Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-16 U 178/15
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.08.2015 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte
Dieses und das erstinstanzliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird gestattet, eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn der Kläger nicht zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e
2A.
3Der Kläger begehrt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der W… … GmbH mit Sitz in … (Insolvenzschuldnerin) von der Beklagten die Erstattung von aus dem Gesellschaftsvermögen in den Jahren 2005 bis 2009 geleisteten Zahlungen in Höhe 432.500,00 EUR. Die Beklagte war Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin; sie ist zypriotische Staatsangehörige.
4Die Insolvenzschuldnerin wurde Ende des Jahres 2004 von der Beklagten als alleinige Gesellschafterin gegründet und am 17.03.2005 in das Handelsregister eingetragen. Gegenstand ihres Unternehmens war der Betrieb des Spaß- und Erlebnisbads „B…“ in …, das sie, vertreten durch die Beklagte, mit Unternehmenskaufvertrag vom 29.12.2004 erworben hatte. Die Beklagte bestellte sich zur Alleingeschäftsführerin, ohne einen Geschäftsführeranstellungsvertrag mit der Insolvenzschuldnerin abzuschließen. Ein festes Geschäftsführergehalt erhielt sie nicht.
5Die Beklagte war auch Anteilseignerin und vertretungsberechtigtes Organ der S… Management Ltd. (S…), einer Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer zypriotischen Limited mit Sitz in …, Z…. Im Zeitraum März 2005 bis einschließlich November 2009 leistete die Insolvenzschuldnerin diverse Zahlungen auf ein Konto der S… in Höhe von insgesamt mehr als 400.000,00 EUR. Zumindest einem Großteil dieser Zahlungen lagen entsprechende Rechnungen der S… zugrunde, mit denen diese der Insolvenzschuldnerin jeweils eine Vielzahl an Leistungen berechnete, wobei zwischen den Parteien streitig ist, inwieweit die Leistungen auch tatsächlich erbracht wurden. Wegen des Inhalts der Rechnungen, insbesondere der Beschreibungen der jeweiligen Rechnungsgegenstände, wird auf die Anlage K3 Bezug genommen. Nachdem Ende November 2009 infolge ausstehender Rechnungsbeträge die Versorgung mit Strom, Wasser und Fernwärme eingestellt wurde, musste das Schwimmbad schließen. Auf den Insolvenzantrag der Insolvenzschuldnerin vom 23.12.2009 hin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 01.02.2010 das Insolvenzverfahren eröffnet.
6Der Kläger hat behauptet, während der gesamten Zeit des Schwimmbadbetriebs durch die Insolvenzschuldnerin sei diese buchmäßig überschuldet gewesen. Hierzu erklärt er, ausweislich des Jahresabschlusses zum 31.12.2006 habe ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von rund 152.000 EUR bestanden, der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag des Vorjahres sei mit rund 73.000 EUR ausgewiesen. Der Fehlbetrag in der Bilanz zum 31.12.2007 habe bereits bei rund 320.000 EUR gelegen. In der Bilanz zum 31.12. 2008 habe ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von rund 507.000,00 EUR gestanden. Investitionen in unverzichtbare Erhaltungsmaßnahmen der Schwimmbadanlagen seien unterblieben. Einige der streitgegenständlichen Zahlungen seien erfolgt, ohne dass die S… der Insolvenzschuldnerin zuvor eine entsprechende Rechnung ausgestellt habe. Dies betreffe zum einen die beiden Zahlungen vom 08.02.2006 in Höhe von jeweils 12.500,00 €. Insbesondere bezögen sich diese nicht auf die Rechnung der Zahlungsempfängerin vom 30.01.2006 über 25.000,00 €. Vielmehr sei diese Rechnung durch eine gesonderte Zahlung vom 13.02.2006 beglichen worden. Zum anderen sei die Zahlung von 15.000,00 € am 06.08.2009 ohne Bezug auf eine Rechnung der S... erfolgt. Hinsichtlich der unstreitig in Rechnung gestellten Zahlungsbeträge sei festzustellen, dass diesen keine adäquaten Gegenleistungen der Zahlungsempfängerin zugrunde gelegen hätten. Auf diese Weise habe die Beklagte der Insolvenzschuldnerin in Zusammenwirken mit dem Prokuristen systematisch Liquidität entzogen. Die angeblich erbrachten Leistungen der S... , sofern sie denn überhaupt erfolgt seien, stünden in ihrer Werthaltigkeit jedenfalls in einem eklatanten Missverhältnis zu der Höhe der empfangenen Zahlungen. Darüber hinaus würden die für vergleichbare Leistungen in Rechnung gestellten Beträge eklatante, nicht nachvollziehbare Schwankungen aufweisen.
7Demgegenüber hat die Beklagte zunächst die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Wuppertal gerügt. Zu den geleisteten Zahlungen der Insolvenzschuldnerin trägt sie vor, über die in Zypern bestehende S… Management Ltd. sei ihre eigene Tätigkeit abgerechnet worden, die dafür die im vorliegenden Verfahren von dem Kläger angegriffene Rechnungen gestellt habe. S… Management Ltd. habe der Schuldnerin eine Geschäftsführerin gestellt. Auch in Deutschland sei es üblich, dass Geschäftsführungstätigkeiten nicht im Rahmen von Anstellungsverhältnissen, sondern über sog. Managementgesellschaften abgerechnet würden. Die streitgegenständlichen Rechnungen reflektierten ihre umfassende Tätigkeit für die Schuldnerin. So habe sie sämtliche Vertragsverhandlungen mit Geschäftspartnern geführt, Marketingmaßnahmen initiiert und geleitet, Sponsorengelder geworben und Prozesse geführt. Es seien ihre eigenen Tätigkeiten sowie die ihrer Architekten, Designer und Marketingfachleute abgerechnet worden. Der Gegenstand der in Rechnung gestellten Leistungen ergebe sich im Einzelnen in hinreichend bestimmter Form aus den mit der Anlage K3 vorgelegten Rechnungen. Ferner behauptet sie, die Zahlung von 15.000 € am 06.08.2009 sei in Bezug auf eine Rechnung der S... Management Ltd. vom 23.02.2009 erfolgt. Ein etwaiger Anspruch des Klägers sei jedenfalls verjährt. Schließlich habe sie die Schuldnerin mit Darlehen unterstützt, per Dezember 2009 resultiere daraus ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 125.389,63 EUR.
8Demgegenüber hat der Kläger aus rechtlichen Gründen eine Aufrechnungsmöglichkeit und darüber hinaus bereits die Gewährung eines Darlehens verneint.
9Die am 29.04.2013 anhängig gewordene Klage ist der Beklagten am 07.06.2013 zugestellt worden.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 114 - 117 GA) Bezug genommen
11Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 407.500,00 EUR nebst Prozesszinsen zu zahlen und die weitergehende Klage abgewiesen.
12Zur Begründung hat es ausgeführt, seine internationale Zuständigkeit sei gegeben. Es handele sich um eine Zivil- und Handelssache im Sinne des Art. 1 EuGVVO. Die Beklagte habe ihren Wohnsitz im EU-Mitgliedstaat Zypern und könne nach Art. 3 Abs. 3 EuGVVO vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats nach den dort aufgeführten Regelungen verklagt werden. Hier folge die Zuständigkeit aus Art. 5 Nr.1 a) EuGVVO soweit der Kläger die Klage auf eine Haftung der Beklagten aus § 31 Abs. 1, 30 Abs. 1 GmbHG stütze. Danach könne, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bildeten, eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats habe, in einem anderen Mitgliedsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem die Verpflichtung erfüllt worden sei oder zu erfüllen wäre. Die vorgenannten Ansprüche seien in weiterem Sinne solche aus „Vertrag“ im Sinne des. Art. 5 Nr. 1 a) EuGVVO. Hierunter falle auch ein Anspruch aus §§ 31 Abs. 1, 30 Abs. 1 GmbHG, der auf ihre ehemalige Gesellschafterstellung abhebe und somit mittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag resultiere. Der internationalen Zuständigkeit stehe hier nicht entgegen, dass die EuGVVO nach Art. 1 Abs. 2 b) nicht auf Konkurse und ähnliche Verfahren anzuwenden sei, wovon insbesondere insolvenzrechtliche Anspruchsgrundlagen erfasst würden. Die vorgenannten Ansprüche stellten keine Konkurssache in diesem Sinne dar. Erfüllungsort im Sinne des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO der vorgenannten Ansprüche sei hier jeweils Wuppertal als Sitz der Insolvenzschuldnerin.
