Kart 6/13 (2), S. 5 BA).
441.2.2.1. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GasNEV sind für das betriebsnotwendige Eigenkapital die kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens der Neuanlagen zugrunde zu legen. Die kalkulatorischen Restwerte bestimmen sich nach den historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten unter Berücksichtigung der kalkulatorischen Abschreibungen. Wie die kalkulatorischen Abschreibungen und damit die kalkulatorischen Restwerte ermittelt werden, ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus § 7 GasNEV, sondern ausschließlich aus § 6 GasNEV. Insoweit sind §§ 6 und 7 GasNEV systematisch miteinander verknüpft. Dies zeigt im Übrigen auch der Verweis in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 GasNEV auf § 6 Abs. 2 GasNEV. § 6 Abs. 5 Satz 3 GasNEV bestimmt, dass die kalkulatorischen Abschreibungen jahresbezogen zu ermitteln sind. Nach § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV ist dabei jeweils ein Zugang des Anlagengutes zum 1. Januar des Anschaffungsjahres zugrunde zu legen. Diese beiden Sätze sind aufgrund des Beschlusses des Bundesrates vom 09.07.2010 zur Verordnung zur Neufassung und Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Energiewirtschaftsrechts sowie des Bergrechts eingefügt worden, um damit die komplexere, auf unterjährige Zeiträume abstellende Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen auszuschließen und so die Handhabbarkeit und Prüfbarkeit der Kostenrechnung zu erleichtern (BR-Drs. 312/10 (Beschluss) vom 09.07.2010, S. 11, 12). Diese Intention des Verordnungsgebers beansprucht aber nicht nur Geltung für die Ermittlung der Abschreibungen im Rahmen des § 6 GasNEV, sondern auch für die Berechnung der Verzinsungsbasis. Denn gilt die Zugangsfiktion im Rahmen des § 7 GasNEV nicht, kann im Zugangsjahr einer Investition wegen des inneren Zusammenhangs der Sätze 3 und 4 des § 6 Abs. 5 GasNEV auch nicht eine Jahresabschreibung, sondern nur der monatsscharfe Abschreibungsbetrag in Ansatz gebracht werden. Auch die Bundesnetzagentur legt im Zugangsjahr der Neuanlage entsprechend § 6 Abs. 5 Satz 3, Satz 4 GasNEV eine Jahresabschreibung zugrunde. Dies ist aber nur möglich, weil § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV die Aktivierung einer Investition – abweichend von den handelsrechtlichen und etwaigen tatsächlichen Gegebenheiten – auf den Jahresbeginn fingiert. Damit ist dem Rückgriff auf die Handelsbilanz und insbesondere auf den Grundsatz der Bilanzidentität nach § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB jedoch der Boden entzogen.
45Dass in § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV von „Zugang“, in § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV hingegen von „Jahresanfangsbestand“ die Rede ist, steht dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Die Fiktion des Zugangs eines Anlagenguts zum Jahresbeginn hat denknotwendig zur Folge, dass der für § 7 Abs. 1 Satz 3 GasNEV maßgebliche Jahresanfangsbestand mit den vollen Anschaffungs- und Herstellungskosten in Ansatz zu bringen ist. Denn der Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens wird jeweils durch Addition der Restwerte des Sachanlagevermögens zum Ende eines bestimmten Jahres und der Jahresabschreibung dieses bestimmten Jahres errechnet (Schütz/Schütte in: Holznagel/Schütz, ARegV, § 7 StromNEV/GasNEV, RN 68). Der Restwert einer Neuanlage zum Ende des ersten Abschreibungsjahrs zuzüglich der Abschreibung im Anschaffungs- oder Herstellungsjahr führt rechnerisch jedoch zu einem Jahresanfangsbestand in Höhe des Anschaffungs- oder Herstellungspreises. Dass es sich dabei nicht um einen „Restwert“ im engeren Sinn, also um einen unter Berücksichtigung von Abschreibungen unterhalb des Anschaffungs- oder Herstellungspreises liegenden Wert handelt, ist logische Folge der Vorgaben in § 6 Abs. 5 Satz 3 und 4 GasNEV, die eine Abschreibung des vollen Jahresbetrages bereits im Anschaffungs- oder Herstellungsjahr verlangen. Eine Überdehnung des Wortlauts des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GasNEV ist damit nicht verbunden. Dieser spricht zwar von „kalkulatorischen Restwerten“, nimmt gleichzeitig aber auch auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten Bezug. Diese sind der Ausgangspunkt der Jahresabschreibung und definieren damit auch zwangsläufig den Jahresanfangsbestand im ersten Abschreibungsjahr. Dies korrespondiert mit § 6 Abs. 4 GasNEV, wonach die kalkulatorischen Abschreibungen der Neuanlagen ausgehend von den jeweiligen historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten zu ermitteln sind.
46Da der Bezug von § 7 GasNEV auf § 6 GasNEV und damit auch auf § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV schon durch die Berechnungsmodalitäten der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GasNEV vorausgesetzten „kalkulatorischen Restwerte“ hergestellt wird, ist unerheblich, dass § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV keine § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV entsprechende Regelung oder Klarstellung enthält und auch nicht ausdrücklich auf die Vorschrift verweist. Vor diesem Hintergrund kann auch aus dem Fehlen eines Hinweises des Verordnungsgebers in der Verordnungsbegründung trotz der entsprechenden damaligen Regulierungspraxis der Bundesnetzagentur bei der Mittelwertbildung nichts hergeleitet werden. Hinzu kommt, dass § 6 Abs. 5 GasNEV a.F. auch nur eine monatsscharfe Abschreibung vorsah (BGH, Beschluss vom 07.04.2009, EnVR 6/08, RN 15ff; Beschluss vom 23.06.2009, EnVR 76/07, RN 17 ff.). Dies führte dazu, dass die Abschreibungen einer unterjährig aktivierten Investition kleiner als eine volle Jahresscheibe waren. Damit war auch noch im letzten Jahr der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ein Restwert vorhanden, der erst unterjährig abgeschrieben wurde und damit als Jahresanfangsbestand noch verzinst werden konnte.
