Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 27 U 21/17
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Krefeld – Einzelrichter - vom 16.05.2017 (7 O 79/16) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 112.799,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen sowie die durch den Streitbeitritt der Streithelferin verursachten Kosten hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin oder die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerin handelt gewerblich mit Motoröl und verlangt von der Beklagten, die in L. ein Auto-Service-Unternehmen betreibt, Schadensersatz für nicht abgenommenes Öl.
4Die Klägerin trat im Jahr 2005 anstelle des Unternehmens B. in zwei miteinander verbundene Verträge ein, welche die Streithelferin mit dem letztgenannten Unternehmen geschlossen hatte. Die Streithelferin befand sich seinerzeit noch nicht in Liquidation, sondern betrieb am heutigen Standort der Beklagten ein Autohaus. Sie stimmte der Vertragsübernahme durch die Klägerin zu. Bei den beiden von der Klägerin übernommenen Verträgen handelte es sich zum einen um ein Gebrauchtwagengeschäft, mit welchem – nach Vertragsübernahme – die Klägerin der Streithelferin mehrere Gebrauchtfahrzeuge zum Händlerverkaufspreis von insgesamt 138.000,- € abkaufte. Zum anderen handelte es sich um einen Motoröllieferungsvertrag mit längerer Laufzeit, die ursprünglich mit „ca. 7 Jahre“ angegeben war, und mit dem sich die Streithelferin verpflichtet hatte, von ihrem Vertragspartner 35.000 Liter Motoröl unter Zugrundelegung der zum jeweiligen Lieferzeitpunkt gültigen Wiederverkaufspreise des Unternehmens U. abzunehmen (Anlagen K1 und K2, Bl. 6-7 GA). Dieser Ölpreis, der deutlich über dem üblichen Händlereinkaufspreis lag, war so kalkuliert, dass die beiden Geschäfte für die Klägerin in Summe wirtschaftlich vorteilhaft waren.
5Zu Beginn des Jahres 2011 beabsichtigte die Streithelferin, deren späterer Liquidator seinerzeit bereits alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer war, ihren Geschäftsbetrieb aufzugeben. Die Beklagte, deren zwei Geschäftsführer bis dahin als Angestellte bei der Streithelferin beschäftigt waren, beabsichtigten am gleichen Standort unter Übernahme von Material und Inventar der Streithelferin ein Auto-Service-Unternehmen zu betreiben. Die Klägerin war seinerzeit grundsätzlich bereit, einer Übernahme des mit der Streithelferin bestehenden Öllieferungsvertrags durch die Beklagte zuzustimmen. Aus diesem Vertrag waren damals noch 12.305 Liter Öl von der Streithelferin abzunehmen. Um die von ihm angestrebte Vertragsübernahme durch die Beklagte zu erleichtern, versuchte der damalige Geschäftsführer N. Q. der Streitverkündeten bei der Klägerin eine Reduzierung des vereinbarten Ölpreises zu erreichen. Die Klägerin ließ sich auf eine schlichte Reduzierung jedoch nicht ein. Der Gesellschafter T. S. der Klägerin schrieb in einer E-Mail (Anlage K4, Bl. 9 GA), die in der Datumszeile die Angabe „Thu, 31 Mar 2011 15:32:59 +0200“ enthält, an die Adresse …@....de, ohne sich an einen persönlich benannten Ansprechpartner der Streithelferin oder der Beklagten zu wenden, Folgendes:
6„[...] wie mit Herrn Q. besprochen, teilen wir Ihnen hiermit die am 15.4.2011 angestellten Überlegungen mit.
7Ziel war ein Preis von € 7,90 Netto/ltr. im Tank frei Haus für ein 5W-30 LL III.
8Die aktuelle Restabnahmemenge beträgt 12.305 Liter 5W-30 zum Preis von € 12,90/ltr. im Tank
9Bei Reduzierung des Preises auf € 7,90 erhöht sich die Abnahmemenge auf ca. 23.500 Liter 5W-30.
10Nicht berücksichtigt bei dieser Überlegung war die angekündigte Preiserhöhung um ca. 25 ct. zum 14.04.2011 und die Verlängerung der Laufzeit durch die Mengenanhebung [...]
11Später im Tagesverlauf meldete sich der zuvor bei der Streithelferin und nach Aufnahme der Unternehmenstätigkeit der Beklagten bei dieser als Buchhalter beschäftigte Zeuge I. J. telefonisch bei der Klägerin und bestellte 36 Liter Motoröl 5W-30 in Ein-Liter-Gebinden sowie 950 Liter desselben Öls im Fass. Für diese Bestellung vereinbarten er und sein Gesprächspartner am Telefon eine Ratenzahlung. Diese Ratenzahlungsvereinbarung erwähnte der Zeuge J. in einer E-Mail-Nachricht an den Gesellschafter T. S. der Klägerin, die in der Datumsanzeige die Angabe „Thu, 31 Mar 2011 16:17:37 +0200“ enthält und die der Zeuge unter Nutzung der Antwortfunktion auf die von dem Gesellschafter T. S. an die Adresse …@....de verschickte E-Mail versandte (Anlage K4a, Bl. 10 GA). Als Lieferanschrift für das telefonisch bestellte Öl war in der E-Mail des Zeugen J. Folgendes angegeben:
12„Die Anschrift lautet:
13B. 1 L.
