Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-24 U 120/15
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 2. Juni 2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels insgesamt wie folgt neu gefasst:
Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger € 6.574,12 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Juli 2014 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2A.
3Von einem Tatbestand wird nach Maßgabe von §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen. Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 2. Juni 2015 Bezug genommen.
4B.
5Die Berufung des Klägers ist zulässig; insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519 und 520 ZPO). In der Sache hat die Berufung, mit der der Kläger sein Klagebegehren erster Instanz weiter verfolgt, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist die Berufung unbegründet.
6I. Der Kläger kann die Beklagte auf der Grundlage von §§ 313 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 S. 1, 346 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den Regelungen unter Ziff. X.B S. 5 und Ziff. X.A Nr. 3 der in den Leasingvertrag zwischen den Parteien wirksam einbezogenen Leasing-Bedingungen und §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB auf Zahlung eines Betrages in Höhe von € 6.574,12 zuzüglichen Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Juli 2014 in Anspruch nehmen.
71. Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann auf der Grundlage von § 313 Abs. 1 BGB Anpassung des Vertrages verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Gemäß § 313 Abs. 2 BGB steht es einer Veränderung der Umstände gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, sich als falsch herausstellen. Gemäß § 313 Abs. 3 S. 1 BGB kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten, wenn eine Anpassung des Vertrages nicht möglich ist.
8a) Hier ist von einem auf den Vertragsschluss rückwirkenden Fehlen der Geschäftsgrundlage des Leasingvertrages zwischen den Parteien im Sinne von § 313 Abs. 2 BGB aufgrund der einvernehmlichen Rückabwicklung des zwischen der Beklagten und der Autocentrum A. GmbH zustande gekommenen Kaufvertrages auszugehen.
9aa) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass im Falle der auf einem rechtskräftigen Urteil beruhenden Wandlung des Kaufvertrages über den Leasinggegenstand die Geschäftsgrundlage des Leasingvertrages rückwirkend wegfällt, selbst wenn der Leasingnehmer das Leasingobjekt – wie hier - zeitweise benutzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1993, Az. VIII ZR 119/92, NJW 1994, 576, 577 m. w. Nachw.; Urteil vom 25. Oktober 1989, Az. VIII ZR 105/88, NJW 1990, 314, 315 m. w. Nachw.).
10Mit Urteil vom 16. Juni 2010 (Az. VIII ZR 317/09) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass trotz der mit der Schuldrechtsmodernisierung verbundenen Änderungen in der Ausgestaltung des Gewährleistungsrechts der Wandlung an dieser Rechtsprechung festzuhalten ist (BGH, Urteil vom 16. Juni 2010, Az. VIII ZR 317/09, zitiert nach juris, Rdnr. 24 ff.; so auch OLG Karlsruhe, Urteilt vom 30. Januar 2007, Az. 8 U 143/06, zitiert nach juris, Rdnr. 37; OLG Frankfurt, Urteil vom 27. Juni 2012, Az. 17 U 13/12, zitiert nach juris, Rdnr. 19 f.).
11Nach dem der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bis zum 31. Dezember 2001 zugrunde liegenden Recht konnte der Leasingnehmer aus abgetretenem Recht des Leasinggebers wegen eines vom Lieferanten zu vertretenden Mangels des Leasingobjekts Wandlung oder Minderung verlangen (§ 462 BGB a. F). Vollzogen (zustande gekommen) war die Wandlung oder Minderung erst, wenn sich der Lieferant mit ihr einverstanden erklärte (§ 465 BGB a. F.). Erklärte sich der Lieferant mit der vom Leasingnehmer verlangten Wandlung des Kaufvertrags über das Leasingobjekt nicht einverstanden, so kam die Wandlung erst mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils im Gewährleistungsprozess des Leasingnehmers gegen den Lieferanten zustande (BGH, Urteil vom 16. Juni 2010, Az. VIII ZR 317/09, zitiert nach juris, Rdnr. 20).
