Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-24 U 164/15
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen z w e i W o c h e n ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Der auf den 28. Juni 2016 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 12.191,35 festgesetzt.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Berufung der Klägerin hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung; auch erfordert weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil des Berufungsgerichts. Schließlich ist nach den Umständen des Falls auch sonst keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO).
4Die Berufung kann gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solche Umstände zeigt die Berufungsbegründung nicht in verfahrensrechtlich erheblicher Weise auf. Vielmehr hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen.
5Das Landgericht hat mit richtiger Begründung eine Haftung des Beklagten für den Wasserschaden vom 19. Mai 2013 im Objekt I-straße 18 in E, welcher von der vom Beklagten als Mieter genutzten Dachgeschosswohnung im 4. Obergeschoss ausging, verneint. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an.
6Das Landgericht ist zutreffend und in Übereinstimmung mit den Parteien davon ausgegangen, dass eine Haftung des Beklagten für die aufgetretenen Wasserschäden nur im Falle eines vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Handelns gegeben ist (vgl. zu den Haftungsanforderungen bei einem Brandschaden BGH, Urteile vom 13. Dezember 1995 – VIII ZR 41/95 und vom 13. September 2006 - IV ZR 116/05, Rz. 12 mwN, jetzt und im Folgenden zitiert nach Juris). Die Darlegungs- und Beweislast für ein dahingehendes Verschulden trägt die Klägerin, auf die die vertraglichen (§§ 535ff., 280 BGB) und gesetzlichen (§ 823 BGB) Schadensersatzansprüche des Vermieters gemäß § 86 Abs. 1 VVG übergegangen sind bzw. im Falle weiterer Leistungen übergehen werden. Einer Inanspruchnahme des Mieters steht nicht entgegen, wenn dieser – wie hier (vgl. Schreiben der Klägerin vom 5. Juni 2013, Anlage K15, GA 124) – haftpflichtversichert ist und Deckungsschutz auch für Haftpflichtansprüche wegen Schäden an gemieteten Sachen hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2006, a.a.O., Rn. 13). Folglich verbleibt es dabei, dass die Klägerin ein grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten des Beklagten nachweisen muss, was ihr jedoch nicht gelungen ist.
71.
8Die landgerichtliche Beweiswürdigung, die davon ausgeht, dass durch die Aussage des Zeugen Sch. (Vermieter des Beklagten) nicht bewiesen wurde, dass bei Übergabe der Mietsache an den Beklagten das Überlaufventil am „Kochendwassergerät“ vorhanden war, ist nicht zu beanstanden. Nur unter dieser Prämisse hätte man indes von einem grob fahrlässigen Verhalten des Beklagten ausgehen können, wenn nämlich während seiner Besitzzeit dieses zum Gerät gehörende und der Sicherheit dienende Teil verlorengegangen wäre, er es nicht ersetzt bzw. den Verlust dem Zeugen Sch.nicht angezeigt hätte. Hierauf hat das Landgericht in seinem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 19. August 2014 (GA 212ff., 213) zutreffend hingewiesen. Die Angaben des Zeugen Sch. waren jedoch für eine dahingehende Feststellung nicht ergiebig und zur Überzeugungsbildung nicht geeignet, weshalb die Klägerin den ihr obliegenden Beweis nicht zu führen vermochte. Der Zeuge (GA 324f.) hat zwar zunächst bekundet, er sei sich sicher, dass das Überlaufventil bei der Übergabe noch in dem „Kochendwassergerät“ installiert gewesen sei. Den weiteren Angaben des Zeugen musste jedoch entnommen werden, dass diese Annahme offenbar nicht einer sicheren Erinnerung entsprang, sondern er nur den Rückschluss daraus zog, dass der Beklagte – nach seinen Aussagen ein stets gewissenhafter Mieter - ihm abweichendes ansonsten mitgeteilt hätte. Des Weiteren hat er angegeben, dass er üblicherweise bei Übergaben nicht überprüfe, ob der Überlaufstab vorhanden sei. Ob an dem Übergabetag folglich eine Überprüfung vorgenommen wurde, ist deshalb eher unwahrscheinlich. Insgesamt bietet die Aussage des Zeugen jedenfalls keine tragfähige und zur Überzeugungsbildung geeignete Grundlage, dass sich bei der Wohnungsübergabe an den Beklagten das Überlaufventil tatsächlich am Gerät befand.
9Soweit die Klägerin beanstandet, der Beklagte habe den Zeugen Sch. schuldhaft über das Fehlen des Ventils nicht informiert, würde dies zunächst voraussetzen, dass dem Beklagten überhaupt bekannt war, dass ein solches Ventil zu dem Gerät gehört. Hierzu hat die Klägerin nichts dargetan. Eine Warmwasserversorgung wie die hier in der Wohnung des Zeugen befindliche ist nicht in jeder Mietwohnung vorhanden, zudem dürfte es verschiedene Hersteller und deshalb auch unterschiedliche Modelle derartiger Geräte geben. Es kann also nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass einem Mieter die Funktionsweise und die notwendigen Bestandteile derartiger Geräte bekannt sind und ihm fehlende Teile deshalb ohne weiteres auffallen.