14L. 1 GmbH
15S.1 str. …
16… L.“
17Die Klägerin lieferte das telefonisch bestellte Öl an die Beklagte aus und stellte ihr die Lieferung unter dem 18.04.2011 mit insgesamt 9.314,37 € in Rechnung (Anlage K5, Bl. 11 GA). In der Rechnung war ein Hinweis auf den Lieferzeitpunkt – „Wir lieferten am 11.04.2011“ – und auf eine Restabnahmemenge von 22.514 Litern Öl enthalten. Konkret hieß es dort:
18„Restabnahmen:
1922.514 ltr. 5W-30 gegen Bezahlung
20Die Gratis-Ware 3.400 l wird reduziert aufgrund der Preisreduzierung und der Mengenanhebung und der daraus resultierenden Laufzeitverlängerung und wegen der Preiserhöhung zum 15.04.2011“
21Einen Hinweis auf Restabnahmemengen enthielt auch die vorausgegangene, noch an die Streithelferin gerichtete Rechnung der Klägerin vom 22.11.2010 (Anlage K3, Bl. 8 GA), in der eine Restabnahmemenge von „12.305 ltr. 10W-40/5W-30“ erwähnt ist. Die Beklagte bezahlte die Öllieferung, welche die Klägerin mit Rechnung vom 18.04.2011 abgerechnet hatte, in fünf Raten. Die letzte Ratenzahlung datierte vom 14.09.2011.
22Nach der letzten Ratenzahlung bestellte die Beklagte weiteres Öl bei der Klägerin, das diese am 19.09.2011 und am 12. und 19.03.2012 an die Beklagte auslieferte. In den fortlaufend nummerierten Rechnungen zu diesen Lieferungen (Anlagen K6, Bl. 12-13 GA) waren jeweils Angaben zu noch offenen Restabnahmemengen enthalten. Die Rechnung vom 28.03.2012 führte eine Restabnahmemenge von „20.509 ltr.“ auf. Die Beklagte zahlte die ihr berechneten Beträge in Raten, davon die letzte Rate am 16.10.2013. Danach bestellte sie bei der Klägerin kein weiteres Öl mehr. Stattdessen teilten die Geschäftsführer der Beklagten der Klägerin mit einem Telefax vom 16.10.2013 (Anlage K7, Bl. 14 GA) mit, dass sie über den Öllieferungsvertrag mit Herrn Q. zwar gesprochen hätten, sich aber nicht verpflichtet hätten, diesen Vertrag zu übernehmen.
23Mit einem Anwaltsschreiben vom 04.11.2015 (Anlage K8, Bl. 15-16 GA) teilte der Liquidator der Streithelferin der Klägerin mit, dass der Öllieferungsvertrag im Zuge der Betriebsveräußerung an die Beklagte als Erwerberin übergegangen sei. Dass der Vertrag von der Beklagten übernommen werde, sei damals im Beisein unbeteiligter Zeugen vereinbart worden. Zur gütlichen Streitbeilegung bot der Liquidator der Klägerin eine Einmalzahlung von 8.000,- € an. Die Klägerin ging hierauf jedoch nicht ein.
24In einer E-Mail vom 12.11.2015 an die Geschäftsführerin T. 1 der Beklagten (Anlage K9, Bl. 17 GA) führte der Gesellschafter T. S. der Klägerin aus, dass er davon ausgehe, dass die Beklagte den Öllieferungsvertrag übernommen habe. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 30.11.2015 (Anlage K10, Bl. 18 GA) antwortete die Beklagte der Klägerin, dass sie in kein Vertragsverhältnis mit der Klägerin eingetreten sei und von dieser kein weiteres Öl abnehmen werde.
25Die Klägerin begehrt von der Beklagten nunmehr Ersatz entgangenen Gewinns für 20.509 Liter nicht abgenommenen Motoröls in Höhe von insgesamt 112.799,50 € (5,50 € pro Liter) sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 2.415,90 € netto gemäß Rechnung vom 09.06.2016 (Anlage K11, Bl. 20 GA) aus einem Streitwert von 162.021,- €.
26Die Klägerin hat behauptet, im Zuge der Vertragsverhandlungen über die Betriebsübernahme hätten sich die Geschäftsführer der Beklagten in einem Gespräch mit dem damaligen Geschäftsführer und späteren Liquidator der Streithelferin und dem Zeugen J. mit einer Übernahme des Öllieferungsvertrags zu den zuletzt von ihr angebotenen Konditionen eines Lieferpreises von 7,90 € netto pro Liter bei einer Erhöhung der Gesamtliefermenge auf 23.500 Liter einverstanden erklärt. Bei diesem Gespräch sei später auch der Zeuge X. Q. 1 zugegen gewesen. Die Geschäftsführer der Beklagten hätten den Zeugen J. beauftragt, ihr, der Klägerin, das Verhandlungsergebnis mitzuteilen. Sie hätten ihn nach dem Gespräch auch damit beauftragt, sich um die weitere Abwicklung der Vertragsübernahme zu kümmern und die Details mit ihr, der Klägerin, zu klären. Der ihr infolge der Nichtabnahme des Öls entgangene Gewinn belaufe sich auf 5,50 € pro Liter, weil sie das Öl für 2,40 € habe einkaufen können. Da das Ölgeschäft ein Streckengeschäft sei, sei ein anderweitiger Verkauf des von der Beklagten abzunehmenden Öls nicht möglich gewesen.
