Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - III-2 RVs 68/16
Tenor
Das Verfahren wird auf Kosten der Staatskasse eingestellt.
Es wird davon abgesehen, die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse aufzuerlegen.
1
Gründe:
2I.
3Das Amtsgericht Mönchengladbach hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
4Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, welche er auf die Sachrüge und näher ausgeführte Verfahrensrügen stützt.
5II.
6Das Verfahren ist gemäß § 206a Abs. 1 StPO einzustellen, weil dem Verfahren kein wirksamer Eröffnungsbeschluss nach § 203 StPO zugrundeliegt und damit ein Verfahrenshindernis besteht.
7Die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach erhob zunächst unter dem 8. Oktober 2015 (Bl. 23 d.A.) Anklage wegen Urkundenfälschung und Gebrauchs eines Fahrzeugs ohne erforderlichen Haftpflichtversicherungsvertrag. Nach Zustellung dieser Anklageschrift an den Angeklagten legte das Amtsgericht der Staatsanwaltschaft die Akten zu ihrer Korrektur vor. Das Amtsgericht war der Auffassung, dass der Gebrauch des Kraftfahrzeugs nicht hinreichend konkretisiert worden sei. Dem folgte schließlich die Staatsanwaltschaft und legte unter dem 27. November 2015 eine korrigierte Anklageschrift vor (Bl.30 d.A.). Auf der ursprünglichen Anklageschrift vom 8. Oktober 2015 wurde vermerkt: „Zurückgenommen bzw. geändert.“ Nachdem die neue Anklageschrift dem sich zwischenzeitlich bestellt habenden Verteidiger zugestellt worden war, fasste das Amtsgericht Mönchengladbach am 11. Januar 2016 folgenden Beschluss (Bl. 35 d.A.): „In der Strafsache (…) wird die Anklage der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach vom 08.10.2015, Az. 100 Js 1704/15, zur Hauptverhandlung zugelassen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wird das Hauptverfahren gegen ihn vor der Strafrichterin eröffnet.“ In dem Protokoll über die Hauptverhandlung vom 19. Februar 2016 ist vermerkt: „Die/Der Vertreter/in der Staatsanwaltschaft verlas den Anklagesatz aus der Anklageschrift vom 08.10.2015.“
8Aus diesem Verfahrensablauf ergibt sich, dass kein wirksamer Eröffnungsbeschluss über die Anklage der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach vom 27. November 2015 vorliegt. Der vom Amtsgericht gefasste Eröffnungsbeschluss bezieht sich auf die zurückgenommene und deshalb nicht mehr vorhandene Anklage der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach vom 8. Oktober 2015. Er ging deshalb ins Leere.
9Der vom Amtsgericht gefasste Eröffnungsbeschluss kann auch nicht dahin ausgelegt werden, dass er sich auf die neue Anklage beziehen sollte. Denn es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die erkennende Richterin bei Abfassung des Beschlusses noch bewusst war, dass die Anklage vom 8. Oktober 2015 bereits zurückgenommen war. Hiergegen spricht zunächst, dass sie in diesem Fall darauf geachtet hätte, dass der Eröffnungsbeschluss auf die zutreffende Anklageschrift Bezug nimmt. Hinzu kommt, dass weder der Eröffnungsbeschluss noch die Begleitverfügung Umstände enthalten, die allein mit der neuen Anklageschrift in Verbindung stünden. Aus diesem Grunde muss der vom Amtsgericht gefasste Eröffnungsbeschluss beim Wort genommen und davon ausgegangen werden, dass er sich auf die alte, zurückgenommene Anklageschrift bezieht.
10Das Fehlen des Eröffnungsbeschlusses stellt ein in der Revisionsinstanz nicht mehr behebbares Verfahrenshindernis dar (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Januar 1987 - 3 StR 601/86, NStZ 1987, 239; Beschluss vom 3. April 2012 - 2 StR 46/12, NStZ 2012, 583). Folge ist, dass das Verfahren auf eine zulässige Revision gem. § 206a Abs. 1 StPO einzustellen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 3. Juni 2014 – III-2 RVs 55/14, BeckRS 2014, 12276), ohne dass es noch der Aufhebung des angefochtenen Urteils bedürfte, da die Einstellung des Verfahrens seine Wirkung beseitigt (vgl. Senat a.a.O, OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Mai 1991 – 1 Ss 43/92, NJW 1991, 2849, 2850; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28. Mai 2003 – 1 Ss 49/03, NStZ-RR 2003, 332).
11Ein neues gerichtliches Verfahren wegen der dem Angeklagten zur Last gelegten Urkundenfälschung setzt die Erhebung einer neuen Anklage voraus. Denn durch die Einstellung nach § 206a Abs. 1 StPO ist das gerichtliche Verfahren beendet und die Sache in den Stand des Ermittlungsverfahrens zurückversetzt worden (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. August 1987 – 1 Ws 15/87, NStZ 1987, 573; Schneider, in: KK-StPO, 7. Auflage, § 207 Rdnr. 33).
12III.
13Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO. Der Senat hat gemäß § 467 Abs. 3 Nr. 2 StPO davon abgesehen, die notwendigen Auslagen des Angeklagten, die ihm in dem eingestellten Verfahren entstanden sind, der Staatskasse aufzuerlegen. Denn die Verurteilung des Angeklagten, der jedenfalls einen Kennzeichenmissbrauch nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 StVG begangen hat, hat nur deshalb keinen Bestand, weil der erforderliche Eröffnungsbeschluss fehlt und deshalb ein Verfahrenshindernis besteht.
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