Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 2 Kart 1/18 [V]
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Bundeskartellamts vom 13.12.2017 – B4-80/17 – wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich derjenigen der Beteiligten zu 1. hat die Beteiligte zu 2. zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Beteiligte zu 1. (im Folgenden auch: F.) meldete am 05.07.2017 – nachdem sie eine vorausgegangene Anmeldung zunächst wieder zurückgezogen hatte – ein Zusammenschlussvorhaben beim Bundeskartellamt an. Danach beabsichtigte sie von der Beteiligten zu 3. Aktienanteile an der Beteiligten zu 2. (im Folgenden auch: N.) einschließlich der damit verbundenen Stimmrechte zu erwerben. Die geplante Transaktion sollte sich auf 6,28 % der Aktienanteile beziehen und den Anteil der F. an der N. von 22,48 % auf 28,76 % erhöhen. Weitere Gesellschafter der N. sind aktuell die Beteiligte zu 4. mit 50,01 % Aktienanteil und die S. mit 16,3 %. Der Rest der Aktien befindet sich in Streubesitz.
4F. und N. betätigen sich wirtschaftlich gleichermaßen in diversen Bereichen der Energieversorgung und daneben auch in der Abfallentsorgung, konkret der Müllverbrennung. Im Verwaltungsverfahren vor dem Bundeskartellamt wandte sich die N. gegen das von der F. angemeldete Vorhaben.
5Das Bundeskartellamt hat mit Beschluss vom 13.12.2017 entschieden, dass das mit Schreiben vom 05.07.2017 angemeldete Vorhaben freigegeben wird. Zur Begründung hat das Bundeskartellamt ausgeführt, dass das Zusammenschlussvorhaben die Voraussetzungen für eine Zusammenschlusskontrolle nach § 35 GWB erfülle. Ein Zusammenschluss nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 b) GWB sei zu bejahen. Allerdings lägen die Voraussetzungen des Untersagungstatbestands nach § 36 GWB nicht vor. In keinem der betrachteten Märkte ergäben sich durch das Zusammenschlussvorhaben Wirkungen, wie sie § 36 GWB für eine Untersagung voraussetze. Das gelte insbesondere für den Markt der Verwertung unbehandelter Siedlungsabfälle im Ausschreibungsgebiet Mannheim-Stuttgart, in dem F. und N. Marktführer seien. Insoweit sei ungeachtet des Anteilserwerbs auch zukünftig ein unveränderter Wettbewerbsdruck der N. auf die F. zu erwarten. In den betrachteten Strommärkten, unter anderem einem etwaigen Markt für positiven Redispatch im Süden Deutschlands sowie dem Erstabsatzmarkt für Strom in Deutschland, sei das Zusammenschlussvorhaben weit davon entfernt, wirksamen Wettbewerb erheblich zu behindern bzw. eine marktbeherrschende Stellung zu begründen oder zu verstärken.
6Gegen den ihr am 14.12.2017 zugestellten Beschluss des Bundeskartellamts hat N. am 12.01.2018 Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt, die sie nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 14.06.2018 mit einem an diesem Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
7Die Beteiligte zu 2. rügt die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses des Bundeskartellamts. Das Amt gehe für den Markt der Verwertung unbehandelter Siedlungsabfälle fehlerhaft davon aus, dass sich die Unternehmen, die Beteiligte zu 1. und sie selbst, auf Dauer weiterhin uneingeschränkt als Wettbewerber gegenüberstünden. F. werde zukünftig auf ihr – der N. – strategisches Verhalten Einfluss ausüben und könne eine Expansion ebenso verhindern wie eine Teilnahme an Ausschreibungen im Entsorgungssektor. Wettbewerblich negative Auswirkungen des Zusammenschlussvorhabens seien entgegen der Annahme des Bundeskartellamts auch für den Markt positiven Redispatches in der Regelzone von U. – insoweit sei der Markt für positiven Redispatch enger zu ziehen als vom Bundeskartellamt – sowie auf dem Erstabsatzmarkt für Strom zu erwarten.
8Die Beteiligte zu 2. beantragt,
9den Beschluss des Bundeskartellamts vom 13. Dezember 2017 (B 4 - 80/17) aufzuheben.
