Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 15 W 277/79
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 12. August 1979 wird der Beschluß des Amtsgerichts Essen-Steele vom 24. Juli 1979 aufgehoben.
Die Beschlüsse der Wohnungseigentümer der Wohnungseigentumsanlage ... und ... in ... vom 12. März 1979 zu den Tagesordnungspunkten 4 b und 4 c werden für ungültig erklärt.
Die Gerichtskosten der Verfahren erster, zweiter und dritter Instanz werden den Beteiligten zu 2) bis 83) als Gesamtschuldnern auferlegt. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in den drei Instanzen nicht statt.
Der Wert des Gegenstandes der zweiten - insoweit in Abänderung des angefochtenen Beschlusses - und dritten Instanz wird auf je 5.000,- DM festgesetzt.
1
Gründe
21)
3Die Beteiligten zu 1) bis 83) sind Wohnungseigentümer innerhalb der aus mehreren Gebäuden bestehenden Wohnungseigentumsanlage ... und ... in ... die von der Beteiligten zu 84) verwaltet wird.
4In einer Eigentümerversammlung vom 12. März 1979 haben die anwesenden stimmberechtigten Wohnungseigentümer unter anderem beschlossen:
5zu Punkt 4 a der Tagesordnung mit 54 Ja-Stimmen gegen 4 Nein-Stimmen,
6"den Außenanstrich sämtlicher Fenster und Balkontüren sowie der Holzelemente in den Loggien einschließlich Nacharbeiten der Kittfalze an den Innenseiten der Fenster und Türscheiben durchführen zu lassen und gleichzeitig den Verwaltungsbeirat sowie die Wohnungseigentümer Hartwich, Nykamp und Tüllmann in Zusammenarbeit mit dem Verwalter zu ermächtigen, über die endgültige Auftragsvergabe bis 15. Mai 1979 zu entscheiden;"
7zu Punkt 4 b der Tagesordnung mit 54 Ja-Stimmen gegen 4 Nein-Stimmen,
8"die Stahlgitter der Balkone auf dem Wege der Eigenhilfe zu streichen, wobei die Farbe von der Gemeinschaft zu Lasten der Instandhaltungsrücklage zur Verfügung gestellt werde und die Arbeiten bis zum 30. September 1979 auszuführen seien;"
9zu Punkt 4 c der Tagesordnung mit 52 Ja-Stimmen gegen 6 Nein-Stimmen,
10"den Anstrich der Balkonunterseiten sowie der Stirnseiten und Brüstungen der Loggien (innen) auf dem Wege der Eigenhilfe zu erneuern, wobei die Farbe (Grundfarbe weiß) von jedem Wohnungseigentümer selbst zu beschaffen sei"
11§ 7 Abs. 1 der für die Wohnungseigentümergemeinschaft maßgebenden Teilungserklärung vom 30. Mai 1974 bestimmt, daß die Instandhaltung der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Teile des Gebäudes einschließlich der äußeren Fenster und des Grundstücks der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegt; sie ist vom Verwalter zu veranlassen. Nach § 5 Abs. 3 der Teilungserklärung dürfen die Wohnungseigentümer die im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile des Gebäudes nicht eigenmächtig verändern. Dies gilt auch für den Außenanstrich des Gebäudes, der Fenster, Rolläden, Loggien- bzw. Balkonverkleidungen und der Wohnungsabschlußtüren. Änderungen der äußeren Gestalt oder des Anstriches der Gebäude bedürfen des Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung mit einfacher Mehrheit.