102.
11Das Landgericht hat als Schadensursache ein nicht vollständig zugedrehtes Zulaufventil erwogen und bei einem derartigen Sachverhalt eine nur leichte Fahrlässigkeit des Beklagten angenommen. Dies ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Es hat zuvor auf diese Möglichkeit in seinem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 19. August 2014 im Rahmen seiner Begründung des Vergleichsvorschlags hingewiesen (GA 214). Die Parteien wussten somit um diese Überlegungen, weshalb sie keine Überraschung darstellten. Soweit die Klägerin meint, im Rahmen des im Zivilprozess herrschenden Verhandlungsgrundsatzes habe das Landgericht keine dahingehenden Überlegungen anstellen dürfen, ist dies unzutreffend. Das Landgericht hat damit keinen Sachverhalt unterstellt, sondern eine auf Grundlage der Angaben des Zeugen H. basierende Möglichkeit erwogen, worauf der letztlich ungeklärt gebliebene Schadenseintritt zurückzuführen sein könnte. Derartige hypothetische Überlegungen sind im Rahmen der vom Gericht vorzunehmenden Sachverhaltsaufklärung geboten. Da der Beklagte – von der Klägerin unwiderlegt – dargetan hat, er habe den Zulauf stets ordnungsgemäß zugedreht (Schriftsatz vom 22. September 2014, S. 1, GA 257), liegt die Möglichkeit, dass aufgrund der Verkalkung der Eindruck entstehen konnte, man habe das Ventil verschlossen, obwohl dies nicht vollständig der Fall gewesen war, nicht fern. Im Übrigen hat der Beklagte sich die Erwägungen des Einzelrichters zur möglichen Schadensursache jedenfalls in seiner Berufungserwiderung zu Eigen gemacht. Sofern der Zeuge F. meint, eine Verkalkung führe nicht zu einer Undichtigkeit, so ist dies zwar nachvollziehbar, aber nicht generell zutreffend. Es ist bekannt, dass Verkalkungen zu einer Schwergängigkeit führen können und damit einhergehend auch einer „wasserdichter“ Verschluss nicht immer gewährleistet ist. Dies hängt sicherlich vom Einzelfall, aber auch vom Kraftaufwand ab, mit dem das Ventil dann verschlossen wird. Es kann nicht zu Lasten des Beklagten davon ausgegangen werden, dass ihm – der nach seinem nicht widerlegten Vorbringen das Gerät nur selten benutzt hat- eine Verkalkung aufgefallen wäre, ihm infolgedessen hätte klar sein müssen, dass ein Mangel vorliegt, der zu Fehlfunktionen führen kann. Selbst wenn also der Beklagte das Gerät benutzt und es aufgrund der verkalkungsbedingten Schwergängigkeit nicht vollständig verschlossen hätte, ließe sich daraus - entsprechend den landgerichtlichen Ausführungen – kein über eine leichte Fahrlässigkeit hinausgehendes Verschulden ableiten.
12Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob der Schaden durch ein nicht vollständig zugedrehtes Ventil verursacht worden sein kann, war nicht geboten. Eine Rückrechnung, wie sie der Klägerin vorschwebt (Schriftsatz vom 21. August 2014, Seite 3, GA 224), wäre nämlich nur möglich, wenn feststände, während welcher Zeitspanne Wasser aus dem Kochendwassergerät ausgetreten ist, von welcher Austrittsmenge pro Zeiteinheit bei nur teilweise verschlossenen Zulaufventil auszugehen ist und welche Wassermassen tatsächlich insgesamt bis zur Schadensentdeckung gegen 3.00 Uhr morgens abgeflossen sind. Zumindest zu dem letztgenannten Punkt fehlen aber belastbare Feststellungen. Darüber hinaus steht auch das mutmaßlich defekte Kochendwassergerät nach Austausch durch den Vormieter (GA 324, 328) nicht mehr für eine Untersuchung zur Verfügung.
133.
14Insgesamt lässt sich jedenfalls nicht zu Lasten des Beklagten feststellen, dass er durch ein grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten zum Schadenseintritt beigetragen hat. Vielmehr ist die konkrete Schadensursache letztlich unklar geblieben, weshalb die Klägerin ihre Ansprüche nicht mit Erfolg durchsetzen kann.
15II.
16Der Senat weist darauf hin, dass die Rücknahme der Berufung vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1 und 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an (OLG Brandenburg, Beschluss vom 18. Juni 2009 – 6 W 88/09; Senat, Beschluss vom 6. März 2013 – I-24 U 204/12, Rz. 19 mwN).
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