Urteil vom Oberlandesgericht Hamm - 6 UF 69/98
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 6. März 1998 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Blomberg - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
3Entscheidungsgründe:
4Das Familiengericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die Zeit von Dezember 1995 bis einschließlich April 1997 Trennungsunterhalt von insgesamt 5.982,63 DM nebst Zinsen zu zahlen. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat Erfolg.
5I.
6Der Klägerin steht für die streitbefangene Zeit vom 1. Dezember 1995 bis zum 30. April 1997 kein Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten zu (§ 1361 Abs. 1 BGB).
71.
8Der Unterhaltsbedarf der Klägerin ist nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Parteien zu bemessen. Beide Parteien waren bereits vor der Ende 1995 erfolgten Trennung vollschichtig erwerbstätig und haben ihre Erwerbstätigkeiten auch noch bis zu dem hier maßgebenden Endzeitpunkt (30.04. 1997) ausgeübt. Der 1972 geborene Sohn ... der Parteien war bereits vor der Trennung nicht mehr betreuungs- und unterhaltsbedürftig. Unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten ist der Unterhaltsbedarf der Klägerin nach der Differenzmethode zu ermitteln.
9a)
10Der Beklagte hat im Jahre 1995 unstreitig ein durchschnittliches Nettoeinkommen von monatlich 3.186,00 DM erzielt. Die von der Arbeitgeberin gezahlten vermögenswirksamen Leistungen von monatlich brutto 52,00 DM sind mit einem Nettoanteil von (0,54 × 52,00 DM =) rund 28,00 DM abzusetzen. Die berufsbedingten Fahrtkosten des Beklagten hat das Familiengericht unter Zugrundelegung einer Entfernung zwischen der Wohnung und dem Arbeitsplatz des Beklagten von 7 km zutreffend mit monatlich 107,80 DM berechnet (2 × 7 km × 0,42 DM × 220 Tage: 12). Der vom Beklagten 1995 gezahlte Gewerkschaftsbeitrag belief sich auf monatlich (359,40 DM: 12 =) 29,95 DM. Nach Absetzung der drei letztgenannten Positionen verbleibt ein Einkommen des Beklagten von (3.186,00 DM - 28,00 DM - 107,80 DM - 29,95 DM =) 3.020,25 DM. Davon sind unter Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus 6/7 mit rund 2.589,00 DM anrechenbar.
11Steuervorteile aus einer fiktiven Durchführung des begrenzten Realsplittings können dem Beklagten nach Auffassung des Senats nicht einkommenserhöhend zugerechnet werden. Daß es der Beklagte in dem hier maßgebenden Zeitraum unterlassen hat, das begrenzte Realsplitting durchzuführen, kann ihm nicht als ein unterhaltsbezogenes leichtfertiges Verhalten angelastet werden; denn er hat während der hier in Rede stehenden Zeit keine Unterhaltsbeträge an die Klägerin gezahlt und darüber hinaus hat er geltend gemacht, daß etwaige Unterhaltsansprüche der Klägerin gemäß §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 6 und 7 BGB verwirkt seien.
12Gemäß dem Steuerbescheid vom 6. Juni 1995 haben die Parteien aufgrund gemeinsamer Veranlagung für das Jahr 1994 eine Steuererstattung von 1.407,09 DM erhalten (Bl. 11 GA). Da die Parteien jedoch nichts dazu vorgetragen haben, wem dieser Betrag zugeflossen ist und ob und ggf. wie man den Betrag aufgeteilt hat, muß die genannte Steuererstattung bei der Unterhaltsberechnung außer Betracht bleiben. Die Klägerin hat den Erstattungsbetrag auch nicht in ihre Berechnungen einbezogen.
13Die Klägerin hat 1995 unstreitig ein durchschnittliches Nettoeinkommen von monatlich 2.855,31 DM erzielt. Berufsbedingte Aufwendungen hat sie für 1995 nicht geltend gemacht. Nach Abzug des Erwerbstätigenbonus verbleibt ein anrechenbares Einkommen von (2.855,31 DM × 6/7 =) rund 2.447,00 DM.