12Mit der Schuldrechtsmodernisierung ist an die Stelle der Wandlung der - vom Einverständnis des Lieferanten unabhängige - Rücktritt (§§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB) getreten. Unter der Voraussetzung, dass der Leasingnehmer gegenüber dem Lieferanten gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB zum Rücktritt berechtigt ist, wird der Kaufvertrag über das Leasingobjekt bereits mit dem Zugang der rechtsgestaltenden Rücktrittserklärung des Leasingnehmers beim Lieferanten in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt mit der Folge, dass zugleich rückwirkend die Geschäftsgrundlage des Leasingvertrages entfällt (BGH, Urteil vom 16. Juni 2010, Az. VIII ZR 317/09, zitiert nach juris, Rdnr. 21).
13Die Änderung in der Rechtslage gibt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes keine Veranlassung, die bisherige Rechtsprechung aufzugeben. Denn die Ersetzung der Wandlung durch den Rücktritt im Gewährleistungsverhältnis zwischen Leasinggeber und Lieferant hat keine Auswirkungen auf die Interesselange im Verhältnis zwischen Leasingnehmer und Leasinggeber. Ob die Rücktrittserklärung des Leasingnehmers die Umgestaltung des Kaufvertrages über das Leasingobjekt in ein Rückgewährschuldverhältnis und damit zugleich den Wegfall der Geschäftsgrundlage des Leasingvertrages bewirkt, muss, wenn der Lieferant den Rücktritt nicht akzeptiert, gerichtlich geklärt werden und steht daher ebenso wie der Vollzug der Wandlung nach altem Recht erst mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils im Gewährleistungsprozess gegen den Lieferanten fest (BGH, Urteil vom 16. Juni 2010, Az. VIII ZR 317/09, zitiert nach juris, Rdnr. 24).
14Zuletzt mit Urteil vom 16. September 2015 (Az. VIII ZR 119/14) hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung nochmals wie folgt zusammengefasst (BGH, Urteil vom 16. September 2015, Az. VIII ZR 119/14, zitiert nach juris, Rdnr. 28):
15„Sofern sich der Leasingnehmer mit dem Rücktritt vom Kaufvertrag gegenüber dem Lieferanten durchsetzt, fehlt dem Leasingvertrag nämlich von vornherein die Geschäftsgrundlage, so dass dem Leasinggeber von Anfang an keine Ansprüche auf Zahlung von Leasingraten zustehen. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sowohl vor als auch nach Inkrafttreten des modernisierten Schuldrechts (...). An das Ergebnis des Gewährleistungsprozesses ist der Leasinggeber bei interessengerechter Auslegung des Leasingvertrages gebunden (...).“.
16Mit Urteil vom 25. Oktober 1989 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Geschäftsgrundlage auch dann rückwirkend wegfalle, wenn es anstelle eines rechtskräftigen (Wandlungs-)Urteils „zu einer in ihren Auswirkungen einem solchen Urteil nach §§ 145 Abs. 2, 165 Abs. 2 und 3 KO gleichstehenden Feststellung der sich aus der vollzogenen Wandlung ergebenden Forderung zur Konkurstabelle gekommen“ sei. Dass in einem solchen Fall der Anspruch des Leasinggebers gegen den Lieferanten auf Rückzahlung des Kaufpreises nicht verwirklicht werden kann, ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ohne Bedeutung, weil das Risiko der Insolvenz des Lieferanten vom Leasinggeber getragen werden muss (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1989, Az. VIII ZR 105/88, NJW 1990, 314, 315).
17Die der Feststellung der sich aus der Wandlung bzw. dem Rücktritt ergebenden Forderung zur Konkurstabelle entsprechende Wirkung kommt auch der Feststellung des Kaufpreisrückzahlungsanspruches zur Tabelle in der Insolvenz des Lieferanten zu (Sinz in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, § 108 InsO Rdnr. 154 und § 178 InsO Rdnr. 33; Schumacher in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 2, 3. Aufl. 2013, § 178 InsO Rdnr. 73; vgl. auch BGH, Urteil vom 13. November 2013, Az. VIII ZR 257/12, zitiert nach juris, Rdnr. 21 ff.).
