Urteil vom Oberlandesgericht Hamm - 19 U 42/81
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. Dezember 1980 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.453,69 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26. März 1980 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Geländewagens ... ... mit der Fahrgestellnummer ... und des Kraftfahrzeugbriefs mit der Nummer ...
Es wird festgestellt, daß sich die Beklagte mit der Rücknahme des vorgenannten Kraftfahrzeugs in Verzug befindet.
Die Kosten des ersten Rechtszuges werden zu 1/25 dem Kläger und zu 24/25 der Beklagten auferlegt. Die Kosten des zweiten Rechtszuges trägt der Kläger zu 1/40 und die Beklagte zu 39/40.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger kaufte am 5. Oktober 1979 den im Tenor bezeichneten fabrikneuen Pkw der Marke ... von der Beklagten zum Kaufpreis von 16.616,09 DM. Dem schriftlichen Kaufvertrag lagen die Geschäftsbedingungen der Beklagten für den Verkauf von neuen Kraftfahrzeugen und Anhängern zu Grunde, die in Ziffer VI wie folgt lauten:
3"VI. Gewährleistung
4Soweit der Umfang der Gewährleistung in einem besonderen Garantieschein umrissen und der Garantieschein dem Käufer ausgehändigt ist, gelten diese Gewährleistungsbedingungen. Ist das nicht der Fall, so übernimmt der Verkäufer dem Käufer gegenüber die nachstehende Gewährleistung:
5...
64.) Ein Anspruch auf Wandlung, Minderung oder aus § 480 BGB besteht nicht, es sei denn, daß der Verkäufer nicht in der Lage ist, den Mangel zu beheben."
7Da sich nach Auslieferung des Fahrzeuges an den Kläger am 23. November 1979 verschiedene Mängel einstellten, brachte der Kläger das Fahrzeug am 3. Dezember 1979 und am 3. Januar 1980 in die Werkstatt der Beklagten. Wegen der Mängelrügen des Klägers wird im einzelnen auf die in den Akten befindlichen Auftragsbestätigungen der Beklagten vom 3.12.1979 und 3.1.1980 (Blatt 10, 11 der Akten) verwiesen. Als der Kläger am 10. März 1980 wiederum Mängel bei der Beklagten rügte, erklärte diese sich zur Reparatur außerstande, weil sie ihren Reparaturbetrieb zwischenzeitlich eingestellt habe. Sie nahm im übrigen Bezug auf die Herstellergarantie der ... die gemäß deren Gewährleistungsbestimmungen in Ziffer 3 und 4 folgenden Wortlaut aufweisen:
8"3.) Ansprüche auf Wandelung oder Minderung sind ausgeschlossen. Ein Anspruch auf Lieferung eines anderen Fahrzeuges besteht nur, wenn der Importeur nicht in der Lage ist, einen Fehler, der unter diese Gewährleistung fällt, zu beheben und hierdurch eine erhebliche Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit des Kraftfahrzeuges verursacht wird. In diesem Fall liefert der Importeur dem Kunden ein fehlerfreies Fahrzeug des gleichen Modells und Typs sowie der gleichen Ausstattung gegen Rückgabe des fehlerhaften Kraftfahrzeuges. Sollte das betreffende Modell und/oder der betreffende Typ nicht mehr hergestellt werden, wird der Importeur nach eigener Wahl ein Kraftfahrzeug liefern, das dem zurückgegebenen nach Modell und Typ sowie Ausstattung so nah wie möglich kommt.
94.) Alle weitergehenden Ansprüche sind ausgeschlossen, insbesondere wird der Ersatz eines weitergehenden unmittelbaren oder eines mittelbaren Schadens in keinem Fall gewährt."
10Ferner verwies die Beklagte den Kläger an andere Firmen zur Beseitigung etwaiger Mängel. Mit Schreiben vom 11. März 1980 forderte der Kläger die Beklagte zur Wandlung des Kaufvertrages und Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich Nutzungsentschädigung in Höhe von 16.236,09 DM gegen Rückgabe des Fahrzeuges bis zum 25.3.1980 auf. Das lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 26.3.1980 ab und verwies den Kläger erneut an andere Werkstätten.
11Der Kläger hat behauptet, er habe einen Garantieschein des Herstellers nicht erhalten. Das Fahrzeug weise schwerwiegende Mängel auf, die von der Beklagten nicht beseitigt worden seien.