122)
13Mit Schreiben vom 2. April 1979, das am 3. April 1979 beim Amtsgericht Essen-Steele eingegangen ist, hat der Beteiligte zu 1) beantragt, die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 12. März 1979 zu den Tagesordnungspunkten 4 b und 4 c für ungültig zu erklären. Er hat zur Begründung seines Antrages vorgetragen, sowohl die Stahlgitter der Loggien als auch die Balkonunterseiten und -stirnseiten seien gemeinschaftliches Eigentum. Es sei eine angemessene Instandhaltungsrücklage zur Durchführung ordnungsgemäßer Instandhaltungsarbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum vorhanden. Beschlüsse, Instandhaltungsarbeiten in Eigenhilfe durchzuführen, bedürften der Zustimmung alter 83 Wohnungseigentümer; ein Mehrheitsbeschluß genüge nicht. Diejenigen Wohnungseigentümer, die derartige Selbst- oder Eigenhilfearbeiten nicht selbst durchführen könnten und Handwerker auf eigene Kosten beauftragen müßten, würden mit höheren Kosten belastet als diejenigen, die die Eigenhilfearbeiten durchzuführen imstande seien. Das Gleichheitsprinzip werde verletzt.
14Diesem Antrag sind verschiedene Wohnungseigentümer entgegengetreten. Sie haben im wesentlichen geltend gemacht: Für diese von jedem schnell und billig zu erledigende Verschönerungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum bedürfe es lediglich eines Mehrheitsbeschlusses. Faktisch beinhalteten diese Arbeiten nichts anderes als die Instandhaltung des Sondereigentums, zu der der Eigentümer nach § 7 Abs. 2 der Teilungserklärung ohnehin verpflichtet sei. Wohnungseigentümer, die zur Selbsthilfe nicht imstande seien, würden nicht stärker belastet als solche, die die angesprochenen Instandhaltungsarbeiten selbst ausführen könnten, da auch Selbsthilfearbeiten bewertbar seien. Der einzelne Wohnungseigentümer habe bei Bestellung eines Handwerkers in der Regel den gleichen Betrag für die Arbeit zu entrichten wie im Falle der Vergabe durch den Verwalter. Indes würden die Wohnungseigentümer, die gerne selbst diese Arbeit verrichteten, zumindest finanzielle entlastet. Außerdem habe eine Reihe von Wohnungseigentümern - berechtigt durch einen Eigentümerbeschluß - auf eigene Kosten die Seiten- und Stirnflächen der Loggien plattiert und damit der Gemeinschaft auf Jahre Unterhaltungsarbeiten erspart; solche Eigentümer könnten billigerweise nicht mit Kosten für Verschönerungsarbeiten an Loggien belastet werden, die nicht der eigenen Nutzung unterlägen. Andere hätten die teilweise vorhandenen Nischen auf den Loggien durch den Einbau eines Holzelementes mit Tür geschlossen.
15Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat das Amtsgericht Essen-Steele durch Beschluß vom 24. Juli 1979 den Antrag des Beteiligten zu 1) auf Aufhebung der Eigentümerbeschlüsse vom 12. März 1979 zu den Tagesordnungspunkten 4 b und 4 c zurückgewiesen.
16Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 12. August 1979 hat das Landgericht, nachdem der beauftragte Richter der Beschwerdekammer eine mündliche Verhandlung vom 27. September 1979 durchgeführt hatte, durch Beschluß vom 29. Oktober 1979 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 16. Oktober (richtig: November) 1979.
17II.
18Das Rechtsmittel ist statthaft, in rechter Form und Frist eingelegt und auch sonst zulässig (§§ 43 Abs. 1 Nr. 4, 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG). Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) ergibt sich schon daraus, daß seine sofortige erste Beschwerde erfolglos geblieben ist.
19Die sofortige weitere Beschwerde ist auch begründet, weil die Beschwerdeentscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 FGG). Sie führt zur Aufhebung der land- und amtsgerichtlichen Entscheidung und zur Ungültigerklärung des Beschlusses der Wohnungseigentümer vom 12. März 1979 zu den Tagesordnungspunkten 4 b und 4 c. Das Landgericht hat die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Mehrheitsbeschlusses gemäß § 21 Abs. 3 WEG verkannt.
