Urteil vom Oberlandesgericht Hamm - 8 U 114/78
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 5. April 1978 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000,- DM, die auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft der ... und ...erbracht werden kann, abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung selbst Sicherheit in gleicher Höhe leistet, die er durch die selbstschuldnerische Bürgschaft der ... erbringen kann.
Der Wert der Beschwer beträgt 50.000,- DM.
1
Tatbestand
2Der Kläger macht gegen die Beklagte eine Ausgleichsforderung in Höhe von 50.000,- DM geltend, die er aus einer beendeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts herleitet.
3Die Beklagte hatte mit ihrem im Jahre 1956 verstorbenen Ehemann zunächst seit 1950 ein Geschäft in ... betrieben. Ab 1954 führte sie mit ihm ein gepachtetes Lebensmittelgeschäft nebst Gaststätte in ....
4Nach dem Tode ihres Ehemannes hatte die Beklagten den Kläger kennengelernt, der seinerzeit noch verheiratet war und 3 unter haltsberechtigte Kinder hatte. Der Kläger - im Januar 1959 rechtskräftig geschieden - zog nach seiner Darstellung im Jahre 1957 nach Darstellung der Beklagten Ende 1959 zu dieser. Die Parteien führten einen gemeinsamen Haushalt. Aus ihrer Verbindung sind 3 Kinder, geb. am 15. September 1957, am 29. Dezember 1962 und am 8. April 1964, hervorgegangen.
5Im Jahre 1960 gab die Beklagte Lebensmittelgeschäft und Gaststätte in ... auf. Sie bewirtschaftete zunächs die ... in ... In diesem Betrieb arbeitete der Kläger bereits seinerzeit, nämlich im Jahre 1960 mit voller Arbeitskraft mit, wie nach den Urteilsfeststellungen in erster Instanz unstreitig war. Die Konzessionen für diese Gaststätte und für die nachfolgend geführten Betriebe liefen auf den Namen der Beklagten. Auf ihren Namen wurden in der nachfolgenden Zeit mehrere Grundstücke gekauft und bebaut:
6Im Jahre 1961 kaufte sie das 1.156 qm große Grundstück ... zum Preise von 6.900,- DM. Auf diesem Grundstück wurde im Jahre 1962 ein Wohnbungalow errichtet.
7Im Jahre 1963 kaufte sie das 1.020 qm große Nachbargrundstück zum Preise von 6.100,- DM. Auf diesem Grundstück wurde ein Doppelhaus errichtet, das im Jahre 1972 wieder verkauft wurde. In den Jahren 1969-1972 erwarb die Beklagte in drei Teilstücken das insgesamt 4.637 qm große Grundstück in ... 1970 bis 1972 wurde auf diesem Grundstück das Hotel-Restaurant ... errichtet. Wie nach den Urteilsfeststellungen in erster Instanz ebenfalls unstreitig war, war der Kläger bei der Bewirtschaftung der Betriebe und bei der Errichtung der Bauten mit vollem Arbeitseinsatz tätig. Er führte Verhandlungen mit den Kreditinstituten und Architekten, nahm bei allen drei Bauten die Bauleitung wahr und verrichtete einen wesentlichen Teil der Maurerarbeiten.
8Nur die Beklagten, die auch Konzessionsträgerin der Gaststätten war, ist als Eigentümerin der Grundstücke eingetragen oder - hinsichtlich des mit dem Doppelhaus bebauten veräußerten Grundstücks ... eingetragen gewesen.
9In den Geschäftsbüchern wurde der Kläger als Angestellter der Beklagten geführt. Sein Monatsgehalt wurde im Jahre 1960 mit 350,- DM brutto ausgewiesen und steigerte sich bis zur Trennung der Parteien im Jahre 1976 auf 1.250,- DM brutto.
10Nach der Trennung der Parteien die durch schriftliche Kündigung der Beklagten erfolgte, schwebte vor dem Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage des Klägers. Jenes Verfahren wurde durch einen Vergleich beendet, in - dem sich die Parteien darüber einig erklärten, daß das Arbeitsverhältnis einverständlich zum 31.7.1976 beendet worden sei. "Als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes" verpflichtete sich die Beklagte weiterhin, an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 6.000,- DM brutto = netto zu zahlen.
