Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 15 W 72/76
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Auf die erste Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluß des Rechtspflegers des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 21. Juni 1974 aufgehoben.
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts Lüdenscheid wird angewiesen, den mit Schreiben vom 7. Februar 1974 und in der Urkunde vom 20. Dezember 1973 gestellten Anträgen auf Eintragung von Nießbrauchsrechten an Gesellschaftsanteilen nach Maßgabe der folgenden Beschlußgründe stattzugeben.
1
Gründe:
2Die Firma ... in Lüdenscheid war eingetragene Eigentümerin der in den Grundbüchern des Amtsgerichts Lüdenscheid von ... Blatt ... und ... und von ... Blatt verzeichneten Grundstücke. Diese Grundstücke sind im einzelnen in Ziffer I 1 eines notariellen Vertrages vom 20. Dezember 1973 (Urkundenrolle Nr. 1295/1973 des Notars ... in ...) aufgeführt. An der Kommanditgesellschaft sind der Beteiligte zu 1) als persönlich haftender Gesellschafter und die Beteiligten zu 2) bis 9) als Kommanditisten beteiligt. Die Gesellschaftsanteile der Beteiligten zu 2) bis 4) sind zu bestimmten Quoten mit Nießbrauchsrechten zugunsten des Beteiligten zu 1), ihres Vaters, die des Beteiligten zu 6) in ähnlicher Weise zugunsten der Beteiligten zu 5), seiner Mutter, und die der Beteiligten zu 8) und 9) zugunsten der Beteiligten zu 7), ihrer Mutter, belastet.
3In dem erwähnten notariellen Vertrage vom 20. Dezember 1973 haben die Gesellschafter der Kommanditgesellschaft vereinbart, daß sie die erwähnten Grundstücke aus dem Vermögen der Kommanditgesellschaft ausgliedern und den Gesellschaftern nach dem Verhältnis zuteilen, in dem diese am Vermögen der Kommanditgesellschaft beteiligt sind. Die mit Nießbrauchsrechten an ihren Gesellschaftsanteilen belasteten Gesellschafter der Kommanditgesellschaft haben sich verpflichtet, an den ihnen durch Ausgliederung zugeteilten Grundstücksanteilen wiederum Nießbrauchsrechte für die betreffenden Nießbraucher mit gleich hohen Quoten zu bestellen. Von den ihnen zugeteilten Miteigentumsanteilen an den Grundstücken hat der Beteiligte zu 1) seine Anteile dem Beteiligten zu 2), die Beteiligte zu 5) ihre Anteile dem Beteiligten zu 6) und die Beteiligte zu 7) ihre Anteile zu gleichen Teilen den Beteiligten zu 8) und 9) geschenkt. Diese Zuteilungen und Schenkungen, letztere sind unter dem Vorbehalt der vollen Nutznießung geschehen, haben die Vertragsbeteiligten durch Eigentumsübertragungen auf die Gesellschafter in Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfüllt: Auf Grund der Ausgliederung aus der Kommanditgesellschaft und der Schenkungen sind nämlich als Anwärter auf das Grundstückseigentum mit genau errechneten Anteilen die Beteiligten zu 2) bis 4), 6), 8) und 9) bezeichnet worden, die in dem notariellen Vertrag eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gegründet haben, in die die aus dem Vermögen der Kommanditgesellschaft ausgegliederten Grundstücke eingebracht worden sind. Die Gesellschafter bürgerlichen Rechts wiederum sind verpflichtet worden, an ihren Gesellschaftsrechten Nießbrauchsrechte zu bestellen, und zwar die Beteiligten zu 2) bis 4) zugunsten ihres Vaters, des Beteiligten zu 1), im Überlebensfalle auch noch zugunsten ihrer Mutter, der Beteiligte zu 6) zugunsten seiner Mutter, der Beteiligten zu 5), im Überlebensfalle auch noch zugunsten seines Vaters, und die Beteiligten zu 8) und 9) zugunsten ihrer Mutter, der Beteiligten zu 7). Diese Bestellungen sind jeweils auf Lebenszeit durch die Beteiligten vorgenommen worden. In Ziffer I 6 e des Vertrages haben die Beteiligten vereinbart, daß die Nießbrauchsrechte, soweit rechtlich zulässig, als Verfügungsbeschränkung in die Grundbücher der betroffenen Grundstücke eingetragen werden sollen; die Vertragsbeteiligten haben diese Grundbucheintragungen bewilligt und beantragt. Ziffer I 9 des Vertrages enthält bezüglich der Grundstücke die Auflassungen und die Anträge sowie die Bewilligungen für die Eintragung der Eigentumswechsel unmittelbar von der Kommanditgesellschaft auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