18bb) Dem Landgericht ist zwar darin beizupflichten, dass sich der Kläger des hiesigen Rechtsstreits weder auf eine rechtskräftige Verurteilung der Lieferantin zur Rückabwicklung des Vertrages, noch auf eine zu seinen Gunsten zur Insolvenztabelle festgestellte Forderung aus der rücktrittsbedingten Rückabwicklung des Kaufvertrages zu berufen vermag. Indes ist gleichwohl, nämlich aufgrund der zugunsten der Beklagten als Leasinggeberin erfolgten Feststellung einer „Forderung aus dem gekündigten Vertrag aufgrund Wandlung über das Fahrzeug Ranault Anantime Privilège 2.0“, von einem Fehlen der Geschäftsgrundlage des Leasingvertrages auszugehen.
19Der Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Lieferantin hat eine „Forderung aus dem gekündigten Vertrag aufgrund Wandlung über das Fahrzeug R. 2.0“ in Höhe von € 13.262,00 zur Insolvenztabelle festgestellt.
20Wie sich aus der vom Kläger wiederholt bemühten Regelung des § 178 Abs. 3 InsO ergibt, wirkt die festgestellte Forderung „ihrem Betrag und ihrem Rang nach“ wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern. Mit der Eintragung steht daher im Verhältnis zwischen dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern fest, dass das angemeldete Insolvenzgläubigerrecht besteht. Insolvenzverwalter und Insolvenzgläubiger können dieses Recht in späteren Gläubigerversammlungen nicht mehr bestreiten (Schumacher in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 2, 3. Aufl. 2013, § 178 InsO Rdnr. 56 und 59); Einwendungen gegen den festgestellten Anspruch können sie nur noch mit den Mitteln geltend machen, die gegen ein rechtskräftiges Urteil zur Verfügung stehen (Sinz in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, § 178 InsO Rdnr. 25). Voraussetzung hierfür ist, dass der Rechtsgrund der festgestellten Forderung hinreichend bestimmt ist. (Sinz in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, § 178 InsO Rdnr. 25). Für die Bestimmung der festgestellten Forderung können auch außerhalb der Insolvenztabelle liegende Umstände herangezogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1993, Az. VIII ZR 119/92, NJW 1994, 576, 577 f.).
21Hier verdeutlicht die der Feststellung der Forderung zugrunde liegende Forderungsanmeldung, dass es sich bei der festgestellten Forderung um eine solche aufgrund der rücktrittsbedingten Rückabwicklung des Kaufvertrages zwischen der Leasinggeberin und der Autocentrum A. GmbH als Lieferantin handelt.
22Der Kläger hat aus - nach Maßgabe von Ziff. X.B S. 3 der Leasing-Bedingungen - abgetretenem Recht den Rücktritt vom Kaufvertrag zwischen der Beklagten und der Autocentrum A. GmbH erklärt.
23Bei der Rücktrittserklärung handelt es sich um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Der Rücktritt kann sich auch aus einem konkludenten Verhalten ergeben, so etwa aus der Rückforderung des Kaufpreises. Auch eine Umdeutung kommt in Betracht (Gaier in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 349 BGB Rdnr. 1).
24Hier hat der Kläger die Lieferantin, die Autocentrum A. GmbH, in dem beim Landgericht Rostock unter dem Aktenzeichen 3 O 233/05 geführten Rechtsstreit auf der Grundlage der Klageschrift vom 3. Juni 2005 aus abgetretenem Recht auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich gezogener Nutzungen Zug um Zug gegen Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Anspruch genommen. Hiermit hat der Kläger gegenüber der Lieferantin die Rückabwicklung des Kaufvertrages beansprucht. Dieses Verhalten beinhaltet jedenfalls eine konkludente Rücktrittserklärung des Klägers gegenüber der Lieferantin.
25Im Rahmen der Klageschrift hat der Kläger gegenüber der Lieferantin zudem hilfsweise „erneut (…) die Wandlung des Kaufvertrages zwischen dem Leasinggeber und der“ Autocentrum A. GmbH erklärt. Zwar erweist sich die - hier zudem durch einen Rechtsanwalt erfolgte - Verwendung des Rechtsbegriffs der Wandlung nach der Modernisierung des Schuldrechts als unzutreffend. Indes ist die erklärte Wandlung unter Geltung des modernisierten Schulrechts nach § 140 BGB in eine Rücktrittserklärung umzudeuten.