12Der Kläger hat beantragt,
131.
14die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 16.076,09 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26.3.1980
152.
16festzustellen, daß sich die Beklagte mit der Wandelung des Kaufvertrages in Verzug befinde.
17Die Beklagte hat beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Sie hat das Vorliegen von erheblichen Mängeln bestritten und im Übrigen auf die Herstellergarantie verwiesen, in deren Rahmen das Fahrzeug des Klägers in jeder anderen Vertragswerkstatt repariert werden könne, falls ein Garantiefall vorliege.
20Das Landgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen ... vom 18.11.1980, auf dessen Inhalt Blatt 43 bis 50 der Akten verwiesen wird, die Beklagte zur Zahlung von 15.889,59 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26.3.1980 Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs sowie des Kfz-Briefes verurteilt und festgestellt, daß sich die Beklagte mit der Rücknahme des Pkw im Verzug befinde. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, daß die Beklagte die Vereinbarung einer Herstellergarantie nicht bewiesen und trotz ihrer Verpflichtung aus ihren eigenen AGB keinerlei Nachbesserungen vorgenommen, sondern sich auf einen bloßen Verweis des Klägers an andere Werkstätten beschränkt habe. Darüber hinaus lägen nach den Feststellungen des Sachverständigen erhebliche Mängel an dem Fahrzeug vor, so daß das Wandlungsbegehren des Klägers berechtigt sei. Bei Durchführung der Wandelung müsse sich der Kläger für die von ihm gefahrenen 7.265 km eine Nutzungsentschädigung von je 0,10 DM je km anrechnen lassen. Im übrigen wird wegen weiterer Einzelheiten des Urteils auf dessen Inhalt Blatt 70, 71 der Akten verwiesen.
21Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie ihren erstinstanzlichen Abweisungsantrag weiterverfolgt. Sie ist der Ansicht, daß sowohl nach der Herstellergarantie gem. den Gewährleistungsbedingungen der ... als auch ihren eigenen AGB, wonach sie selbst allenfalls subsidiär hafte, die Wandlung des Klägers ausgeschlossen sei. Sie weist darauf hin, daß drei von ihr benannte ... Vertragswerkstätten in Nachbarstädten bereit seien, etwaige Mängel am Fahrzeug des Klägers auf Grund der Herstellergarantie zu beseitigen, falls ein Garantiefall vorliege. Unabhängig von den Geschäftsbedingungen sei die Wandelung auch sachlich unbegründet, weil von dem Sachverständigen nur unbedeutende Mängel festgestellt worden seien. Sie bestreitet, daß am 10.3.1980 nennenswerte Mängel vorhanden gewesen seien.
22Die Beklagte beantragt,
23abändernd die Klage abzuweisen.
24Der Kläger beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Er hat im Termin vom 16.9.1981 seine Klageforderung auf 15.453,69 DM ermäßigt. Er hält unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens sein Wandelungsbegehren für berechtigt und meint, die Geschäftsbedingungen der Beklagten sowie die Gewährleistungsbedingungen der ... ... seien unwirksam, soweit sie sein berechtigtes Wandelungsbegehren ausschlössen.
27Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen in den Akten Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe:
29Die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten ist im wesentlichen nicht begründet, weil der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu Recht die Wandelung des Kaufvertrages erklärt hat (§§ 480, 459, 462, 467, 346 BGB).
30Das Wandelungsrecht des Klägers ist weder durch die Geschäftsbedingungen für den Verkauf von neuen Kraftfahrzeugen und Anhängern (AGB) der Beklagten noch nach den Gewährleistungsbedingungen der ... wirksam ausgeschlossen.