4Unter Überreichung der notariellen Urkunde vom 20. Dezember 1973 und verschiedener anderer Eintragungsunterlagen hat der Urkundsnotar mit Begleitschreiben vom 7. Februar 1974 beim Grundbuchamt unter Hinweis auf § 15 GBO beantragt, den in der Urkunde gestellten Anträgen (Eintragung der Eigentumswechsel und der Bestellung von Nießbrauchsrechten an den Gesellschaftsanteilen) zu entsprechen. Nachdem der Rechtspfleger des Grundbuchamts bereits in einer Verfügung vom 1. März 1974 Bedenken gegen die Eintragung der Nießbrauchsrechte "als Verfügungsbeschränkungen" geäußert und diese in einer weiteren Verfügung vom 29. April 1974 aufrechterhalten hatte, hat er durch Beschluß vom 21. Juni 1974 diesen Eintragungsantrag zurückgewiesen, da die Bestellung eines dinglichen Nießbrauchs an dem Gesellschaftsanteil einer BGB-Gesellschaft nicht möglich sei. Der Eigentumswechsel an den Grundstücken auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der nicht an den Vorbehalt des § 16 Abs. 2 GBO geknüpft war, ist dagegen am 12. Juli 1974 im Grundbuch eingetragen worden. Der Erinnerung der Beteiligten vom 10. Juli 1974 gegen den zurückweisenden Beschluß haben Rechtspfleger und Richter nicht abgeholfen. Das Landgericht hat die als Beschwerde geltende Erinnerung durch Beschluß vom 4. November 1975 zurückgewiesen. Es hat zwar die von den Vertragsbeteiligten vereinbarte Nießbrauchsbestellung an den gesamten aus der Beteiligung an der BGB-Gesellschaft erwachsenden Rechten anerkannt, eine Grundbucheintragung aber dennoch abgelehnt, weil es nach dem Gesellschaftsvertrage bezüglich der Verfügung über Gesellschaftsanteile im Verhältnis zu Dritten, die nicht Gesellschafter der ... und gleichzeitig der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ... seien, bei der Regel des § 719 BGB verbleibe; gutgläubiger Erwerb von Geschäftsanteilen oder von Anteilen eines Gesellschafters am Grundvermögen sei auf Grund der Eintragung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeschlossen. Gegen die Beschwerdeentscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 23. Februar 1976 mit dem Antrage, unter Aufhebung der Vorentscheidungen anzuordnen, daß den Anträgen auf grundbuchliche Eintragung von Verfügungsbeschränkungen bezüglich der eingeräumten Nießbrauchsrechte stattzugeben sei. Die Beteiligten sind der Auffassung, daß die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Eintragungsfähigkeit von Pfändung, Verpfändung oder Nießbrauchsbestellung eines. Erbanteils an einer Erbengemeinschaft, sofern ein Grundstück zum Nachlaß gehört, auch auf die Nießbrauchsbestellung an einem Gesellschaftsanteil anzuwenden seien.
5Die statthafte und in der rechten Form eingelegte weitere Beschwerde ist begründet, weil die Beschwerdeentscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 78 GBO). Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und auf die Erstbeschwerde auch der amtsgerichtlichen Entscheidung vom 21. Juni 1974 und zur Anweisung an das Grundbuchamt, den im Hinblick auf die Nießbrauchsrechte gestellten Eintragungsanträgen stattzugeben.
6Die Nießbrauchsbestellung an einem Gesellschaftsanteil einer BGB-Gesellschaft vollzieht sich, auch wenn ein Grundstück zum Gesellschaftsvermögen gehört, außerhalb des Grundbuchs, kann aber im Wege der Berichtigung (§§ 894 BGB, 22 Abs. 1 GBO) im Grundbuch eingetragen werden, weil sie eine Änderung der Befugnis, über dieses Grundstück zu verfügen, zur Folge hat.