471.2.2.2. Aus der Systematik der Absätze 1 und 2 des § 7 GasNEV ergibt sich nichts Gegenteiliges, insbesondere erfordert der Zusammenhang zwischen § 7 Abs. 1 und Abs. 2 GasNEV nicht, den Grundsatz der Bilanzidentität im Rahmen der Mittelwertbildung anzuwenden.
48Ausweislich der Verordnungsbegründung ging es dem Verordnungsgeber mit der Einfügung der Mittelwertbildung im Rahmen des § 7 Abs. 1 GasNEV darum, bei der Berechnung der Verzinsung auf das beim Netzbetreiber im Durchschnitt des Jahres vorhandene Kapital abzustellen und so eine Vereinheitlichung bei der Ermittlung der Aktiva und Passiva zu gewährleisten (vgl. BR-Drs.417/07 (Beschluss) vom 21.09.2007). Eine Mittelwertbildung sah § 7 Abs. 2 Satz 2 GasNEV a.F. bis dahin lediglich für die Passiva vor, während die Bundesnetzagentur für die Aktiva auf bilanzielle Jahresendwerte abstellte. Aus der Vorgabe, für Aktiva und Passiva jeweils auf Mittelwerte abzustellen, lässt sich jedoch nicht ableiten, wie der Jahresanfangswert zu bestimmen ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Bundesnetzagentur zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 23.06.2009, EnVR 76/07), wonach auch bei der Bestimmung des betriebsnotwendigen Eigenkapitals nach § 7 Abs. 1 GasNEV a.F. eine Mittelwertbildung vorzunehmen war. Soweit der Bundesgerichtshof dies damit begründete, dass die Ermittlung der Wertansätze nach Absatz 1 und Absatz 2 einheitlich erfolgen müsse, um eine angemessene Verzinsung i.S.d. § 21 Abs. 1 EnWG zu gewährleisten, beschränken sich seine Ausführungen auf das Erfordernis der gleichen zeitlichen Vorgaben für die Wertansätze nach Absatz 1 und 2. Aus der Entscheidung geht hingegen nicht hervor, wie der Jahresanfangs- oder Jahresendwert zu bestimmen ist.
491.2.3. Darüber hinaus sprechen auch der Sinn und Zweck des § 7 GasNEV für die Einbeziehung der vollen ansatzfähigen Anschaffungs- und Herstellungskosten einer Neuanlage im Anschaffungsjahr in den Jahresanfangsbestand. Die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung als die kalkulatorische Verzinsung des eingesetzten betriebsnotwendigen Eigenkapitals soll gemäß der gesetzlichen Vorgabe in § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG sicherstellen, dass der Netzbetreiber eine angemessene, wettbewerbsfähige und risikoangepasste Verzinsung des eingesetzten Kapitals erzielt (vgl. (BR-Drs. 245/05 vom 14.04.2005, S. 35; BGH, Beschluss vom 23.06.2009, EnVR 76/07, RN 21; Schütz/Schütte in: Holznagel/Schütz, ARegV, § 7 StromNEV/GasNEV, RN 34; Säcker/Meinzenbach in: Säcker, BerlKommEnR, 3. Aufl., § 21 EnWG, RN 96). Eine angemessene Verzinsung des für Neuanlagen aufgewendeten Kapitals wird jedoch nicht erreicht, wenn die Anlage im Jahr der Aktivierung mit einem Jahresanfangsbestand von Null in Ansatz gebracht wird. Denn auf diese Weise wird der rechnerische Mittelwert der Investition im Zugangsjahr, dem Basisjahr, halbiert. Dies hat eine Kürzung der Verzinsungsbasis und damit eine erhebliche Reduzierung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung zur Folge, die auch nicht mehr über die Nutzungs- und Abschreibungsdauer ausgeglichen wird.
50Dabei führt gerade der Umstand, dass die aus dem Basisjahr abgeleiteten Werte über die gesamte Regulierungsperiode fortgeführt werden, zu einer erheblichen Reduzierung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung. Denn die Kürzung der Verzinsungsbasis für Neuanlagen bleibt nicht nur, wie bei genehmigten Investitionsmaßnahmen nach § 23 ARegV, bei denen die Erlösobergrenzen jährlich angepasst werden, auf ein Jahr beschränkt, sondern wird auf die gesamte Regulierungsperiode prolongiert. Der Netzbetreiber erhält über die Halbierung des Mittelwertes nur einen Bruchteil der ihm eigentlich nach § 6 ARegV i.V.m. § 7 StromNEV über die gesamte Regulierungsperiode zustehenden kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung. Eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals kann dadurch nicht erreicht werden.