27Die Streithelferin hat sich dem Vorbringen der Klägerin angeschlossen. In dem seinerzeit mit den Geschäftsführern der Beklagten geführten Gespräch habe ihr Liquidator zusätzlich angeboten, die Restmenge aus dem Öllieferungsvertrag wieder übernehmen zu wollen, falls die Beklagte ihr Gewerbe aus wirtschaftlichen Gründen kurzfristig wieder einstellen sollte. Mit dem Verhandlungsergebnis seien die Geschäftsführer der Beklagten ausdrücklich einverstanden gewesen und hätten erklärt, das Weitere mit der Klägerin selber klären zu wollen.
28Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
291. an sie 112.799,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2015 sowie
302. vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.415,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
31Die Streithelferin hat sich den Anträgen der Klägerin angeschlossen.
32Die Beklagte hat beantragt,
33die Klage abzuweisen.
34Die Beklagte hat behauptet, von einem bestehenden Öllieferungsvertrag zwischen der Klägerin und der Streitverkündeten, in den sie anstelle der Streitverkündeten habe eintreten sollen, habe sie zum Zeitpunkt der Ölbestellungen im Jahr 2011 keine Kenntnis gehabt. Eine Erklärung, einen Öllieferungsvertrag übernehmen zu wollen, habe es von keiner vertretungsberechtigten Person gegeben. Das von der Klägerin behauptete Gespräch über die Übernahme des Öllieferungsvertrags habe nicht stattgefunden. Den Hinweis auf Restliefermengen in den Rechnungen der Klägerin habe sie nicht verstanden. Jedenfalls, so ihre Ansicht, sei es der Klägerin im Rahmen der Schadensminderungspflicht unbenommen gewesen, Ölmengen anderweitig zu verkaufen.
35Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2017 den Zeugen X. Q. 1 vernommen und mit Beschluss vom 09.03.2017 darauf hingewiesen, dass das Geschäftsmodell der Klägerin gegen § 32 KWG verstoße, weil es ohne schriftliche Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht betrieben werde. Der Öllieferungsvertrag sei zwar nicht sittenwidrig, aber wegen des Verstoßes gegen § 32 KWG nach § 134 BGB nichtig. Mit dieser Begründung hat das Landgericht die Klage mit Urteil vom 16.05.2017 abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 151-155 GA) Bezug genommen.
36Gegen das ihr am 16.05.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24.05.2017 Berufung beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt, die sie mit einem am 13.07.2017 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
37Die Klägerin rügt das landgerichtliche Urteil als fehlerhaft. Zum einen handele es sich bei dem Öllieferungsvertrag nicht um ein dem § 32 KWG unterfallendes Kreditgeschäft, zum anderen führe ein Verstoß gegen § 32 KWG nicht zur Nichtigkeit nach § 134 BGB. Da es sich bei den gleichzeitig geschlossenen Verträgen insgesamt um ein ausgewogenes Geschäftsverhältnis handele, seien die Verträge auch nicht nach § 138 BGB nichtig. Dass der Öllieferungsvertrag im Jahr 2011 von der Beklagten übernommen worden sei, ergebe sich aus dem Abruf und der Abnahme von Mineralölmengen, der Bezahlung der Lieferungen und dem Akzeptieren der auf den Rechnungen vermerkten Restabnahmemengen. Ein Vertragsschluss folge im Hinblick auf die in den Rechnungen aufgeführten Restabnahmemengen aus den Grundsätzen über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben. Die Klägerin behauptet zur Höhe des ihr entstandenen Schadens, dass sie für den Einkauf der vertragswidrig nicht abgenommenen Ölmenge 2,40 € netto je Liter hätte aufwenden müssen. Sie hat hierzu mit Schriftsatz vom 29.04.2019 Einkaufsbelege vorgelegt.
38Die Klägerin beantragt,
39unter Abänderung des am 16.05.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Krefeld, AZ: 7 O 79/16, die Beklagte zu verurteilen, an sie 112.799,50 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2015, sowie 2.415,90 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
40Die Beklagte beantragt,
41die Berufung zurückzuweisen.
42Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend. Sie ist der Ansicht, dass aus einem bloßen Abruf von Mineralöl nicht gefolgert werden könne, dass sie in einen Vertrag eingetreten sei. Der damalige Geschäftsführer und heutige Liquidator der Streithelferin habe mit seiner am 30.03.2011 geleisteten Unterschrift auf einer Rechnung vom 22.11.2010 (Bl. 278 GA) überdies zum Ausdruck gebracht, dass er und nicht die Beklagte die Restölmenge übernehme.
43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
44Der Senat hat Beweis erhoben aufgrund Beweisbeschlusses vom 15.05.2019 durch Vernehmung der Zeugen I. J. und X. Q. 1. Wegen des Umfangs und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Beweisbeschluss (Bl. 265-266 GA) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2019 (Bl. 297-305 GA) Bezug genommen.
45II.
46Die Berufung der Klägerin ist zulässig und in der Hauptsache auch begründet. Lediglich im Umfang eines Teils der Nebenforderungen hat sie keinen Erfolg.
471.