201)
21In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde des Beteiligten zu 1) ausgegangen (§§ 43 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 2, 45 Abs. 1 WEG, 19, 21 FGG). Weitere Erfordernisse - die in der Beschwerdeentscheidung nicht ausdrücklich erörtert worden sind - waren gleichfalls gegeben: Die Zulässigkeit der gewählten Verfahrensart folgt aus § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG, der Beschlußanfechtungsantrag ist innerhalb der Frist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG von einem antragsbefugtem Wohnungseigentümer gestellt; der Verpflichtung zur Zuziehung aller Verfahrensbeteiligten und zur mündlichen Verhandlung mit dem Versuch einer Schlichtung (§§ 43 Abs. 4 Nr. 2 und 44 Abs. 1 WEG) ist die Vorinstanz gerecht geworden.
222)
23In der Sache begegnet die Beschwerdeentscheidung jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Gegenstand des Verfahrens ist die Anfechtung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer vom 12. März 1979 zu den Tagesordnungspunkten 4 b und 4 c. Im Anfechtungsverfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG hat das Gericht nicht nur die Art des Zustandekommens des Beschlusses zu prüfen, sondern auch die Fragen, ob er dem Gesetz, der Gemeinschaftsordnung oder einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer sowie den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 21 Abs. 2 WEG) entspricht (Beschluß des Senats vom 11. August 1970 - 15 W 232/69 - = OLGZ 1971, 101; Palandt/Bassenge, BGB, 39. Aufl., Anm. 1 d zu § 43 WEG). Einen Anfechtungsgrund in diesem Sinne stellt es dar, wenn die Wohnungseigentümer einen Mehrheitsbeschluß über eine Angelegenheit gefaßt haben, welche einem solchen Beschluß nicht zugänglich war, sondern Einstimmigkeit erfordert hätte (BGH, NJW 1970, 1316; Palandt/Bassenge, Anm. 5 c bb zu § 23 WEG). Die Zulässigkeit eines Mehrheitsbeschlusses hat das Landgericht zu Unrecht bejaht.
24a)
25Da nach § 21 Abs. 1 WEG die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums im Regelfall den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zusteht, können grundsätzlich Verwaltungsmaßnahmen nur mit Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer getroffen werden (Amtl. Begründung zum Entwurf eines WEG; BRatsDrucks. 75/51). Nach § 21 Abs. 3 WEG können jedoch die Wohnungseigentümer, soweit die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geregelt ist, eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende ordnungsgemäße Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschließen. Der Mehrheitsbeschluß ist nur innerhalb bestimmter rechtlicher Schranken möglich. Er ist nur zulässig über Angelegenheiten im Sinne von § 25 Abs. 1 WEG, also nicht über solche, die Einstimmigkeit erfordern. Solche Grenzen sind die Ergänzung und Abweichung vom Gesetz (vgl. § 10 Abs. 1 und 2 WEG), die Abänderung von Vereinbarungen (soweit diese nicht selbst Mehrheitsbeschlüsse zulassen), Verfügungshandlungen und bauliche Veränderungen und Aufwendungen im Sinne von § 22 WEG (Palandt/Bassenge, Anm. 3 zu § 21 WEG; Soergel/Baur, BGB, 11. Aufl., Rz. 3 zu § 21 WEG). Diese Grenzen sind durch die beiden Mehrheitsbeschlüsse vom 12. März 1979 überschritten worden. Das Landgericht hat verkannt, daß beide Beschlüsse einen von den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes abweichenden Inhalt haben.