51Das Beispiel der Bundesnetzagentur anhand des konkreten Falls „Gaszähler der Verteilung“ auf Seite 8 des Schriftsatzes vom 28.11.2014 (Bl. 253 GA) kann nicht belegen, dass die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur zu einer angemessenen Verzinsung führt, da dort im Basisjahr im Jahresanfangsbestand unzutreffend „liquide Mittel“ in Höhe der Anschaffungskosten der Neuanlagen in Ansatz gebracht werden, obwohl das als betriebsnotwendig anerkannte Umlaufvermögen die Finanzierungsbeträge nicht enthält. Insoweit wird auf die nachfolgenden Ausführungen verwiesen. Ferner berücksichtigt die Bundesnetzagentur in dem beschriebenen Fall im Basisjahr im Jahresendbestand Abschreibungen in Höhe der Jahresabschreibung der Neuanlagen als „liquide Mittel“. Diese stehen aber mit der Neuanlage in keinem Zusammenhang. Denn aus der Neuanlage können im Basisjahr noch keine Abschreibungen zurückverdient werden, sondern erst ab Beginn der neuen Regulierungsperiode. Abschreibungen aus anderen (Alt-)Anlagen, die im Laufe des Basisjahres zufließen, sind für die Finanzierung der Neuanlage jedoch ebenfalls irrelevant, denn bei einer Mittelverwendung für die Neuinvestition hätte der Jahresendbestand insoweit mit Null in Ansatz gebracht werden müssen. Für die weiteren Abschreibungsjahre besteht ohnehin kein Zusammenhang der liquiden Mittel mit dem Sachwert der Neuanlagen. Betrachtet man richtigerweise nur die Sachanlagenwerte (Neuanlage), ergibt sich daraus, dass der Mittelwert im Anschaffungsjahr € … beträgt. Damit erhält die Betroffene eine Eigenkapitalverzinsung auf einer Verzinsungsbasis, die dem Mittelwert des fünften Abschreibungsjahres entspricht (…). Dies stellt keine angemessene Verzinsung dar.
521.2.4. Die vom Senat befürwortete Handhabung führt auch bei einer Gesamtbetrachtung der bilanziellen Vorgänge nicht zu unangemessenen Ergebnissen. § 7 GasNEV soll gewährleisten, dass das durchschnittlich gebundene Kapital angemessen verzinst wird. Diesem pauschalierenden Ansatz ist es immanent, dass die Wirklichkeit nicht immer 1:1 abgebildet wird. Dies kann dazu führen, dass die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung im Einzelfall höher oder niedriger liegen kann als es beim betroffenen Netzbetreiber unter Wettbewerbsbedingungen der Fall wäre. Um eine unangemessene Eigenkapitalverzinsung annehmen zu können, kommt es jedoch darauf an, ob der Netzbetreiber durch die vom Senat befürwortete Methode regelmäßig begünstigt würde (vgl. OLG Dresden, a.a.O., juris RN 54). Davon kann nach dem Vortrag der Bundesnetzagentur und den von ihr gebildeten weiteren Beispielsfällen jedoch nicht ausgegangen werden.
531.2.4.1. Grundsätzlich geht die Bundesnetzagentur zutreffend davon aus, dass der Anschaffungsvorgang einer Neuanlage die Höhe des Eigenkapitals als Residualgröße aus Vermögen und Schulden nicht beeinflusst. Die Finanzierung der Neuanlage erfolgt entweder durch einen Aktivtausch oder durch zusätzlich Aufnahme von Fremdkapital. Diese rein bilanzielle Sichtweise lässt jedoch keine Rückschlüsse auf das Vorliegen einer Doppelverzinsung zu. Denn die Berechnung der Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV erfolgt losgelöst von bilanziellen Grundsätzen nach rein kalkulatorischen Maßstäben (vgl. nur BGH, Beschluss vom 18.02.2014, EnVR 67/12, RN 24). Dabei wird jeweils das einzelne Anlagengut in den Blick genommen. Dies ergibt sich schon daraus, dass der kalkulatorische Restwert des Sachanlagevermögens nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 GasNEV nur anlagenindividuell bestimmt werden kann. Die von der Bundesnetzagentur durch die Berücksichtigung der vollen Anschaffungs-/Herstellungskosten behauptete Doppelverzinsung setzt daher voraus, dass der Wert der konkreten Neuanlage sowohl in dem Jahresanfangsbestand des Restwerts der Sachanlage (voller Wert) als auch in einer weiteren Bilanzposition enthalten ist und diese ebenfalls in die Verzinsungsbasis der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung eingeht. Die Bundesnetzagentur hat dazu in der Beschwerdeerwiderung vier Beispielsfälle gebildet, die dies belegen sollen: Die Neuanlage wurde im Vorjahr bereits als Anlage im Bau aktiviert (a), die Neuanlage wurde aus dem Umlaufvermögen (b), durch im laufenden Geschäftsjahr erwirtschaftete Einnahmen (Rückflüsse aus Anlagevermögen/abgeschriebene Altanlagen) (c), oder durch erst im Laufe des Basisjahres 2010 aufgenommenes Fremdkapital (d) finanziert. Schließlich führt sie mit Schriftsatz vom 28.11.2014 ein weiteres Beispiel für den Aktivtausch (e) auf. Diese Fälle vermögen eine regelmäßige Doppelverzinsung jedoch nicht zu belegen. Im Einzelnen gilt folgendes:
54a) Anlagen im Bau
55Eine Doppelverzinsung scheidet vorliegend schon deshalb aus, weil die Betroffene im Falle der vorherigen Aktivierung von „Anlagen im Bau“ für die im Basisjahr fertig gestellte Neuanlage nicht den vollen Anschaffungs- und Herstellungswert einer Neuanlage beim Jahresanfangsbestand in Ansatz gebracht hat, sondern nur den um die Position „Anlagen im Bau“ reduzierten Wert. Insoweit hat sie ihr Vorbringen auf Seite 13f. der Replik vom 16.10.2014 (Bl. 162f. GA) auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 25.11.2014 (Bl.219 GA) nochmals ausdrücklich klargestellt. Mit einer entsprechenden – notfalls durch die Bundesnetzagentur vorgenommenen - Korrektur lässt sich einer Doppelverzinsung generell entgegenwirken. So bringt die Beschlusskammer 4 der Bundesnetzagentur – wie der Senat den Beteiligten im Termin vom 03.12.2014 aufgrund seiner Kenntnisse aus dem Verfahren VI-3 Kart 198/12 (V) (vgl. Beschluss vom 11.09.2013, S. 9 BA) mitgeteilt hat – bei genehmigten Investitionsmaßnahmen in der von ihr gebildeten Fallkonstellation Anlagen im Bau mit einem Jahresanfangsbestand von Null und die Sachanlage mit einem Jahresanfangsbestand in Höhe des vollen Anschaffungswertes in Ansatz. Da die Position „Anlagen im Bau“ somit in dem Wert der Sachanlage Berücksichtigung findet, steht diese Vorgehensweise mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 14.08.2008, KVR 39/07, RN 35 ff. – Vattenfall) in Einklang.