13Der Zahlungsanspruch folge aus § 31 Abs. 1 GmbHG. Dieser Anspruch richte sich im zuerkannten Umfang gegen die Beklagte. Dem stehe nicht entgegen, dass die Zahlungen unmittelbar an die S... erfolgten. Zwar richte sich der Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG grundsätzlich nur gegen einen Gesellschafter, der zugleich Empfänger einer Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 GmbHG sei, während das Auszahlungsverbot für Leistungen an Nichtgesellschafter nicht gelte. Der Empfang der Zahlungen durch die S... müsse der Beklagten jedoch zugerechnet werden. Denn trotz Leistung an einen Dritten greife der Erstattungsanspruch gegen den Gesellschafter, wenn dieser durch die Leistung an den Dritten in gleicher Weise begünstigt werde wie durch eine unmittelbare Zahlung an ihn selbst. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt, da die Beklagte Anteilseignerin und leitendes Organ der Zahlungsempfängerin sei. Durch die Zahlung an diese sei sie mittelbar genauso begünstigt worden, wie wenn sie selbst die unmittelbare Zahlungsempfängerin gewesen wäre. Dafür, dass ihr die Zahlungen gerade persönlich zukommen sollten, spreche im Übrigen insbesondere auch ihr Vortrag, dass damit im Allgemeinen eine Vergütung für ihre persönliche Geschäftsführertätigkeit bezweckt worden sei. Die streitgegenständlichen Zahlungen in der zuerkannten Höhe hätten das zur Stammkapitalerhaltung erforderliche Gesellschaftsvermögen betroffen, denn das Gesellschaftsvermögen der Insolvenzschuldnerin habe während des Zeitraums der streitgegenständlichen Zahlungen an die S... durchweg unterhalb des Nennbetrags ihres Stammkapitals gelegen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Kläger zur satzungsmäßigen Höhe des Stammkapitals nicht vorgetragen habe. Denn aufgrund des nicht hinreichend bestrittenen Vortrags des Klägers sei die Insolvenzschuldnerin seit Beginn des Schwimmbadbetriebs buchmäßig überschuldet gewesen. Dieser Umstand impliziere eine Unterschreitung jedes Stammkapitalbetrags unabhängig von dessen Höhe.
14Der Erstattungsanspruch sei wegen einer Leistung an den Gesellschafter auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses gegeben, denn den Zahlungen der Insolvenzschuldnerin hätten keine adäquaten Gegenleistungen der Zahlungsempfängerin gegenüberstanden. Es sei nicht anzunehmen, dass sich die Insolvenzschuldnerin auch gegenüber einem Dritten zu Zahlungen verpflichtet hätte, ohne dafür gleichwertige Gegenleistungen zu erhalten. Die Beklagte habe demgegenüber keine erheblichen Einwendungen vorgebracht. Ihr Vortrag zu den behaupteten Gegenleistungen sei unsubstantiiert. Nachdem der Kläger die Gleichwertigkeit der Zahlungen mit den angeblichen Gegenleistungen der S... bestritten habe, hätte es der Beklagten oblegen, die Marktüblichkeit der für die berechneten Leistungen geforderten Beträge darzulegen. Der Gegenstand der erbrachten Leistungen sei nicht anhand der mit der Anlage K3 vorgelegten Rechnungen hinreichend bestimmbar.
15Die Verbotswidrigkeit der Zahlungen sei nicht nach § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG ausgeschlossen. Die Zahlungen seien nicht durch vollwertige Gegenleistungsansprüche gedeckt. Der Anspruch sei auch nicht nach § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG ausgeschlossen. Danach gelte das Auszahlungsverbot nicht für die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprächen. Zwar habe die Beklagte einen Darlehensrückgewähranspruch gegen die Insolvenzschuldnerin in Höhe von 125.389,63 EUR vorgetragen. Dieser Vortrag sei jedoch unerheblich, weil sie den Rückgewähranspruch nicht unmittelbar mit den streitgegenständlichen Zahlungen in Beziehung gesetzt habe, noch habe sie eine Aufrechnung mit diesem Anspruch erklärt. Hinsichtlich der von ihr vorgetragenen Zahlungen an die Insolvenzschuldnerin habe die Beklagte insgesamt nicht dargelegt, dass diese tatsächlich Ersterer zu Gute gekommen seien und nicht nur an die Wuppertaler Stadtwerke zum Ausgleich dortiger Verbindlichkeiten durchgereicht worden seien, wie der Kläger dies geltend mache.
16Der Anspruch belaufe sich auf 407.500,00 €. Von der Klageforderung abzuziehen sei ein Betrag von 25.000,00 EUR. Seinen bestrittenen Vortrag, die Insolvenzschuldnerin habe am 13.02.2006 eine Zahlung in dieser Höhe auf die Rechnung vom 30.01.2006 getätigt, habe der Kläger nicht unter Beweis gestellt. Der Anspruch sei nicht nach § 31 Abs. 2 GmbHG zu beschränken. Die Beklagte sei im maßgeblichen Zeitpunkt des Leistungsempfangs nicht in gutem Glauben hinsichtlich der Zulässigkeit der Auszahlungen gewesen. Denn als Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin habe sie jedenfalls grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich der Umstände gehabt, aus denen sich die Unzulässigkeit der Auszahlung nach § 30 GmbHG ergebe. Im Übrigen sei eine uneingeschränkte Erstattung selbst bei unterstellter Gutgläubigkeit gegeben, da dies angesichts der nunmehrigen Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin im Sinne des § 31 Abs. 2 GmbHG zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich sei
17Der Erstattungsanspruch sei nicht verjährt. Gemäß § 31 Abs. 5 GmbHG verjähre der Anspruch in zehn Jahren beginnend mit Ablauf des Tages, an dem die angegriffene Zahlung geleistet wurde. Die zeitlich erste der hier streitgegenständlichen Zahlungen sei am 06.05.2005 erfolgt. Die Klage sei also innerhalb der Verjährungsfrist erhoben worden.
18Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen, GA 116-120.
19Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und begründet.
20Die Beklagte vertritt die Auffassung, das Landgericht habe seine Zuständigkeit nicht zutreffend beurteilt. Die Beklagte sei gemäß Art. 2 Abs. 1, 60 EuGVVO a.F. (= Art. 4 Abs. 1, 63 EuGVVO n.F.) in Zypern zu verklagen, weil die EuGVVO keinen abweichenden Gerichtsstand für Ihren Fall vorsehe. Insbesondere komme Art. 5 Nr. 1 lit a EuGVVO a.F. (= Art. 7 Nr. 1 lit a EuGVVO n.F.) nicht in Betracht. Es werde hier aus §§ 30, 31 GmbHG kein Anspruch aus Vertrag sondern ein gesetzesähnlicher Anspruch geltend gemacht. Ein Vertrag setzte nach der Rechtsprechung des EuGH bei verordnungsautonomer Auslegung stets eine freiwillig eingegangene Verpflichtung voraus. Die Vorschrift sei als Ausnahmevorschrift restriktiv auszulegen. Eine vertragliche Sonderbeziehung sei hier nicht zu bejahen, da die Zahlungen der Schuldnerin nicht an die Beklagte, sondern an eine Dritte erfolgt seien. Es bestehe allenfalls eine mittelbare Verbindung über die S… Management Ltd. als Abrechnungsgesellschaft. Zudem dienten die §§ 30, 31 GmbHG dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger und nicht der Gesellschaftern. Auch folge die internationale Zuständigkeit nicht aus Art. 3 Abs. 1 EuInsVO. Da das Landgericht primär einen Anspruch nach §§ 30, 31 GmbHG zuerkannt habe - sei ein Insolvenzanfechtungsanspruch - so er überhaupt bestehe, was nicht der Fall sei – von demjenigen nach §§ 30, 31 GmbHG jedenfalls überlagert und die Zuständigkeit sei nach EuGVVO zu beurteilen. Ein Auseinanderfallen der Zuständigkeiten sei zu vermeiden.
21Das Landgericht habe verkannt, dass die Voraussetzungen eines Anspruches nach §§ 30, 31 GmbHG in zweifacher Hinsicht nicht vorgelegen hätten. Die Leistungen seien zum einen an einen Dritten und nicht an die Beklagte erbracht worden und zum anderen habe sich das Landgericht nicht damit auseinandergesetzt, dass die S... Management Ltd. Ihrerseits Leistungen an die Insolvenzschuldnerin erbracht habe.
22Die streitgegenständlichen Leistungen seien nicht an einen Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin erbracht worden, sondern an einen Dritten, die S... Management Ltd.. Ausnahmen lägen nicht vor. Die Leistungen der Insolvenzschuldnerin an die S... Management Ltd. seien der Beklagten nicht zurechenbar, dies behaupte der Kläger selbst nicht. Auch erfasse das Verbot von § 30 Abs. 1 GmbHG nicht die S... Management Ltd. als Dritte. Es sei auch nicht dargelegt, dass die Beklagte durch die Leistung an die S... Management Ltd. in gleicher Weise begünstigt werde wie durch unmittelbare Leistung an sich selbst. Sie, die Beklagte, sei nicht Alleingesellschafterin der S... Management Ltd.. Eine Beherrschung dieses Unternehmens durch sie sei nicht dargetan. Ebenso wenig sei vorgetragen, dass sie in Kenntnis eines Verstoßes die Zahlungen veranlasst habe. Die diesbezüglichen Annahmen des Landgerichts in diesem Urteil beruhten auf nicht offengelegten Schlussfolgerungen ohne Anhaltspunkt im Vortrag der Parteien. Zwar sei dargelegt, dass die S... Management Ltd. als Managementgesellschaft dazu gedient haben mag, Aufwendungen für ihr Geschäftsführergehalt zu tragen, jedoch zeigten die Rechnungen, dass dieser Teil nur einen ganz untergeordneten Anteil Geschäftsführerleistungen enthielten, sondern überwiegend Marketingleistungen.