7Zur Klärung der grundbuchlichen folge einer Nießbrauchsbestellung an einem Gesellschaftsanteil hat das Landgericht im Ausgangspunkt seiner rechtlichen Erwägungen zutreffend auf die Rechtsgrundsätze verwiesen, die anläßlich der Belastung von Miterbenanteilen am ungeteilten Nachlaß, also im Rahmen einer anderen Gesamthandsgemeinschaft des bürgerlichen Rechts, entwickelt worden sind. Nach ganz herrschender Auffassung in Rechtsprechung (RGZ 90, 232 ff.; KGJ 33 A 226 ff.; Beschluß des Senats vom 19. Februar 1959 - 15 W 54/59 - = JMBLNRW 1959, 110) und Schrifttum (Brand/Schnitzler, Die Grundbuchsachen in der gerichtlichen Praxis, 9. Aufl., Seiten 149, 167 und 223; Ertl in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht Rz. 56 zu § 22 GBO; Meikel/Imhof/Riedel (MIR), Grundbuchrecht, 6. Aufl., Rz. 43 zu § 22 GBO; Palandt/Keidel, BGB, 35. Aufl., Anm. 2 c cc zu § 2033 BGB; Ripfel, NJW 1958, 692; Soergel/Manfred Wolf, BGB, 10. Aufl., Rz. 18 zu § 2033 BGB; Staudinger/Lehmann, BGB, 11. Aufl., Rz. 20 zu § 2033 BGB) kann dann, wenn ein Grundstück zum Nachlaß gehört, die Tatsache einer nach § 2033 Abs. 1 BGB möglichen Verpfändung eines Erbanteils im Wege der Berichtigung im Grundbuch (Abt. II) eingetragen werden, weil die eingetragenen Miterben zur Verfügung über das Grundstück der Zustimmung des Pfandgläubigers bedürfen. Die Verpfändung des Erbanteils hat die rechtliche Wirkung, daß der davon betroffene Miterbe zugunsten des Pfandgläubigers nicht nur in seiner Mitberechtigung am Gesamtnachlaß, sondern auch in der Verfügungsbefugnis hinsichtlich des Nachlaßgrundstückes beschränkt ist. Nach § 1276 BGB kann ein verpfändetes Recht nur mit Zustimmung des Pfandgläubigers durch Rechtsgeschäft aufgehoben oder in einer das Pfandrecht beeinträchtigenden Weise geändert werden. Verfügt ein Miterbe durch Verpfändung gemäß §§ 1273, 1274 BGB über seinen Miterbenanteil, so scheidet er zwar aus der Mitberechtigung nicht aus, es werden aber sein Anteil an dem gemeinschaftlichen Vermögen (§ 2032 Abs. 1 BGB) und damit seine Befugnis, gemeinsam mit den anderen Miterben über einen Nachlaßgegenstand zu verfügen (§ 2040 Abs. 1 BGB), zugunsten des Pfandgläubigers beschränkt. Dessen Pfandrecht unterliegt zwar nur das Anteilsrecht des Miterben an dem ungeteilten Nachlaß als einem Inbegriff von Rechten und Pflichten; ein Anteil eines Miterben an einem zum Nachlaß gehörenden Grundstück kann nach § 2033 Abs. 2 BGB nicht verpfändet werden. Es wird aber mindestens als Beeinträchtigung des Pfandrechts an dem Erbteil angesehen, wenn der verpfändende Miterbe das zum Nachlaß gehörende Grundstück in Gemeinschaft mit den anderen Miterben ohne Berücksichtigung der Verpfändung gemäß § 2040 Abs. 1 BGB veräußern oder belasten würde. Es würde dadurch ein Gegenstand, der von dem verpfändeten Anteilsrecht ergriffen wird und ihm mit den anderen Nachlaßgegenständen Inhalt und Wert verleiht, dem Anteilsrechte entzogen werden oder in seiner Verwertbarkeit eine Einbuße erleiden (RGZ 90, 232, 236). Auf diesem Grunde kann der Miterbe, der seinen Erbteil verpfändet hat, nicht mehr in Gemeinschaft mit den anderen Miterben frei über das Grundstück verfügen, sondern bedarf vielmehr dazu der Zustimmung des Pfandgläubigers, damit die Verfügung diesem Gläubiger gegenüber wirksam ist. Das Pfandrecht an dem Erbteil kann - ebenso wie die sich außerhalb des Grundbuchs mit dinglicher Wirkung vollziehende Übertragung eines Erbteils - im Grundbuch des Nachlaßgrundstücks eingetragen werden, damit das eingetragene Gesamteigentum der Miterben hinsichtlich des Anteils des verpfändenden Miterben in seiner wirklichen Ausgestaltung (Zustimmungserfordernis des Pfandgläubigers bei Verfügungen) aus dem Grundbuch ersichtlich wird. Es handelt sich also nicht um die Eintragung eines Rechts an dem Grundstück, sondern es wird im Grundbuch die Tatsache der Verpfändung des Miterbenanteils am Gesamtnachlaß wegen der verfügungsbeschränkenden Wirkung des Pfandrechts verlautbart.
