Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-24 U 145/15
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 21. August 2015 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Beklagten zu 2. auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
1
G r ü n d e
2A.
3Die zulässige Berufung des Klägers ist offensichtlich unbegründet, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 28. Januar 2016. Dort hat der Senat im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
4I.
5Die Berufung des Klägers hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung; auch erfordert die Fortbildung des Rechts keine Entscheidung durch Urteil des Berufungsgerichts. Schließlich ist nach den Umständen des Falls auch sonst keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO).
6Die Berufung kann gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solche Umstände zeigt die Berufungsbegründung nicht in verfahrensrechtlich erheblicher Weise auf. Vielmehr hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen.
7Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagten nicht auf Schadensersatz gemäß §§ 433, 434, 437 Nr. 3, 440 BGB haften, denn die Gewährleistung für die vom Sachverständigen W im selbständigen Beweisverfahren vor dem Amtsgericht Duisburg-Hamborn (Az. 9 H 2/13) festgestellten Mängel war im notariellen Kaufvertrag über das Erbbaurecht vom 14. Dezember 2011 (Anlage B1, GA 48ff.) ausgeschlossen worden. Auf den Haftungsausschluss haben sich die Beklagten wirksam berufen, denn ein arglistiges Handeln ließ sich nicht feststellen (§ 444 BGB).
8Darlegungs- und beweisverpflichtet für die behauptete Arglist der Beklagten ist der Kläger als Käufer (vgl. nur BGH, Urteil vom 12. November 2010 – V ZR 181/09; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Auflage, § 444 Rn. 4 mwN). Sein dahingehendes Vorbringen ist jedoch unschlüssig bzw. auch nicht unter Beweis gestellt worden.
91.
10Ein arglistiges Verschweigen setzt voraus, dass der Verkäufer den Fehler kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989). Für das Tatbestandsmerkmal der Arglist im Sinne des § 444 BGB ist nicht ein Handeln des Verkäufers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, zu verlangen. Vielmehr ist die Feststellung von Verhaltensweisen ausreichend, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens und Inkaufnehmens“ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2012 – V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078, 1079, Rz. 24). Es muss also beim Verkäufer zumindest ein bedingter Vorsatz/Eventualvorsatz gegeben sein; leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis rechtfertigen die Annahme von Arglist nicht (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2013 – V ZR 266/11, NJW 2013, 2182, 2183, Rz. 12). Dementsprechend ist ein arglistiges Verschweigen nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2013, a.a.O. Rz. 12; Urteil vom 7. März 2003 – V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990). In der Entscheidung vom 12. April 2013 hat der BGH nochmals klargestellt, dass für die Feststellung der Arglist es nicht ausreicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen, weil dann die Arglist vom Vorsatz abgekoppelt und der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis ersetzt würde (vgl. BGH, a.a.O., Rz. 13).
112.
12Hier lässt sich bereits nicht feststellen, dass die Beklagten die Feuchtigkeit im Heizungskeller kannten. Die vom Kläger genannten Indizien sind unschlüssig bzw. nicht unter Beweis gestellt worden.
13Bei einem Indizienbeweis muss der Richter vor einer Beweiserhebung prüfen, ob er schlüssig ist, ob also die Gesamtheit der vorgetragenen Indizien – ihre Richtigkeit unterstellt – ihn von der Wahrheit der zu beweisenden Haupttatsache überzeugen würde (BGH, Beschluss vom 18. Juni 2015 – V ZR 107/13 mwN). Folglich müsste hier aus der Gesamtheit der vom Kläger vorgetragenen Indizien ein Rückschluss auf eine Arglist der Beklagten gezogen werden können. Dies ist jedoch nicht der Fall.
14Aus den vom Kläger mehrfach herangezogenen Feststellungen des Sachverständigen zum Mangel und dessen Ursachen ergibt sich dies nicht. Selbst wenn der verstorbene Ehemann der Beklagten zu 1. das Haus selbst errichtet hätte oder dies in „Schwarzarbeit“ hätte errichten lassen sowie von der Mangelhaftigkeit der Ausführung Kenntnis gehabt hätte (wie der Kläger ohne jedes Beweisangebot und wohl ins „Blaue hinein“ behauptet), ergäbe sich daraus keine Arglist der Beklagten. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten zu 1. und 2. von den Mängeln der Bauausführung Kenntnis erlangt haben, zeigt der Kläger nicht nachvollziehbar auf, sie sind auch nicht ersichtlich. Eine Zurechnung etwaiger Kenntnisse des verstorbenen Ehemannes zu Lasten der Beklagten gemäß § 166 Abs. 1 BGB scheidet aus. Er war unstreitig zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen bereits seit Jahren nicht mehr am Leben und konnte folglich nicht in diese involviert gewesen sein.