23Selbst wenn die Annahme des Landgerichts zutreffend wäre, dass sie beherrschende Gesellschafterin der S... Management Ltd. wäre, sei eine Haftung zu verneinen, da die streitgegenständlichen Zahlungen dann an eine Schwestergesellschaft gegangen wären. Über eine Schwestergesellschaft könne ihre Haftung aber nicht hergeleitet werden. Für eine Haftung wäre notwendig, dass sie durch die Zahlungen mittelbar begünstigt worden wäre, die S... Management Ltd. die Zahlungen an sie weitergeleitet hätte. Es sei auch nicht vorgetragen worden, dass sie die Zahlungen veranlasst habe. Vielmehr habe der Kläger vorgetragen, dass der Prokurist G… für die Zahlungen verantwortlich sei, weil er sie gegengezeichnet habe. Werde eine Leistung nicht an sie selbst, sondern an eine Schwestergesellschaft erbracht, komme es darauf an, ob die Leistung auf die Veranlassung des herrschenden Unternehmens zurückzuführen sei, sonst greife die Haftung nach § 31 GmbHG nicht. Dies sei vom Landgericht nicht festgestellt worden.
24Darüber hinaus sei die Annahme des Landgerichts, den streitgegenständlichen Zahlungen hätten keine Leistungen zugrunde gelegen, unzutreffend. Dies verwische, dass sie jahrelang als Geschäftsführerin mit einer Vielzahl von Leistungen und Tätigkeiten tätig geworden sei. Den für die diversen Tätigkeiten angebotenen Beweisen sei das Landgericht nicht nachgegangen. Das Landgericht habe zunächst noch nicht einmal die fehlende Leistungserbringung moniert, sondern auf eine fehlende Vergleichbarkeit mit Vergleichswerten abgestellt. Erst später habe es widersprüchlich adäquate Gegenleistungen auf die Rechnungszahlungen vermisst. Darüber hinaus seien alle in Rechnungen gestellten Leistungen erbracht worden. Die Beklagte trägt im Folgenden unter Vorlage neuer Anlagen zu den in Rechnung gestellten Leistungen vor. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Berufungsbegründung vom 02.12.2015 Seiten 20 bis 15 sowie im Schriftsatz vom 19.09.2016 Seiten 3-6 Bezug genommen.
25Die streitgegenständlichen Zahlungen seien nicht auf Grund eines Gesellschaftsverhältnisses sondern im Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebes erfolgt. Diese seien auch im Falle einer Unterbilanz nicht untersagt. Sie seien im Interesse des Unternehmens gewesen und zu Marktbedingungen.
26Ferner sei das Landgericht fehlerhaft davon ausgegangen, dass sie nicht mit ihrem Gegenanspruch aufgerechnet habe. Dies werde vorsorglich ausdrücklich noch einmal hilfsweise wiederholt.
27Auch im Übrigen lägen keine Ansprüche vor.
28Die Beklagte beantragt,
29das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 27. August 2015 (Az. 12 O 80/15) abzuändern und die Klage abzuweisen,
30Der Kläger beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil und vertieft seinen erstinstanzlichen Sachvortrag. Er tritt dem Sachvortrag der Beklagten entgegen. Der Kläger betont nochmals, dass § 30 GmbHG ein allgemeines Auszahlungsverbot beinhalte, das letztlich penibel einzuhalten und gegen Umgehungen zu schützen sei. Es komme darauf an, ob die zu beurteilenden Geschäfte einem üblichen „Drittvergleich“ standhielten, d.h. ein jeweils klassisches „Verkehrsgeschäft“ wie mit einem neutralen Dritten repräsentierten, oder ob doch die gesellschaftsrechtliche Nähebeziehung den eigentlichen Ausschlag gegeben habe. Er trägt vor, die Beklagte habe nicht bestritten, dass die S... Management Ltd. niemals eigene Geschäftsräume, Warenbestände oder sonst irgendeine operativ geeignete Grundausstattung besessen habe, eine reine Domizilgesellschaft sei. Ferner seien keinerlei andere Geschäftsbeziehungen kundgetan worden. Es fehle daher bereits an Plausibilität, dass ernstliche reale Verkehrsgeschäfte in den Raum gestellt würden. Die Gesellschaft sei unstreitig erst am 08.02.2005 gegründet worden. Die erste Rechnung in Höhe von 50.000 EUR datiere bereits vom 18.02.2005. Eine solche Wertschöpfung sei nicht erklärlich. Die nunmehr vorgelegten Fotografien seien von der Werbeagentur Sch… gefertigt und von der Schuldnerin selbst bezahlt worden.
33Die Beklagte sei auch als Zahlungsempfängerin anzusehen. Hierfür spräche, dass die Beklagte von Anbeginn „Director“ der „S... “ gewesen sei und die Emailanschrift des Unternehmens ausweislich der Rechnungsbelege die Anschrift der Beklagten sei. Die jeweiligen Belege seien dem Lebensgefährten der Beklagten G… vertraulich zugeleitet worden, mit dem sie zusammengelebt habe. Der Lebensgefährte habe die Rechnungsbelege abgezeichnet und auf Anweisung der Beklagten die jeweilige Überweisung getätigt und die Buchhaltungskräfte angewiesen, die Belege dort als „Betriebsausgabe“ zu erfassen. Der Zufluss sei an die Beklagte gewollt gewesen als Vergütung ihrer Geschäftsführertätigkeit. Eigene Mitarbeiter habe die S... nicht beschäftigt. Auch in der Berufung habe die Beklagte lediglich vorgetragen, was sie selbst an Leistungen, vermittelt durch die „S... , alle persönlich erbracht haben wolle. Aktivitäten neutraler Dritter würden nicht erwähnt. Die S... sei eine reine Abrechnungs- und Zahlstelle. Hinsichtlich der im Einzelnen vorgetragenen Entgegnungen bezogen auf die einzelnen Abrechnungen wird auf die Ausführungen in der Berufungserwiderung vom 25.02.2016 auf Seiten 7 – 13 verwiesen.
34Eine Aufrechnung mit Gegenansprüchen aus Gesellschafterdarlehen sei nicht möglich. Es seien schon keine Gesellschafterdarlehen in Höhe von 125.389,63 EUR gewährt worden. Jedenfalls habe es auch einen Rückfluss ich Höhe von 50.000 EUR gegeben auf den gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO ein zusätzlicher Anspruch bestanden hätte. Diesen als Hilfsanspruch zur Auffüllung des ursprünglichen Klageantrages vorgetragene Anspruch habe das Landgericht übersehen.
35Die Aufrechnung mit weiteren Darlehensrückzahlungsansprüchen sei gemäß §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 Nr. 2 nicht möglich, da für bloße Nachrangforderungen bei gebundenen Gesellschafterdarlehen eine Aufrechnungssperre gelte.
36Im Übrigen leite der Kläger seinen Zahlungsanspruch aus allen erdenklichen Rechtsgrundlagen her.
37Die Beklagte hat ihrem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 20.01.2016 den Streit verkündet und aufgefordert, dem Rechtsstreit auf ihrer Seite beizutreten.
38B.
39Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
40Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine abweichende Entscheidung, § 513 ZPO. Das Vorbringen der Beklagten zur Begründung ihrer Berufung führt zu keiner abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
41Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht gemäß §§ 30, 31 GmbHG verurteilt an den Kläger einen Betrag von 407.500,00 EUR zu zahlen.
42I. Zulässigkeit
43Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht davon ausgegangen, dass seine internationale Zuständigkeit gegeben ist.
44Der Kläger als Insolvenzverwalter der W… GmbH mit Sitz in … stützt seine Ansprüche gegen die in Zypern ansässige Beklagte auf verschiedene Anspruchsgrundlagen. Da die umfassende Prüfungs- und Entscheidungskompetenz des Gerichts des besonderen Gerichtsstands nicht für die internationale Zuständigkeit gilt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2002 – X ARZ 208/02 –NJW 2003, 828, 830; BGH, Urteil vom 28. Februar 1996 – XII ZR 181/93 – NJW 1996, 1411, 1413 f.), ist die Zuständigkeit deutscher Gerichte für jeden einzelnen der geltend gemachten Klagegründe gesondert zu prüfen. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Wuppertal für alle vom Kläger vorgetragenen Ansprüche gegeben.
451.
46Soweit der Kläger seine Ansprüche primär auf §§ 30, 31 GmbH stützt, ergibt sich die internationale Zuständigkeit aus Art. 5 Nr. 1 lit a der VO (EG) Nr. 44/2001 (a.F.) des Europäischen Parlamentes und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Die VO EG Nr. 1215/2012 in der Fassung vom 12.12.2013 (n.F.) ist gemäß ihrer Übergangsvorschrift in Art. 66 Abs. 1 nicht auf Verfahren anwendbar, die wie hier vor dem 10.01.2015 bereits am 07.06.2013 eingeleitet wurden. Ungeachtet dessen wäre auch bei Geltung der neuen Fassung eine Zuständigkeit nach Art. 7 Nr.1 lit a EuGVVO (n.F.) anzunehmen.
