Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 4 WF 73/78
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Lünen vom 3. Januar 1978 wird zurückgewiesen.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kasten findet nicht statt.
1
Gründe
2Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht der Antragstellerin das Armenrecht für ihr Scheidungsbegehren versagt, weil die Parteien noch nicht ein Jahr getrennt leben und die Fortsetzung der Ehe für die Antragstellerin keine unzumutbare Härte darstelle.
3Die dagegen gerichtete Beschwerde ist gemäß § 127 ZPO zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
4Die Antragstellerin hat auch mit der Beschwerde nicht hinreichend dargetan, daß die Fortsetzung der Ehe für sie eine unzumutbare Härte im Sinne des § 1565 Abs. 2 BGB darstellen würde. Die Beschwerdebegründung deutet darauf hin, daß die Antragstellerin den Zweck des § 1565 Abs. 2 BGB verkennt. Dieser ist nämlich nicht nur als Härteklausel zum Schutz des nicht scheidungswilligen Teils gedacht sondern er soll im Sinne eines "Trennungsjahres" verfrühte Scheidungen verhindern. Auf ein derartiges Trennungsjahr soll nur verzichtet werden, wenn der Fortbestand der Ehe durch nur dem Bande nach für den die Scheidung begehrenden Teil eine unzumutbare Härte darstellen würde. Dies ist zwar nicht unbestritten. Der Senat ist jedoch in Übereinstimmung mit der sich bereits abzeichnenden überwiegenden Meinung der Rechtsprechung der Auffassung, daß es lediglich auf den formellen Fortbestand der Ehe, nicht auf die Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft ankommt (anderer Meinung Wolf in Münchener Kommentar, § 1565, Bemerkung 94, Schwab FamRZ 1976, 491, 504). Für die Meinung der Rechtsprechung spricht, daß § 1565 Abs. 2 BGB gerade die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft voraussetzt weil erst dann ein Trennungsjahr Zustandekommen kann.
5Die Antragstellerin irrt, wenn sie in der Beschwerdebegründung die Auffassung vertritt, die Zumutung, am Bande der Ehe festzuhalten, würde zur Konsequenz haben, dass sie auf Grund einer willkürlichen Laune des Antragsgegners dessen Verlangen nach Fortsetzung der Ehe mit allen daraus resultierenden Pflichten nachkommen müsse". Sie kann vielmehr sehr wohl für sich das Recht auf ein getrenntes Leben in Anspruch nehmen. Die formelle Auflösung der Ehe kann sie jedoch nur bei gravierenden Verhaltensweisen des anderen Ehegatten, die in erheblichem Maße gegen die Ehe und die sich aus der ehelichen Lebensgemeinschaft ergebenden Pflichten verstoßen, verlangen. An diese Verstöße sind, wie sich aus dem Gesetzeswortlaut "unzumutbare Härte" ergibt, erhebliche Anforderungen zu stellen.
6Derartig schwerwiegende Fehlverhalten sind hier aber nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden. Zwar behauptet die Antragstellerin - ohne jeden Beweisantritt -, daß der xxx Antragsgegner mit wechselnden weiblichen Personen außereheliche Beziehungen unterhalte. Dieser Vortrag, der mit keinerlei weiteren Tatsachen belegt ist, ist in dieser Form so unsubstantiiert, daß er sich einer Nachprüfung entzieht. Selbst wenn er zutreffen sollte, ist aber zu berücksichtigen, daß die Antragstellerin selbst sich auch einem anderen Partner zugewandt hat. In einem solchen Fall liegt in der Regel keine Härte vor, die das Festhalten an der Ehe dem Bande nach unzumutbar macht. Das eigene Fehlverhalten der Antragstellerin relativiert nämlich die Bedeutung des Verhaltens des Antragsgegners so, daß eine unzumutbare Härte, die in der Person des anderen Ehegatten ihre Ursache haben müßte, nicht mehr bejaht werden kann (vergleiche auch den Beschluß des 2. Senats des OLG Hamm vom 24.11.1977, FamRZ 1978, 28 f.).
7Etwas anderes würde möglicherweise gelten, wenn der in der Klageschrift erhobene Vorwurf zuträfe, dass der Antragsgegner andere Frauen in die eheliche Wohnung mitbringt und die Antragstellerin sich der Konfrontation mit ihnen nicht entziehen kann. Insoweit fehlt aber jeder substantiierende Tatsachenvortrag. Es wird lediglich behauptet, der Antragsgegner habe im Keller der Wohnung ein rauschendes Fest gefeiert, von dem er die Antragstellerin ausgeschlossen habe. Daß es bei diesem Fest zu einem Brand gekommen ist, ist keine gerade gegen die Antragstellerin gerichtete Eheverfehlung.
8Die Kostenentscheidung beruht auf § 118 a Abs. 4 ZPO.
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