31Es kann dahinstehen, ob Inhalt der AGB der Beklagten die Gewährleistungsbedingungen der ... geworden sind. Der einleitende Satz der Gewährleistungsbestimmungen in den AGB der Beklagten zu VI "soweit der Umfang der Gewährleistung in einem besonderen Garantieschein umrissen und der Garantieschein dem Käufer ausgehändigt ist, gelten diese Gewährleistungsbedingungen" deutet allerdings darauf hin, daß damit die Beklagte ihre eigene Gewährleistungspflicht für den Fall der Herstellergarantie abbedingen will. Eine solche Auslegung würde dazu führen, daß die Formularklausel wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 10 a AGBG unwirksam wäre, da nach dieser Vorschrift Klauseln, welche die Gewährleistungsansprüche auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränken, unzulässig sind. Andererseits könnte die von der Beklagten verwandte Klausel bei gesetzeskonformer Auslegung auch den Sinn haben, daß für den Fall der Herstellergarantie und Garantiescheinaushändigung die Gewährleistung der Beklagten inhaltlich zu den dann heranzuziehenden Gewährleistungsbestimmungen des Herstellers erfolgen soll. Dies würde bedeuten, daß für die Einzelheiten der Gewährleistung der Beklagten die Bestimmungen der ... soweit diese zum Vertragsinhalt geworden sind, maßgeblich sind. Solche Klauseln, denen zufolge der Verkäufer sich zur Gewährleistung in dem vom Hersteller festgelegten Umfang verpflichtet, sind grundsätzlich wirksam, soweit der gesetzliche Gewährleistungsrahmen nicht unterschritten wird (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, Randnummer 247). Letztlich kann die Entscheidung der Frage, in welcher Weise die Formularklausel der Beklagten auszulegen ist und ob nach der Unklarheitenregel des § 5 AGBG verbleibende Zweifel hier zu Lasten der Beklagten als der Verwenderin gehen (vgl. OLG Frankfurt DAR 1981, 219), offen bleiben. Denn selbst wenn bei gesetzeskonformer Auslegung der Klausel grundsätzlich gegen die inhaltliche Einbeziehung der Gewährleistungsbedingungen der ... in die AGB der Beklagten keine Bedenken bestehen, bleibt das Ergebnis im vorliegenden Falle gleich. Sowohl die Gewährleistungsbedingungen der ... als auch die AGB der Beklagten sind unwirksam, soweit sie das Wandelungsrecht des Klägers ausschließen.
32Ziffer 3 der Gewährleistungsbedingungen der Deutschen Lada Import GmbH für fabrikneue Fahrzeuge sind wegen Verstoßes gegen das Gesetz zur Regelung des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) unwirksam, soweit sie ein Wandelungs- oder Minderungsrecht des Käufers eines fabrikneuen Kraftfahrzeuges ausschließen.
33Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser AGB sollen die Ansprüche des Kunden auf Wandelung oder Minderung ohne jegliche Einschränkung auch für den Fall der gescheiterten Nachbesserung ausgeschlossen werden. Weder aus dem Wortlaut der Formularklausel noch ihrem Sinnzusammenhang ergibt sich, daß bei Fehlschlagen der Nachbesserung der Kunde nach seiner Wahl berechtigt sein soll, Rückgängigmachung des Vertrages (Wandelung) oder Herabsetzung der Vergütung (Minderung) zu verlangen. Vielmehr schließt Ziffer 4 der AGB ausdrücklich alle weitergehenden Ansprüche des Fahrzeugkäufers aus, so daß der Kunde auf die Rechte auf Nachbesserung und gegebenenfalls die Lieferung eines Ersatzfahrzeugers beschränkt werden soll. Demnach liegt ein Verstoß gegen § 11 Nr. 10 b AGBG vor, wonach in allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Beschränkung der Gewährleistungsansprüche gegen den Verwender auf ein Recht auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung unwirksam ist, soweit dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nachbesserung oder Ersatzlieferung Herabsetzung der Vergütung oder nach seiner Wahl (ausgenommen bei Bauleistungen) Rückgängigmachung des Vertrages zu verlangen. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Bestimmung die Belange des Kunden bei gescheiterter Nachbesserung für den Fall sichern, daß der Verwender seine Gewährleistungspflicht auf einen Anspruch auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung, d.h. auf den nach § 10 Nr. 10 a AGBG dem Kunden einzuräumenden Mindestrechtsschutz bei Verträgen über die Lieferung neu hergestellter Sachen begrenzte. Da die Vorschrift zwingendes Recht enthält, hat der Verstoß zur Folge, daß insoweit die ganze Freizeichnung unwirksam ist (Palandt-Heinrichs BGB, 40. Aufl., § 11 AGBG Anmerkung 10 b). Erfüllen die AGBG wie im vorliegenden Falle die Voraussetzungen des § 11 Nr. 10 b AGBG nicht, so ist die primäre Beschränkung der Ansprüche des Kunden auf ein Recht zur Nachbesserung unwirksam mit der Folge, daß dem Kunden sogleich sämtliche gesetzlichen Gewährleistungsansprüche wahlweise zustehen (Ulmer-Brandner-Hensen AGB-Gesetz, 3. Auflage 1978, § 11 Nr. 10 Randnummer 34; Kötz in MünchKomm., § 11 ABGB Randnummer 90). Es sind dann gem. § 6 Absatz 2 AGBG die Gewährleistungsregeln des dispositiven Rechts maßgebend, so daß der Kunde bei Lieferung einer mangelhaften Ware gem. § 462 BGB sogleich Wandelung oder Minderung verlangen kann, ohne sich auf die in der AGB-Klausel vorgesehenen Nachbesserung oder Ersatzlieferung einlassen zu müssen (Kötz a.a.O.).