48Der Klägerin steht gegen die Beklagte wegen nicht abgenommenen Öls aus dem zwischen den Parteien bestehenden Öllieferungsvertrag ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 112.799,50 € aus §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 und 2 BGB zu. Danach kann der Gläubiger vom Schuldner ohne Fristsetzung Schadensersatz anstelle der Leistung verlangen, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis dadurch verletzt, dass er die ihm obliegende Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. So liegt es hier. Die Beklagte ist der ihr aus dem Öllieferungsvertrag obliegenden Verpflichtung, weitere 20.509 Liter Motoröl von der Klägerin abzunehmen, nicht nachgekommen, sondern hat die Erfüllung dieser Verpflichtung mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 30.11.2015 (Anlage K10) endgültig abgelehnt.
49Nach durchgeführter Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass der ursprünglich zwischen der Klägerin und der Streithelferin bestehende wirksame Öllieferungsvertrag im Jahr 2011 von der Beklagten übernommen worden ist. Für eine solche im Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Vertragsübernahme genügt eine Vereinbarung zwischen der ausscheidenden Vertragspartei – hier der Streithelferin – und der eintretenden Vertragspartei – hier der Beklagten –, wenn die andere verbleibende Vertragspartei – hier die Klägerin – dieser Vereinbarung zustimmt. Diese Voraussetzungen liegen sämtlich vor.
50a)
51Entgegen der Annahme des Landgerichts steht einem Anspruch der Klägerin nicht die Nichtigkeit des im Jahr 2005 zwischen der Klägerin und der Streithelferin geschlossenen Öllieferungsvertrags entgegen.
52aa)
53Der Vertrag, den die Beklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von der Streithelferin übernommen hat, ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 32 KWG nach § 134 BGB nichtig.
54Zwar sah § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahr 2005 vor, dass derjenige, der im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will, dafür der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bedarf. Zum einen stellt sich das Geschäftsmodell der Klägerin aber schon nicht als Bankgeschäft oder Finanzdienstleistung im Sinne von § 1 KWG dar. Keiner der in § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG genannten Tatbestände für Bankgeschäfte oder der in § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG genannten Tatbestände für Finanzdienstleistungen ist vorliegend erfüllt. Zum anderen führt ein Verstoß gegen § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG – entgegen der Ausführungen im landgerichtlichen Urteil – auch nicht zur Nichtigkeit nach § 134 BGB. Nach § 134 BGB trifft die Nichtigkeitsfolge nur solche Rechtsgeschäfte, die gegen ein beiderseitiges Verbotsgesetz verstoßen, das über eine bloße Ordnungsvorschrift hinausgeht (vgl. BGH, NJW 2000, 1186, 1187; Wendtland, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, 49. Edition, Stand: 01.02.2019, § 134 Rn. 11). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Strafbarkeit eines Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäfts ohne schriftliche Erlaubnis gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG richtet sich nicht gegen den Inhalt des verbotswidrigen Geschäfts, sondern nur gegen das ohne Erlaubnis handelnde Unternehmen (BGH, NJW 2011, 3024, 3025; Fischer/Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, CRR-VO, 5. Aufl., § 32 KWG Rn. 30; Schwennicke, in: ders./Auerbach, Kreditwesengesetz, 3. Aufl., § 32 Rn. 91). Es handelt sich bei der Erlaubnispflicht zudem um eine gewerbepolizeiliche Vorschrift. Das in der Erlaubnispflicht liegende Verbot von Bankgeschäften ohne Erlaubnis richtet sich nicht gegen die rechtliche Wirkung dieser Geschäfte, sondern soll die öffentliche Ordnung stützen (BGH, NJW 2011, 3024, 3025).
55bb)
56Der Vertrag ist auch nicht wegen Wuchers gemäß § 138 Abs. 2 BGB nichtig. Zwar lag der mit dem Öllieferungsvertrag vereinbarte Ölpreis deutlich über dem Händlereinkaufspreis. Dass die Klägerin beziehungsweise das Unternehmen B., an dessen Stelle die Klägerin im Jahr 2005 in den Vertrag eingetreten ist, mit dem Vertragsschluss bei der Streithelferin eine der im Gesetz genannten Schwächesituation ausgebeutet haben – § 138 Abs. 2 BGB nennt eine Zwangslage, Unerfahrenheit, Mangel an Urteilsvermögen oder erhebliche Willensschwäche –, wird von den Parteien jedoch weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Die wirtschaftliche Verknüpfung des Geschäfts mit dem zugleich geschlossenen, für die Streithelferin günstigen Gebrauchtwagenkaufvertrag spricht dagegen.
57b)
58Aufgrund der Bekundungen der vernommenen I. J. und X. Q. 1 sowie einer Würdigung der übrigen Indizien ist der Senat davon überzeugt, dass sich die Beklagte und die Streithelferin im Jahr 2011 durch übereinstimmende Erklärungen ihrer Geschäftsführer darauf verständigt haben, dass die Beklagte den Öllieferungsvertrag von der Streithelferin zu den mit der Klägerin neu ausgehandelten Konditionen übernimmt.
