Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 15 W 513/88
Tenor
Die sofortigen weiteren Beschwerden werden zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz trägt der Beteiligte zu 2) 95 %, der Beteiligte zu 1) 5 %. Die in diesem Verfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert für das Verfahren dritter Instanz wird auf 205.000,- DM festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten sind Inhaber der eingangs näher bezeichneten Miteigentumsanteile und gehören damit der aus drei Eigentümern bestehenden Eigentümergemeinschaft der Wohnungseigentumsanlage ... in ... an. Der Beteiligte zu 2) ist zugleich deren Verwalter. Der Beteiligte zu 1) hat sieben Miteigentumsanteile an dieser Anlage verkauft. Nach §4 der Teilungserklärung bedarf der Verkauf der Zustimmung des Verwalters, die nur aus wichtigem Grund verweigert werden darf. Wird sie versagt, ist die Entscheidung der Eigentümer herbeizuführen. Der Beteiligte zu 2) hat binnen der ihm vom Beteiligten zu 1) gesetzten Fristen die Zustimmung als Verwalter nicht erteilt und in der Eigentümerversammlung vom 31. Januar 1987 mit der ihm aufgrund seiner Miteigentumsanteile zufallenden Stimmenmehrheit gegen die Erteilung gestimmt.
4Der Beteiligte zu 1) hat daraufhin beim Amtsgericht beantragt, dem Beteiligten zu 2) aufzugeben, der Veräußerung zuzustimmen. In der in erster Instanz durchgeführten mündlichen Verhandlung hat der Beteiligte zu 2) der Veräußerung von drei Anteilen zugestimmt. Mit Beschluß vom 25. März 1988 hat das Amtsgericht dem Beteiligten zu 2) antragsgemäß aufgegeben, der Veräußerung aller sieben Miteigentumsanteile zuzustimmen. Die Kosten des Verfahrens hat es dem Beteiligten zu 2) auferlegt.
5Gegen den amtsgerichtlichen Beschluß hat der Beteiligte zu 2) hinsichtlich der vier Miteigentumsanteile, deren Veräußerung er in erster Instanz noch nicht zugestimmt hatte, fristgerecht erste Beschwerde eingelegt. Bezüglich dieser vier Miteigentumsanteile stritten die Beteiligten um das Bestehen und die rechtzeitige Ausübung eines Vorkaufsrechtes für den Beteiligten zu 2). Im Verfahren der ersten Beschwerde hat der Beteiligte zu 2) nach mündlicher Verhandlung vor der Berichterstatterin der Beschwerdekammer in einfacher Schriftform außergerichtlich der Veräußerung dieser restlichen vier Miteigentumsanteile zugestimmt und sich zugleich bereiterklärt, diese Zustimmung unter Protest gegen die Kostenlast zu gerichtlichem Protokoll zu erklären oder seine Erklärung notariell beglaubigen zu lassen, sofern der Beteiligte zu 1) die Kosten dafür übernehme.
6Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die erstinstanzliche Entscheidung im Kostenpunkt dahingehend abgeändert, daß eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht stattfindet. Im übrigen hat es die erste Beschwerde zurückgewiesen.
7Dagegen wendet sich der Beteiligte zu 2) mit der sofortigen weiteren Beschwerde, die er fristgerecht mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten beim Oberlandesgericht eingelegt hat. Der Beteiligte zu 1) erstrebt mit seinem Rechtsmittel die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten erster und zweiter Instanz durch den Beteiligten zu 2).
8II.
9Die in der Hauptsache eingelegte weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist zulässig. Sie bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§43 Abs. 1 WEG i.V.m. §27 FGG).
10In verfahrensrechtlicher Hinsicht stellt es allerdings einen Verstoß gegen Art. 6 MRK, der nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch im Verfahren in Wohnungseigentumssachen und dort auch für das Verfahren der ersten Beschwerde gilt, dar, daß die mündliche Verhandlung in zweiter Instanz nicht in öffentlicher Sitzung vor der vollbesetzten Kammer, sondern in nicht-öffentlicher Sitzung vor der Berichterstatterin stattgefunden hat. Indessen haben die Beteiligten auf eine mündliche Verhandlung vor der Kammer verzichtet. Überdies sieht der Senat derzeit noch davon ab, ältere Entscheidungen wegen des aufgezeigten Verfahrensfehlers aufzuheben, wenn sie sich im übrigen als richtig erweisen.