11Der Kläger hat vorgebracht:
12Zwischen den Parteien habe eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestanden. Nach Beendigung dieses Gesellschaftsverhältnisses schulde die Beklagte ihm einen Ausgleich.
13Der ... habe einen Wert von 1.100.000,- DM, der Bungalow in der ... einen solchen von 200.000,- DM. Der ... sei mit Grundpfandrechten von etwa 380.000,- DM davon im Januar 1977 valutiert etwa 295.000,- DM, der Bungalow mit solchen in Höhe von 90.000,- DM belastet. Selbst wenn man diese Belastungen voll absetze, schulde ihm die Beklagte einen Ausgleichsbetrag von mindestens 300.000,- DM.
14Davon hat der Kläger einen Teilbetrag von 50.000,- DM geltend gemacht und beantragt,
15die Beklagte zu verurteilen, an ihn 50.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit Zustellung seines Armenrechtsgesuchs zu zahlen.
16Die Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie hat die Ansicht vertreten, der Kläger sei ihr Angestellter gewesen; eine Innengesellschaft nach bürgerlichem Recht habe zwischen ihnen nie bestanden. Die Arbeitsleistungen des Klägers seien durch dessen Gehalt, freie Wohnung und freie Kost abgegolten. Zudem habe sie die Unterhaltspflichten des Klägers, die dieser bis zum Jahre 1974 gegenüber seinen ehelichen Kindern gehabt habe, aus den Betriebserträgen abgegolten. Die Werte des Grundvermögens habe der Kläger zu hoch, die der Belastungen zu niedrig angesetzt (die Beklagte nennt ihrerseits in diesem Zusammenhang keine Zahlen).
19Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat angenommen, daß zwischen den Parteien ein gesellschaftsähnliches Verhältnis im Sinne der §§ 705 ff BGB bestanden habe und daß die Beklagte dem Kläger nach §§ 730 ff BGB ausgleichspflichtig sei.
20Mit ihrer Berufung vertritt die Beklagte weiterhin die Ansicht, es habe kein gesellschaftsähnliches Verhältnis zwischen den Parteien bestanden. Der Kläger sei vielmehr nur ihr Angestellter gewesen, der jedenfalls zunächst nicht mit voller Arbeitskraft tätig gewesen sei. Aber selbst wenn ein gesellschaftsähnliches Verhältnis bestanden habe, könne der Kläger noch keinen Ausgleichsbetrag verlangen. Zuvor müßten sich die Parteien auseinandersetzen. Dabei werde sich herausstellen, daß der Kläger keine Forderung gegen sie mehr habe. Sie habe, als der Kläger die Mitarbeit in ihren Betrieben begonnen habe, bereits wesentliche Ersparnisse gehabt, mit denen sie den Bauplatz bezahlt habe, auf dem später der Bungalow errichtet worden sei. Auch habe sie die erheblichen Schulden abgelöst, die der Kläger noch aus seiner früheren Tätigkeit gehabt habe. (Dazu nennt die Beklagte jedoch keinen Betrag). Überdies seien die Unterhaltsverpflichtungen des Klägers aus den Betriebserlösen beglichen worden. Der Kläger habe im übrigen weit mehr Bargeld entnommen, als ihm nach seinem Anstellungsvertrag zugestanden habe. (Auch insoweit nennt die Beklagte keine Beträge). Schließlich müsse sich der Kläger anrechnen lassen, daß er regelmäßig auf ihre Kosten Urlaub gemacht habe, während sie zu Hause geblieben sei. Im Jahre 1976, nach Trennung der Parteien, habe sich der Kläger einen Pkw Opel-Rekord gekauft. Die Mittel dazu könnten nur aus den Erträgnissen ihres Gaststättenbetriebes stammen.
21Zinsen stünden dem Kläger allenfalls seit Rechtshängigkeit zu, nicht bereits ab 4.2.1977.
22Die Beklagte beantragt,
23das angefochtene Urteil abzuändern
24und die Klage abzuweisen.
25Der Kläger beantragt,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen, verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen der Beklagten entgegen.
28Unstreitig hat die Beklagte im Jahre 1977 das Hotel-Restaurant ... gegen eine Leibrente von monatlich 1.200,- DM an ihren Sohn Reinhard übertragen.
29Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
30Entscheidungsgründe
31Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat dem Kläger zu Recht einen Ausgleichsanspruch jedenfalls in Höhe von 50.000,- DM zugesprochen. Dieser Anspruch des Klägers ist bereits nach dem unstreitigen Parteivorbringen und dem streitigen Parteivortrag der Beklagten gerechtfertigt, soweit sie ihre Behauptungen hinreichend dargelegt hat.
32Zwischen den Parteien hat für die Jahre 1960 bis zu ihrer Trennung im Jahre 1976 eine sogenannte Innengesellschaft bürgerlichen Rechts bestanden, auf die Vorschriften des § 705 ff. BGB anzuwenden sind.
33Den dazu erforderlichen Gesellschaftsvertrag haben die Parteien zumindest stillschweigend abgeschlossen.
34Die Parteien haben 17 Jahre lang in einem eheähnlichen Verhältnis bei gemeinsamer Haushaltsführung zusammengelebt und in dieser Zeit drei gemeinsame Kinder bekommen und gemeinsam großgezogen. Ob die Parteien die Absicht hatten, später die Ehe einzugehen, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls war ihr Zusammenleben auf jahrelange Dauer ausgerichtet und ähnelte in den dafür wesentlichen Punkten einer ehelichen Lebensgemeinschaft, war also nicht nur von vorübergehender Dauer.
35Freilich rechtfertigt es dieser Umstand für sich genommen noch nicht anzunehmen, die Parteien hätten auch ihre rechtlichen Beziehungen hinsichtlich ihres Vermögenserwerbs wie in einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft regeln wollen. Wäre es den Parteien nur darum gegangen, die für die Erhaltung ihrer gemeinsamen Lebensführung notwendigen finanziellen Grundlagen zu schaffen und den täglichen Lebensbedarf für ihre Lebensgemeinschaft zu sichern, so würde noch keine Innengesellschaft gegeben sein. Denn die Gesellschaft setzt die gemeinsame Absicht voraus, einen darüber hinausgehenden besonderen gemeinsamen Zweck zu fördern. Mit diesem rechtlichen Ausgangspunkt befindet sich der Senat entgegen der Auffassung der Berufung nicht im Gegensatz, sondern in Übereinstimmung mit den Entscheidungen BGH NJV 74, 2045 und OLG Saarbrücken NJW 79, 2050.
36Auch die für die Förderung eines solchen Zwecks erforderlichen weiteren Voraussetzungen sind gegeben. Das Streben der Parteien war mit Erfolg darauf gerichtet, über eine Existenzgrundlage hinaus erhebliche Vermögenswerte zu schaffen. In gemeinsamer Arbeit haben sie während der Zeit ihres Zusammenlebens zunächst im Jahre 1962 einen Wohnbungslow, in den Jahren 1965/66 ein Doppelhaus und schließlich in den Jahren 1970 bis 1972 das Hotel-Restaurant ... mit - wie sich aus der vom Kläger abschriftlich überreichten "Mietvereinbarung" vom 24. Mai 1976 ergibt - mindestens 14 Fremdenzimmern (davon 11 Doppelzimmer) errichtet.
37Nach dem in erster Instanz unwidersprochenen Vortrag des Klägers hat er bei der Führung des Gaststättenbetriebs ... den die Parteien zunächst innehatten, und bei der Errichtung der Gebäude mit seiner vollen Arbeits- und Leistungskraft mitgewirkt; er hat die Gäste betreut und bedient, vor und bei Errichtung der Baulichkeiten Kreditverhandlungen mit den Sparkasse geführt, mit den Architekten über die Bauplanung verhandelt, bei allen drei Bauvorhaben im wesentlichen die Aufgaben eines Bauführers übernommen und auch bei allen drei Bauten handwerkliche Leistungen erheblichen Umfangs erbracht. Insoweit wird auf die schriftlichen Bestätigungen der Spar- und Darlehnskasse ... vom September 1977, des Architekten ... vom 15. September 1977, des Architekten ... vom 16. September 1977 und der Firma ... vom 12. September 1977 (Bl. 63-66 d.A.) Bezug genommen, denen die Beklagte in erster Instanz nicht widersprochen hat. Der Kläger hat dabei nach seinem unwidersprochenen Vorbringen weit intensivere Arbeitsleistungen und weit mehr Arbeitsstunden erbracht als ein "normaler" Angestellter mit einer 40-Stunden-Woche. Das ergibt sich überdies aus dem beträchtlichen wirtschaftlichen Aufschwung, den die Gaststättenbetriebe während des Zusammenlebens der Parteien unstreitig genommen haben, und dem beträchtlichen Vermögenszuwachs aus dieser Zeit. Ohne die energische und über das normale Maß hinausgehende Mithilfe des Klägers hätte ein solcher Aufschwung nicht stattfinden können, zumal die Beklagte während dieser Zeit die drei gemeinsamen Kinder zu versorgen hatte.