26Beschlußinhalte waren hier das Streichen der Stahlgitter der Balkone sowie der Balkonunterseiten, ferner der Stirnseiten und Brüstungen der Loggien (innen). Betroffen sind damit Gegenstände des gemeinschaftlichen Eigentums, das im Miteigentum der Beteiligten zu 1) bis 83) steht. Als gemeinschaftliches Eigentum sind Abschlußgitter und Bodenplatten von Balkonen (BayObLGZ 1974, 269; Palandt/Bassenge, Anm. 4 b zu § 1 WEG) ebenso anerkannt wie Außenseiten der Balkone und Balkonzwischenwände (OLG Frankfurt, NJW 1975, 2297; Palandt/Bassenge, a.a.O.). Die ordnungsmäßige Instandhaltung dieses gemeinschaftlichen Eigentums - dazu gehört die Erneuerung des Anstrichs als Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes dieser Bauteile - gehört als Gemeinschaftsaufgabe zu einer ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG) und ist daher von der Instandhaltung des Sondereigentums abzugrenzen, die dem einzelnen Wohnungseigentümer obliegt. Für Fragen der Instandhaltung und Instandsetzung im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung ist in erster Linie die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch Beschlußfassung in der Versammlung zuständig. Außerdem ist auch die Zuständigkeit des Verwalters, der nach § 20 Abs. 2 WEG zwingend zu bestellen ist, gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 WEG zu beachten. Danach gehört es zu den Aufgaben und Befugnisses des Verwalters, die für die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die damit zusammenhängenden Zahlungen und Leistungen zu bewirken und entgegenzunehmen. Diese selbständige Zuständigkeit des Verwalters kann nach § 27 Abs. 3 WEG durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt werden. Alle mit der ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung verbundenen Kosten sind Kosten der Verwaltung im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG. Nach dem Gesetz tragen die Wohnungseigentümer zu der gemeinschaftlichen Verwaltung durch anteilige Geldleistungen bei. Zur ordnungsmäßigen Verwaltung gehört daher die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung (§ 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG), die als gemeinschaftliches Geld vom Verwalter zu verwalten ist (§ 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG). Der Verwalter hat die ihm gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 WEG obliegenden Verwaltungsaufgaben nach Maßgabe des Wirtschaftsplans (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 WEG) unter Verwendung der gemeinschaftlichen Mittel durchzuführen. Die Instandhaltungsarbeiten sind nach dem Gesetz demnach aus der Instandhaltungsrücklage zu finanzieren.
27Die beiden angefochtenen Mehrheitsbeschlüsse weichen von dieser gesetzlichen Regelung ab. Sie verpflichten den einzelnen Wohnungseigentümer hinsichtlich der Instandhaltung gemeinschaftlichen Eigentums zu einer persönlichen Dienstleistung gegenüber der Gemeinschaft, obwohl der Eigentümerversammlung durch das Gesetz keine Befugnis dazu eingeräumt worden ist. Derartige Mehrheitsbeschlüsse sind daher als inhaltlich unzulässig anzusehen (KG, OLGZ 1978, 146 = Rpfleger 1978, 146 = WEM 1978, 54). Dieser Auffassung stimmt der Senat zu. Dabei macht es keinen Unterschied, ob diese persönlichen Leistungen durch Eigenarbeit (persönliche Vornahme der Anstriche) oder durch die Veranlassung von Drittleistungen (Beauftragung eines Handwerkers usw.) erbracht werden, was das Landgericht ebenfalls verkannt hat. Denn in beiden Fällen wird der Wohnungseigentümer in bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum zu einer persönlichen Tätigkeit angehalten, mag diese in der Vornahme des Anstrichs oder in der Beauftragung eines Dritten bestehen, obwohl er nach dem Gesetz auf die Kostenübernahme der durch die Organe der Wohnungseigentümergemeinschaft zu veranlassenden Tätigkeit beschränkt ist.
28Der Beteiligte zu 1) betont mit Recht, daß diese gesetzliche Regelung auch durchaus sinnvoll ist. Im Regelfall ist die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums einheitlicher und wirtschaftlicher gewährleistet, wenn sie zentral durchgeführt und nicht den einzelnen Wohnungseigentümern überlassen wird. Auch mögen viele Erwerber von Wohnungseigentum gerade in der rechtlich so ausgestalteten Pflege des gemeinschaftlichen Eigentums einen Vorteil gegenüber dem Eigenheim sehen, weil sie sich dann nicht mehr - abgesehen von der Kostenübernahme und der Mitwirkung im Beschlußorgan der Wohnungseigentümer Versammlung - um die Instandhaltung und Instandsetzung des Objekts persönlich bemühen müssen.