26Bereits mit Schreiben vom 12. Dezember 2005 (Bl. 35 d. GA) meldete die Beklagte gegenüber dem Insolvenzverwalter eine „Forderung aus dem gekündigten Vertrag aufgrund Wandlung über das Fahrzeug Renault Avantime Privilège 2.0“, amtliches Kennzeichen HRO-MV 965, Fahrgestellnummer VF8DEOV0626382760 in Höhe von € 33.320,00 zur Insolvenztabelle an. Es handelte sich nach dem Inhalt des Schreibens „um eine vorläufige Forderungsanmeldung“; die endgültige Forderungsanmeldung sollte nach „Beendigung des Wandlungsverfahrens“ übersandt werden.
27Nach Rückgabe des Fahrzeugs am 26. Februar 2006 veräußerte die Beklagte das Fahrzeug und erzielte einen Verwertungserlös von € 12.700,00 brutto.
28Mit Schreiben vom 12. August 2011 (Bl. 56 d. GA) meldete die Beklagte, „sofern die Wandlung vollzogen wird“, „endgültig“ eine Forderung in Höhe von € 13.262,00 „über das Fahrzeug Renault Avantime 2.0 16V, amtl. Kennzeichen: HRV-MV 965, Fahrgestell-Nr.: VF8DEOV0626382760“ zur Tabelle an. Wie sich aus dem Schreiben ferner ergibt, setzt sich der Forderungsbetrag wie folgt zusammen (vgl. Bl. 56 d. GA):
29„Auszahlungsbetrag € 25.200,00
30zzgl. Rabatterstattung € 762,00
31abzgl. Verkaufserlös € 12.700,00
32Gesamtbetrag € 13.262,00“.
33Diese Berechnung verdeutlicht, dass die angemeldete Forderung die Rückabwicklung des Kaufvertrages zum Gegenstand hatte. In die Berechnung eingeflossen sind die seitens der Beklagten in Erfüllung des Kaufvertrages geflossenen Zahlungen und als Surrogat für die infolge Verwertung des Fahrzeugs unmögliche Herausgabe des Fahrzeugs der Verwertungserlös als Abzugsposten. Der Betrag von € 25.200,00 entspricht, wie sich aus einem zur Gerichtsakte gereichten anwaltlichen Schriftsatz des Insolvenzverwalters vom 17. Mai 2013 ergibt (vgl. Bl. 33 d. GA), dem Kaufpreis des Fahrzeugs im Verhältnis zwischen der Beklagten und der Autocentrum A. GmbH.
34In einem weiteren Schreiben vom 17. Januar 2012 (Bl. 36 d. GA) hat die Beklagte die konkretisierte Forderungsanmeldung vom 12. August 2011 unter Wiederholung der Berechnung nochmals aufgegriffen und den Insolvenzverwalter um Übersendung einer Bestätigung gebeten, „dass die angemeldete Forderung endgültig anerkannt wurde“.
35Auf der Grundlage dieser Forderungsanmeldung und der in ihr enthaltenen Berechnung hat der Insolvenzverwalter sodann „eine Forderung aus dem gekündigten Vertrag aufgrund Wandlung über das Fahrzeug R. 2.0“ in Höhe von € 13.262,00 zur Tabelle festgestellt.
36Dass die Feststellung dieser Forderung auf den Antrag und zugunsten der Beklagten, nicht des Klägers erfolgt, ist nicht nur unschädlich, sondern begründet geradezu, hier von einem rückwirkenden Fehlen der Geschäftsgrundlage des Leasingvertrages auszugehen. Denn die Beklagte hat hier unter Missachtung der gemäß Ziff. X.B S. 3 der Leasing-Bedingungen erfolgten vorbehaltlosen, unbedingten und endgültigen Abtretung der kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte an den Kläger (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 13. November 2013, Az. VIII ZR 257/12, zitiert nach juris, Rdnr. 24) aktiv daran mitgewirkt, dass sich die Autocentrum A. GmbH auf die Rückabwicklung des Kaufvertrages einließ. Damit hat die Beklagte zugleich aktiv daran mitgewirkt, dass dem Leasingvertrag rückwirkend auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Grundlage entzogen wurde. An dem aktiv herbeigeführten Entzug der Geschäftsgrundlage muss sich die Beklagte nach Treu und Glauben, § 242 BGB, festhalten lassen.