47a)
48Der persönliche und sachliche Anwendungsbereich der Verordnung ist eröffnet. Die Beklagte hat ihren Wohnsitz im EU-Mitgliedsstaat Zypern. In sachlicher Hinsicht hat der Rechtsstreit eine Zivil- und Handelssache im Sinne des Art. 1 EuGVVO zum Gegenstand. Die Anwendung der EuGVVO ist auch nicht wegen Art. 1 Abs. 2 lit b EuGVVO ausgeschlossen. Streitigkeiten, die sich auf ein Insolvenzverfahren beziehen, fallen nur dann unter Art. 1 Abs. 2 lit b EuGVVO, wenn sie unmittelbar aus diesem Verfahren hervorgehen und in engem Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren zu sehen sind. Maßgeblich ist dabei nicht, ob im konkreten Einzelfall die Geltendmachung eines Anspruchs in einem zeitlichen, wirtschaftlichen oder persönlichen Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren erfolgt, sondern ob der geltend gemachte Anspruch nach seiner Rechtsnatur in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Konkurs, Vergleich oder ähnlichem Verfahren steht. Dies ist hier nicht der Fall. Der Anspruch aus §§ 30, 31 GmbHG ist grundsätzlich unabhängig von einem Insolvenzverfahren, er hätte schon vor Eröffnung bzw. vor Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden können (vgl. BGH, Urteil vom 09. Dezember 1991 – II ZR 43/91 –, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2009 – 17 U 152/08 – juris; OLG München, Beschluss vom 06.06.2006 – 7 U 2287/06 – juris). Die Klage gem. §§ 30, 31 GmbHG ist daher keine Insolvenzsache i.S.d. Art. 1 Abs. 2 lit b EuGVVO, so dass die Regelungen des EuGVVO grundsätzlich anwendbar sind.
49b)
50Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die geltend gemachten Ansprüche (§§ 30, 31 GmbHG) aus Art. 5 Nr. 1 lit a EuGVVO a.F., da es sich um vertragliche Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten handelt. Danach können Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates haben (Art. 3 EuGVVO a.F./ Art. 5 n.F.) in Abweichung von der allgemeinen Zuständigkeitsbestimmung des Art. 2 Abs. 1 EuGVVO in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre (hier Wuppertal), verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden. Ob vertragliche Ansprüche i.S.d. Art. 5 Nr. 1 lit a EuGVVO a.F. vorliegen ist autonom auszulegen und erfasst alle dem maßgebenden Rechtsverhältnis nach freiwillig eingegangenen Verpflichtungen. Freiwillig eingegangene Verpflichtungen umfassen nicht nur Verträge, sondern auch einseitig begründete Verbindlichkeiten. Hierunter fallen auch Geschäfte, die ein Vertreter abgeschlossen hat. Freiwillig eingegangene Verpflichtungen sind auch solche, die sich aus dem Beitritt zu einer Gesellschaft oder einem Verein ergeben, gleichviel ob sie unmittelbar aus dem Beitritt resultieren oder sich erst aus der Beschlussfassung eines Organs ergeben. In Verbindung mit einer Bestellung stehende oder sonst rechtlich verbindliche »Gewinnzusagen« stellen ebenfalls freiwillig eingegangene Verpflichtungen dar, selbst wenn im letztgenannten Fall damit keine Bestellung verbunden ist. Dazu gehören sekundärvertragliche Ansprüche, ebenso wie solche aus einem Vereinsbeitritt (vgl. Pfeiffer in Prütting / Gehrlein: ZPO Kommentar, 8. Auflage 2016, Art 7 Brüssel Ia-VO Rn 2 mwN zur Rspr. des EuGH).
51Der Annahme einer vertraglichen Anspruchsgrundlage steht nicht entgegen, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten keine vertraglichen Beziehungen bestehen. Da der Kläger als Insolvenzverwalter eine Forderung der Gemeinschuldnerin lediglich im eigenen Namen kraft Amtes geltend macht, ist entscheidend, dass zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten vertragliche Beziehungen vorliegen. Ausgehend von dieser Definition sind die geltend gemachten Zahlungsansprüche aus §§ 31 Abs. 1, 30 Abs. 1 GmbHG als Ansprüche aus einem Vertrag zu verstehen. Die Beklagte hat freiwillig den Gesellschaftsvertrag mit der Insolvenzschuldnerin geschlossen. Die aus dem Gesellschaftsvertrag resultierenden gesetzlich vorgesehenen Pflichten sind mit diesem freiwilligen Beitritt verbunden und deren Geltendmachung als vertragliche Ansprüche im Sinne dieser Vorschrift zu qualifizieren (vgl. auch Geimer in Zöller, ZPO 30. Aufl., Art 5 EuGVVO, Rn 10 und 31. Aufl. Art. 7 EuGVVO Rn 31; OLG München, Beschluss vom 06.06.2006 – 7 U 2287 – juris; OLG Rostock, Urteil vom 04. Juni 2014 – 1 U 51/11 –, juris zu § 11 GmbHG) Dies gilt auch dann, wenn die Beklagte direkt keine Zahlung von der Insolvenzschuldnerin erhalten hat, sondern eine dritte Person. Auch Umgehungsgeschäfte, die der Beklagten zugerechnet werden, sind Gegenstand des geltend gemachten vertraglichen Anspruchs und müssen bei demselben Gericht verhandelt werden.
522.
53Soweit der Kläger insolvenzrechtliche Ansprüche aus §§ 133, 134, 135 InsO geltend macht, folgt die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Wuppertal aus § 19a ZPO i.v.m. § 3 InsO, Art. 102, § 1 EGInsO, Art. 3 Abs. 1 EuInsVO (vgl. hierzu Vollkommer in Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 19 a ZPO, Rn. 7).
54II. Begründetheit
551.
56Das Landgericht hat dem Kläger zu Recht einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung von 407.500,00 EUR wegen Zahlungen zuerkannt, die den Vorschriften des § 30 GmbHG zuwider geleistet wurden.
57a)
58Der Kläger ist berechtigt, den Anspruch geltend zu machen. Der Erstattungsanspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG steht der Gesellschaft zu. Diese wird bei der Geltendmachung grundsätzlich durch ihre Geschäftsführer vertreten, in der Insolvenz macht nach §§ 80 Abs. 1, 148 Abs. 1 InsO jedoch der Insolvenzverwalter den Anspruch geltend (vgl. Ekkenga in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 31 GmbHG Rn 17; Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012-2015 (Bde. 1, 2, 3), § 31 GmbHG Rn 7 wmN).
59b)
60Der Anspruch richtet sich gegen die Beklagte als Gesellschafterin und mittelbare Empfängerin der Zahlungen. Der Geltendmachung des Anspruchs steht nicht entgegen, dass die Zahlungen hier an einen Dritten, die S... Management Ltd., geleistet wurden. Erfolgt die Auszahlung, wie hier, aus dem Gesellschaftsvermögen an einen Dritten, ist zu prüfen, ob in der Leistung der Gesellschaft an den Dritten eine Auszahlung an den Gesellschafter liegt. Das ist dann zu bejahen, wenn die Leistung an den Dritten eine Zuwendung an den Gesellschafter enthält (z.B. Zahlung auf oder Sicherheitenbestellung für eine Schuld des Gesellschafters) oder die Leistung an den Dritten auf Veranlassung des Gesellschafters erfolgte und durch dessen Eigeninteresse motiviert war. In diesen Fällen haftet, sofern das Stammkapital tangiert wird, der Gesellschafter nach § 31 Abs. 1 GmbHG (Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012-2015 (Bde. 1, 2, 3), § 31 GmbHG, Rn. 13 und § 30; Ekkenga in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 31 GmbHG Rn 28, § 30 Rn 170 ff.; so auch BGH, Urteil vom 10.05.1993 – II ZR 74/92 – und Urteil vom 21.09.1981 – II ZR 104/80 – juris).
61Die zweite Fallgruppe betrifft Fälle, in denen die Leistung der Gesellschaft an den Dritten auf Veranlassung des Gesellschafters bewirkt wird und diese Veranlassung nicht die Förderung des Gesellschaftsinteresses bezweckt, sondern durch das außerbetriebliche Eigeninteresse des Gesellschafters motiviert ist. Anstelle der Veranlassung soll auch das Einverständnis des Gesellschafters genügen, sofern nur die genannte Motivation gegeben ist (Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012-2015 (Bde. 1, 2, 3), § 30 GmbHG, Rn. 37; Hommelhoff in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 19. Aufl. 2016, § 30 GmbHG Rn 20; BGH, Urteil vom 29. Mai 2000 – II ZR 118/98 – juris;).