56Unabhängig davon ist der Beispielsfall aber auch unzutreffend gebildet. Die Bundesnetzagentur legt darin für eine Anlage, deren Bau schon im Jahr vor dem Basisjahr begonnen worden ist, für das Basisjahr einen Jahresanfangsbestand für Anlagen im Bau von 100 zugrunde. Richtigerweise handelt es sich bei einer Anlage im Bau mit einem Fertigstellungsgrad von 100 % aber um eine fertige Anlage. Diese wäre dann nicht im Basisjahr, sondern schon im Vorjahr zugegangen. Soweit das Beispiel den Fall einer im Vorjahr als Anlage im Bau aktivierten und im Basisjahr fertig gestellten Anlage betreffen soll, wiese der Jahresanfangsbestand für die Anlage im Bau mangels Fertigstellung einen Wert unter 100, der Jahresanfangsbestand für das Sachanlagevermögen unter Berücksichtigung der bereits aktivierten Kosten für die Anlage im Bau einen Wert in Höhe der restlichen Anschaffungskosten auf, so dass sich mit dem Wert für die Anlagen im Bau Jahresanfangswerte von insgesamt 100 ergäben und nicht, wie angegeben, von insgesamt 200. Der Jahresendwert für die Anlagen im Bau betrüge 0, der für die fertige Anlage den sich unter Berücksichtigung der Jahresabschreibung ergebenden Wert, im Beispielsfall der Bundesnetzagentur 80. Der Mittelwert für die Anlagen im Bau wiese danach einen Wert unterhalb von 50, der der fertig gestellten Anlage rechnerisch einen Mittelwert von unter 90 auf, in der Summe jedoch maximal 90. Unzutreffend setzt die Bundesnetzagentur in ihrem Beispielsfall zusätzlich den Rückfluss aus der verdienten Abschreibung (20 Einheiten) an. Die Mittelzuflüsse aus den Abschreibungen auf die Zugänge des Basisjahres entstehen jedoch nicht im Basisjahr selbst, sondern erst mit der Festsetzung der Erlösobergrenze und der darauf basierenden Netzentgeltbildung ab dem Jahr 2013. Eine Doppelverzinsung kann damit ebenfalls nicht verbunden sein. Abschreibungen aus anderen Altanlagen, die im Laufe des Basisjahres zufließen, sind für die Finanzierung der Neuanlage , wie ausgeführt, jedoch ebenfalls irrelevant, denn bei einer Mittelverwendung für die Neuinvestition hätte der Jahresendbestand insoweit mit Null in Ansatz gebracht werden müssen.
57b) Finanzierung der Neuanlage aus dem Umlaufvermögen
58Der Ansatz der vollen Anschaffungskosten der im Basisjahr aktivierten Neuanlage führt auch in diesem Fall nicht zu einer Doppelverzinsung. Denn in dem als betriebsnotwendig anerkannten Umlaufvermögen sind die Werte für die im Basisjahr aktivierten Neuanlagen nicht enthalten.
59Für die Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung nach § 7 Abs. 1 GasNEV kann gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GasNEV nur das betriebsnotwendige Umlaufvermögen berücksichtigt werden. Die bilanziell in Ansatz gebrachten Werte für das Umlaufvermögen sind daher gegebenenfalls nach dem Maßstab der Betriebsnotwendigkeit zu korrigieren. Die Umstände, aus denen sich die Betriebsnotwendigkeit ergibt, hat der Netzbetreiber im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten darzulegen und zu beweisen. Soweit die Bundesnetzagentur 1/12 des Jahresumsatzes per se als betriebsnotwendig ansieht, bedeutet das für den Netzbetreiber lediglich, dass seine Nachweispflicht bis zu dieser Grenze erleichtert ist (BGH, Beschluss vom 05.10.2010, EnVR 49/09, RN 16, 18; Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/07, RN 8 ff. - SWU-Netze).
60In der mündlichen Verhandlung vom 03.12.2014 hat die Bundesnetzagentur bestätigt, dass sie bei der Betroffenen 1/12 sowie zwei im Einzelnen nachgewiesene Sondertatbestände anerkannt hat, nicht hingegen die Werte für die im Basisjahr aktivierten Neuanlagen, die von der Betroffenen auch nicht geltend gemacht worden sind. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass das als betriebsnotwendig anerkannte Umlaufvermögen die Investitionstätigkeit der Betroffenen für das Basisjahr übersteigt. Eine Doppelfinanzierung scheidet damit aus.
61Dies gilt nicht nur mit Blick auf das konkrete Umlaufvermögen der Betroffenen, sondern generell. Die Bundesnetzagentur geht ausweislich der Beschlussbegründung davon aus, dass das Umlaufvermögen keine Sparbuchfunktion hat. Auch der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass langfristige und erhebliche Investitionen bei einem im Wettbewerb stehenden Unternehmen nicht aus dem Umlaufvermögen finanziert werden und dementsprechend auch nicht als betriebsnotwendig anerkannt werden können. Eigenkapital im Hinblick auf zukünftige Investitionen bildet ein im Wettbewerb stehendes Unternehmen über das Anlagevermögen, indem es Finanzanlagen bildet, die eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals ermöglichen. Dies gilt im besonderen Maße für Finanzmittel, die erst in der folgenden Kalkulationsperiode benötigt werden. Bei entsprechend langfristigen Investitionen wird ein im Wettbewerb stehendes Unternehmen eine möglichst lukrative Verzinsung des Eigenkapitals anstreben. Die Zinsen wären dann nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GasNEV kostenmindernd gegenzurechnen. Der Netzeigentümer kann nicht, um sich eine Anrechnung von Zinsen zu ersparen, Umlaufvermögen ansammeln und dafür eine Eigenkapitalverzinsung geltend machen (BGH, Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/09 RN 27- SWU-Netze).