29Die gesetzliche Regelung, daß sich die Verpflichtung des Wohnungseigentümers im Hinblick auf die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums auf die anteilige Übernahme der. Kosten beschränkt und nicht die Heranziehung zu persönlichen Dienstleistungen beinhaltet, gilt nach der Auffassung des Kammergerichts (a.a.O.) dann nicht, wenn die Wohnungseigentümer eine Vereinbarung über persönliche Dienstleistungen getroffen haben oder wenn bei deren Fehlen im Einzelfall die Verpflichtung des einzelnen Eigentümers, sich zu persönlichen Dienstleistungen heranziehen zu lassen, im Wege der Auslegung der Teilungserklärung und der sonst bestehenden Vereinbarungen unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der Gemeinschaft und der örtlichen Gegebenheiten festgestellt werden kann. Auch diese Auffassung führt hier nicht zur Zulässigkeit der beiden Mehrheitsbeschlüsse.
30Die Teilungserklärung vom 30. Mai 1974 enthält keine ausdrückliche Befugnis der Eigentümerversammlung, von den einzelnen Wohnungseigentümern tätige Mitarbeit bei der Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums allgemein oder in bezug auf bestimmte Teile verlangen zu können. Die Erklärung knüpft vielmehr an die gesetzliche Regelung an. Nach § 4 der Teilungserklärung bestimmt sich nämlich das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nach den Vorschriften der §§ 10 bis 29 WEG, soweit im folgenden nicht etwas anderes geregelt ist. Der Einsatz persönlicher Dienstleistungen wird in den folgenden Bestimmungen nicht anerkannt. Nach § 7 Abs. 1 der Teilungserklärung obliegt im Gegenteil die Instandhaltung der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Teile des Gebäudes einschließlich der äußeren Fenster und des Grundstücks der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und ist vom Verwalter zu veranlassen. § 13 Nr. 1 Buchstabe e der Teilungserklärung sieht vor, daß die Wohnungseigentümer zur Ansammlung einer Instandhaltungsrückstellung für das gemeinschaftliche Eigentum verpflichtet sind und zu diesem Zweck einen jährlichen Betrag nach § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG zu entrichten haben, der sich nach der jeweiligen Wohnfläche errechnet. Mag auch die Teilungserklärung bei der jeweiligen Erläuterung des Sondereigentums neben den anderen Räumen die Loggien ausdrücklich nennen, so ist deshalb nicht die Instandhaltung angrenzender Teile des Gemeinschaftseigentums derjenigen des Sondereigentums zugeordnet, zumal auch andere Räume des Sondereigentums an Teile des Gemeinschaftseigentums grenzen, ohne daß diese Teile durch den jeweiligen Wohnungseigentümer instandzuhalten wären. Eine derartige Zuordnung würde solche Teile im übrigen ganz den Instandhaltungsbeschlüssen der Wohnungseigentümer entziehen. Sie fehlt auch in der Teilungserklärung vom 30. Mai 1974, nach deren § 5 Nr. 3 Satz 2 die Wohnungseigentümer den Außenanstrich des Gebäudes, der Fenster, Rolläden, Loggien- bzw. Balkonverkleidungen und der Wohnungsabschlußtüren nicht eigenmächtig verändern dürfen. Wenn nach § 5 Nr. 3 Satz 3 der Teilungserklärung Änderungen der äußeren Gestalt oder des Anstrichs der Gebäude nur des Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung mit einfacher Mehrheit bedürfen, so ist damit erkennbar der Beschluß über das Erfordernis der Änderung - möglicherweise auch als eines über die Instandhaltung und Instandsetzung hinausgehenden Eingriffs - gemeint. Einen anderen Beschlußgegenstand bildet demgegenüber die Art, in der die Instandhaltungsmaßnahme durchzuführen ist, indem entweder (als gemeinschaftliche Verwaltung) der Verwalter unter Verwendung gemeinschaftlicher Mittel hierfür das Erforderliche veranlaßt oder aber (als Sonderverwaltung) die Wohnungseigentümer Teile des Gemeinschaftseigentums durch tätige Mithilfe instandsetzen.