8Diese Eintragung bedeutet nicht die Wiedergabe einer rechtsgeschäftlichen Verfügungsbeschränkung, die nach § 137 BGB unzulässig wäre. Vielmehr zeigt das Grundbuch eine Folge auf, die sich an die Belastung des Erbteils mit einem dinglichen Recht knüpft, eine Verminderung der Verfügungsrechte des Miterben durch die notwendige Mitwirkung des Pfandgläubigers (RG, KG, OLG Hamm, Ripfel, jeweils a.a.O.). Die Eintragung der Erbteilsverpfändung bewirkt auch keine nach § 2033 Abs. 2 BGB unzulässige dingliche Belastung eines Miterbenanteils an dem Nachlaßgrundstück noch eine pfandrechtliche Belastung des Grundstücks selbst, die nach dem BGB nur durch Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld möglich wäre.
9Auf die Veräußerung des Nachlaßgrundstücks wirkt sich das Pfandrecht an einem Erbteil im Sinne einer Verfügungsbeschränkung für sämtliche Miterben aus, die gemäß §§ 135, 892 Abs. 1 S. 2, 1276 BG: den gutgläubigen Erwerb des Grundstücks zum Nachteil des Erbteilspfandgläubigers ausschließt. Personen, die von der Verpfändung des Erbteils und der dadurch bewirkten Verfügungsbeschränkung des Miterben keine Kenntnis haben, könnten eine Nachlaßsache oder ein Recht daran oder ein Recht an einem Grundstücksrecht frei von dem Erbteilspfandrecht gutgläubig erwerben (vgl. §§ 892, 932, 936, 1032, 1207 BGB). Wenn die Erbteilsverpfändung im Grundbuch eingetragen ist, ist der Pfandgläubiger gegen Beeinträchtigungen des zum Nachlaß gehörigen Grundeigentums geschützt.
10Die Pfändung des Erbteils eines Miterben hat dieselben Wirkungen wie die Erbteilsverpfändung (§§ 859 Abs. 2, 804 ZPO). Auch sie kann daher im Wege der Berichtigung in das Grundbuch des zum Nachlaß gehörenden Grundstücks eingetragen werden, um die gemeinschaftliche Verfügung der Miterben dem gutgläubigen Dritten gegenüber von der Zustimmung des Pfandgläubigers abhängig zu machen (BayObLG, NJW 1959, 1780; KG, OLG 12, 366; Güthe/Triebel, GBO, 6. Aufl., Seite 1843; Palandt/Keidel, Anm. 2 c cc zu § 2033 BGB; MIR, Rz. 43 zu § 22 GBO; Ripfel, NJW 1958, 692; Soergel/Manfred Wolf, Rz. 18 zu § 2033 BGB).
11Schließlich ist auch die Bestellung eines Nießbrauchs an einem Erbteil (§ 1069 BGB) eintragungsfähig. Nach § 1071 BGB kann ein dem Nießbrauch unterliegendes Recht durch Rechtsgeschäft nur mit Zustimmung des Nießbrauchers aufgehoben werden; gleiches gilt im Falle einer Änderung des Rechts, sofern sie den Nießbrauch beeinträchtigt. Auch hierbei würde es zumindest eine Beeinträchtigung des Nießbrauchs an dem Erbteil bedeuten, wenn der den Nießbrauch bestellende Miterbe ein zum Nachlaß gehörendes Grundstück in Gemeinschaft mit den anderen Miterben ohne Berücksichtigung seiner Nießbrauchsbestellung veräußern oder belasten würde. Die Tatsache der Nießbrauchsbestellung muß daher zur Verhinderung gutgläubigen Erwerbs aus dem Grundbuch ersichtlich gemacht werden können. Folgerichtig ist demnach die Auffassung, daß der am Anteil des Miterben am ungeteilten Nachlaß bestellte Nießbrauch im Grundbuch eines Nachlaßgrundstückes eingetragen werden kann (RG, DNotZ 1937, 578 zu Nr. 12; Brand/Schnitzler, Seite 233).