38Die nicht substantiierten Abstriche an der Arbeitsleistung des Klägers, die die Beklagte erstmalig in der Berufungsinstanz und hier im wesentlichen erst nach Ablehnung ihres Armenrechtsgesuchs durch den Beschluß vom 9.4.1979 mit Schriftsatz vom 16.10.1979 vorbringt, sind gegenüber dem gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden geltenden erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers unbeachtlich. Die Beklagte hat weder eine Berichtigung des Tatbestands des erstinstanzlichen Urteils beantragt noch den Wechsel des Vertrags begründet. Da eine Partei ihr Vorbringen nicht beliebig der jeweiligen Prozeßlage anpassen darf, vielmehr wahrheitsgemäß vortragen muß (§ 138 Abs. 1 ZPO), erfordert ein Wechsel der Einlassung wenn schon nicht den Nachweis des Irrtums, so doch zumindest eine Begründung. Da es daran fehlt, muß die Beklagte sich an ihrer ursprünglichen Einlassung festhalten lassen.
39Allein aufgrund der auf Dauer angelegten und lange währenden eheähnlichen Lebensgemeinschaft und aufgrund der umfangreichen Arbeitsleistungen, die weit über die Leistungen eines Arbeitnehmers und über die Arbeitsleistungen hinausgehen, die ein Ehemann nach § 1356 Abs. 2 BGB a.F. im Geschäft des anderen Ehegatten üblicherweise zu erbringen hatte, muß angenommen werden, daß die Parteien sich seinerzeit zumindest stillschweigend darüber einig waren, die Früchte der gemeinsamen Arbeit dem Kläger anteilig zugute kommen zu lassen. Denn unter abweichenden Voraussetzungen werden Leistungen von derartigem Umfang innerhalb einer Lebensgemeinschaft üblicherweise nicht erbracht Angesichts seines Arbeitsaufwandes ist der Kläger erkennbar von einer Beteiligung am Arbeitsertrag ausgegangen. Die Beklagte hat sich mit diesem Arbeitsaufwand des Klägers zumindest stillschweigend einverstanden erklärt. Danach aber kann ihr Verhalten nur so gedeutet werden, daß die gemeinsame Arbeit zur Schaffung der Vermögenswerte auch nach ihrem Willen den Zweck verfolgte, sich ein gemeinsames Vermögen zu schaffen. Dabei ist es ohne Belang, ob sich die Beteiligten bewußt waren, daß ihre stillschweigend vereinbarten vertraglichen Beziehungen rechtlich als Innengesellschaft zu beurteilen sind (BGH, Betrieb 72, 2201). Es genügt die aufgrund der Umstände zutreffende Feststellung, daß sie durch gemeinsamen vollen Arbeitseinsatz Vermögenswerte schaffen wollten und geschaffen haben, die über den Zweck, die Lebensgemeinschaft aufrecht zu erhalten, hinausgingen (BGH, NJW 74, 2278).