34Auch die eigenen allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sind unwirksam, soweit sie unter Ziffer VI 4) wie folgt lauten:
35"Ein Anspruch auf Wandlung, Minderung oder aus § 480 BGB besteht nicht, es sei denn, daß der Verkäufer nicht in der Lage ist, den Mangel zu beheben".
36Die Formulierung dieser AGB-Bestimmung verstößt ebenfalls gegen § 11 Nr. 10 b AGBG, wie der Kläger zu Recht ausführt. Denn der AGB-Verwender muß statt der juristischen Begriffe "Wandelung" bzw. "Minderung" eine dem § 11 Nr. 10 b AGBG entsprechende Formulierung benutzen, die diesen Begriff vollständig und richtig in einer für den Kunden verständlichen Weise umschreibt (Palandt-Heinrichs § 11 AGBG Anmerkung 10 b; Ulmer-Brandner-Hensen § 11 Nr. 10 Randnummer 34; Kötz in MünchKomm, § 11 AGBG Randnummer 90; Koch-Stübing § 11 Nr. 10 AGBG Randnummer 38; LG Frankfurt DB 1979, 2075; a.A. OLG Saarbrücken BB 1979, 1064). Die Begriffe "Wandlung" und "Minderung", die im Umgangsdeutsch ungebräuchlich sind und von Nichtjuristen zumeist nicht verstanden werden, dürfen nicht benutzt werden, es sei denn, sie werden mit den Worten des Gesetzes (Herabsetzung der Vergütung, Rückgängigmachung des Vertrages) erläutert (Ulmer-Brandner-Hensen a.a.O.). Der gegenteiligen Meinung des OLG Saarbrücken vermag der Senat nicht zu folgen. Abgesehen davon, daß bereits äußerst fraglich ist, ob die dem BGB entnommenen juristischen Begriffe "Wandlung" und "Minderung" in die Umgangssprache Eingang gefunden haben, hat die Vorschrift im Rahmen des AGBG insofern einen besonderen Charakter, als hier ausnahmsweise für die Wirksamkeit einer AGB-Klausel verlangt wird, daß ihr Wortlaut eine bestimmte rechtliche Belehrung des Kunden enthält (Kötz a.a.O. Randnummer 90). Der Verwender der AGB muß daher bei der Formulierung der Klausel in ausreichender Weise den ihn treffenden Belehrungsobliegenheiten Rechnung tragen, wenn die Klausel nicht unwirksam sein soll. Der Kunde soll nach dem gesetzgeberischen Willen, wie er im Wortlaut der Vorschrift zum Ausdruck kommt, in die Lage versetzt werden, seine subsidiären Gewährleistungsrechte auch ohne Inanspruchnahme von Rechtsauskunft zu erkennen und auszuüben. Dazu ist aber erforderlich, daß die Formularklausel, wenn der Verwender der AGB seinen Belehrungsobliegenheiten nachkommen will, eindeutig die Rechte des Kunden auf Rückgängigmachung des Vertrages oder Herabsetzung der Vergütung zum Ausdruck bringt und ihren Inhalt entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes positiv formuliert. Es reicht daher nicht aus, lediglich - wie in den AGB der Beklagten - die Ansprüche auf "Wandelung" und "Minderung" zu nennen, da der Laie mit diesen Fachbegriffen im allgemeinen nichts anfangen kann.