62Die Auszahlung ist dem Gesellschafter auch zuzurechnen, wenn der Dritte für ihn in verdeckter Stellvertretung also in eigenem Namen handelt und den Auszahlungsgegenstand sodann vertragsgemäß (§§ 675 Abs. 1, 667 BGB) an den Gesellschafter weitergibt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Gesellschafter den Dritten in Umgehungsabsicht eingeschaltet hat oder ob dieser eine wirtschaftlich begründete Interessenvertretung ausübt (Ekkenga in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 31 GmbHG Rn 28, § 30 Rn 152; Enstaler/Füller/ Schmidt, GmbHG, § 31 Rn 7))
63Darüber hinaus sind Auszahlungen an gleichgeordnete Beteiligungsgesellschaften die an ihr weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt sind, dem Gesellschafter zuzurechnen, wenn ein GmbH-Gesellschafter zugleich an der Empfänger-Gesellschaft beteiligt ist, wenn er sich also bei Letzterer um eine “Gesellschafter-Gesellschaft“ handelt oder – konzernrechtlich – um eine Schwestergesellschaft handelt. Erforderlich ist eine “maßgebliche“ Beteiligung kraft derer der Gesellschafter auf die Empfänger-Gesellschaft einen bestimmenden Einfluss ausüben kann. Ist (auch) die Empfängergesellschaft eine GmbH, so genügt es, wenn der Gesellschafter an dieser zu mehr als 50 % beteiligt ist, so dass er deren Geschäftsführung nach § 46 Nr. 6 durch Mehrheitsbeschluss anweisen kann. „Maßgeblich“ ist auch eine geringere Beteiligung, wenn der Gesellschafter zugleich alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Empfänger GmbH ist und einen Anweisungsbeschluss der übrigen Gesellschafter gegen sich nicht zu erwarten hat (Ekkenga in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 31 GmbHG Rn 28, § 30 Rn182 mwN; BGH, Urteil vom 13.11.1995 – II ZR 113/94 – NJW 1996, 589).
64Ein solcher Fall der zweiten Fallgruppe ist hier in mehrfacher Weise zu bejahen. Die Auszahlung erfolgte hier an die S... Management Ltd. im Interesse der Beklagten und zu deren Gunsten.
65Die Beklagte hat erstinstanzlich selbst mehrfach in ihren Schriftsätzen vorgetragen, dass die streitgegenständlichen Rechnungen ihre persönlichen Tätigkeiten für die Insolvenzschuldnerin darstellten. Es sei in Zypern üblich, dass Geschäftsführungstätigkeiten nicht im Rahmen von Angestelltenverhältnissen, sondern über sog. Managementgesellschaften bzw. Abrechnungsgesellschaften abgerechnet werden (Klageerwiderungsschriftsatz vom 02.08.201 S. 2, GA 21 und S. 6, GA 25). Weiter hat die Beklagte vorgetragen, dass ihre Tätigkeiten als auch die ihrer Architekten, Designer und Marketingfachleute über die S... Management Ltd. abgerechnet hat. Die Beklagte hat in ihrer Streitverkündungsschrift vom 20.01.2016 ihren diesbezüglichen Vortrag nochmals bestätigt.
66Die eigenen Angaben der Beklagten zugrunde gelegt, ist anzunehmen, dass ihr die Zahlungseingänge, die die S... Management Ltd. aufgrund ihrer Abrechnungen erhalten hat, persönlich zugutekommen sollten. Die Beauftragung einer Abrechnungsgesellschaft mit der Geltendmachung der Gehälter für die eigene Geschäftsführertätigkeit sowie die dabei verauslagten Zahlungen für weitere Mitarbeiter oder zuarbeitende Unternehmen wie Architekten und dergleichen macht keinen Sinn, wenn die eingenommenen Gelder nicht für den Auftraggeber bestimmt wären. Eine verdeckte Stellvertretung ist mithin anzunehmen. Zumindest hatte die Beklagte einen Anspruch gegen die S... Management Ltd. auf Auskehrung des ihr zustehenden Abrechnungsbetrages aus ihrer in Rechnung gestellten Tätigkeit. Das hat auch das Landgericht so gesehen als es im letzten Satz des 2. Absatzes auf Seite 6 des Urteils auf den Vortrag der Beklagten hinweist, dass mit den Zahlungen eine Vergütung für ihre persönliche Geschäftsführertätigkeit bezweckt worden sei.
67Hinzu kommt, dass die Beklagte nach den vorliegenden Indiztatsachen auch als maßgeblich beteiligte Gesellschafterin des die Zahlungen empfangenden Unternehmens S... Management Ltd. anzusehen ist, auch wenn nicht festgestellt werden kann, dass sie Alleingesellschafterin des Unternehmens ist.
68So ist unstreitig, dass die Beklagte von Anbeginn der Existenz der S... Management Ltd. an alleinige Direktorin gewesen ist und kein weiteres Personal beschäftigt wurde. Ausweislich der als Anlage K 22 vorgelegten Registerunterlage bestand noch nicht einmal ein Sekretariat. Als Sekretariat wurde ein Drittunternehmen R… Services Ltd. genannt. Hinzu kommt, dass die Emailanschrift des Unternehmens identisch ist mit der privaten Emailanschrift der Beklagten. Unter diesen Umständen kann von einem beherrschenden Einfluss der Beklagten ausgegangen werden, auch wenn sie nicht Alleingesellschafterin des Unternehmens sein sollte. Fest steht zudem auch, dass die Abrechnungen in Ihrem Interesse eingereicht wurden, da ihre Vergütung geltend gemacht wurde.
69Aus den seitens des Klägers geschilderten Umständen kann davon ausgegangen werden, dass die Auszahlung des Kapitals zumindest im Einverständnis der Beklagten erfolgt ist. Da sie selbst ihre Tätigkeit für die Insolvenzschuldnerin über die von ihr als Direktorin geführte S... Management Ltd. abgerechnet und der Insolvenzschuldnerin in Rechnung gestellt hat, ist anzunehmen, dass sie mit der Bezahlung der Rechnungen durch die Gemeinschuldnerin, deren Alleingesellschafterin sie war, einverstanden war. Hinzu kommt, dass ihr Lebensgefährte, der Prokurist G…, die Zahlungen nicht gegen ihren Willen geleistet hat.
70c)
71Zutreffend und mit der Berufung nicht angegriffen, hat das Landgericht erkannt, dass die streitgegenständlichen Zahlungen das zur Stammkapitalerhaltung erforderliche Gesellschaftsvermögen betrafen. Die Höhe des maßgeblichen Stammkapitals ergibt sich aus der Satzung (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG) und zwar auf der Grundlage der Eintragung in das Handelsregister. Für die Frage, ob das Auszahlungsverbot betroffen ist, kommt es nur darauf an, ob die Stammkapitalziffer nicht mehr gedeckt ist; das ist bereits dann der Fall, wenn eine Unterbilanz vorliegt, das Gesellschaftsvermögen also zwischen „Null“ und dem in der Satzung festgelegten und im Handelsregister verlautbarten Nennwert des Stammkapitals liegt. Erst recht greift das Auszahlungsverbot, wenn das Gesellschaftsvermögen negativ ist, also eine Überschuldung eingetreten ist. Verboten ist eine Auszahlung an den Gesellschafter dann, wenn durch sie eine Unterbilanz entsteht oder eine schon vorhandene Unterbilanz vertieft wird. Unterbilanz bedeutet, dass die Stammkapitalziffer durch das vorhandene Gesellschaftsvermögen nicht gedeckt ist, ohne dass bereits eine Überschuldung besteht. Das Gesellschaftsvermögen beziffert sich nach allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen. Maßgeblich ist grundsätzlich nur das Reinvermögen, das sich aus den Aktiva ermittelt, vermindert um die Verbindlichkeiten ohne Rücklagen und vergleichbare Eigenkapitalposten. Das Auszahlungsverbot gilt ebenso bei Überschuldung, wenn also die echten Passiva die Aktiva selbst bei Ansatz aller Verkehrs- bzw. Liquidationswerte übersteigen und das Eigenkapital insofern wirtschaftlich verbraucht ist (vgl. Goette, Die GmbH. 2. Auflage, § 3 II Rn 11 ff.).
72Diese Voraussetzungen lagen vor. Denn das Gesellschaftsvermögen der Insolvenzschuldnerin lag während des Zeitraums der streitgegenständlichen Zahlungen an die S... Management Ltd. durchweg unterhalb des Nennbetrags ihres Stammkapitals. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger zur satzungsmäßigen Höhe des Stammkapitals schriftsätzlich nicht selbst vorgetragen hat. Aus dem Bericht des Insolvenzverwalters R… vom 12.04.2010 – die darin enthaltenen Zahlen sind unstreitig - lässt sich allerdings ein Stammkapital von 25.000,00 EUR entnehmen. Aus den vorgelegten Jahresabschlüssen zu den Jahren 2006 bis 2008 ist ersichtlich, dass die Gesellschaft durchweg einschließlich des Jahres 2005 während der streitgegenständlichen Zahlungen eine Unterbilanz weit über die Höhe der streitgegenständlichen Zahlungen hinaus aufgewiesen hat (nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag im Jahre 2005: 73.000 EUR, im Jahre 2006 152.000 EUR, im Jahre 2007 rd. 320.000 EUR und im Jahre 2008: 507.000,00 EUR) und im Jahre 2009 nach den Ausführungen des Insolvenzverwalters zahlungsunfähig und überschuldet gewesen ist.
73d)
74Die streitgegenständlichen Zahlungen sind allein aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses erfolgt.
