Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 2 Ws 155/19
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die der Verurteilten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
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G r ü n d e :
3I.
4Die 2. große Strafkammer des Landgerichts Duisburg hat die Beschwerdeführerin am 26. März 2018 wegen gefährlicher Körperverletzung in vier Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, vorsätzlicher Körperverletzung, Diebstahls und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat die Strafkammer deren Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe und der Maßregel ist zur Bewährung ausgesetzt worden.
5Nach akuter Verschlechterung des Zustands der Verurteilten hat die Strafkammer die ausgesetzte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus mit Beschluss vom 7. März 2019 für die Dauer von drei Monaten in Vollzug gesetzt und die sofortige Vollziehbarkeit der Maßnahme angeordnet. Die Verurteilte, die sich in anderer Sache in Untersuchungshaft befunden hatte, ist am 14. Mai 2019 auf die Krisenstation der Forensischen Psychiatrie II der LVR-Klinik Bedburg-Hau aufgenommen worden.
6Mit Beschluss vom 13. August 2019 hat die Strafkammer die Dauer der befristeten Invollzugsetzung der ausgesetzten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus um drei Monate verlängert und erneut die sofortige Vollziehbarkeit der Maßnahme angeordnet. Gegen diesen Beschluss hat die Verurteilte sofortige Beschwerde eingelegt.
7II.
8Der Senat versteht die „gegen den Beschluss” - dieser enthält zwei Entscheidungen - gerichtete sofortige Beschwerde dahin, dass mit dem von der Verteidigerin bewusst so bezeichneten Rechtsmittel allein die zu der Verlängerung der Krisenintervention getroffene Entscheidung angefochten werden soll (§§ 463 Abs. 6 Satz 1, 462 Abs. 3 Satz 1 StPO).
class="absatzRechts">9Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit (§ 463 Abs. 6 Satz 3 StPO) unterliegt der einfachen Beschwerde. Ohnehin wäre ein solches Rechtsmittel, dessen Einlegung hier nicht ersichtlich ist, durch die in der Hauptsache getroffene Entscheidung des Beschwerdegerichts gegenstandslos.
10III.
11Die sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, durch welche die Dauer der befristeten Invollzugsetzung der ausgesetzten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67h Abs. 1 Satz 2 StGB um drei Monate verlängert worden ist.
12Denn nicht die 2. große Strafkammer des Landgerichts Duisburg, sondern die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve war für diese Entscheidung funktionell und örtlich zuständig.
13Die Krisenintervention nach § 67h Abs. 1 StGB ist Vollstreckung einer Maßregel im Sinne der §§ 463 Abs. 1, 462a Abs. 1 Satz 1 StPO. Daher wird im Anschluss an die erste Invollzugsetzung, über die hier das erstinstanzliche Gericht zu befinden hatte, mit der Aufnahme des Verurteilten in den Maßregelvollzug die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer für die im Rahmen des 462a Abs. 1 StPO künftig zu treffenden Entscheidungen begründet (vgl. BGHSt 56, 1 = NJW 2011, 163). Dazu gehört die Entscheidung über die Verlängerung der Krisenintervention (§ 67h Abs. 1 Satz 2 StGB, §§ 463 Abs. 6 Satz 1, 462, 462a Abs. 1 Satz 1 StPO).
14Mit der Aufnahme der Verurteilten in die LVR-Klinik Bedburg-Hau am 14. Mai 2019 ist die diesbezügliche Zuständigkeit auf die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve übergegangen.
15Soweit die 2. große Strafkammer des Landgerichts Duisburg die Annahme ihrer Zuständigkeit auf eine Kommentarstelle (vgl. Kinzig: in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., 167; 67h Rdn. 15) gestützt hat, wonach das die Krisenintervention anordnende Gericht während der Dauer der Krisenintervention zuständig bleibt, betrifft diese Aussage die Abgrenzung der Zuständigkeit verschiedener Strafvollstreckungskammern untereinander im Rahmen des nach § 462a Abs. 1 StPO maßgeblichen Befasstseins (vgl. hierzu: BGHSt 56, 252 = NJW 2011, 2677).
16Diese Aussage gilt hingegen nicht für das Verhältnis zwischen dem Gericht des ersten Rechtszuges und der Strafvollstreckungskammer, in dem das Befasstsein ohne Bedeutung ist und die Zust28;ndigkeit mit der Aufnahme des Verurteilten in die Vollzugsanstalt „automatisch“ auf die Strafvollstreckungskammer übergeht.
17IV.
18Der 2. Strafsenat kann vorliegend nicht gemäß § 309 Abs. 2 StPO selbst über die Verlängerung der Krisenintervention entscheiden. Dies wäre nur möglich, wenn er auch im Verhältnis zur Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve das übergeordnete Beschwerdegericht wäre (vgl. OLG Düsseldorf 3. Strafsenat NStZ-RR 2001, 111). Nach der Geschäftsverteilung ist bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf im Jahr 2019 indes der 5. Strafsenat für den Landgerichtsbezirk Kleve als Beschwerdegericht zuständig.
19V.
20Der Senat weist darauf hin, dass die Verurteilte aus dem Maßregelvollzug nicht in Freiheit entlassen werden kann. Denn in dem Verfahren StA Duisburg 172 Js 30/19 besteht als Überhaft der Haftbefehl des Amtsgerichts Oberhausen vom 20. Januar 2019. Die Verurteilte ist daher in Untersuchungshaft zu überführen.
21VI.
22Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO in entsprechender Anwendung.
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Referenzen
- StPO § 462 Verfahren bei gerichtlichen Entscheidungen; sofortige Beschwerde 2x
- 172 Js 30/19 1x (nicht zugeordnet)
- StGB § 67h Befristete Wiederinvollzugsetzung; Krisenintervention 3x
- StPO § 309 Entscheidung 1x
- StPO § 462a Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer und des erstinstanzlichen Gerichts 3x
- StPO § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung 1x
- StPO § 463 Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung 4x