12Die hier dargelegten Rechtsgrundsätze haben nach der Auffassung des Senats auch dann zu gelten, wenn Gegenstand der Belastung mit einem Pfandrecht oder Nießbrauch nicht der Anteil eines Miterben am ungeteilten Nachlaß ist, sondern der Anteil des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. dazu § 719 Abs. 1 BGB und Palandt/Thomas, Anm. 1 zu § 717 BGB).
13Zwischen der Erbengemeinschaft und der BGB-Gesellschaft besteht allerdings ein wesentlicher Unterschied im Hinblick auf die Verkehrsfähigkeit der gesamthänderischen Vermögensbeteiligungen der Mitglieder. Während nach § 2033 Abs. 1 BGB als Abweichung von gesamthänderischen Grundsätzen jeder Miterbe über seinen Anteil an dem Nachlasse verfügen kann, untersagt § 719 Abs. 1 BGB - ähnlich wie § 1419 Abs. 1 BGB dem Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft - dem Gesellschafter eine Verfügung über seinen Anteil an dem Gesellschaftsvermögen. Die §§ 717, 719 BGB sind nach durchweg anerkannter Auffassung jedoch nachgiebiges Recht (Erman/Ronke, BGB 6. Aufl., Rz. 5 zu § 1069 BGB; Palandt/Bassenge, Anm. 4 b zu § 106 BGB; Soergel/Baur, Rz. 7 zu § 1068 BGB; Staudinger/Spreng, Rz. 3 zu § 1069 BGB). Sieht es der Gesellschaftsvertrag vor oder sind die Gesellschafter damit einverstanden, daß der Gesellschaftsanteil übertragen oder belastet wird, so kann nach dieser Auffassung, der auch der Senat zustimmt, ein Nießbrauch an dem Gesellschaftsanteil bestellt werden.
14Innerhalb der Urkunde vom 20. Dezember 1973 ist zwar nach § 11 des mitbeurkundeten Gesellschaftsvertrages die Belastung von Gesellschaftsanteilen mit Rechten Dritter (Pfandrecht, Nießbrauch) ausgeschlossen worden. § 16 sieht demgegenüber zur Erhaltung gleichmäßiger Beteiligung der Gesellschafter an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und am Kapital der Kommanditgesellschaft die Abtretung von Gesellschaftsanteilen oder Teilen von solchen vor. Wesentlich ist aber, daß in dem Vertrag vom 20. Dezember 1973 die Gesellschaftsanteile der Gesellschafter bürgerlichen Rechts mit deren Zustimmung mit Nießbrauchsrechten zugunsten der Elterngeneration belastet worden sind.
15Angesichts dieser Belastung mit Nießbrauchsrechten darf auch hier § 1071 BGB nicht übersehen werden, wonach ein dem Nießbrauch unterliegendes Recht durch Rechtsgeschäft nur mit Zustimmung des Nießbrauchers aufgehoben oder in einer den Nießbrauch beeinträchtigenden Weise verändert werden kann (vgl. für das Pfandrecht § 1276 BGB). Entsprechend den für die Belastung eines Erbanteils entwickelten Grundsätzen würde es aber zumindest eine Beeinträchtigung des Nießbrauchs bedeuten, wenn die Gesellschafter bürgerlichen Rechts ohne Zustimmung des Nießbrauchers über einen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstand verfügen könnten. Erst die Einzelgegenstände verleihen auch hier dem mit dem Nießbrauch belasteten Anteilsrechte am Gesellschaftsvermögen Inhalt und Wert. Eine Verfügung über die Einzelgegenstände ohne Zustimmung des Nießbrauchers könnte zur Aushöhlung des Nießbrauchs führen. Deshalb kann die durch Gesellschaftsvertrag oder durch Einverständnis der Gesellschafter ermöglichte Nießbrauchbestellung an dem Gesellschaftsanteil - dem Anteil am Gesellschaftsvermögen als einem Inbegriff von Sachen und Rechten (vgl. Palandt/Thomas, Anm. 1 zu § 719 BGB) - im Grundbuch der zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücke berichtigend (auf Grund Nachweises nach § 22 GBO oder einer Bewilligung nach § 19 GBO) eingetragen werden, weil die Eintragung des Nießbrauches an dem Gesellschaftsanteil verhüten kann, daß der Nießbraucher durch gutgläubigen Grundstückserwerb eines Dritten eine Beeinträchtigung seines Rechtes erleidet.