75Soweit der Leistung an den Gesellschafter ein gleichwertiger Gegenwert gegenübersteht, eine sog. „bilanzneutrale“ Leistung, bestehen gegen die Weggabe von Gesellschaftsvermögen keine Bedenken, selbst wenn dadurch das gebundene Vermögen erstmals angegriffen wird oder eine bereits bestehende Unterbilanz oder Überschuldung vertieft wird. Bilanzneutral in diesem Sinn kann auch die Vergütung für einen Gesellschafter-Geschäftsführer sein. Wenn einem Fremdgeschäftsführer ein entsprechendes Gehalt gezahlt würde, stehen Leistung und Gegenleistung ausgeglichen gegenüber, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 30 GmbHG sind dann nicht erfüllt. Führt der gebotene Vergleich allerdings dazu, dass das Austauschverhältnis nicht als „neutrales Drittgeschäft“ eingestuft werden kann, gelten die Grundsätze der verbotenen Auszahlung. So liegt beispielsweise eine verbotene Auszahlung im Sinne des § 30 GmbHG und kein neutrales Geschäft vor, wenn die Gesellschaft für die Leistung des Gesellschafters zu viel zahlt (Goette a.a.O. § 3 II Rn 30 ff.; Ekkenga in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 30 GmbHG Rn 229 ff.; Hommelhoff in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 19. Aufl. 2016, § 30 GmbHG Rn 25 ff.).
76Die Zugrundelegung von Marktwerten ist die Methode der Wahl, wenn die Auszahlung zur Vergütung eines Vermögensgegenstandes bestimmt ist, den der Gesellschafter an die GmbH veräußert hat. Die Marktwerte dienen auch als Kriterium, um überhöhte Dienstleistungs-, Nutzungs- und Finanzierungsvergütungen zugunsten des Gesellschafters aufzudecken. Maßstab ist dabei, ob ein gewissenhafter nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer das Geschäft unter sonst gleichen Umständen zu gleichen Bedingungen auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen hätte, ob die Leistung also durch betriebliche Gründe gerechtfertigt gewesen ist (Ekkenga in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 30 GmbHG Rn 233 ,234).
77Ausgehend von diesen Grundätzen kann hier bereits nicht festgestellt werden, dass die Beklagte überhaupt Leistungen erbracht hat, die ihr wie einem Dritten zu vergüten gewesen wären.
78Die Beklagte war Alleingesellschafterin der Insolvenzschuldnerin und hatte für ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin keinen Anstellungsvertrag mit der Gemeinschuldnerin, so dass sich die Vergütung ihrer Tätigkeit nach dem üblichen Gehalt eines Geschäftsführers aber auch gemessen an den Tätigkeiten eines Gesellschafters zu bemessen ist, die über den Rahmen dessen hinausgehen, die ein Gesellschafter seiner Stellung ohnehin schuldet. Die seitens der S... Management Ltd. eingereichten Rechnungen sowie die Angaben der Beklagten zu ihren Tätigkeiten werden dem nicht gerecht. Für die Annahme üblicher Geschäftsführervergütungen fehlt es bereits an gleichbleibenden und feststehenden Abrechnungsmodalitäten. So wird empfohlen auf eine besonders sorgfältige Dokumentation der Vergütung der (beherrschenden) Gesellschafter-Geschäftsführer und auf eine konsequente Anwendung der vereinbarten Regularien zu achten, da sich ansonsten Indizien für eine verdeckte Gewinnausschüttung ergeben. Die Vergütungsregeln sollten schriftlich vereinbart („Klarheitsgebot“) werden, und zwar im Vorhinein („Rückwirkungsverbot“ oder auch „Nachzahlungsverbot“). Die Vereinbarung sollte auch konsequent durchgeführt werden („Durchführungsgebot“). Ein weiteres Indiz für eine regelwidrige Vergütungsabrede ist die mehrfache substantielle Erhöhung in kurzen Zeitabständen (vgl. Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider/Hohenstatt in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012-2015 (Bde. 1, 2, 3), § 35 GmbHG Rn 356 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtshofes). Gleichbleibende Abrechnungsmodalitäten sind hier nicht zu finden. Vielmehr enthalten die Abrechnungen, die nicht monatlich erfolgen, unterschiedliche Beträge für Tätigkeiten, die nicht in den üblichen Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit fallen und einzelne Projekte zu betreffen scheinen wie z.B. die Formulierung einer Marketing & Werbestrategie (Rechnung vom 18.02.2005). Darüber hinaus handelt es sich stets um hohe Pauschalbeträge, die nicht im Einzelnen aufgeschlüsselt sind und die zugrunde liegenden Einzelleistungen nicht erkennen lassen. Anhand der Rechnungen ist nicht erkennbar, dass es sich um Tätigkeiten handelt, die die Insolvenzschuldnerin der Beklagten im Rahmen ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin zu vergüten hätte.
79Unabhängig davon ist auch nicht feststellbar, dass die abgerechneten Geschäfte dem üblichen Marktwert entsprochen hätten, da mangels näherer Beschreibung der einzelnen Rechnungspositionen nach Anzahl (Stunden/Stückzahl /Personenbeteiligung), Preisansätzen und dergleichen eine Vergleichbarkeit nicht gegeben ist.
80Auch in der Berufungsinstanz hat die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012-2015 (Bde. 1, 2, 3), § 30 GmbHG Rn 115, Ekkenga in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 30 GmbHG Rn 291; BGH, Urteil vom 21.11.2003 – II ZR 171/01 – NJW 2004, 1111) nicht darzulegen vermocht, dass die in Rechnung gestellten Leistungen ein neutrales Drittgeschäft darstellen. Es ist nicht erkennbar, dass mit den Rechnungspositionen die Geschäftsführertätigkeit der Beklagten abgegolten werden sollte, wie sie es erstinstanzlich vorgetragen hat.
81Doch selbst wenn man ihren neuen Vortrag in der Berufungsinstanz unterstellt, dass es sich bei den abgerechneten Leistungen der S... Management Ltd. um Leistungen für die Insolvenzschuldnerin gehandelt haben soll, wären diese noch als verdeckte Leistungen an die Beklagte anzusehen. Es ist nämlich nicht festzustellen, dass die in Rechnung gestellten angeblichen Leistungen der S... Management Ltd. zu einem angemessenen Marktpreis außerhalb der Geschäftsführung abgerechnet wurden.
82Im Einzelnen:
83aa) Rechnung vom 18. Februar 2005
84Die überreichten Anlagen (BB1) zum Beleg der Tätigkeit der Beklagten enthalten im Wesentlichen Werbebroschüren , Logos, Flyer etc, die von Werbeagenturen stammen und aus denen nicht hervorgeht, in welchem Ausmaß und welcher Art die Beklagte daran mitgearbeitet haben will. Aus den überreichten Emails von S… von der Agentur … geht beispielsweise hervor, dass die Agentur Logos für die Insolvenzschuldnerin entwickelt hat. Ferner sind die Emails auch an Herrn G… gerichtet (vgl. Email vom 7.?.2005) und nicht an die Beklagte, so dass davon auszugehen ist, dass auch Herr G… im Rahmen seines Aufgabenbereiches als Prokurist daran mitgearbeitet hat. Ein Bestreiten seiner Tätigkeit reicht angesichts der an ihn gerichteten E-Mails nicht aus. Zwar hat die Beklagte hinsichtlich der Zusammenarbeit mit der … im Hinblick auf die von ihr überreichten Anlagen im Schriftsatz vom 19.09.2016 behauptet, diese Zusammenarbeit habe es vor der Übernahme des Managements durch sie gegeben. Sie sei aber nicht fortgesetzt worden, da die Arbeiten nicht ordnungsgemäß erbracht worden seien. Dies belege auch die Email, in der Arbeiten nicht In Rechnung gestellt werden sollten. In diesem Fall fehlen jedoch weiterhin in Einzelheiten gehende Darlegungen und Belege über Marketing- und Architektenleistungen der Beklagten persönlich oder der S... Management Ltd.
85Hinzu kommt, dass der Kläger durch Kennzeichnung der Konten in der Bilanz 2005 nachgewiesen hat, dass die Insolvenzschuldnerin Werbebroschüren und Agenturen selbst entlohnt hat (125.805,23 EUR + 48690,38 EUR). Ein Bestreiten der Beklagten, dass diese Zahlungen nur Druckereileistungen oder Ähnliches beinhalteten, aber keine Marketingleistungen reicht ohne nähere Darlegung und Belege nicht ansatzweise aus.
86Schließlich finden sich in dem Anlagenkonvolut auch Emails aus einem Zeitraum, der sehr viel später liegt als die Abrechnung, also nicht Gegenstand dieser Abrechnung sein können, z.B. von einem Herrn B… von den Wuppertaler … vom 09.12.2005 und einem Herrn S… von einer Brauerei aus September und November 2005.
87bb) Rechnung vom 16.03.2005
88Auch hier sind lediglich Werbebroschüren, die Korrespondenz mit Architekten, Handwerkern und eine Liste von Sponsorengeldern abgebildet. Abgesehen davon, dass die Angebote zur Außenwerbung an Herrn Geier gerichtet waren und nicht an die Beklagte und von diesem offensichtlich bearbeitet wurden, enthält das Anlagenkonvolut keine nähere Gliederung dazu, welche Arbeiten und Aufgaben die Beklagte in diesem Bereich durchgeführt hat und welcher Zeitaufwand auf sie entfallen ist. Hinzu kommt, dass die Werbung von Sponsoren von einem Gesellschafter auch in gewissem Rahmen ohne Entgelt erwartet werden kann, da es in seinem eigenen Interesse liegt.