59Zwar gestaltete sich die Vernehmung der beiden Zeugen schwierig. Der Zeuge I. J., der von seinem Sohn begleitet wurde, der den Senat auf eine psychische Erkrankung seines Vater hinwies, erschien dem Senat durch die Vernehmungssituation sehr belastet. Der Zeuge X. Q. 1 hörte erkennbar schlecht und konnte nur laut und langsam angesprochen werden. Gleichwohl waren die Aussagen beider Zeugen geeignet, zur Überzeugungsbildung des Senats wesentlich beizutragen. Die Aussagen waren nicht – wie die Beklagte in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 03.01.2020 meint – unbrauchbar und unergiebig. Insbesondere hatte der Senat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugen die Fragen des Senats nicht verstanden haben. Im Gegenteil waren beide Zeugen ungeachtet ihrer jeweiligen erkennbaren Beeinträchtigungen in der Lage, auf die ihnen gestellten Fragen adäquat, nachvollziehbar und stimmig zu antworten, wie sich aus dem Protokoll der Beweisaufnahme ohne Weiteres ergibt.
60Der Zeuge I. J. hat im Rahmen seiner Vernehmung klargestellt, dass er lediglich zum ersten Punkt des Beweisbeschlusses vom 15.05.2019 Angaben machen kann. Diese Klarstellung ergab sich nicht nur aus der von ihm vorbereiteten und verlesenen schriftlichen Erklärung, die sich ausdrücklich auf „Punkt 1“ und damit nur auf das erste Beweisthema bezieht, wie sich aus den weiteren Ausführungen der zur Gerichtsakte genommenen Erklärung ergibt. Die Klarstellung ergab sich auch aus seinen mündlichen Erläuterungen. Zu diesen sah er sich ungeachtet seiner anfänglichen Einlassung, nur den vorbereiteten Text verlesen zu können, gleichwohl in der Lage. Er bekundete, dass er nur einem Gespräch zwischen dem Geschäftsführer der Streithelferin und den Geschäftsführern der Beigeladenen beigewohnt habe, in welchem der Geschäftsführer der Streithelferin mitteilte, noch einen Ölvertrag mit der Klägerin zu haben, dessen Konditionen er noch nachverhandeln wolle. Den einprägsamen Begriff von der „Leiche im Keller“, den der Geschäftsführer der Streithelferin in diesem Zusammenhang gebraucht haben soll, erwähnte der Zeuge nicht nur im Rahmen seiner verlesenen Erklärung, sondern er wiederholte ihn auch im Rahmen seiner mündlichen Angaben. Im Übrigen betonte der Zeuge im Rahmen seiner Vernehmung wiederholt, nicht an einem Gespräch beteiligt gewesen zu sein, in dem die Geschäftsführer der Beklagten der Übernahme des Öllieferungsvertrags zu den mit der Klägerin neu ausgehandelten Konditionen zugestimmt hätten. Er wisse nur, dass anschließend von der Beklagten Öl zu den mit der Klägerin neu ausgehandelten Konditionen bestellt worden sei. Diese Angabe, die zustimmende Erklärung der Geschäftsführer der Beklagten zu den neuen Lieferkonditionen nicht selbst gehört zu haben, deckt sich mit dem Inhalt einer dem Zeugen vorgehaltenen Fotokopie einer eidesstattlichen Versicherung vom 23.08.2016, die die Unterschrift des Zeugen J. trägt und in der der Name des Zeugen als Teilnehmer eines Gesprächs mit besagtem Inhalt handschriftlich gestrichen worden ist.
61Der Senat zweifelt anders als die Beklagte in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz nicht daran, dass die vom Zeugen J. im Termin vom 18.12.2019 verlesene schriftliche Erklärung von ihm stammt. Dafür spricht nicht nur, dass er sie unterschrieben und sie in der mündlichen Verhandlung konkludent als seine Erklärung ausgegeben hat, sondern auch, dass er ohne Weiteres in der Lage war, ihren Inhalt auch mündlich auszuführen, zu präzisieren und zu ergänzen. So hat er auf Vorhalt der Rechnungskopie von Blatt 278 der Gerichtsakte klargestellt, dass es eine mündliche Zusage des Geschäftsführers der Streithelferin gab, den Öllieferungsvertrag wieder zu übernehmen, wenn die Beklagte ihren Betrieb kurzfristig aus wirtschaftlichen Gründen einstellen sollte. Diese mündliche Zusage sei von ihm, dem Zeugen, auf der Rechnung nur unvollständig verschriftlicht worden.
62Der Senat hat nicht nur keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen, der keinem der im Verfahren widerstreitenden Lager angehört, sondern hält seine Bekundungen auch für glaubhaft. Dass er sich angesichts des Zeitablaufs und möglicherweise auch infolge der Beeinträchtigungen durch seine Erkrankung nicht mehr an alle Einzelheiten des Geschehens im Jahr 2011 erinnern kann, ist nicht verwunderlich. Dass er diese Wissenslücken offen eingeräumt hat und auch im Übrigen deutlich gemacht hat, wozu er aus eigenem Erleben keine Angaben machen kann, spricht vielmehr für die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung. Dass er das von ihm zu bekundende Geschehen zeitlich im Oktober 2011 eingeordnet hat, während nach den zur Gerichtakte gereichten schriftlichen Unterlagen viel dafür spricht, dass die entscheidenden Gespräche im Frühjahr 2011 stattfanden, führt der Senat auf die nachlassende Erinnerung infolge des Zeitablaufs zurück.