37Soweit die Beklagte auch in der Berufungserwiderung betont, sie habe die Rückzahlung des Kaufpreises für das geleaste Fahrzeug lediglich vorsorglich für den Fall eines vom Kläger erfolgreich durchgeführten Wandlungsprozesses angemeldet (vgl. Bl. 126 d. GA), kann ihr hierin nicht gefolgt werden. Denn die Feststellung der Forderung der Beklagten durch den Insolvenzverwalter erfolgte - auf das Drängen der Beklagten - vorbehalt- und bedingungslos. Das festgestellte Gläubigerrecht steht der Beklagten zu, ohne dass der Insolvenzverwalter es noch zu bestreiten vermag.
38cc) Nach alledem ist hier von einem Fehlen der Geschäftsgrundlage des Leasingvertrages zwischen den Parteien im Sinne von § 313 Abs. 1 und 2 BGB aufgrund der einvernehmlichen Rückabwicklung des zwischen der Beklagten und der Autocentrum Ares GmbH zustande gekommenen Kaufvertrages auszugehen.
39b) Es liegt auf der Hand, dass die Parteien dieses Rechtsstreits den Leasingvertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie um das Fehlen der Geschäftsgrundlage, namentlich um die Umwandlung des Kaufvertrages zwischen Leasinggeber und Lieferantin in ein Rückgewährschuldverhältnis gewusst hätten. Auch ist dem klagenden Leasingnehmer das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zuzumuten. Denn hat sich der Kaufvertrag aufgrund des vom Lieferanten akzeptierten Rücktritts in ein Rückgewährschuldverhältnis gewandelt, kann das Ziel des Leasingvertrages, die mangelfreie Gebrauchsüberlassung für die im Vertrag bezeichnete Zeit und zu den dort geregelten Bedingungen, nicht (mehr) erreicht werden (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1984, Az. VIII ZR 277/83, NJW 1985, 796, 797).
40c) Der von Anfang an seiner Geschäftsgrundlage beraubte Leasingvertrag kann als Grundlage für bereits erbrachte Vertragsleistungen nicht mehr herangezogen werden. Er war in der Vergangenheit deshalb nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen rückabzuwickeln (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1989, Az. VIII ZR 105/88, NJW 1990, 314, 315; so auch Sinz in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, § 108 InsO Rdnr. 154 und § 178 InsO Rdnr. 33). Nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes richtet sich die Rückabwicklung unter Anwendung von § 313 Abs. 3 S. 1 BGB nach Rücktrittsrecht (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2006, Az. 10 U 156/07, zitiert nach juris, Rdnr. 2; OLG Frankfurt, Urteil vom 14. Januar 2009, Az. 17 U 223/08, zitiert nach juris, Rdnr. 23).
41aa) Wie sich aus § 313 Abs. 3 BGB ergibt, vollzieht sich die Auflösung des Leasingvertrages nicht mehr ipso iure, sondern bedarf einer rechtsgeschäftlichen Erklärung, nach dem Wortlaut des § 313 Abs. 3 S. 2 BGB bei Dauerschuldverhältnissen wie etwa dem Leasingvertrag grundsätzlich der Kündigung (vgl. OLG München, Urteil vom 10. Januar 2007, Az. 20 U 475/06, zitiert nach juris, Rdnr. 8). Die Kündigung indes wirkt grundsätzlich nur ex nunc, so dass bei wörtlicher Anwendung von § 313 Abs. 3 S. 2 BGB im Falle von Dauerschuldverhältnissen eine Rückabwicklung ex tunc auch dann ausgeschlossen wäre, wenn die Geschäftsgrundlage nicht erst während der Vertragslaufzeit weggefallen ist, sondern wie im Falle des Rücktritts vom Kaufvertrag wegen einer zur Zeit der Übergabe an den Leasingnehmer mangelhaften Leasingsache von Anfang an gefehlt hat.