11In der Sache hat das Landgericht die erste Beschwerde des Beteiligten zu 2) in der Hauptsache zu Recht zurückgewiesen. Dabei hat es wie das Amtsgericht zutreffend angenommen, daß bei einer Regelung wie der hier in der Teilungserklärung getroffenen der Anspruch des Wohnungseigentümers auf Zustimmung zur Veräußerung seines Miteigentumsanteils nach erfolgloser Anrufung der Eigentümerversammlung weiterhin gegen den Verwalter gerichtet und gegen diesen gerichtlich durchzusetzen ist (Beschluß des Senats vom 21. Oktober 1987 - 15 W 543/86). Dabei ist dem Verwalter durch die gerichtliche Entscheidung, mit deren Rechtskraft die Zustimmung als abgegeben gilt (§45 Abs. 3 WEG i.V.m. §894 ZPO), die Zustimmung aufzugeben.
12Der Beteiligte zu 1) hat gegen den Beteiligten zu 2) einen Anspruch aus Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung der vier noch im Streit befindlichen Miteigentumsanteile, weil ein wichtiger Grund zur Versagung der Zustimmung nicht besteht. Der Streit zwischen den Beteiligten über die wirksame Vereinbarung, und Ausübung eines Vorkaufsrechts zugunsten des Beteiligten zu 2) kann nicht als wichtiger Grund für die Verweigerung der Zustimmung angesehen werden. Wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat, hindert die Zustimmung, die der Beteiligte zu 2) als Verwalter abgibt, ihn nicht, ein etwaiges Vorkaufsrecht auf Grund seiner Rechtsstellung als Eigentümer auszuüben. Auch setzt eine wirksame Ausübung eines solchen Vorkaufsrechts das Bestehen eines wirksamen Kaufvertrages, das hier gerade von der Erteilung der Zustimmung abhängt, voraus. Schließlich kann auch ein etwaiges Bestreben des Beteiligten zu 2), den Beteiligten zu 1) im Streit über die Veräußerung seiner Miteigentumsanteile zu einem dem Beteiligten zu 2) genehmen Verhalten zu veranlassen, ersichtlich nicht als wichtiger Grund anerkannt werden.
13Zu Recht hat das Landgericht weiter angenommen, daß der Beteiligte zu 2) seiner Verpflichtung zur Zustimmung durch die Abgabe der Zustimmungserklärung in einfacher Schriftform nicht genügt hatte. Denn es ist zwar anerkannt, daß mit Rücksicht auf §182 Abs. 2 BGB der auf die zustimmungsbedürftige Veräußerung gerichtete Vertrag durch eine formfreie oder in einfacher Schriftform abgegebenen Zustimmungserklärung wirksam wird. Indessen kann damit das Ziel dieses Vertrages, die Veräußerung des Miteigentumsanteils, nicht erreicht werden, weil sie zu ihrer Wirksamkeit gemäß §873 Abs. 1 BGB der Eintragung in das Grundbuch bedarf und das Grundbuchamt vor der Eintragung zum Nachweis der Zustimmung gemäß §29 GBO die Vorlage der Zustimmungserklärung in notariell-beglaubigter Form verlangen muß. Daraus folgt, daß die Zustimmungserklärung, soll sie ihren Zweck erfüllen, notariell beglaubigt werden muß.
14Die Verpflichtung, dies zu veranlassen, trifft den zustimmungspflichtigen Verwalter. Das folgt zum einen daraus, daß seine Mitwirkung bei der Beglaubigung aus der Natur der Sache heraus unerläßlich ist. Zum anderen ergibt es sich daraus, daß die Teilungserklärung mit dem Erfordernis der Zustimmung zur Veräußerung von Miteigentumsanteilen eine Beschränkung der ansonsten unbeschränkt gegebenen Befugnis des einzelnen Eigentümers zur Verfügung über sein Eigentum vornimmt, die allein im Interesse der übrigen Wohnungseigentümer liegt. Solche Beschränkungen sind mit Rücksicht auf Art. 14 GG rechtlich nur hinnehmbar, soweit sie zur Wahrung schutzwürdiger Interessen unerläßlich sind. Das Interesse der Eigentümergemeinschaft, ein Eindringen von Erwerbern, die ihrer Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft voraussichtlich nicht nachkommen würden, zu verhindern, rechtfertigt es nicht, daß sich der veräußernde Eigentümer nach Erteilung der Zustimmung selbst um die notarielle Beglaubigung der Erklärung, deren er ohne eine entsprechende Regelung in der Teilungserklärung zur Veräußerung gar nicht bedürfte, bemühen muß. Die Verpflichtung des Verwalters, der in derartigen Fällen die Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft wahrnimmt, ist daher von vornherein darauf gerichtet, dem veräußernden Wohnungseigentümer die Zustimmung in notariell-beglaubigter Form zu erteilen.