16Gegen die Eintragbarkeit der Belastung eines Gesellschaftsanteils wird geltend gemacht, die für die Erbengemeinschaft entwickelten Rechtsgrundsätze könnten nicht auf die BGB-Gesellschaft angewendet werden, weil für den Gesellschafter gemäß § 719 BGB eine Verfügung über den Gesellschaftsanteil ausgeschlossen sei, während der Miterbe nach § 2033 BGB über seinen Nachlaßanteil verfügen könne (AG Ahrensburg, Büro 1964, 844; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 19. Aufl., Anm. I 2 zu § 859 ZPO). Deshalb wird auch die Eintragung der nach § 859 Abs. 1 ZPO möglichen Pfändung des Anteils eines Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen einer BGB-Gesellschaft abgelehnt (vgl. außer AG Ahrensburg und Stein/Jonas/Münzberg, jeweils a.a.O., ferner: OLG Dresden, SeuffA 64, 248; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 34. Aufl., Anm. 1 B b zu § 859 ZPO; Zöller/Scherübl, ZPO, 11. Aufl., Anm. 1 b zu § 859 ZPO). Demgegenüber bejaht eine andere Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum die berichtigende Eintragung der Pfändung eines Gesellschaftsanteils im Grundbuch (KG, DNotV 1928, 575 = HRR 1927 Nr. 2181; Güthe/Triebel, GBO, 6. Aufl., Seite 1843; MIR, Rz. 44 zu § 22 GBO).
17Dieses Gegenargument überzeugt aber nicht. Für die Grundbucheintragung ist die Verkehrsfähigkeit des Gesellschaftsanteils allein insoweit notwendig, als sie Voraussetzung für die Belastung des Anteils mit einem Pfandrecht oder einem Nießbrauch ist. Diese Verkehrsfähigkeit ist entweder kraft Gesetzes (§ 859 Abs. 1 ZPO) gegeben oder gegen das Gesetz (§ 719 Abs. 1 BGB) durch Gesellschaftsvertrag oder Einverständnis der Gesellschafter herbeizuführen. Die Eintragung einer Belastung des Gesellschaftsanteils soll ihre eigentliche Wirkung nicht bei Verfügungen über Nachlaß- oder Gesellschaftsanteile entfalten, sondern sie soll gutgläubigen Erwerb bei Verfügungen über ein Grundstück, das zu dem jeweiligen Gesamtvermögen gehört, verhindern. Insofern muß auch die Bestellung eines Nießbrauchs am Gesellschaftsanteil in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen werden können, weil sich der betroffene Gesellschafter an einer Verfügung über das Grundstück nur mit Zustimmung des Nießbrauchers beteiligen kann, bei Nichteintragung der Nießbrauchsbestellung aber eine Rechtsbeeinträchtigung durch Gutglaubensschutz drohen würde.
18Auf Grund des Vertrages vom 20. Dezember 1973 sind Gesellschafter der BGB-Gesellschaft die Beteiligten zu 2) bis 4), 6), 8) und 9), Nießbraucher an den Anteilen zunächst die Beteiligten zu 1), 5) und 7) in bestimmtem Umfange. Ohne Rücksicht auf den Umstand, daß § 16 des Gesellschaftsvertrages nur eine beschränkte weitere Übertragungsmöglichkeit der Gesellschaftsanteile vorsieht, könnten die Gesellschafter über Grundstücke des Gesellschaftsvermögens zugunsten Dritter verfügen und die Nießbraucher könnten den gutgläubigen Erwerb von Rechten Dritter an den Grundstücken nicht verhindern, wenn die Bestellung des Nießbrauchs am Gesellschaftsanteil im Grundbuch nicht eingetragen wäre. Das Grundbuch ließe ohne eine solche Eintragung die Gesellschafter, die gemäß § 1071 Abs. 2 BGB bei beeinträchtigenden Verfügungen an die Zustimmung der Nießbraucher gebunden sind, als unbeschränkt verfügungsberechtigte Gesamthandseigentümer erscheinen.