40Auch mit dieser Wertung der Umstände des Falles befindet sich der Senat entgegen der Auffassung der Berufung in Übereinstimmung mit den Entscheidungen BGH NJW 74, 2045 und OLG Saarbrücken NJW 79, 2050. Es geht weder darum, dem Kläger einen Zugewinnausgleich zu verschaffen - jenes Institut gilt nur im Falle der Eheschließung und soll gerade Fälle angemessen abwickeln, in denen keine Innengesellschaft sondern ein gesetzlicher Güterstand bestand -, noch geht es darum, in rechtsähnlicher Anwendung der Vorschrift des § 1298 BGB über die Ersatzpflicht bei Rücktritt vom Verlöbnis dem Kläger einen Ausgleichsanspruch zu geben. Wer wie die Parteien in einer Weise an der Schaffung beträchtlicher Vermögenswerte zusammenwirkt, die weit über eine sowohl bei eheähnlichem als auch bei ehelichem Zusammenleben praktizierte Existenz Sicherung hinausgeht, damit die äußeren Merkmale einer Innengesellschaft Verwirktlicht und dabei einen abweichenden Willen nicht erkennen läßt, muß sich bis zu dem ihm obliegenden Beweis des Gegenteils dementsprechend behandeln lassen, d.h., das geschaffene Vermögen ist als gemeinsames anzusehen.
41Etwas anderes könnte im vorliegenden Fall nur gelten, wenn die Parteien ausdrücklich eine abweichende Regelung getroffen hätten wonach der Kläger auch im Innenverhältnis für seine weitgehende Mitarbeit lediglich wie ein Arbeitnehmer entlohnt werden, die Früche der Arbeit aber allein der Beklagten zufließen sollten.
42Eine solche Vereinbarung ist nicht getroffen worden.
43Zwar war die Beklagte allein Konzessionsträgerin der Gaststätten. Sie ist allein als Eigentümerin der Grundstücke eingetragen worden. Das ist indessen nur im Verhältnis zu Dritten, nicht aber für die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen der Beteiligten untereinander maßgebend (vgl. BGH NJW 53, 418; FamRZ 62, 357; WPM 73, 296).
44Auch die Tatsache, daß der Kläger buchmäßig als Angestellter der Beklagten geführt wurde und nach der Trennung der Parteien ein von ihm eingeleitetes Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht anhängig gewesen ist, spricht nicht dagegen, eine Innengesellschaft anzunehmen. Der Kläger hat im Jahre 1960 für seine Tätigkeit buchmäßig ein Gehalt von 350,- DM brutto bezogen, das bis 1976 auf monatlich 1.250,- DM anstieg. Angesichts der vom Kläger unstreitig erbrachten besonders umfangreichen Arbeitsleistungen bedarf es keiner weiteren Ausführungen, daß damit die Mitarbeit des Klägers auch nicht annähernd abgegolten sein konnte, selbst wenn man die freie Wohnung, die freie Kost und bis 1974 Unterhaltsleistungen an seine ehelichen Kinder hinzurechnet. Mit Recht hat das Landgericht angenommen, daß die Parteien mit dieser Handhabung lediglich Zwecke nach außen verfolgten, nämlich den, Steuern einzusparen, und insbesondere den, dem Kläger für den Fall der Bedürftigkeit eine Altersrente zu sichern.
45Auch die Tatsache, daß der Kläger nach der Trennung gegen die Beklagte vor dem Arbeitsgericht prozessiert hat, läßt angesichts der überwiegenden abweichenden Umstände nicht den Schluß zu, zwischen den Parteien habe lediglich ein Arbeitsverhältnis bestanden. Dem steht die lange dauernde enge Lebensgemeinschaft und die Tatsache der umfangreichen Mitarbeit zwingend entgegen. Auch insoweit hat das Landgericht zutreffend angenommen, daß es dem Kläger darum ging, nach der Trennung zunächst alle denkbaren Möglichkeiten auszuschöpfen, um seine auf Dauer geplante Lebensstellung nicht aufgeben zu müssen, sowie darum, für eine etwaige anderweitige Beschäftigung eine bessere Ausgangsposition zu schaffen.
46Da zwischen den Parteien eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts bestand, deren Fortbestand durch die Trennung der Parteien unmöglich geworden ist (§ 726 BGB), hat der Kläger nunmehr Anspruch auf Auszahlung des ihm zustehenden Anteils am gemeinsam geschaffenen Vermögen (§ 730 ff BGB).
47Dieser Anspruch ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht durch den im arbeitsgerichtlichen Verfahren geschlossenen Vergleich abgegolten. Dieser Vergleich hatte nur die Beendigung des arbeitsgerichtlichen Rechtsstreits zum Inhalt, der Betrag von 6.000,- DM sollte nur dazu dienen, die Nachteile auszugleichen, die dem Kläger durch den Verlust seiner in der Lebensgemeinschaft gewonnenen Position für die Zukunft entstanden. Der Vergleich berührt nicht die Ansprüche, die der Kläger wegen seiner erbrachter Leistungen am Gesellschaftsvermögen hat.