31Im Wege der Auslegung der Teilungserklärung oder sonstiger Vereinbarungen in Verbindung mit besonderen Verhältnissen der Gemeinschaft ergibt sich ebenfalls keine Zulässigkeit des Mehrheitsbeschlusses. Es fehlen bereits Anknüpfungspunkte für eine Auslegung. Die Versammlung der Wohnungseigentümer hat allerdings am 24. Juni 1976 unter Punkt 9 der Tagesordnung beschlossen, daß die Kachelung der Loggien zu Lasten derjenigen Wohnungseigentümer, die dies wünschen, genehmigt werde. Aber dieser Beschluß hatte nur eine Gestattung und nicht eine Verpflichtung zur tätigen Mithilfe zum Inhalt. Hätte er zu einer tätigen Mithilfe verpflichtet, dann wäre er ebenfalls nicht aus einer Vereinbarung abzuleiten gewesen. Aus der Tatsache der unterbliebenen Anfechtung dieses nicht von allen Wohnungseigentümern gefaßten Beschlusses ließe sich nicht ableiten, daß die Wohnungseigentümer dem Gesetz und der Teilungsvereinbarung zuwider in der Folgezeit zu Dienstleistungen zum Zwecke der Instandhaltung von Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums herangezogen werden können. Außerdem hat sich in der mündlichen Verhandlung des Landgerichts herausgestellt, daß die damals interessierten Wohnungseigentümer nicht entlastet werden sollten, soweit es um den Anstrich der übrigen Loggien gehe.
32Die örtlichen Gegebenheiten legen schließlich auch nicht die Zulässigkeit eines Mehrheitsbeschlusses nahe, der schon im Wege der Auslegung der Teilungserklärung nicht entnommen werden könnte. Es ist auch bei vergleichbaren großen Mietwohnblöcken nicht üblich, daß die Mieter den Anstrich derartiger Gebäudeteile übernehmen.
33Die Ausführungen des Landgerichts zur Begründung seiner Ansicht, daß die angefochtenen Beschlüsse einer ordnungsmäßigen Verwaltung entsprechen, die die Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer berücksichtigt, treffen nicht die Rechtslage. Nach § 21 Abs. 4 WEG kann zwar jeder Wohnungseigentümer eine dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechende Verwaltung nach billigem Ermessen verlangen, soweit Vereinbarungen oder Beschlüsse nicht vorliegen. Dieses Verlangen hat aber dort Grenzen, wo das Gesetz eine bestimmte Verwaltung vorschreibt, das Verlangen von dieser gesetzlichen Regelung abweicht und auch nicht durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer gedeckt wird.
34b)
35Da bereits die Unzulässigkeit eines auf § 21 Abs. 3 WEG beruhenden Mehrheitsbeschlusses aus der dem Gesetz fremden Befugnis der Eigentümerversammlung folgt, den Wohnungseigentümern eine Verpflichtung zur tätigen Mithilfe aufzuerlegen, ist keine Stellungnahme zu der weiteren Frage erforderlich, ob selbst eine entsprechende Vereinbarung im Hinblick darauf, daß die den Wohnungseigentümern gemäß § 21 Abs. 1 WEG zustehende gemeinschaftliche Verwaltung durch die in §§ 26-28 WEG geregelten Aufgaben des Verwalters eingeschränkt ist, hingenommen werden könnte. Das Kammergericht (a.a.O.) hat mit beachtlichen Erwägungen gemeint, das Gesetz begründe für die Durchführung der Instandhaltungsmaßnahmen eine doppelte Zuständigkeit, wenn es auch in ersten Linie die Aufgabe der Eigentümer sein möge, über die einzelnen Instandhaltungsmaßnahmen mehrheitlich zu beschließen, und vornehmlich Sache des Verwalters, diese Beschlüsse auszuführen. Immerhin dürfte dies Auffassung an § 27 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 WEG zu messen sein (Palandt/Bassenge, Anm. 1 zu § 21 WEG).