10Das Bundeskartellamt beantragt,
11die Beschwerde der Beteiligten zu 2. vom 12. Januar 2018 gegen die Verfügung des Bundeskartellamts vom 13. Dezember 2017 (Az. B4-80/17) kostenpflichtig zu verwerfen,
12hilfsweise: zurückzuweisen.
13Die Beteiligte zu 1. beantragt,
14die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Bundeskartellamts vom 13.12.2017 (Az. B 4 – 80/17) kostenpflichtig zu verwerfen,
15hilfsweise, die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Bundeskartellamts vom 13.12.2017 (Az. B 4 – 80/17) kostenpflichtig zurückzuweisen.
16Das Bundeskartellamt und die Beteiligte zu 1. sind der Ansicht, dass die Beschwerde bereits unzulässig sei, weil der N. die notwendige materielle Beschwer fehle. Jedenfalls sei die Beschwerde aber unbegründet. Die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 GWB lägen nicht vor. Die gegenteilige Ansicht der N. lasse sich nicht auf hinreichende Tatsachen stützen.
17II.
18Die Beschwerde der N. gegen die Freigabeverfügung des Bundeskartellamts vom 13.12.2017 ist unzulässig.
191.
20Die Beschwerde ist zwar der statthafte Rechtsbehelf. Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 GWB ist gegen Verfügungen der Kartellbehörde – um eine solche handelt es sich bei dem angegriffenen Beschluss des Bundeskartellamts – die Beschwerde zulässig.
212.
22Die Beschwerde ist auch in der von § 66 GWB vorgeschriebenen Form und Frist beim Kartellsenat eingegangen und begründet worden.
233.
24Es fehlt der N. auch nicht an der Beschwerdebefugnis oder Beschwerdeberechtigung gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GWB. Danach steht die Beschwerde ohne weitere Voraussetzungen den am Verfahren vor der Kartellbehörde Beteiligten zu. Dazu gehört die N., gegen die sich das Fusionskontrollverfahren des Bundeskartellamts gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 2 GWB richtete, weil sie gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 3 b) GWB eines der am Zusammenschluss materiell beteiligten Unternehmen ist.
254.
26Der N. fehlt es schließlich ebenso wenig an einer formellen Beschwer. Eine solche ist bereits gegeben, wenn die angefochtene Verfügung nicht dem entspricht, was der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren erstrebt hat (Bechthold/Bosch, GWB, 9. Aufl., § 63 Rn. 7). So liegt es hier. Die N. hat das Zusammenschlussvorhaben im Verfahren vor dem Bundeskartellamt abgelehnt. Die Kartellbehörde ist dem jedoch nicht gefolgt, sondern hat den Zusammenschluss freigegeben.
275.
28Zur Unzulässigkeit der Beschwerde führt jedoch das Fehlen einer materiellen Beschwer. Eine solche lässt sich für die N. als Zielunternehmen des Zusammenschlussvorhabens nicht bejahen.
29a)
30Das Erfordernis einer materiellen Beschwer lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen. Die materielle Beschwer gehört – wie die formelle Beschwer – jedoch auch ohne Erwähnung im Gesetz zur Zulässigkeit des Rechtsbehelfs (BGH, Beschluss vom 10.04.1984 – KVR 8/83 – Coop/Supermagazin –, zitiert nach juris, Tz. 16; Beschluss vom 05.12.1963 – KVR 1/63 – Zigaretten –, zitiert nach juris, Tz. 15). Es handelt sich um eine ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung der nach § 63 GWB statthaften Beschwerde.