48Dem Kläger steht nach § 734 BGB zumindest ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 50.000,- DM zu.
49Freilich müssen im Regelfall der Geltendmachung eines Auseinandersetzungsanspruchs am Vermögen einer beendeten Gesellschaft die Rechnungslegung und der Rechnungsabschluß vorangehen, die zwischen den Parteien unstreitig nicht erfolgt sind und ohne die, gewöhnlich die Ausgleichsforderung nicht zu bestimmen ist.
50Jedoch können schon vor der Auseinandersetzung Teilbeträge am Auseinandersetzungsguthaben geltend gemacht werden, wenn vor der Auseinandersetzung zweifelsfrei feststeht, daß dem Beteiligten jedenfalls ein Anspruch in der eingeklagten Höhe zusteht (vgl. BGH, WPM 76, 789 und Palandt-Thomas, Anm. 2 e zu § 730 BGB). Der Kläger ist schuldrechtlich so zu stellen, als ob er gesamthänderisch an dem sachenrechtlich der Beklagten gehörenden Vermögen beteiligt gewesen ist (BGH, WPM 73, 296, 1242).
51Selbst wenn man das Vorbringen der Beklagten, soweit sie dieses hinreichend substantiiert hat, als richtig unterstellt, steht dem Kläger ein Ausgleichsanspruch zumindest in Höhe von 50.000,- DM zu. Dabei hat unberücksichtigt zu bleiben, daß die Beklagte den ... und das dazugehörige Grundvermögen inzwischen auf ihren Sohn Reinhard übertragen hat, denn für die Auseinandersetzung ist auf den Zeitpunkt der Beendigung der Gesellschaft abzustellen.
52Der Kläger hat den Wert des in den Jahren 1970/1972 geschaffenen Anwesens ... mit 1.100.000,- DM, den Wert des Bungalow-Grundstücks mit 200.000,- DM beziffert. Die Beklagte hat keine Zahlen genannt, sondern lediglich vorgebracht, der Wert der beiden bebauten Grundstücke sei geringer. Selbst bei vorsichtiger Schätzung, die sich aus der Höhe der anfänglichen Belastungen ergibt, kann mit dem Landgericht davon ausgegangen werden, daß sich der Wert beider Hausgrundstücke auf insgesamt 900.000,- DM beläuft. Jedenfalls hat die Beklagte diese Bewertung in der Berufungsinstanz nicht angegriffen und offenbar auch nicht angreifen können.
53Von diesem Wert sind die grundpfandrechtlich gesicherten Belastungen abzusetzen. Nach dem Vortrag des Klägers betrugen sie seinerzeit bei Trennung der Parteien 385.000,- DM. Anfänglich betrugen sie ausweislich der überreichten Grundbuchauszüge insgesamt 495.000,- DM.
54Selbst wenn man unter Berücksichtigung der Behauptung der Beklagten, der Kläger habe den Belastungsbetrag für die Zeit der Trennung zu niedrig angesetzt, entgegen den offenbaren Tatsachen davon ausgeht, daß die Belastungen zur Zeit der Trennung der Parteien noch voll valutiert waren und noch nichts getilgt war, bleibt ein Vermögen von 405.000,- DM. Selbst wenn man ferner mit der Beklagten davon ausgeht, daß sie den Betrag von 6.900,- DM zum Ankauf des Grundstücks, auf dem 1962 der Wohnbungalow errichtet wurde, allein aus Ersparnissen aufgebracht hat, und ihn zugunsten der Beklagten berücksichtigt, verbleibt ein Gesellschaftsvermögen von 398.100,- DM. Diesem Betrag sind der Geschäftswert des Hotel-Restaurants und der Wert des Inventars noch hinzuzurechnen.