19Das Landgericht hat diese Rechtslage verkannt. Es hat unzutreffend die Eintragung der Nießbrauchsrechte an den Gesellschaftsanteilen deshalb abgelehnt, weil der Vertrag vom 20. Dezember 1973 einen gutgläubigen Erwerb von Gesellschaftsanteilen - auf Grund welcher Gesetzesbestimmung ? - oder von Anteilen eines Gesellschafters am Grundvermögen - eine Verfügung über solche Anteile wäre auf Grund der gesamthänderischen Bindung in § 719 Abs. 1 BGB ohnehin gemäß § 134 BGB nichtig (Palandt/Thomas, Anm. 2 c zu § 719 BGB - durch Dritte nicht vorsehe.
20Diese Gesetzesverletzung führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung. Der Senat ist nicht gehalten, die Sache gemäß § 79 Abs. 2 GBO dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Zwar hat das OLG Dresden (SeuffA 64, 248) zum Ausdruck gebracht, daß die Pfändung des Gesellschaftsanteils nicht eintragungsfähig sei. Ob angesichts der zu beurteilenden verschiedenen Rechtsvorgänge (Pfändung oder Nießbrauchsbelastung des Gesellschaftsanteils) überhaupt ein Abweichen von der Rechtsansicht des OLG Dresden im Sinne des § 79 Abs. 2 GBO zu bejahen sein wird, kann hier dahingestellt bleiben. Jedenfalls beruht die Entscheidung des OLG Dresden nicht auf der anderen Beurteilung der Rechtsfrage (Horber, GBO, 13. Aufl., Anm. 3 B a zu § 79 GBO; Kuntze in KEHE, Rz. 18 zu § 79 GBO), da Gegenstand der Entscheidung tatsächlich nicht die Pfändung eines Gesellschaftsanteils war, sondern nur die des Anspruchs auf Auseinandersetzung und auf das Auseinandersetzungsguthaben. Des weiteren könnte noch auf die Auffassung verwiesen werden, wonach abweichende Entscheidungen eines Oberlandesgerichts aus dem jetzigen Gebiet der DDR nicht zur Vorlage nötigen (Horber, Anm. 3 B b zu § 79 GBO; Kuntze in KEHE, Rz. 8 zu § 79 GBO).
21Nach der Rechtsansicht des Senats erweist sich daher die erste Beschwerde als begründet, so daß auch der zurückweisende Beschluß des Rechtspflegers aufzuheben ist. Der Rechtspfleger wird die beantragten Eintragungen einer Nießbrauchsbestellung an den Gesellschaftsanteilen vorzunehmen haben. Das wird allerdings hinsichtlich der aufschiebend bedingten Nießbrauchsrechte zugunsten der Ehegatten der Beteiligten zu 1) und 5) erst geschehen können, wenn dem Grundbuchamt die entsprechenden Willenserklärungen dieser Ehegatten in grundbuchlicher Form nachgewiesen sind. Der Grundbuchbeamte darf nicht an der Herbeiführung einer unrichtigen Eintragung mitwirken, wenn er auf Grund bestimmter Anhaltspunkte begründete Zweifel am Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen hat (vgl. etwa Ertl in KEHE, Rz. 111 Einl.). An der Nießbrauchsbestellung zu ihren Gunsten im Vertrag vom 20. Dezember 1973 haben die Ehegatten der Beteiligten zu 1) und 5) entgegen § 1069 BGB nicht mitgewirkt. Dingliche Verträge auf Begründung von Rechten für einen Dritten entsprechend §§ 328 ff. BGB werden von der Rechtsprechung abgelehnt (vgl. Palandt/Heinrichs, Einf. 5 c vor § 328 BGB; Erman/H.P. Westermann, Rz. 2 f. zu § 328 BGB; jeweils mit Nachweisen). An der Entstehung der durch den Tod der Beteiligten zu 1) und 5) aufschiebend bedingten Nießbrauchsrechte bestehen daher begründete Zweifel. Diesen Zweifeln wird der Rechtspfleger des Grundbuchamts vor Eintragung der Nießbrauchsrechte an den Gesellschaftsanteilen für diesen Teilbereich aufschiebend bedingter Rechte durch Erlaß einer Zwischenverfügung gemäß § 18 GBO Rechnung tragen müssen.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.