15Soweit der Sachverständige W in seinem Ergänzungsgutachten vom 12. November 2014 (S. 2, BA 123) ausführt, die Beklagten hätten die Feuchtigkeitsschäden, die bereits viele Jahre vor Abschluss des Kaufvertrages aufgetreten seien, feststellen müssen, rechtfertigt sich auch daraus keine abweichende Beurteilung. Denn die vom Sachverständigen festgestellte Sichtbarkeit der Feuchtigkeitserscheinungen lässt entgegen der Ansicht des Klägers keinen zwingenden Rückschluss auf eine Arglist der Beklagten zu. War die Feuchtigkeit nämlich deutlich wahrzunehmen, dann hätte sie auch der Kläger selbst erkennen können und ein darauf gerichteter Hinweis der Beklagten wäre nicht erforderlich gewesen. Eine Offenbarungspflicht des Verkäufers besteht nämlich hinsichtlich solcher Mängel der Kaufsache nicht, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind. Der Käufer kann eine Aufklärung nicht erwarten, weil er diese Mängel bei einer im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann (BGH, Urteil vom 20. Oktober 2000 – V ZR 285/99 und vom 12. April 2002 – V ZR 302/00). Geht man demgegenüber davon aus, dass die Feuchtigkeitserscheinungen zwar sichtbar, aber aufgrund ihrer Lage im Heizungskeller eher unauffällig waren, so müssen sie den Beklagten nicht aufgefallen sein. Hierfür spricht, dass der Wertgutachter S (Anlage B8, GA 83ff.) zum Stichtag am 1. November 2011 zu Feuchtigkeit im Heizungskeller keine Feststellungen getroffen hat. Auch der Kläger, der das Haus am 1. Februar 2012 bezog, hat sie erst mit deutlicher zeitlicher Verzögerung wahrgenommen. Denn sein Antrag auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens datiert erst auf den 15. Juli 2013 und liegt damit mehr als 16 Monate nach seinem Einzug. Wann er konkret von den Erscheinungen im Heizungskeller Kenntnis erlangte, lässt sich seinem Vorbringen nicht entnehmen. Er trägt insoweit lediglich zu Feuchtigkeitsschäden an anderen Stellen des Hauses vor, die sowohl Gegenstand der Vertragsverhandlungen als auch von den Beklagten veranlasster Sanierungsmaßnahmen waren und auf die es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
16Der Kläger beanstandet weiterhin zu Unrecht, das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft die von ihm benannten Zeugen K nicht vernommen. Auf die Aussagen dieser Zeugen kam es nicht an, weil sich deren Kenntnis von Gesprächen ausweislich des Vortrags und der Beweisangebote im Schriftsatz vom 23. März 2015 (S. 2, GA 111) auf die Wasserschäden bezog, auf die die Beklagten hingewiesen hatten, um die es in diesem Rechtsstreit nicht geht. Dass die Beklagten generell eine Feuchtigkeit im Keller verneint haben, wurde erstinstanzlich nicht in das Zeugnis dieser Personen gestellt. Eine dahingehende Aussage der Beklagten ist auch nicht naheliegend, da ja nach dem Vorbringen des Klägers ausdrücklich über einen in der Kellerwohnung aufgetretenen Wasserschaden gesprochen worden sein soll. Sofern das Vorbringen des Klägers dahin zu verstehen sein sollte, die Beklagten hätten ausdrücklich angegeben, der Keller sei – mit Ausnahme der besprochenen Schäden – nicht feucht, so wäre dieses Vorbringen neu und aufgrund des Bestreitens der Beklagten gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
17II.
18Der Senat weist darauf hin, dass die Rücknahme der Berufung vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1 und 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an (OLG Brandenburg, Beschluss vom 18. Juni 2009 – 6 W 88/09; Senat, Beschluss vom 6. März 2013 – I-24 U 204/12, Rz. 19 mwN).
19III.
20Der Beklagte zu 2. hat mit Schriftsatz vom 29. September 2015 (GA 186) einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug gestellt, bislang aber nicht – wie angekündigt – eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gem. § 117 ZPO vorgelegt. Dies mag er innerhalb der gesetzten Frist nachholen. Ansonsten unterliegt der Antrag der Zurückweisung, weil im Rahmen der „notwendigen“ Prozesskostenhilfe lediglich die Erfolgsaussichten keiner Prüfung unterliegen (§ 119 Abs. 1 ZPO).
21B.
22Dem ist der Kläger nicht mehr entgegengetreten. Da auch die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 S. 1 Nrn. 2 bis 4 ZPO vorliegen, war die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen.
23C.
24Der Antrag des Beklagten zu 2. auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen, da er seine Bedürftigkeit innerhalb der gesetzten Frist, die am 16. Februar 2016 abgelaufen ist, nicht nachgewiesen hat.
25D.
26Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
27Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt EUR 12.105,--.
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