62c) Erwirtschaftete Einnahmen (Rückflüsse aus Anlagevermögen/abgeschriebene Altanlagen)
63Der von der Bundesnetzagentur in der Beschwerdeerwiderung gebildete und mit Schriftsatz vom 28.11.2014 konkretisierte Fall, wonach die Neuanlage durch im laufenden Geschäftsjahr erwirtschaftete Einnahmen aus den Abschreibungen der Anlagenzugänge vor 2010 finanziert wird, kann eine Doppelverzinsung ebenfalls nicht belegen. Entgegen der Ansicht der Bundesnetzagentur beträgt der Jahresanfangsbestand für diese Einnahmen, die im Übrigen nur in der Bilanzposition Umlaufvermögen enthalten sein können, Null und nicht 100, da die Mittel nach ihrer Fallbildung erst unterjährig verdient werden. Der Jahresendbestand beträgt ebenfalls Null, da die Mittel direkt für die Investition verwendet worden sind, so dass auch der Mittelwert Null beträgt. Wiederverdiente Abschreibungen für die Neuanlage gibt es, wie ausgeführt, im Basisjahr nicht. Die vom Senat befürwortete Mittelwertbildung führt damit nicht zu einer Doppelverzinsung.
64Dies gilt auch, soweit die Bundesnetzagentur mit Schriftsatz vom 28.11.2014 sowie im Termin vom 03.12.2014 ihr Beispiel aus der Beschwerdeerwiderung dahingehend konkretisiert hat, dass der Aktivtausch nicht mit dem Umlaufvermögen erfolge, sondern mit den im Jahresanfangsbestand enthaltenen Restwerten des Anlagenbestands vor 2010. Richtig ist zwar, dass der Jahresanfangsbestand der Altanlagen wertmäßig die Jahresabschreibungen des laufenden Jahres enthält. Insoweit ist jedoch zwischen Abschreibungen und Einnahmen, bilanzieller und kalkulatorischer „Welt“ zu unterscheiden. Einnahmen aus Abschreibungen von Altanlagen über die Netzentgelte können sich im Jahresanfangsbestand des Basisjahres nur im Umlaufvermögen befinden. Soweit die wiederverdienten Abschreibungen zur Finanzierung der Neuanlagen verwendet werden, werden sie von der Bundesnetzagentur im Rahmen des Umlaufvermögens jedoch nicht anerkannt (siehe unter b). Der Jahresanfangsbestand der Altanlagen gibt ausschließlich den Wert des Altbestands wieder, der zu Jahresbeginn naturgemäß um den Jahresabschreibungsbetrag höher liegt als am Jahresende. Dem Netzbetreiber steht für diese Altanlagen eine Verzinsung der Restwerte nach den Vorgaben des § 7 GasNEV zu. Mit dem Jahresanfangswert der Neuanlage hat dies nichts zu tun.
65Angesichts dessen kommt es auch nicht darauf an, dass die Rückflüsse aus Abschreibungen das Investitionsvolumen der Betroffenen für Neuanlagen übersteigen. Dass der Netzbetreiber grundsätzlich in der Lage ist, Investitionen aus den verdienten Abschreibungen zu tätigen, rechtfertigt keine Kürzung der Verzinsungsbasis. Diese bestimmt sich ausschließlich nach § 7 GasNEV. Letztlich zielt das Vorgehen der Bundesnetzagentur darauf ab, für den Netzbetreiber einen Anreiz zu schaffen, die Einkünfte, die er durch Abschreibungen verdient hat, wieder umgehend zu reinvestieren. Weder aus § 6 GasNEV noch aus § 7 GasNEV ergibt sich jedoch eine Verpflichtung des Netzbetreibers, das mit den Abschreibungen verdiente Kapital zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zu investieren.
66d) Fremdfinanzierung
67Schließlich ist auch das gebildete Beispiel der Finanzierung der Neuanlage durch eine im Laufe des Basisjahres stattfindende Fremdkapitalaufnahme nicht geeignet, eine regelmäßige Überverzinsung zu belegen.
68Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 GasNEV ist von der Summe der in Ziffern 1 bis 4 aufgeführten, das betriebsnotwendige Eigenkapital bildenden Positionen u.a. das verzinsliche Fremdkapital abzuziehen. Eine Überverzinsung kann sich zwar dadurch ergeben, dass der Mittelwert der Fremdfinanzierung aus dem Jahresanfangsbestand von Null und dem entsprechenden Endbestand gebildet wird, während die Neuanlage einen Jahresanfangsbestand in Höhe der vollen Anschaffungskosten aufweist. Da es sich bei der vollständigen Fremdfinanzierung aber um einen in der Praxis kaum vorkommenden Ausnahmefall handelt, kann nicht von einer regelmäßigen Überverzinsung ausgegangen werden. Aber auch mit Blick auf eine teilweise Fremdfinanzierung ist eine generelle Kürzung der Verzinsungsbasis, die noch dazu über fünf Jahre perpetuiert wird, nicht gerechtfertigt. Die Kürzung hat nämlich zur Folge, dass die Betroffene fünf Jahre lang eine erheblich reduzierte Verzinsung erhält - vorliegend auf der Basis des fünften Abschreibungsjahres, wie sich aus dem Beispiel der Bundesnetzagentur „Gaszähler der Verteilung“ in der Beschwerdeerwiderung ergibt. Darüber hinaus wäre eine etwaige Überverzinsung auch Folge der mit § 7 GasNEV vorgegebenen unscharfen Berechnungsmethode, die die wirtschaftliche Entwicklung des Netzbetreibers unter Wettbewerbsbedingungen
69e) Beispiel für Aktivtausch
70Schließlich belegt auch das im Schriftsatz der Bundesnetzagentur vom 28.11.2014 aufgeführte weitere Beispiel, bei dem eine Anlage unter Aktivierung von „Anlagen im Bau“ in drei Abschnitten errichtet und aus dem Umlaufvermögen sowie durch Aufnahme von Fremdkapital finanziert werden soll, nicht, dass der Ansatz der vollen Anschaffungs- und Herstellungskosten im Jahresanfangsbestand regelmäßig zu einer Doppelverzinsung führt. Das Beispiel kombiniert lediglich die unter a, b und d genannten Einzelbeispiele. Insoweit gilt das vorstehend Ausgeführte. Die gegenteilige Darstellung der Bundesnetzagentur beruht auf einer rein bilanziellen Sichtweise. Maßgebend ist aber eine kalkulatorische Betrachtungsweise. Denn entgegen ihrer Behauptung verzinst sie gerade nicht unabhängig von der Fallkonstellation immer denselben Eigenkapitalbetrag – in ihrem Beispiel 200 Geldeinheiten. Vielmehr findet eine Verzinsung des Umlaufvermögens in Höhe der Finanzierungsbeträge nicht statt. Es kommt ausgehend von ihrem Beispiel mithin bereits unter diesem Aspekt zu einer Verringerung des zu verzinsenden Eigenkapitalbetrags (im Beispiel um 100 Geldeinheiten des UV). Eine weitere Reduzierung ergibt sich aus dem Ansatz eines Jahresanfangsbestands der Neuanlage von Null. Demgegenüber kommt es bei einem Ansatz der vollen Anschaffungs- und Herstellungskosten im Jahresanfangsbestand nicht zu einer Erhöhung des Eigenkapitals, da Anlagen im Bau entweder bereits in diesem Wert enthalten sind oder – wie bei der Betroffenen – für die fertige Anlage nur ein um die Anlagen im Bau verminderter Wert geltend gemacht wird und das mit der Finanzierung der Neuanlage im Zusammenhang stehende Umlaufvermögen mangels Betriebsnotwendigkeit ebenfalls nicht in Ansatz gebracht wird.
712. kalkulatorische Gewerbesteuer
72Die von der Bundesnetzagentur vorgenommene Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer auf der Grundlage der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung und damit im Wege der sogenannten „Vom-Hundert“-Rechnung ist hingegen nicht zu beanstanden. Es liegt weder ein Verstoß gegen die Vorschriften der GasNEV vor noch hat die Bundesnetzagentur den Wegfall der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer bei sich selbst fehlerhaft nicht berücksichtigt. Der Einwand der Betroffenen, die Eigenkapitalverzinsung müsse zuvor dergestalt um die Gewerbesteuer erhöht werden, dass die Berechnung nach der sogenannten „Im-Hundert“-Rechnung erfolge, ist unbegründet.
732.1. Nach § 8 Satz 1 GasNEV kann im Rahmen der Ermittlung der Netzkosten die dem Netzbereich sachgerecht zuzuordnende Gewerbesteuer als kalkulatorische Kostenposition in Ansatz gebracht werden. Die kalkulatorische Gewerbesteuer ist Teil der kalkulatorischen Kostenrechnung, die die Entgeltbildung unter funktionierenden Wettbewerbsbedingungen simulieren soll. Ausgangspunkt sind somit nicht die der steuerlichen und handelsrechtlichen Gewinnermittlung zugrunde liegenden Vorschriften, vielmehr wird auf eine rein fiktive Bemessungsgrundlage, die kalkulatorisch ermittelte Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV, abgestellt. Diese stellt die Bemessungsgrundlage, d.h. den Gewerbeertrag, für die kalkulatorische Gewerbesteuer dar (vgl. BGH, Beschluss vom 14.04.2015, EnVR 16/14, RN 14; Beschluss vom 09.07.2013, EnVR 37/11, RN 13). Eine Anwendung der §§ 7ff GewStG im Rahmen des § 8 GasNEV scheidet mithin aus (vgl. auch BGH Beschlüsse vom 14.08.2008, KVR 35/07, S. 26 RN 76ff – Stadtwerke Neustadt an der Weinstraße; KVR 39/07, S. 25f, RN 67ff – Vattenfall; KVR 42/07, S. 26f., RN 71ff). Damit steht gleichzeitig fest, dass die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung für die Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer nach § 8 GasNEV keine weiteren Korrekturen erfahren soll.
742.2. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesnetzagentur bei der Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer zu Recht die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung als den maßgeblichen fiktiven Gewerbeertrag herangezogen, weshalb sie richtigerweise auch eine „Vom-Hundert“-Rechnung vorgenommen hat. Die Rüge der Betroffenen, die Bundesnetzagentur hätte zwingend die sogenannte „Im-Hundert“-Rechnung anwenden müssen, was die Annahme eines der Höhe nach reduzierten Ertrags voraussetzt, geht fehl. Insoweit geht sie von der unzutreffenden Prämisse aus, die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer sei nicht die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV, sondern ein – kalkulatorischer - Vorsteuergewinn.