37Die streitige Formularklausel der Beklagten ist demnach ebenfalls wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 10 b AGBG unwirksam, so daß im vorliegenden Falle der Kläger von vornherein das Recht auf Wandelung hatte, falls der von ihm bei der Beklagten gekaufte Pkw mangelhaft im Sinne des § 459 Absatz 1 BGB war. Auf die Frage, ob er sich von der Beklagten auf Reparaturen bei anderen Vertragshändlern, insbesondere bei den drei genannten und dazu bereiten Firmen in Nachbarstädten verweisen lassen mußte, kommt es somit nicht an. Es verstößt im übrigen auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), daß der Kläger im Hinblick auf die gescheiterten mehrfachen Nachbesserungsversuche und das geschilderte Verhalten der Beklagten nun nicht bereit ist, nach Einstellung des Reparaturbetriebes der Beklagten weitere Nachbesserungsversuche bei den genannten drei Firmen vornehmen zu lassen.
38Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann es nicht zweifelhaft sein, daß der streitige Pkw mangelhaft im Sinne des § 459 Absatz 1 BGB ist.
39Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen ... in seinem Gutachten vom 18.11.1980 war das vorliegende Fahrzeug mit einer Vielzahl von Mängeln behaftet. Wie der Sachverständige im einzelnen ausgeführt hat, war bei der Temperaturanzeige des Fahrzeuges eine Birne defekt, die Dichtung der Heckklappe nicht ordnungsmäßig befestigt und undicht, waren die beiden Reflektoren der vorderen Scheinwerfer durch Wassereintritt so stark beschädigt, daß sie erneuert werden mußten, war die Wasserleitung für die Spritzdüse des Heckscheibenwischers durchgerissen, die Batterie infolge Feuchtigkeit beschädigt, der Cassettenrekorder defekt und lösten sich die Zierstreifen ab. Ferner stellte der Sachverständige fest, daß die Karosserie des Fahrzeuges auf ebenem Gelände im hinteren Bereich um 3 cm schief stand. Diese von dem Sachverständigen festgestellten Mängel rechtfertigen bei einem Neuwagen sicherlich nicht jeder für sich, aber jedenfalls in ihrer Gesamtheit die Wandelung (vgl. zur Vielzahl von kleineren Mängeln als Grundlage einer Wandelung auch OLG Hamburg VersR 1981, 138). Insbesondere bei den Schäden an den Beleuchtungseinrichtungen des Fahrzeuges und im Bereich der Heckklappe sowie vor allem dem festgestellten Fehler in der Fahrzeuggeometrie handelt es sich um gravierendere Punkte, welche Auswirkungen auf die Fahrsicherheit und den Verschleiß am Fahrzeug haben können. Insgesamt gesehen kann im Hinblick auf die vorliegenden Mängel nicht eine unerhebliche Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit angenommen werden, die nach § 459 Absatz 1 Satz 2 BGB außer Betracht zu bleiben hätte. Dabei konnte nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Kläger bereits kurze Zeit nach der Fahrzeugübergabe, die am 23.11.1979 erfolgt ist, einen Teil der von dem Sachverständigen später festgestellten Mängel bei der Beklagten reklamiert und diese entsprechenden Reparaturen vorgenommen hatte. So ergibt sich aus der Auftragsbestätigung der Beklagten vom 3.12.1979, daß der Kläger die Reparatur der von ihm beanstandeten sich lösenden Zierstreifen und der undichten Heckklappe verlangt hatte. Auf Grund der Auftragsbestätigung der Beklagten vom 2.1.1980 steht fest, daß der Beklagte bereits zu dieser Zeit beanstandet hatte, daß die Heckklappe undicht sei, das Fahrzeug hinten schräg stehe und die Scheinwerferreflektoren zu erneuern seien. Wenn trotz der zweimaligen Reparaturversuche der Beklagten die von dem Kläger gerügten Mängel nicht dauerhaft beseitigt werden konnten, wie die Feststellungen des Sachverständigen anläßlich seiner Untersuchung des streitigen Fahrzeugs am 12.11.1980 zeigen, dann beweist dies zur Überzeugung des Senats, daß der vorliegende fabrikneue Pkw - jedenfalls insgesamt gesehen - mit Fehlern behaftet ist, welche das Wandelungsbegehren des Klägers zu rechtfertigen vermögen. Die beantragte Beweiserhebung über weitere von dem Kläger behauptete Fahrzeugmängel war deshalb nicht erforderlich und konnte unterbleiben.
40Die festgestellten Mängel waren bereits im maßgeblichen Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeuges vorhanden.