63Durch die Bekundungen des Zeugen hält es der Senat für erwiesen, dass die Geschäftsführer der Beklagten bereits im Frühjahr 2011 wussten, dass im Zuge der von der Beklagten beabsichtigten Betriebsaufnahme das Schicksal des mit der Klägerin bestehenden Öllieferungsvertrags geklärt werden musste und dass der Geschäftsführer N. Q: der Streithelferin zu diesem Zweck mit der Klägerin günstigere Lieferbedingungen verhandeln wollte, die den Geschäftsführern der Beklagten eine Vertragsübernahme erleichtern sollten. Die Behauptung der Beklagten, sie beziehungsweise ihre Geschäftsführer hätten die Hinweise auf Restabnahmemengen auf den Ölrechnungen, welche die Beklagte nach der Aufnahme ihrer Betriebstätigkeit von der Klägerin erhielt, nicht verstanden, hält der Senat aufgrund der Bekundungen des Zeugen J. für widerlegt.
64Dies gilt umso mehr, als schon nach den schriftlichen Unterlagen wenig für die Richtigkeit dieser Behauptung der Beklagten sprach. Zum einen ist ausweislich des vorgelegten E-Mail-Schriftverkehrs bereits im März oder April 2011 von dem Zeugen J. für die Beklagte Öl auf Grundlage der von der Klägerin neu angebotenen Konditionen bestellt worden. Er schien damit seinerzeit, auch wenn er Bestellvorgänge heute nicht mehr erinnert, keine Zweifel an einer neuen, für die Beklagte relevanten Vereinbarung mit der Klägerin gehabt zu haben. Zum anderen enthielten die den Bestellungen nachfolgenden Rechnungen der Klägerin Hinweise auf die zum Zwecke der Vertragsübernahme neu ausgehandelten Konditionen. Auf der Rechnung Nr. 1/1888 - 28 der Klägerin vom 18.04.2011 (Anlage K5) befindet sich der Hinweis auf Restabnahmemengen an zentraler Stelle und weist zugleich auf eine Preisreduzierung und eine Mengenanhebung und eine daraus resultierende Laufzeitverlängerung hin. Dieser – auf die neuen Lieferkonditionen Bezug nehmende – Hinweis findet sich erneut auf der Folgerechnung Nr. 1/1888 - 29 der Klägerin vom 26.09.2011 (Anlage K6). Wenn die Geschäftsführer der Beklagten mit diesen Hinweisen tatsächlich nichts anzufangen gewusst haben, wie die Beklagte behauptet, hätte es nahe gelegen, sich nach der Bedeutung zu erkundigen, zumal die Rechnungen jeweils nur schleppend und ratenweise und damit nicht beiläufig beglichen worden sind. Das spricht dafür, dass die Forderungen für die Beklagte eine Belastung darstellten. Eine solche gab Anlass, die Forderungen zu hinterfragen.
65Dass den Geschäftsführern der Beklagten der Hintergrund der Hinweise auf den Rechnungen – wovon der Senat nach der Aussage des Zeugen J. überzeugt ist – nicht unverständlich war, stellt eine weitere ihrer Behauptungen in Frage. Wenn es eine Zusage, den Öllieferungsvertrag von der Streithelferin zu übernehmen, von ihrer Seite nicht gegeben hat, wie die Beklagte behauptet, ist nicht nachvollziehbar, warum ihre Geschäftsführer auf die Rechnungshinweise nicht zeitnah reagiert haben. Stattdessen hat die Beklagte erstmals im Oktober 2013 im zeitlichen Kontext ihres Telefaxes vom 16.10.2013 (Anlage K7) im Zuge der Begleichung der letzten Rate aus der Rechnung der Klägerin vom 28.03.2012 eine Vertragsübernahme verneint. Das war mehr als zwei Jahre nach Einstellung des Geschäftsbetriebs der Streithelferin und Aufnahme des Geschäftsbetriebs durch die Beklagte. Wie der Zeuge J. in Übereinstimmung hiermit bekundet hat, ist ihm eine Auseinandersetzung zwischen der Beklagten und der Klägerin im Zusammenhang mit dem Öllieferungsvertrag bis zu seinem Ausscheiden bei der Beklagten am 26.03.2013 nicht bekannt geworden. Ein plausibler Grund, warum die Beklagte auf eine in ihrem Interesse liegende frühzeitigere Klarstellung und Klärung verzichtet hat, ist nicht erkennbar.
66Unter anderem aus diesem Grund hält der Senat auch die Bekundungen des Zeugen X. Q. 1 für glaubhaft, der im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt hat, dass die Geschäftsführer der Beklagten mit einer Übernahme des Öllieferungsvertrags zu den neu ausgehandelten Konditionen einverstanden waren. Der Senat ist nach der Vernehmung des Zeugen davon überzeugt, dass die Geschäftsführer der Beklagten ein solches Einverständnis gegenüber dem Zeugen und seinem Sohn, dem damaligen Geschäftsführer und späteren Liquidator N. Q. der Streithelferin, erklärt haben. Gegen die Glaubhaftigkeit der entsprechenden Bekundungen des Zeugen spricht nicht, dass er sich an Details oder den Wortlaut der Erklärung der Geschäftsführer der Beklagten während seiner Vernehmung nicht mehr erinnern konnte. Anderes wäre nach dem langen Zeitablauf und angesichts des inzwischen hohen Alters des Zeugen geradezu überraschend gewesen.