42Doch zwingt § 313 Abs. 3 S. 2 BGB nicht zu der Annahme, dass bei Dauerschuldverhältnissen ausnahmslos ein Kündigungsrecht an die Stelle des Rücktrittsrechts tritt (OLG Frankfurt, Urteil vom 14. Januar 2009, Az. 17 U 223/08, zitiert nach juris, Rdnr. 24).
43Ein Rücktrittsrecht kommt nach der Rechtsprechung zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen vielmehr auch dann in Betracht, wenn ein berechtigtes Interesse der Partner besteht, bereits erbrachte Leistungen rückgängig zu machen oder wenn eine vollständige Rückabwicklung unschwer möglich und nach der Interessenlage sachgerecht ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2002, Az. X ZR 166/99, zitiert nach juris, Rdnr. 16). Dies ist hier der Fall.
44Der entscheidende Unterschied zu anderen Dauerschuldverhältnissen liegt bei Finanzierungsleasingverträgen in der Vollamortisationspflicht des Leasingnehmers. Während bei Dauerschuldverhältnissen regelmäßig eine Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung für jeden Zeitabschnitt besteht, ist diese Äquivalenz beim Leasing auf die gesamte Vertragslaufzeit bezogen. Die Höhe der Leasingraten wird nicht durch den Wert der Nutzung bestimmt, sondern hängt vom Vertragstyp, der Dauer der Grundleasingzeit und der Vereinbarung einer Anzahlung bzw. Höhe des kalkulierten Restwertes ab. Eine Vertragsanpassung ex nunc würde daher zu willkürlichen Ergebnissen führen, je nachdem, wie die Zahlungspflichten des Leasingnehmers verteilt sind, zumal der Leasinggeber vom Lieferanten auch den vollen Kaufpreis zurückverlangen kann und nicht nur den noch ungetilgten Teil (Sinz in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, § 108 InsO Rdnr. 155).
45Auch ist die Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien von Anfang an ohne weiteres möglich (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 14. Januar 2009, Az. 17 U 223/08, zitiert nach juris, Rdnr. 26).
46Zudem sollte die Neuregelung des § 313 BGB ausweislich der Materialien zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz an der bisherigen Rechtsprechung insoweit gerade nichts ändern (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 175 ff.).
47Demgemäß bedurfte es hier einer (ex tunc wirkenden) Rücktrittserklärung (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2006, Az. 10 U 156/07, zitiert nach juris, Rdnr. 2).
48bb) Zu einem expliziten (vorprozessualen) Rücktritt von dem zwischen den Parteien im Februar 2004 zustande gekommenen Leasingvertrag hat der Kläger nichts vorgetragen.
49Doch kann die Ausübung des in § 313 Abs. 3 S. 1 BGB vorgesehenen Gestaltungsrechts auch konkludent erfolgen (Finkenauer in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 313 BGB Rdnr. 110). Entscheidend ist, dass nach Maßgabe von §§ 133, 157 BGB der Wille zum Ausdruck gelangt, die beiderseitigen Leistungspflichten sollten gegenstandslos und das gegebenenfalls bereits Geleistete rückabgewickelt werden (BGH, Urteil vom 6. Juli 1988, Az. VIII ZR 256/87, zitiert nach juris, Rdnr. 21; Schmidt in: Beck´scher Online-Kommentar, Stand: 01.08.2015, § 349 BGB Rdnr. 1).
50Von einem solchen Rücktritt durch konkludentes Verhalten ist hier auszugehen. Denn mit anwaltlichem Schreiben vom 11. März 2014 (Bl. 37 f. d. GA) hat der Kläger unmissverständlich die Rückabwicklung des Leasingvertrages, die Rechtsfolge des Rücktritts, beansprucht.
51d) Auf der Grundlage von § 313 Abs. 3 S. 1 BGB in Verbindung mit § 346 Abs. 1 BGB und den Regelungen unter Ziff. X.B S. 5 und X.A Nr. 3 der Leasing-Bedingungen schulden sich die Parteien die Rückgewähr der empfangenen Leistungen und die Herausgabe gezogener Nutzungen.