31b)
32Die materielle Beschwer ist Ausformung des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses oder Rechtsschutzinteresses (BGH, Beschluss vom 10.04.1984 – KVR 8/83 – Coop/Supermagazin –, zitiert nach juris, Tz. 16; Beschluss vom 31.10.1978 – KVR 3/77 – Weichschaum III –, zitiert nach juris, Tz. 42). Ihr exakter Gehalt ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach und nach herausgearbeitet worden. Zunächst ist die materielle Beschwer als ein Eingriff in eine rechtlich geschützte Position beschrieben worden (BGH, Beschluss vom 31.10.1978 – KVR 7/77 – Air-Conditioning –, zitiert nach juris, Tz. 33), der von einer Rechtsbeeinträchtigung zu trennen ist und für den eine nachteilige Wirkung ausreicht (BGH, Beschluss vom 10.04.1984 – KVR 8/83 – Coop/Supermagazin –, zitiert nach juris, Tz. 16). Seit dem Inkrafttreten der 6. GWB-Novelle verlangt der Bundesgerichtshof für die materielle Beschwer in Anlehnung an die in der europäischen Fusionskontrolle für die Nichtigkeitsklage ausreichende unmittelbare und individuelle Betroffenheit, dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Verfügung der Kartellbehörde in seinen wirtschaftlichen Interessen nachteilig berührt sein muss (BGH, Beschluss vom 24.06.2003 – KVR 14/01 – HABET/Lekkerland –, zitiert nach juris, Tz. 15). Eine materielle Beschwer liegt danach vor, wenn der Beschwerdeführer durch die angefochtene Verfügung der Kartellbehörde in seinen wirtschaftlichen Interessen unmittelbar und individuell nachteilig betroffen ist (BGH, Beschluss vom 30.03.2011 – KVZ 100/10 – Presse-Grossisten – zitiert nach juris, Tz. 4 und 12; Beschluss vom 25.09.2007 – KVR 25/06 – Anteilsveräußerung –, zitiert nach juris, Tz. 24).
33Dabei hat der Bundesgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass nach dem Zweck der Fusionskontrolle zu bestimmen ist, ob eine materielle Beschwer gegeben ist oder nicht (BGH, Beschluss vom 25.09.2007 – KVR 25/06 – Anteilsveräußerung –, zitiert nach juris, Tz. 16). In diesem Sinne, auf den Zweck der Fusionskontrolle abstellend, hatte sich zuvor bereits das Oberlandesgericht Düsseldorf geäußert (Beschluss vom 22.09.2001 – Kart 22/01 (V), zitiert nach juris, Tz. 45 a.E. und 52).
34c)
35Hiervon ausgehend, liegen die Voraussetzungen einer materiellen Beschwer der N. nicht vor. Die N. ist zwar möglicherweise durch die Verfügung des Bundeskartellamts in ihren wirtschaftlichen Interessen unmittelbar und individuell betroffen, weil F. mit dem Zusammenschlussvorhaben eine aktienrechtliche Sperrminorität erlangt, die ihr vielleicht auch gewisse Einflüsse auf das operative Geschäft der N. verschafft. Diese Betroffenheit ist aber nicht nachteilig in einem zur materiellen Beschwer führenden Sinn, wenn der Zweck der Fusionskontrolle berücksichtigt wird.
36aa)
37Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Oberlandesgerichts Düsseldorf fehlt es denjenigen Unternehmen an einer materiellen Beschwer, die an dem Zusammenschlussvorhaben als Vertragsparteien beteiligt sind oder hierfür eine vertragliche Ursache gesetzt haben. Ihnen fehlt die materielle Beschwer, weil die Freigabeverfügung der Kartellbehörde ihren Handlungsspielraum infolge der Beseitigung öffentlich-rechtlicher Hemmnisse nur erweitert, aber nicht beschränkt (BGH, Beschluss vom 09.10.2012 – KVZ 27/12, zitiert nach juris, Tz. 2; Beschluss vom 31.10.1978 – KVR 7/77 – Air-Conditioning –, zitiert nach juris, Tz. 33; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.06.2012 – VI-Kart 3/13 (V), zitiert nach juris, Tz. 16). Etwaige nachteilige wettbewerbliche Folgen des Zusammenschlussvorhabens ergeben sich für die am Zusammenschluss beteiligten Vertragsparteien nicht aus der Freigabeverfügung, sondern aus der von ihnen geschlossenen privatrechtlichen Vereinbarung. Diese ist der Freigabeverfügung vorgelagert. Die Beschwerde gegen kartellbehördliche Freigabeverfügungen dient aber erkennbar nicht dem Zweck, es Vertragsparteien zu ermöglichen, sich von geschlossenen Verträgen zu lösen, die der Freigabeverfügung vorausgegangen sind, und deren gegebenenfalls nachteilige Folgen abzuwenden.