67Die Angaben des Zeugen Q. 1 sind insbesondere deshalb glaubhaft, weil sie durch zahlreiche Indizien gestützt werden, die auf die vom Zeugen bekundete Vereinbarung hindeuten. Außer den bereits genannten Anhaltspunkten für die Vereinbarung zählt dazu, dass die Beklagte in den Jahren 2011 und 2012 wiederholt Öl bei der Klägerin bestellt hat, obwohl sie deren Konditionen, die aus den Rechnungen ersichtlich waren, als unwirtschaftlich ansah. Allein mit einer personellen Kontinuität der Belegschaft lässt sich dieses Bestellverhalten, nachdem die ersten Rechnungen vorlagen und bezahlt werden mussten, kaum erklären. Auch die letztlich reibungslose Betriebsaufnahme der Beklagten am früheren Standort der Streithelferin ist vor allem für den Fall plausibel, dass die Geschäftsführer der Beklagten bereit waren, den Öllieferungsvertrag zu den neu ausgehandelten Konditionen zu übernehmen. Die Streithelferin, die ihren Kfz-Betrieb einstellte und ihren bisherigen Betriebsstandort mit Material und Inventar der Beklagten überließ, konnte an einem weiteren Ölbezug kein Interesse mehr haben, worauf der Zeuge Q. 1 im Rahmen seiner Vernehmung nachvollziehbar hingewiesen hat. Die Geschäftsführer der Beklagten hingegen, die den Betrieb aufnehmen wollten, konnten kein Interesse daran haben, dass der Unternehmensstart durch die ungelöste Frage der Übernahme des Öllieferungsvertrags in Gefahr geriet.
68Gegen die von dem Zeugen Q. 1 bekundete Vereinbarung spricht entgegen der Ansicht der Beklagten nicht, dass sie nicht schriftlich festgehalten worden ist. Die Geschäftsführer der Beklagten stammten aus dem Kreis der Mitarbeiter der Streithelferin. Sie waren, worauf der Zeuge Q. 1 hingewiesen hat, keine Unbekannten. Für den Geschäftsführer der Streithelferin lag daher die Annahme nahe, dass es einer schriftlichen Vereinbarung nicht bedurfte, sondern dass man sich auf die mündliche Zusage der Geschäftsführer der Beklagten verlassen konnte.
69Soweit die Beklagte im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 03.01.2020 Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen Q. 1 äußert, weil dieser ein ganz erhebliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits habe, teilt der Senat diese Bedenken nicht. Sollte die Klage abgewiesen werden, hätte dies schlimmstenfalls Folgen für die Streithelferin, würde aber nicht den Zeugen oder seinen Sohn der Gefahr einer persönlichen Haftung aussetzen. Im Rahmen der Vernehmung des Zeugen ergaben sich für den Senat keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass sich der Zeuge bei seiner Aussage von geschäftlichen oder familiären Interessen hat leiten lassen und dass er gegen seine Wahrheitspflicht verstoßen hat.
70c)
71Die zwischen der Streithelferin und der Beklagten mündlich vereinbarte Vertragsübernahme war formlos möglich. Anderes gilt nur dann, wenn für den übernommenen Vertrag eine bestimmte Form vorgeschrieben ist (Herresthal, in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.06.2019, § 311 BGB Rn. 154). Dies ist mit Blick auf den Öllieferungsvertrag jedoch nicht der Fall.
72d)
73Die Klägerin hat dem Rechtsgeschäft zwischen der Streithelferin und der Beklagten gemäß § 182 Abs. 1 BGB zugestimmt. Das ergibt sich aus der an die Adresse …@....de gerichteten E-Mail des Gesellschafters T. S. der Klägerin, die als Absendedatum den 31.03.2011 ausweist und in der er sein Einverständnis mit den neuen vertraglichen Konditionen, insbesondere der Preisänderung, erklärt. Bestätigt wird diese Zustimmung durch die nachfolgende Abrechnungspraxis der Klägerin auf der Grundlage der in der E-Mail mitgeteilten Konditionen.
74e)
75Der der Klägerin von der Beklagten aufgrund der Abnahmeverweigerung gemäß §§ 249 Abs. 1, 252 BGB zu ersetzende Schaden beläuft sich auf 122.799,50 €. Das diesbezügliche pauschale Bestreiten der Beklagten ist, wenn sie daran zuletzt überhaupt noch festhalten wollte, unbeachtlich. Die Klägerin hat auf den im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10.04.2019 erteilten rechtlichen Hinweis des Senats unter Beifügung von Einkaufsbelegen vorgetragen, dass sie das an die Beklagte im Rahmen eines Streckengeschäfts zu liefernde Öl zum Preis von 2,40 € je Liter einkaufen konnte. Je Liter des von der Beklagten nicht abgenommenen Öls ist ihr danach ein Schaden in Form entgangenen Gewinns in Höhe von 5,50 € netto (7,90 € abzüglich 2,40 €) entstanden. Damit hat sich die Beklagte nicht mehr auseinandergesetzt, obwohl dies nach den Grundsätzen abgestufter Darlegungslast geboten gewesen wäre.
762.
77Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus §§ 286 Abs. 1 und 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB auch einen Anspruch auf Verzugszinsen aus dem Betrag der Hauptforderung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.12.2015. Die Beklagte befand sich ab dem 01.12.2015 mit der Zahlung der Schadensersatzforderung in Verzug. Zwar ist erst mit der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung der Beklagten durch Anwaltsschreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 30.11.2015 der Schadensersatzanspruch der Klägerin entstanden. Das eindeutig formulierte, der Klägerin die Beschreitung des Rechtswegs anheimstellende Anwaltsschreiben kann aber aus der maßgeblichen Empfängersicht nur so verstanden werden, dass die Beklagte auch jegliche Schadensersatzzahlung ernsthaft und endgültig verweigern wollte. In diesem Fall konnte von der Klägerin nicht verlangt werden, die Zahlung des Schadensersatzbetrags gegenüber der Beklagten gesondert anzumahnen. Vielmehr ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB auch im Hinblick auf die Schadensersatzforderung zu bejahen.
78Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz klageerweiternd einen Zinsanspruch in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz geltend macht, steht ihr dieser Anspruch nicht zu. § 288 Abs. 2 BGB gewährt einen Zinsanspruch in dieser Höhe nur für bestimmte Entgeltforderungen. Eine Schadensersatzforderung, wie sie von der Klägerin geltend gemacht wird, erfüllt den Begriff der Entgeltforderung jedoch nicht, weil ein Schadensersatzbetrag kein Entgelt für eine im Synallagma stehende Leistung darstellt (vgl. Ernst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 286 Rn. 82).
793.
80Der von der Klägerin mit der Berufung weiterverfolgte Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe 2.415,90 € nebst Zinsen steht ihr ebenfalls nicht zu. Die Klägerin hat einen entsprechenden Anspruch nicht schlüssig dargelegt.
81Zwar können vorgerichtliche Anwaltskosten einen nach §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB ersatzfähigen Verzugsschaden darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sie nach Eintritt des Schuldnerverzugs entstanden sind und sich als ein Schaden darstellen, der ursächlich auf den Verzug zurückzuführen ist. Bereits hierzu ist von der Klägerin nichts vorgetragen worden. Aus der Anwaltsrechnung (Anlage K11), welche die Klägerin zur Begründung ihrer Forderung vorlegt, ergibt sich ein Zeitraum anwaltlicher Tätigkeit vom 17.09.2014 bis zum 09.06.2016. Es ist anhand des Vortrags der Klägerin aber nicht nachzuvollziehen, wie sich die Beklagte am 17.09.2014 mit der Abnahme von Ölmengen im Wert von 162.021,- € in Verzug befunden haben soll, die als Gegenstandswert in der anwaltlichen Kostenrechnung genannt sind. Das Telefaxschreiben der Beklagten vom 16.10.2013 (Anlage K7) lässt sich noch nicht als eine verzugsbegründende ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung im Sinne von § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB bezüglich der Ölabnahme ansehen. Die E-Mail ihres Gesellschafters T. S. vom 12.11.2015 (Anlage K9) spricht dafür, dass auch die Klägerin das seinerzeit nicht anders gesehen hat. Denn mit der E-Mail forderte der Gesellschafter die Geschäftsführerin T. 1 der Beklagten auf, ausstehende Ölmengen abzunehmen und zu bezahlen und bat um eine Antwort bis zum 20.11.2015.
82Ob und in gegebenenfalls welchem Umfang die Beklagte auf andere Weise vor Einschaltung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Verzug geraten sein könnte, kann dahinstehen, weil die Klägerin das Entstehen der mit der Rechnung ihrer Prozessbevollmächtigten vom 09.06.2016 abgerechneten 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG und damit den ihr angeblich durch den Verzug entstandenen Schaden nicht schlüssig dargelegt hat. Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG kann lediglich für eine nach außen gerichtete anwaltliche Tätigkeit verlangt werden. Das Betreiben eines Geschäfts, das eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslöst, setzt einen Auftrag des Mandanten voraus, der auf eine Tätigkeit des Rechtsanwalts nach außen, also gegenüber Dritten, gerichtet ist (BGH, NJW 2018, 1479, 1480; Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 24. Aufl., RVG VV 2300 Rn. 17a). Für einen solchen Auftrag und eine daraufhin von den Prozessbevollmächtigten entfaltete vorgerichtliche Tätigkeit, die an die Beklagte gerichtet war, ist hier jedoch nichts vorgetragen oder ersichtlich.
83Sind die Prozessbevollmächtigten der Klägerin vor Klageerhebung ausschließlich nach innen gegenüber ihrer Mandantin tätig geworden, liegt eine Beratung im Sinne von § 34 RVG vor (vgl. BGH, NJW 2018, 1479, 1480). Zu den Voraussetzungen und zur Höhe einer etwaigen hierauf gestützten Vergütungsforderung der Prozessbevollmächtigten fehlt indes jeglicher Vortrag. Der Klägerin kann daher mangels ausreichender Anknüpfungspunkte selbst ein Mindestbetrag nicht zugesprochen werden.
84III.
85Da die Beklagte ganz überwiegend unterlegen ist, hat sie gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen insgesamt zu tragen. Die Entscheidung über die Kosten der Streithilfe folgt aus § 74 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 101 Abs. 1 ZPO.
86Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
87Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
88Streitwert für beide Instanzen: 112.799,50 €
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Referenzen
- 7 O 79/16 2x (nicht zugeordnet)