89Soweit die Beklagte behauptet, die in der Anlage BB 11 überreichten Unterlagen enthielten CD-ROMs, die – wie der Aufdruck ausweise – nachweislich von dem zypriotischen Unternehmen …, ansässig in … auf Zypern hergestellt worden seien, ist dieser Vortrag nicht nachvollziehbar. Dem Gericht stehen keine CD-Roms zur Verfügung. Im Übrigen würden derartige CD-ROMs nicht die in Rechnung gestellten Einzelpositionen belegen.
90cc) Rechnung vom 10.08.2005
91Die Beklagte versäumt es auch hier ihren eigenen Arbeitsanteil nach Stunden und Aufgabebereichen darzulegen. Vielmehr stammen die meisten in diesem Anlagenkonvolut vorgelegten Schreiben vom Prokuristen G… und dem Betriebsleiter der Gastronomie M….. Diese beiden Mitarbeiter werden von der Insolvenzschuldnerin für ihre Tätigkeit bezahlt. Eine Abrechnung der T-Shirts zu Werbezwecken durch die Beklage und die S... Management Ltd. ist ebenfalls nicht dargetan. Der Kläger hat vielmehr behauptet, diese seien von der Insolvenzschuldnerin bezahlt worden. Ferner findet sich wieder Emailkorrespondenz mit einem Werbepartner, die von vor der Gründung der S... Management Ltd. stammt und nicht in Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Rechnung gebracht werden kann.
92dd) Rechnung vom 20.10.2005
93Auch hier wird nicht im Einzelnen dargestellt, welchen Arbeitsanteil die Beklagte an den in Rechnung gestellten Leistungen hat, die einen Wert von 30.000 EUR haben sollen. Ohne Aufgliederung seiner Bestandteile ist dieser nicht nachvollziehbar.
94ee) Rechnung vom 30. Januar
95Wiederum ist der einzelne Arbeitsaufwand der Beklagten nicht im Einzelnen dargestellt. Zudem weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass andere Managementstrukturen üblicherweise von der Gesellschafterversammlung beschlossen werden. Vorbereitungshandlungen hat die Beklagte nicht dargelegt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die vorgelegten Statistiken und Balance Sheets von der S... Management Ltd. erstellt wurden. Vielmehr spricht die Email vom 16.01.2016 dafür, dass damit andere beauftragt waren und der vormalige Prozessbevollmächtigte als Berater hinzugezogen wurde. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Kosten von der Beklagten oder der S... Management Ltd. getragen wurden. Darüber hinaus hat die Insolvenzschuldnerin sie nach Angaben des Klägers direkt bezahlt. Gegenteiliges kann die Beklagte nicht belegen.
96Hinzu kommt, dass der Prokurist, Herr G…, mit Buchhaltungsaufgaben und der Geschäftsführung betraut war und dafür auch entlohnt wurde. Es ist aus dem Vortrag nicht ersichtlich, inwieweit die Beklagte diese Aufgaben übernommen haben könnte.
97ff) Rechnungen vom 28.02.2006, 28.04.2006 und 31.05.2006
98Die Beklagte versäumt es auch hier ihre Arbeitsleistung im Einzelnen darzustellen. Soweit die Anlagenkonvolute Werbematerialien, Flyer, Anzeigen und dergleichen mehr enthalten, ist nicht festzustehen, inwieweit die Beklagte oder die S... Management Ltd. dafür in Vorlage getreten ist. Einzelpreise sind ohnehin nicht bekannt. Hinzu kommt, dass der Kläger zu Recht darauf hinweist, dass die Schuldnerin in ihrer Bilanz für das Kalenderjahr 2006 zu den Buchhaltungskonten 6600/6601 alle Printmedien, die die Berufungsbegründung benennt, (z.B. Broschüren, Gutscheine Flyer etc.) erfasst und die Schuldnerin für Werbematerial bereits 119.600,00 EUR aufgewandt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass noch mehr angeschafft wurde.
99gg) Rechnung vom 31.08.2006
100Die Arbeitsleistungen der Klägerin werden auch hier nicht im Einzelnen dargelegt. Es ist nicht erkennbar, in welchem Umfang die Beklagte sich z.B. bei Planungen von Meetings eingebracht hat und an Konferenzen teilgenommen hat. Das vorgelegte Memorandum ist an sie als Eigentümerin gerichtet und betrifft insofern Angelegenheiten, die sie als Gesellschafterin betreffen und mithin nicht von der Insolvenzschuldnerin bezahlt werden können. Darüber hinaus ist nicht belegt, dass die angesprochenen Medien von der Beklagen oder der S... Management Ltd. verauslagt wurden.
101hh) Rechnungen vom 30.01.2007, 29.05.2007, 06.08.2007
102Weder die Anlagen noch der Vortrag der Beklagten belegen in irgendeiner Weise, dass und in welchem Umfang die Beklagte oder die S... Management Ltd. für die Insolvenzschuldnerin tätig geworden ist. Vielmehr zeigen die vorgelegten Angebote und Aufträge, dass diese an die Insolvenzschuldnerin gegangen sind und von deren Mitarbeitern bearbeitet wurden, dem Prokuristen G… und Frau K….
103ii) Rechnung vom 27.08.2007
104Auch hier sind die einzelnen Arbeiten der Beklagten und der S... Management Ltd. nicht im Einzelnen dargestellt, so dass eine Bewertung ihrer Leistungen nicht stattfinden kann. In Bezug auf die Handwerkerrechnungen betreffen den Umbau des Saunavorraums hat die Beklagte nicht dargelegt, dass die Kosten von Ihr oder der S... Management Ltd. beglichen wurden. Vielmehr hat der Kläger unter Bezugnahme auf die Bilanzen dargelegt, dass die Rechnungen durch die Schuldnerin unmittelbar beglichen wurden und unter „Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten“ erfasst wurden. Sie beliefen sich im Kalenderjahr 2007 auf 126.744,30 EUR und im Folgejahr 2008 sogar auf 143.3989,80 EUR. Inwieweit der Beklagten Kosten in Bezug auf Planung, Umsetzung und Überwachung des Umbauvorgangs entstanden sind, erschließt sich aus den Unterlagen nicht.
105Hinsichtlich der vorgelegten Kooperationsvereinbarungen ist zumindest hinsichtlich der Vereinbarung mit der … der Prokurist G… als Vertreter der Schuldnerin vermerkt. Die Anderen Vereinbarungen enthalten keine Vertreternamen. Inwieweit die Beklagte in die Verhandlungen involviert war, kann daher nicht festgestellt werden.
106jj) Rechnung vom 30.01.2008
107Auch hier enthält der Vortrag keine nähere Darlegung der Tätigkeiten der Beklagten. Der vorgelegte Veranstaltungskalender trägt die Unterschrift von Herrn G…. Ob die Gewinn- und Verlustrechnung in englischer Sprache von der Beklagten erstellt oder von ihr veranlasst und bezahlt worden ist, lässt sich anhand der Unterlagen nicht ersehen.
108kk) Rechnung vom 31.03.2008
109Es ist nicht ersichtlich, dass die in der Rechnung abgerechneten Printmedien von der Beklagten oder der S... Management Ltd. in Auftrag gegeben und bezahlt wurden. Rechnungen liegen nicht vor.
110Zusammenfassend ist zu bemerken, dass seitens der Beklagten nicht dargelegt und belegt wurde, dass die Abrechnungen Leistungen des laufenden Geschäftsbetriebs beinhalteten und so auch mit Dritten abgeschlossen worden wären. Vielmehr ergibt sich, dass die Leistungen mittelbar an die Beklagte als Gesellschafterin der Insolvenzschuldnerin fließen sollten.
111e)
112Der Anspruch ist auch nicht nach § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG im Wege der Aufrechnung mit einem Darlehensrückzahlungsanspruch ausgeschlossen. Danach gilt das Auszahlungsverbot nicht für die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.
113Es ist bereits nicht dargelegt, dass die Beklagte einen Darlehensrückzahlungsanspruch in Höhe von 125.389,63 EUR hat. Der Kläger hat bereits im Schriftsatz vom 09.09.2013 bestritten, dass die Beklagte einen fälligen Anspruch in dieser Höhe hat. Die Verbuchung von Beträgen „Verbindlichkeit gegen Gesellschaft Fr. M…“ ist ohne zugrunde liegenden Beleg nicht ausreichend für eine Darlehensvergabe.
114Ein zwischenzeitlicher eingeräumter Rückfluss von 50.000 EUR an die Beklagte ist gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar und auch im Wege der Einrede geltend zu machen, was der Kläger getan hat, so dass dieser als weiterer Anspruch zur Auffüllung des Klageanspruches herangezogen werden kann.
115Einer Aufrechnung stehen hier auch die Regelungen der §§ 135 Abs. 1 Nr. 2, 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO entgegen. Die Beklagte hatte Gelder im anfechtbaren Zeitraum zweckgebunden nachgeschossen, um Ansprüche der Stadtwerke zu befriedigen. Nach der heute zentralen Norm des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist der Gläubiger eines Gesellschafterdarlehens oder der Forderung aus einer wirtschaftlich entsprechenden Rechtshandlung mit seinem Rückforderungsanspruch in der Insolvenz nachrangiger Insolvenzgläubiger. Vorherige Auszahlungen in der Krise oder nach Antragstellung auf Insolvenzeröffnung sind gemäß § 135 InsO anfechtbar (Hirte in Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Auflage 2015, § 135 InsO Rdnr, 5). Dies bewirkt, weil es um bloße Nachrangforderungen geht, zugleich eine Aufrechnungssperre. Dies deckt sich auch mit dem Rechtsgedanken des § 19 Abs. 2 S. 2 GmbHG (Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 19. Aufl. 2016, § 31 GmbHG Rn 27 f.).