38bb)
39Nach Ansicht des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf sollen diese Überlegungen auch für das am Zusammenschlussvorhaben beteiligte Zielunternehmen gelten, das an dem privatrechtlich als Anteilskauf ausgestalteten Zusammenschluss nicht als Vertragspartei beteiligt ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.02.2014 – VI-Kart 3/13 (V), zitiert nach juris, Tz. 12). Der angerufene Senat hat jedoch Zweifel, ob die materielle Beschwer des Zielunternehmens aus diesem Grund abzulehnen ist. Der rechtliche und wirtschaftliche Handlungsspielraum des nicht an einem vorausgegangenen Vertragsschluss beteiligten Zielunternehmens vergrößert sich durch die Freigabeentscheidung der Kartellbehörde nicht unbedingt (vgl. Herrlinger, WuW 2014, 698, 699). Nachteilige wirtschaftliche Folgen der Freigabeverfügung für das Zielunternehmen lassen sich auch nicht auf eine von ihm selbst mitgetragene vertragliche Vereinbarung zurückführen, die ein der Freigabeverfügung vorgelagertes Glied in der Kausalkette bildet. Allenfalls ließe sich anführen, dass sich bei Aktiengesellschaften wie der N. im Falle des Verkaufs von Aktienanteilen lediglich die Gefahr einer Veränderung der Eigentümerstruktur realisiert, die schon in der frei gewählten gesellschaftsrechtlichen Rechtsform angelegt war.
40Einen anderen Begründungsansatz zur Verneinung einer materiellen Beschwer des Zielunternehmens eines Zusammenschlussvorhabens wählt eine Stimme in der Literatur, welche die materielle Beschwer mit dem auf den Zweck der Fusionskontrolle gestützten Argument verneint, dass es dem Zielunternehmen wie auch seinen Hauptanteilseignern regelmäßig nicht um eine Vermeidung wettbewerbsschädigender Marktmacht, sondern allein auf den Erhalt des eigenen unternehmerischen Handlungsspielraums ankommt (Bien, EWiR 2007, 719, 720). Allerdings ergeben sich aus dieser Gegenüberstellung bei näherem Hinsehen schwierige Abgrenzungsfragen. Die Vermeidung wettbewerbsschädigender Marktmacht und der Erhalt unternehmerischen Handlungsspielraums hängen zusammen. Jedem Unternehmen, das sich gegen die Marktmacht Dritter wendet, geht es primär um den Erhalt eigenen unternehmerischen Handlungsspielraums.
41Aus Sicht des Senats ist daher für die fehlende materielle Beschwer entscheidend, dass die N. zu den Zusammenschlussbeteiligten gehört und vom Zusammenschluss nicht als außenstehender Dritter betroffen ist. Der Zweck der Fusionskontrolle spricht dafür, dass nur Dritte außerhalb des Kreises der Zusammenschlussbeteiligten durch die Freigabeverfügung in einem die materielle Beschwer begründenden Sinn nachteilig betroffen sein können. Das Verfahren der Fusionskontrolle richtet sich gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 2 GWB gegen die am Zusammenschluss Beteiligten. Es betrachtet sie als Einheit oder Verbund, als den Zusammenschluss, der nach § 36 Abs. 1 GWB vom Bundeskartellamt zu untersagen ist, wenn er wirksamen Wettbewerb erheblich behindert, insbesondere, indem er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt. Damit schützt die Vorschrift den Wettbewerb als Institution (vgl. Becker/Knebel/Christiansen, in: Münchener Kommentar Europäisches und Deutsches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl., § 36 GWB Rn. 15; Thomas, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., § 40 GWB Rn. 98) vor einer erheblichen Behinderung durch das beabsichtigte Zusammenschlussvorhaben. Aus dieser Perspektive betrachtet ist die Freigabeverfügung für die Zusammenschlussbeteiligten nicht nachteilig in dem für die materielle Beschwer notwendigen Sinn, weil die Zusammenschlussbeteiligten aus dem Blickwinkel der Fusionskontrolle nicht diejenigen sind, die vor nachteiligen Auswirkungen des freigegebenen Zusammenschlusses auf den Wettbewerb zu schützen sind. Zu schützen sind aus Sicht des Fusionskontrollverfahrens vielmehr die den Wettbewerb als Institution aufrechterhaltenden Wettbewerber der Zusammenschlussbeteiligten, die durch die Freigabe des Zusammenschlusses nachteilig in ihrem wettbewerblichen Handlungsspielraum betroffen sein können. Daran ändert sich nichts dadurch, dass es im Einzelfall – wie hier – Unstimmigkeiten oder Differenzen im Binnenverhältnis der Zusammenschlussbeteiligten geben mag, insbesondere weil sie Wettbewerber sind und es sich um den Fall einer sogenannten „feindlichen Übernahme“ handelt, die vom Zielunternehmen nicht gewünscht wird. Letzteres ist nach dem Zweck der Fusionskontrolle, die nicht darauf, sondern auf den Zusammenschluss als Ganzes und den ungeachtet desselben verbleibenden Wettbewerb schaut, nicht von Bedeutung.