15Die Erfüllung dieser Verpflichtung durfte der Beteiligte zu 2) nicht, wie es hier geschehen ist, von einer Übernahme der mit der notariellen Beglaubigung verbundenen Kosten für den Beteiligten zu 1) abhängig machen. Denn aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich bereits, daß nicht der Beteiligte zu 1), sondern letztlich die Eigentümergemeinschaft diese Kosten zu tragen hat. Ein Zurückbehaltungsrecht gegen den veräußernden Eigentümer kann dem Verwalter deshalb nicht zustehen. Es läßt sich insbesondere nicht aus einer entsprechenden Anwendung des §897 BGB herleiten, da dort die Kosten für eine im Intersse des Berichtigungsverlangenden geregelt sind, während es hier um die Kosten einer den Interessen der übrigen Eigentümer dienenden Maßnahme geht.
16Mit der notariell-beurkundeten Erklärung vom 7. November 1988 hat sich entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2) das Verfahren nicht in der Hauptsache erledigt, so daß die dahingehende Erklärung im Verfahren dritter Instanz, verbunden mit der Beschränkung des Rechtsmittels auf den Kostenpunkt, verfahrensrechtlich ins Leere geht. Denn durch die im letzten Absatz dieser Erklärung vorgenommene Zweckbindung hat der Beteiligte zu 2) die Zustimmung wiederum in unklarer, rechtlich aber jedenfalls unzulässiger Weise von der Verwirklichung seines vermeintlichen Vorkaufsrechts abhängig gemacht, so daß der Beteiligte zu 1) den eigentlichen Zweck der in notariell-beglaubigter Form abzugebenden Zustimmungserklärung, nämlich die Verwirklichung des zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäfts, im Grundbuchverfahren voraussichtlich nicht erreichen kann. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) war mithin zurückzuweisen.
17III.
18Das auf die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten in erster und zweiter Instanz gerichtete Rechtsmittel des Beteiligten zu 1) ist als unselbständige Anschlußbeschwerde mit der fristgerechten Einlegung der weiteren Beschwerde des Beteiligten zu 2) zulässig geworden. Es bleibt in der Sache aber ebenfalls ohne Erfolg.
19Wird, wie hier, eine zulässige erste Beschwerde in der Hauptsache eingelegt, so hat das Landgericht - soweit das Rechtsmittel dazu Anlaß gibt - über eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten im Verfahren der ersten Instanz und im Verfahren der ersten Beschwerde unter Ausübung eigenen Ermessens nach Billigkeit gemäß §47 S. 2 WEG zu entscheiden. Von dem im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Grundsatz, daß jeder Beteiligte seine eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen hat, darf dabei nur abgewichen werden, wenn besondere Umstände das rechtfertigen. Daß der Beteiligte zu 2) gegen die Person des Erwerbers der Miteigentumsanteile nichts vorzubringen hatte, reicht für eine Annahme solcher besonderen Umstände nicht aus. Denn die Beteiligten haben weiter über die rechtliche Bedeutung, das Bestehen und die wirksame Ausübung eines Vorkaufsrechts durch den Beteiligten zu 2) gestritten. Darüber hinaus bildete die - soweit ersichtlich - höchstrichterlich nicht entschiedene Frage, wem in erster Linie die Veranlassung der notariellen Beglaubigung einer Zustimmungserklärung obliegt und wer deren Kosten zu tragen hat, einen wesentlichen Punkt ihres Streits. Die landgerichtliche Entscheidung kann deshalb nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden. Ob im Rahmen billigen Ermessens auch anders hätte entschieden werden können, ist dann im Verfahren dritter Instanz, in dem nur eine auf das Vorliegen von Ermessensfehlern beschränkte Überprüfung stattfinden kann, ohne Belang.
20Die Nebenentscheidungen des Senats beruhen auf §47 WEG und den §§131 Abs. 2, 30 KostO.
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