52aa) Die Beklagte schuldet die Rückgewähr der auf der Grundlage des Leasingvertrages geleisteten 14 Leasingraten zu je € 385,00 sowie die Rückzahlung der Leasingsonderzahlung über € 3.500,00, mithin einen Betrag in Höhe von insgesamt (14 x € 385,00 + € 3.500,00 =) € 8.890,00.
53bb) Hiervon zugunsten der Beklagten in Abzug zu bringen sind die seitens des Klägers gezogenen Nutzungen. Diese belaufen sich nach der von der Beklagten nicht beanstandeten Berechnung des Klägers auf € 2.315,88.
54cc) Soweit die Beklagte behauptet, im Zeitpunkt der Fahrzeugrückgabe im Februar 2006 habe sich das streitgegenständliche Fahrzeug nicht in vertragsgemäßem Zustand befunden, sondern habe Mängel in Höhe von € 600,00 netto aufgewiesen, ist der diesbezügliche Vortrag der Beklagten (vgl. Bl. 53 d. GA) nicht geeignet, einen im Rahmen von § 348 BGB zu berücksichtigenden anrechenbaren Gegenanspruch zu begründen. Denn die Beklagte hat es versäumt, einen auf der Grundlage von § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB bestehenden Gegenanspruch schlüssig darzulegen. Vielmehr erweist sich der Vortrag der Beklagten, der sich im Wesentlichen auf die Bezugnahme auf ein von ihr in Auftrag gegebenes Wertgutachten vom 14. Februar 2007 (Bl. 57 f. d. GA) erstreckt, als unsubstantiiert. Es fehlt jeglicher Vortrag dazu, welche konkrete, nicht auf die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme des Fahrzeugs zurückzuführende Verschlechterung an dem Fahrzeug eingetreten sei soll. Das von der Beklagten in diesem Zusammenhang in Bezug genommene Wertgutachten datiert vom 14. Februar 2007. Die Fahrzeugrückgabe indes erfolgte bereits knapp ein Jahr zuvor, nämlich am 26. Februar 2006. Aus dem im Zusammenhang mit der Fahrzeugrückgabe erstellten Prüfbericht (Bl. 31 d. GA) ergeben sich derartige Schäden gerade nicht.
552. Die Zinsforderung basiert auf §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Klage ist der Beklagte am 16. Juli 2014 zugestellt worden.
56II. Soweit der Kläger mit der Berufung seinen Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages von € 203,93 an seine Rechtsschutzversicherung weiter verfolgt, erweist sich die Klage als unzulässig. Denn der Kläger hat die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft nicht dargelegt.
57III. Der auf Freistellung des Klägers von den ihm in Rechnung gestellten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gerichtete Klageantrag erweist sich als unbegründet. Der Kläger kann die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht auf der Grundlage von §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 S. 1 BGB unter dem Aspekt des Zahlungsverzugs auf Freistellung von den ihm in Rechnung gestellten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch nehmen. Denn mit dem die Anwaltskosten auslösenden anwaltlichen Schreiben vom 11. März 2014 (Bl. 37 f. d. GA) hat der Kläger gegenüber der Beklagten die streitgegenständliche Forderung beziffert und die Beklagte unter Fristsetzung zum 20. März 2014 zur Zahlung aufgefordert. Es unterliegt bereits ernsthaften Zweifeln, ob dem Schreiben eine verzugsbegründende Erstmahnung entnommen werden kann. Selbst wenn dem so wäre, scheiterte eine Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der hiermit verbundenen Kosten jedenfalls daran, dass der Gläubiger die Kosten der den Verzug begründenden Erstmahnung, da nicht durch den Verzug verursacht, nicht ersetzt verlangen kann (Grüneberg in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 286 BGB Rdnr. 44).
58Nach alledem war wie erfolgt zu erkennen.
59IV. Die Kostenentscheidung basiert auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
60Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.
61Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
62Der Gegenstandswert der Berufung wird auf € 6.574,12 festgesetzt.
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