752.2.1. Die kalkulatorische Gewerbesteuer nach § 8 GasNEV ist ausschließlich nach den kalkulatorischen Maßstäben der GasNEV zu ermitteln. Fiktive Bemessungsgrundlage ist die kalkulatorisch ermittelte Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV (BGH, a.a.O.). Dies bringt es mit sich, dass die Gewerbesteuer entgegen der steuerrechtlichen Regeln faktisch aus einem bereits um die Gewerbesteuer reduzierten Gewerbeertrag errechnet wird. Denn bei dem von der Bundesnetzagentur festgelegten Eigenkapitalzinssatz handelt es sich unstreitig um einen Zinssatz nach Gewerbesteuer und vor Körperschaftssteuer (vgl. Festlegung der Eigenkapitalzinssätze vom 31.10.2011, BK4-11-304, S. 15f.; bereits zuvor Festlegung der Eigenkapitalzinssätze für die erste Regulierungsperiode vom 07.07.2008 – BK4-08-068, dort insbesondere S.42ff). Dies war auch schon bei den durch § 7 Abs. 6 Satz 3 GasNEV/StromNEV normativ vorgegebenen Eigenkapitalzinssätzen der Fall, wie sich aus der Verordnungsbegründung zu § 7 und § 8 GasNEV/StromNEV ergibt. Insbesondere zu § 8 GasNEV/StromNEV hat der Verordnungsgeber ausdrücklich festgehalten, dass die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung nach § 7 die Verzinsung des gebundenen Eigenkapitals nach Gewerbesteuern und vor Körperschaftsteuer darstellt (vgl. BR-Drs.245/05 vom 14.04.2005, S. 36; BR-Drs. 245/05 (Beschluss) vom 08.07.2005, S. 10; BR-Drs. 247/05 vom 14.04.2005, S. 30; BR-Drs. 247/05 (Beschluss) vom 08.07.2005 S. 10). Gerade aus diesem Grund hat er die dem Netzbetrieb sachlich zuzurechnende Gewerbesteuer als kalkulatorische Kostenposition anerkannt (vgl. BR-Drs.245/05 vom 14.04.2005, S. 36; BR-Drs. 247/05 vom 14.04.2005, S. 30).
76Angesichts dessen kann auch nichts daraus hergeleitet werden, dass der in § 7 Abs. 6 Satz 1 GasNEV/StromNEV in der bis zum 5.11.2007 geltenden Fassung enthaltene Zusatz „wobei dieser Zinssatz nach Ertragssteuern festzulegen ist“, auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses und des Ausschusses für Innere Angelegenheiten durch Verordnung der Bundesregierung vom 29.10.2007 (BGBl. 2007 I, S. 2529ff) gestrichen worden ist. Der Eigenkapitalzinssatz, der erstmals zum Beginn der ersten Anreizregulierungsperiode durch die Bundesnetzagentur festgelegt werden sollte, sollte „wie bisher“ als Vor-Steuer-Zinssatz bestimmt und angewandt werden, da es nicht zweckmäßig sei, den Eigenkapitalzinssatz nach Ertragssteuern festzulegen. Eine andere Handhabung sah der Verordnungsgeber nur dann als sachgerecht an, wenn die Ertragssteuern gleichzeitig in voller Höhe als Kosten bei der Netzentgeltbildung angesetzt würden, worüber die Verordnung jedoch keine Bestimmungen enthalte (BR-Drs. 417/07 vom 20.09.2007 (Beschluss), S. 20f.).
77Da § 8 GasNEV/StromNEV den Ansatz der Gewerbesteuer ausdrücklich vorsieht, bezogen sich diese Ausführungen ersichtlich nur auf die Körperschaftssteuer als weitere Ertragssteuer (vgl. auch BGH, Beschluss vom 14.08.2008, KVR 39/07, RN 66 – Vattenfall). Der Verordnungsgeber war seinerzeit dem Vorschlag der Energiewirtschaft, auch diese als – weitere kalkulatorische – Kostenposition aufzunehmen, nicht nachgekommen, so dass sie nur im Rahmen der Eigenkapitalverzinsung zum Tragen kommen kann (vgl. nur: Theobald/Zenke/Lange in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Aufl., § 17 RN 74; Männel, ET 2005, 556 ff.). Auch aus der Formulierung „wie bisher“ ergibt sich, dass der Eigenkapitalzinssatz weiterhin nach Gewerbesteuer zu ermitteln ist, denn dies entspricht der bisherigen Rechtslage.
782.2.2. Den Vorgaben der GasNEV/StromNEV folgend hat die Bundesnetzagentur die Eigenkapitalzinssätze für die erste und zweite Regulierungsperiode zutreffend jeweils als Zinssatz vor Körperschaftssteuer und nach Gewerbesteuer festgelegt. Die Nichtberücksichtigung der Gewerbesteuer hat sie ausdrücklich damit begründet, dass die Gewerbesteuer in § 8 StromNEV bzw. GasNEV Berücksichtigung findet und daher für die Bestimmung des Steuerfaktors allein auf die Körperschaftssteuer abgestellt werde (Bundesnetzagentur, Festlegung der Eigenkapitalzinssätze vom 31.10.2011, BK4-11-304, S. 15f.; bereits zuvor Festlegung der Eigenkapitalzinssätze für die erste Regulierungsperiode vom 07.07.2008 – BK4-08-068, dort insbesondere S.42ff.; vgl. zur Diskussion um den Ansatz der Körperschaftsteuer auch: Wiese, Gutachtliche Stellungnahme zur Erfassung der Körperschaftsteuer bei der Netzentgeltkalkulation im Rahmen der Anreizregulierung vom 9.06.2008, 1 ff.). Vor diesem Hintergrund kann auch aus dem Umstand, dass die Beschlusskammer 4 in den Festlegungen der Eigenkapitalzinssätze zur Berechnung des Vorsteuerzinssatzes in Bezug auf die Körperschaftsteuer eine „Im-Hundert“-Rechnung angewendet hat, nichts für die Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer nach § 8 GasNEV/StromNEV hergeleitet werden. Für diese verbleibt es dabei, dass sie nach § 8 GasNEV/StromNEV auf der Grundlage der – unveränderten - kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung berechnet wird.
792.2.3. Die Vorgehensweise bei der Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer führt auch nicht zu einer unzulässigen Reduzierung der Eigenkapitalverzinsung (so aber Missling/Mey, IR 2014, 266ff.).