116f)
117Der Anspruch beläuft sich auf 407.500,00 €. Ob der Kläger einen weitergehenden Anspruch hat, braucht nicht entschieden zu werden, da er keine Anschlussberufung eingelegt hat.
118Gegenstand des Erstattungsanspruchs ist, das Vermögen der Gesellschaft wieder auf den der Stammkapitalziffer entsprechenden Stand zu bringen. Bei Unterbilanz ist der Erstattungsanspruch nach oben durch die Stammkapitalziffer begrenzt, eine etwa über diese Zahl hinausgehende Leistung der GmbH kann der Gesellschafter in diesem Fall behalten, sobald die Unterbilanz ausgeglichen ist. Anders ist es bei der Überschuldung. Hier umfasst der Erstattungsanspruch nicht nur den der Stammkapitalziffer entsprechenden, sondern darüber hinaus den zur Rückführung der Überschuldung erforderlichen Betrag. Da die Insolvenzschuldnerin nach den Ausführungen des Insolvenzverwalters ein ungedecktes Volumen von 2.812.479,96 EUR aufweist und überschuldet ist, ist der Erstattungsanspruch in voller Höhe gegeben. Ungeachtet dessen wäre der Erstattungsanspruch auch bei den hier gegebenen Unterbilanzen der einzelnen Jahre in voller Höhe zuzusprechen, da die Fehlbeträge so hoch waren, dass ein Ausgleich dafür durch die entsprechenden Erstattungsansprüche nicht ausgereicht hätte.
119g)
120Der Anspruch ist nicht nach § 31 Abs. 2 GmbHG zu beschränken. Sofern der Emp-fänger im guten Glauben war, kann die Erstattung danach nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist. Die Beklagte war im maßgeblichen Zeitpunkt des Leistungsempfangs nicht in gutem Glauben hinsichtlich der Zulässigkeit der Auszahlungen. Denn als Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin hatte sie jedenfalls grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich der Umstände, aus denen sich die Unzulässigkeit der Auszahlung nach § 30 GmbHG ergibt.
121Im Übrigen ist eine uneingeschränkte Erstattung selbst bei unterstellter Gutgläubigkeit gegeben, da diese angesichts der nunmehrigen Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin im Sinne des § 31 Abs. 2 GmbHG zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist.
122h)
123Der Erstattungsanspruch ist nicht verjährt. Gemäß § 31 Abs. 5 GmbHG verjährt der Anspruch in zehn Jahren beginnend mit Ablauf des Tages, an dem die angegriffene Zahlung geleistet wurde. Die zeitlich erste der hier streitgegenständlichen Zahlungen erfolgte am 06.05.2005. Die Klage ist also innerhalb der Verjährungsfrist erhoben worden.
1242.
125Darüber hinaus ist auch ein Anspruch des Klägers aus §§ 134 Abs. 1, 143 InsO hinsichtlich der auf die Rechnungen vom 28.02.2006, 28.04.2006, 31.05.2006, 31.08.2006, 30.01.2007, 29.05.2007, 06.08.2007, 27.08.2007, 30.01.2008, 21.02.2008, 31.03.2008 und August 2009 geleisteten Zahlungen in Höhe von 242.500,00 EUR gegeben.
126a)
127Bei den Überweisungen handelt es sich um unentgeltliche Leistungen. Insoweit kann auf die zum Anspruch aus §§ 31, 30 GmbHG gemachten Ausführungen zur Frage der „bilanzneutralen“ verwiesen werden. Eine Verfügung ist dann unentgeltlich, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht, dem Leistenden also keine dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entsprechende Leistung zufließen soll (de Bra in Braun, Insolvenzordnung, 6. Aufl. 2014, § 134 Rn 8). Da nicht festzustellen ist, dass die S… Management Ltd. die in Rechnung gestellten Leistungen für die Schuldnerin tatsächlich erbracht hat, jedenfalls nicht zu diesem Umfang und Wert, die Schuldnerin die Leistungen aber bezahlt hat, handelt es sich um unentgeltliche Leistungen.
128b)
129Leistungsempfänger ist die Beklagte. Die Anfechtung gemäß § 134 InsO richtet sich gegen denjenigen, der die unentgeltliche Leistung erlangt hat. Dies ist nach objektiven Maßstäben aus der Sicht des Leistungsempfängers zu beurteilen; subjektive Fehlvorstellungen eines Beteiligten sind unerheblich (Kayser in Münchener Kommentar zu InsO, 3. Aufl. 2013, § 134 Rn 14). Sind an dem Zuwendungsvorgang mehrere Personen beteiligt, können durch eine einzige Leistung des Schuldners in einem Dreiecksverhältnis vereinbarungsgemäß mehrere Rechtsbeziehungen betroffen werden. Hiervon ist jedoch die Fallgruppe zu unterscheiden, in welcher der Schuldner an eine Zwischenperson leistet und erst diese den Gegenstand der Leistungen – in gleicher oder veränderter Form – an den an sich bedachten Empfänger weiterleitet. Für die Anwendung des § 134 InsO entscheidet aber nur, ob der Empfänger unentgeltlich erlangt oder eine ausgleichende Gegenleistung erbracht hat. Die bloße Zwischenperson ist grundsätzlich keinem Anfechtungsanspruch ausgesetzt (Kayser in Münchener Kommentar zu InsO, 3. Aufl. 2013, § 134 Rn 14b).
130Nach den eigenen Ausführungen der Beklagten war die S… Management Ltd. als Abrechnungsstelle für ihre eigenen Leistungen oder die von ihr in Auftrag gegeben Leistungen für sie tätig. Damit ist aus der objektiven Sicht der Beklagten und der S… Management Ltd., deren Direktor die Beklagte auch noch war, die Beklagte letztendlich die Leistungsempfängerin.
131c)
132Eine Gläubigerbenachteiligung ist hier ebenfalls nach dem oben Gesagten anzunehmen. Die Benachteiligung folgt hier bereits aus der Unentgeltlichkeit.
133d)
134Der Anfechtungstatbestand erfasst jedoch nur unentgeltliche Leistungen, die nicht früher als 4 Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden. Wann eine Handlung als vorgenommen gilt, bestimmt sich nach § 140 InsO. Diese liegt hier mit der Überweisung der in Rechnung gestellten Beträge. Gemäß § 139 InsO ist der Bezugspunkt für die Rückberechnung der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, hier also der 23.12.2009. Damit fallen die Überweisungen für die Rechnungen aus dem Jahre 2005 nicht mehr unter den Anfechtungstatbestand. Eine Erstattung der Rechnung vom 30.01.2006 hatte das Landgericht aberkannt.
1353.
136Die zuerkannten Zinsen ergeben sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
1374.
138Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
139Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
140Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 407.500,00 EUR.
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Referenzen
- InsO § 80 Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts 1x
- ZPO § 543 Zulassungsrevision 1x
- InsO § 133 Vorsätzliche Benachteiligung 1x
- II ZR 171/01 1x (nicht zugeordnet)
- II ZR 113/94 1x (nicht zugeordnet)
- II ZR 74/92 1x (nicht zugeordnet)
- InsO § 134 Unentgeltliche Leistung 4x
- Urteil vom Oberlandesgericht Rostock (1. Zivilsenat) - 1 U 51/11 1x
- X ARZ 208/02 1x (nicht zugeordnet)
- InsO § 135 Gesellschafterdarlehen 6x
- BGB § 291 Prozesszinsen 1x
- II ZR 43/91 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts 1x
- GmbHG § 11 Rechtszustand vor der Eintragung 1x
- II ZR 118/98 1x (nicht zugeordnet)
- II ZR 104/80 1x (nicht zugeordnet)
- GmbHG § 35 Vertretung der Gesellschaft 1x
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- BGB § 675 Entgeltliche Geschäftsbesorgung 1x
- ZPO § 19a Allgemeiner Gerichtsstand des Insolvenzverwalters 2x
- EGInsO § 1 Örtliche Zuständigkeit; Verordnungsermächtigung 1x
- 7 U 2287/06 1x (nicht zugeordnet)
- InsO § 143 Rechtsfolgen 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- BGB § 667 Herausgabepflicht 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- GmbHG § 30 Kapitalerhaltung 30x
- InsO § 140 Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung 1x
- InsO § 3 Örtliche Zuständigkeit 1x
- InsO § 139 Berechnung der Fristen vor dem Eröffnungsantrag 1x
- GmbHG § 31 Erstattung verbotener Rückzahlungen 31x
- ZPO § 546 Begriff der Rechtsverletzung 1x
- GmbHG § 19 Leistung der Einlagen 1x
- ZPO § 513 Berufungsgründe 1x
- 12 O 80/15 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden 1x
- XII ZR 181/93 1x (nicht zugeordnet)
- InsO § 148 Übernahme der Insolvenzmasse 1x
- GmbHG § 3 Inhalt des Gesellschaftsvertrags 1x
- InsO § 39 Nachrangige Insolvenzgläubiger 2x
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x