36c)
37Zusammenfassend fehlte der Wohnungseigentümerversammlung vom 12. März 1979 mithin die Befugnis für die beiden Mehrheitsbeschlüsse. Die Versammlungsmehrheit durfte den einzelnen Wohnungseigentümern nicht in Form tätiger Mithilfe bei der Instandsetzung gemeinschaftlichen Eigentums mehr Pflichten auferlegen, als sie nach dem Gesetz und der Teilungsvereinbarung zu erfüllen hatten. Dies entfernte sich vom Grundsatz der gemeinschaftlichen Verwaltung (§ 21 Abs. 1 WEG) in Richtung auf eine gesonderte Verwaltung der einzelnen Eigentümer in einem Teilbereich. Ob ein Mehrheitsbeschluß dahin rechtlich zulässig gewesen wäre, den einzelnen Wohnungseigentümer von der auf ihn entfallenden Umlage der Anstrichkosten zu befreien, wenn er selbst Pflegearbeiten in einem bestimmten Bereich gemeinschaftlichen Eigentums übernimmt, bedarf im Hinblick auf die vorliegenden Beschlüsse keiner Entscheidung. Die beiden Mehrheitsbeschlüsse sind daher für ungültig zu erklären. Um diesen gestaltenden Anspruch herbeiführen zu können, sind der angefochtene Beschluß auf die sofortige weitere und der Beschluß des Amtsgerichts vom 24. Juli 1979 auf die sofortige erste Beschwerde des Beteiligten zu 1) aufzuheben.
383
39a)
40Die Kostenentscheidungen folgen aus § 47 Satz 1 und 2 WEG. Angesichts ihres Unterliegens entspricht es dem billigem Ermessen, die Gerichtskosten der drei Instanzen den Beteiligten zu 2) bis 83) als Gesamtschuldnern aufzuerlegen. Eine Erstattungsanordnung hinsichtlich außergerichtlicher Kosten der Instanzen hat der Senat entsprechend dem Grundsatz, daß jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat und eine Kostenerstattung nur ausnahmsweise bei besonderen Gründen anzuordnen ist (vgl. Palandt/Bassenge, Anm. 2 b zu § 47 WEG), nicht getroffen. Ein Ausnahmefall, der eine Erstattungsanordnung nahelegen würde, liegt nicht vor.
41b)
42Die Wertfestsetzung für beide Beschwerdeinstanzen folgt aus § 48 Abs. 2 WEG, wobei der Senat hinsichtlich der Festsetzung zweiter Instanz von der Abänderungsbefugnis des § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO Gebrauch gemacht hat. Der hier maßgebliche Verfahrensgegenstand (Beschlüsse über Anstreicherarbeiten durch tätige Mithilfe) ist nur einer einheitlichen Betrachtung und Wertung zugänglich. Alle Wohnungseigentümer einschließlich der Verwalterin konnten die beiden Beschlüsse - mit Rechtskraftwirkung der Entscheidung für und gegen alle Beteiligten (§ 45 Abs. 2 Satz 2 WEG) - gerichtlich überprüfen lassen (§ 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG). Es ist daher nicht angebracht, die Geschäftswerte nach dem Interesse der einzelnen Wohnungseigentümer aufzuspalten (BayOLG, Rpfleger 1979, 386;Palandt/Bassenge, Anm. 2 zu § 48 WEG), wie es erkennbar das Landgericht getan hat. Da es sich hier um eine größere Wohnanlage mit 83 Eigentumswohnungen handelt und der Wert der nach den Tagesordnungspunkten 4 b und 4 c auszuführenden Arbeiten gemäß dem vom Beteiligten zu 1) vorgelegten Kostenangebot der Firma Müller etwa 25.000,- DM betragen soll, erscheint angesichts der Bedeutung der Angelegenheit ein Geschäftswert von je 5.000,- DM für beide Beschwerdeinstanzen angemessen.
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