41Dafür spricht einmal der Umstand, daß der Kläger schon wenige Tage nach Übergabe mehrere noch von dem Sachverständigen festgestellte Mängel des Fahrzeuges bei der Beklagten gerügt hat. Wegen dieser Mängel wie der undichten Heckklappe, dem Schrägstand des Fahrzeuges und den beschädigten Reflektoren kann sich der Kläger bereits auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises stützen. Denn es spricht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Wagen schon im maßgeblichen Zeitpunkt der Übergabe diese Fehler hatte. Vorhanden ist ein Fehler in diesem Zeitpunkt nicht nur, wenn bei Übergabe des Fahrzeuges die Gebrauchstauglichkeit gemindert ist, sondern nach allgemeiner Ansicht auch dann, wenn der Mangel zu dieser Zeit "im Keime" vorliegt (Reinking/Eggert a.a.O. Randnummer 678).
42Im übrigen weist die Klägerin zutreffend darauf hin, daß die Beklagte nach ihren AGB "die Fehlerfreiheit des Kaufgegenstandes während der Dauer von 6 Monaten bis zu einer Gesamtfahrleistung von 10.000 km gewährleistet" und daß nach den Gewährleistungsbestimmungen der ... diese Frist sogar zwölf Monate beträgt. Unabhängig davon, wie diese Bestimmungen rechtlich zu qualifizieren sind (Garantievertrag, unselbständige Garantie, Gewährleistungszusage), ist auf Grund dieser AGB-Klauseln zu vermuten, daß die Mängel zumindest "im Keime" zur Zeit des Gefahrüberganges vorhanden waren, so daß insoweit die Darlegungs- und Beweislast für ein späteres Entstehen der festgestellten Fehler nun die Beklagte trifft (Reinking/Eggert a.a.O. Randnummer 228, 229 mit weiteren Nachweisen; BGH BB 1961, 228 und NJW 1979, 645). Die Beklagte hat hierzu jedoch keinen Beweis angeboten.
43Zu Unrecht hat das Landgericht für die von dem Sachverständigen festgestellten 7.265 km, die der Beklagte insgesamt mit dem streitigen Fahrzeug gefahren ist, eine Nutzungsentschädigung von nur je 0,10 DM vom Kaufpreis des Fahrzeuges in Höhe von 16.616,09 DM abgesetzt. In Anwendung der neueren Rechtsprechung des Senats zur Höhe der Nutzungsentschädigung (vgl. auch OLG Hamm DAR 1980, 285) beläuft sich die gemäß § 287 ZPO zu bemessende pauschale Nutzungsvergütung bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen Pkw bei einem Kaufpreis von mehr als 12.000,- DM in der Regel auf ein Hunderttausendstel des auf volle tausend DM abgerundeten Kaufpreises pro gefahrenen Kilometer. Daher ergibt sich hier eine pauschale Nutzungsentschädigung von 0,16 DM je km mit insgesamt 1.162,40 DM, die von dem Kaufpreis für das vorliegende Fahrzeug abzusetzen und von dem Kläger zu tragen ist. Die begründete Klageforderung gegen die Beklagte beläuft sich demnach, wie aus dem Tenor ersichtlich ist, auf 15.453,69 DM.
44Die Zinsforderung ist aus §§ 284, 288 Absatz 1 BGB begründet.
45Das Rechtsschutzinteresse gem. § 256 Absatz 1 ZPO für den Antrag des Klägers auf sinngemäße Feststellung, daß sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges in Verzug befindet, folgt aus § 756 ZPO. Insoweit kann die Frage offen bleiben, ob die Beklagte durch das Schreiben des Klägers vom 11. März 1980 im Hinblick auf die darin erhobene Zuvielforderung überhaupt in erster Instanz in Verzug geraten konnte (vgl. Palandt-Heinrichs § 284 Anm. 3 b). Der Antrag auf Feststellung ist jedenfalls nunmehr begründet, da sich die Beklagte zumindest seit der Ermäßigung des Klageantrages durch den Kläger auf die Höhe seiner berechtigten Forderung im Verzuge der Annahme mit der Rücknahme des streitigen Fahrzeuges befindet (§§ 293, 295 BG).
46Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Absatz 1, 269 Absatz 3 Satz 2, 708 Ziffer 10 ZPO.
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