80Wie der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs schon in seinen o.g. Entscheidungen ausgeführt hat, soll die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung zwar die Verzinsung des gebundenen Eigenkapitals „nach“ Gewerbesteuer darstellen. Dies verbietet jedoch nicht jede Reduzierung der Eigenkapitalverzinsung durch die spätere Gewerbesteuer, denn die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 8 StromNEV/GasNEV ist dahin zu verstehen, dass die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung nach § 7 Abs. 6 StromNEV/GasNEV nur mit der Maßgabe ungeschmälert in die Netzentgeltberechnung einfließen und dem Netzbetreiber als Ertrag verbleiben soll, dass die kalkulatorische Gewerbesteuer nach § 8 StromNEV/GasNEV zu berechnen ist (BGH, a.a.O.; so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.04.2011, VI-3 Kart 15/10 (V), RN 79 ff., juris, RN 83 und 88; ebenso: OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.03.2014, 202 EnWG 8/13, S. 12 BA; Beschluss vom 05.05.2014, 202 EnWG 6/13, S.18f.; kritisch dazu: Missling IR 2014, 259 f.). Dass die Eigenkapitalverzinsung nicht in vollem Umfang erhalten bleibt, ist zwangsläufige Folge des rein kalkulatorischen Berechnungsansatzes, wonach die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung den fiktiven Gewerbeertrag darstellt, so dass Kostenneutralität nicht hergestellt werden muss.
81Dem kann nicht entgegen gehalten werden, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschlüsse vom 14.08.2008, KVR 39/07, RN 64ff.-Vattenfall; KVR 42/07, RN 67ff – Rheinhessische Energie) habe sich nur auf den In-sich-Abzug der kalkulatorischen Gewerbesteuer bei sich selbst nach § 8 Satz 2 GasNEV a.F. bezogen. Denn die Bundesnetzagentur hatte auch bei den den Entscheidungen des Bundesgerichthofs zugrunde liegenden Entgeltgenehmigungen nach § 23a EnWG die Berechnung der Gewerbesteuer – unter zusätzlicher Berücksichtigung des zwischenzeitlich entfallenen In-sich-Abzugs der kalkulatorischen Gewerbesteuer bei sich selbst nach § 8 Satz 2 GasNEV a.F. - auf der Grundlage der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung als fiktiven Gewerbesteuerertrag unter Anwendung einer Vorsteuerformel berechnet. Obwohl es sich dabei – nach Ansicht der Betroffenen - um einen kalkulatorischen Nachsteuerertrag handelt, hat der Bundesgerichtshof die Berechnungsweise der Bundesnetzagentur bestätigt.
822.2.4. Die Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer ist auch nicht deswegen fehlerhaft, weil zwischenzeitlich die Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer bei sich selbst abgeschafft wurde. Entgegen der Ansicht der Betroffenen führt dies nicht dazu, dass zwingend eine „Im-Hundert“-Rechnung vorzunehmen ist. Denn der In-sich-Abzug hat auf die grundsätzliche Berechnungsmethode der kalkulatorischen Gewerbesteuer keinen Einfluss.
83Die Unternehmenssteuerreform 2008 hat an der Bemessungsgrundlage für die Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer nichts geändert. Durch diese wurde die Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer bei sich selbst abgeschafft mit der Folge, dass die Gewerbesteuer nicht mehr als Betriebsausgabe vom Gewerbeertrag abziehbar ist. Den damit verbundenen Anstieg der Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer hat der Gesetzgeber durch Absenken der Messzahl von 5 % auf 3,5 % ausgeglichen. Dem Wegfall des In-sich-Abzuges der Gewerbesteuer im GewStG ist auch im Rahmen der Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer durch die Streichung des § 8 Satz 2 Gas NEV Rechnung getragen worden. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrages darf daher die Gewerbesteuer nicht mehr von der Eigenkapitalverzinsung (nach Gewerbesteuer) abgezogen werden. Dem ist die Beschlusskammer ausweislich der Beschlussbegründung aber auch nachgekommen. Sie hat die Eigenkapitalverzinsung (nach Gewerbesteuer) mit dem Hebesatz und der Messzahl multipliziert. Eine zusätzliche Bereinigung der Eigenkapitalverzinsung um die Gewerbesteuer („Im-Hundert“-Rechnung) kommt hingegen nicht in Betracht. Insoweit verbleibt es bei den für die Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung maßgebenden Vorgaben in § 7 GasNEV (Senat, Beschluss vom 11.04.2011, VI-3 Kart 276/09; Beschluss vom 20.04.2011, VI-3 Kart 15/10 (V)).
84III.
851. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 S. 1 EnWG. Da die Beschwerde nur teilweisen Erfolg hat, entspricht es der Billigkeit, die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der den Beteiligten entstandenen notwendigen Auslagen den Beteiligten im Verhältnis ihres Obsiegens/Unterliegens gemessen am Gesamtstreitwert aufzuerlegen. Soweit die Betroffene die Beschwerde hinsichtlich des Beschwerdepunkts Eigenkapitalzinssätze teilweise zurückgenommen hat, trägt sie die Kostenlast.
862. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO. Das mit der Beschwerde verbundene Interesse der Betroffenen an einer höheren Festsetzung der Erlösobergrenzen für die zweite Regulierungsperiode bemisst der Senat ihren Angaben entsprechend bezogen auf die gesamte Regulierungsperiode auf € …, dabei entfällt auf die Mittelwertbildung ein Gegenstandswert von € …, auf die kalkulatorische Gewerbesteuer ein Gegenstandswert von € … und auf die Eigenkapitalzinssätze ein Gegenstandswert von € ….
87IV.
88Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs entsprechend § 86 Abs. 2 Nr. 2 EnWG erfordert.
89Rechtsmittelbelehrung:
90Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf
91einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Rechtsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 Satz 2, 80 Satz 2 EnWG).
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