42Für die hier vertretene Sichtweise spricht nach Auffassung des Senats auch die Begründung des Regierungsentwurfs zur 6. GWB-Novelle. Danach sollte die Neureglung des § 40 Abs. 2 Satz 1 GWB, wonach das Bundeskartellamt Zusammenschlüsse anders als zuvor durch Verfügung freigibt, zur Folge haben, dass „Dritte künftig gegen Freigabeentscheidungen Beschwerde einlegen können“ (BT-Drs. 13/9720, S. 44; siehe dazu auch BGH, Beschluss vom 24.06.2003 – KVR 14/01 – HABET/Lekkerland –, zitiert nach juris, Tz. 15). Dritte sind nach diesem Verständnis nicht diejenigen, deren Zusammenschluss kontrolliert wird.
43cc)
44Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen, nicht nachgelassenen Schriftsätze der N. und des Bundeskartellamts geben zu einer anderen rechtlichen Bewertung und zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keinen Anlass.
45III.
46Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 78 GWB, wobei es der Billigkeit entspricht, dass die N. auch die Kosten der F. trägt, die den Zusammenschluss beantragt und sich aufseiten des Bundeskartellamts substantiell am Beschwerdeverfahren beteiligt hat.
47IV.
48Der Senat lässt – wie von der N. angeregt – gemäß § 74 Abs. 2 Nr. 1 GWB die Rechtsbeschwerde zu, weil eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war. Die vom Senat entschiedene Rechtsfrage zur materiellen Beschwer des Zielunternehmens eines Zusammenschlussvorhabens kann sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen und ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Eine zu letztgenanntem Punkt möglicherweise abweichende Auffassung des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Beschluss vom 05.02.2014 – VI-Kart 3/13 (V), zitiert nach juris, Tz. 31) teilt der angerufene Senat nicht. In den vom Bundesgerichtshof bislang entschiedenen, vom Sachverhalt her am ähnlichsten liegenden Verfahren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 09.10.2012 – KVZ 27/12, vom 25.09.2007 – KVR 25/06 – Anteilsveräußerung – und vom 31.10.1978 – Air-Conditioning –) war nicht die materielle Beschwer einer Aktiengesellschaft zu prüfen, die – wie hier – Zielunternehmen eines Zusammenschlusses in Form des Erwerbs einer Minderheitsbeteiligung war. Soweit sich der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 05.02.2014 – VI-Kart 3/13 (V) – maßgeblich auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 09.10.2012 – KVZ 27/12 – gestützt hat, lag der dortige Sachverhalt insofern anders, als der Zusammenschluss dort letztursächlich auf die Ausübung einer vertraglich eingeräumten Call-Option zurückzuführen war. Bei seiner Entscheidung übersieht der angerufene Senat nicht, dass der Bundesgerichtshof in einer anderen Entscheidung (Beschluss vom 25.09.2007 – KVR 25/06 – Anteilsveräußerung –, zitiert nach juris, Tz. 16) ausgeführt hat, dass die gerichtliche Kontrolle von Zusammenschlussfreigaben Wettbewerber davor schützen soll, in ihren wirtschaftlichen Gestaltungsspielräumen durch das marktbeherrschende Unternehmen eingeschränkt zu werden. Dieser Beschluss betraf jedoch zum einen einen anderen Sachverhalt, zum anderen ist die darin gewählte Formulierung bislang vereinzelt geblieben und nicht erkennbar, dass mit ihr auch Konstellationen wie die vorliegende rechtlich bewertet werden sollten.
49V.
50Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GKG. Der Senat hat der Festsetzung – anders als in Fusionskontrollverfahren sonst üblich – nicht einen Bruchteil des Kaufpreises – hier für den Aktienanteil – zugrunde gelegt. Maßgeblich ist aus Sicht des Senats vielmehr das Interesse der N. an der Abwehr des störenden Einflusses der F. als Minderheitsaktionärin. Dieses Interesse bemisst der Senat nach § 3 ZPO, auf den § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GKG verweist, mit 50.000,- €.
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