55Ob dem Kläger an dem Gesellschaftsvermögen ein hälftiger Anteil zusteht, wie es § 722 Abs. 1 BGB für den Fall des Fehlens einer abweichenden Vereinbarung vorsieht, oder ob etwa aus den Erwägungen des landgerichtlichen Urteils (S. 12, Bl. 110 GA) ein Anteil von nicht mehr als 35 % angemessen ist, kann dahinstehen. Ein Anteil für weitere Beteiligte ist jedenfalls nicht zu veranschlagen, denn die Beklagte hat ihre erstmals im Schriftsatz vom 16.10.1979 aufgestellte Behauptung, an einer Innengesellschaft seien auch ihre Söhne Uwe und Reinhard sowie ihre Schwiegermutter beteiligt gewesen, nicht näher dargelegt. Mit der Klageforderung wird dem Kläger ein Betrag zugesprochen, der unter 35 % des Gesellschaftsvermögens liegt, und zwar auch dann, wenn man weitere Posten zugunsten des Klägers berücksichtigt:
56Selbst wenn man nämlich entgegen dem Vortrag des Klägers von der Behauptung der Beklagten ausgeht, die Unterhaltsverpflichtungen des Klägers gegenüber seinen drei ehelichen Kindern seien in den Jahren 1959 bis 1974 aus den laufenden Einkünften der Lebensgemeinschaft bestritten worden, so macht das für 16 Jahre bei einer durchschnittlichen Unterhaltslast von 120,- DM pro Kind den Betrag von aufgerundet 70.000,- DM aus, den sich der Kläger abziehen lassen müßte.
57Selbst wenn man weiterhin den Betrag von 3.000,- DM absetzt, den die Beklagte dem Kläger über die vergleichsweise übernommene Verpflichtung aus dem arbeitsgerichtlichen Prozeß hinaus zugewendet haben will, und selbst wenn man gegen den Vortrag des Klägers davon ausgeht, daß er sich aus den gemeinsam erwirtschafteten Mitteln im Jahre 1976 einen PKW Opel-Rekord angeschafft hat, der allenfalls mit 20.000,- DM veranschlagt werden kann, so ergibt sich mit
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| der Klageforderung von | 50.000,- | DM, |
| einer Unterhaltslast von | 70.000,- | DM, |
| einem Betrag von | 3.000,- | DM |
| und einem Betrag für den PKW von | 20.000,- | DM |
| ein Gesamtbetrag von | 143.000,- | DM, |
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der aufgerundet 36 % des oben bezifferten Gesellschaftsvermögens von mindestens 398.100,- DM ausmacht, also deutlich unter 35 % des tatsächlichen Gesellschaftsvermögens liegt.
60Weitere Beträge mußte sich der Kläger nicht zurechnen lassen.
61Der vergleichsweise gezahlte Betrag von 6.000,- DM stellte - wie oben ausgeführt - einen in die Zukunft gerichteten Ausgleich für den Verlust der Lebenstellung des Klägers dar.
62Soweit der Kläger freie Wohnung und Beköstigung erhalten hat, geschah das im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung und war ein Teil der gemeinsamen Aufwendungen für den Lebensbedarf der Beteiligten, war also laufender Aufwand der Innengesellschaft. Im übrigen wurden auch Aufwendungen für die Lebensführung der Beklagten gemacht.
63Soweit der Kläger regelmäßig Urlaub gemacht hat, dienten die dafür aufgewendeten Beträge der Erhaltung seiner Arbeitskraft und waren letztlich Entnahmen zur Fortführung der Gesellschaft und sind deshalb ebenfalls nicht anzurechnen.
64Für ihre vom Kläger bestrittene Behauptung, sie habe bei Beginn der Lebensgemeinschaft Schulden des Klägers beglichen, hat der Beklagte weder einen bestimmten Betrag benannt, geschweige denn den Aufwand belegt. Ihr vorbringen ist daher insoweit unsubstantiiert und muß außer Betracht bleiben.
65Die Zinsforderung (4 % seit Zustellung des Armenrechtsgesuchs) ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges (§ 284 Abs. 1 S. 1, § 288 Abs. 1 S. 1 BGB) seit dem 04.02.1977 gerechtfertigt, weil die Beklagte mit Schriftsatz vom 04.02.1977 zu dem Armenrechtsgesuch des Klägers Stellung genommen und dessen Forderung abgelehnt hat.
66Die Nebenentscheidungen folgen aus § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711, § 546 Abs. 2 ZPO.
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