14Bis zu ihrer Trennung haben die Parteien ein dem Beklagten gehörendes Hausgrundstück bewohnt. Der Mietwert der von ihnen genutzten Räume ist unstreitig mit monatlich 848,00 DM anzusetzen. Für das Familienheim aufgenommene Darlehen hatten die Parteien mit monatlich insgesamt (120,00 DM × 650,00 DM + 340,00 DM =) 1.110,00 DM zurückzuführen. Nach der Trennung hat der Beklagte die genannten Darlehensraten auch unverändert bis einschließlich September 1996 an die Darlehensgläubiger geleistet. Unter Verrechnung des Mietwerts der ehelichen Wohnung verbleibt eine monatliche Belastung von (1.110,00 DM - 848,00 DM =) 262,00 DM. Diese Belastung ist als für die ehelichen Lebensverhältnisse prägend anzusehen und deshalb - jedenfalls bei der Bedarfsberechnung - zu berücksichtigen (vgl. BGH FamRZ 1985, 354/357; FamRZ 1988, 701/703; Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 6. Aufl., Rdz. 780). Dies gilt im Rahmen der Bedarfsberechnung auch für reine Tilgungsleistungen, soweit die damit betriebene Vermögensbildung im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse der Ehegatten angemessen erscheint, was vorliegend hinsichtlich des in dem Betrag von monatlich 262,00 DM enthaltenen Tilgungsanteils zu bejahen ist. Ob bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Beklagten ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages andere Maßstäbe anzulegen wären, bedarf hier - wie aus den nachstehenden Ausführungen folgt - keiner Erörterung.
15Abgestellt auf den Monat Dezember 1995 ergibt sich unter Fortschreibung der von den Parteien im Trennungszeitpunkt erzielten Einkünfte ein Unterhaltsbedarf der Klägerin von [(2.589,00 DM + 2.447,00 DM - 262,00 DM): 2 =] 2.387,00 DM.
16Der von der Klägerin wegen Anschaffung von Hausrat für ihre nach der Trennung bezogene Wohnung geltend gemachte Mehrbedarf von monatlich 323,25 DM kann im Rahmen der hier angewandten Differenzmethode keine Berücksichtigung finden (BGH FamRZ 1984, 149), zumal die Klägerin den trennungsbedingten Mehrbedarf ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts aus ihrem Erwerbseinkommen zu decken vermochte. Da das anrechenbare Einkommen der Klägerin von 2.447,00 DM ihren Bedarf von 2.387,00 DM übersteigt und durch die von ihr und ihrem Arbeitgeber abgeführten Rentenversicherungsbeiträge auch eine dem Bedarf entsprechende Alterssicherung gewährleistet ist, steht der Klägerin für Dezember 1995 kein Unterhaltsanspruch gegenüber dem Beklagten zu.
17b)
18Im Jahre 1996 belief sich das Nettoeinkommen des Beklagten unstreitig auf monatlich 2.791,71 DM. Den Nettoanteil der dem Beklagten gezahlten vermögenswirksamen Leistungen hat die Klägerin unbestritten mit monatlich 29,32 DM berechnet. Der vom Beklagten gezahlte Gewerkschaftsbeitrag machte 1996 monatlich (372,00 DM: 12 =) 31,00 DM aus. Die berufsbedingten Fahrtkosten des Beklagten beliefen sich weiterhin auf monatlich 107,80 DM. Danach verbleibt ein Einkommen von (2.791,71 DM - 29,32 DM - 31,00 DM - 107,80 DM =) 2.623,59 DM. Davon sind nach Abzug des Erwerbstätigenbonus 6/7 mit 2.249,00 DM anzurechnen.
19Das Einkommen der Klägerin betrug 1996 unstreitig monatlich 2.756,46 DM. Der Nettoanteil der ihr gezahlten vermögenswirksamen Leistungen belief sich auf monatlich (0,63 × 52,00 DM =) 32,90 DM. Berufsbedingte Aufwendungen hat die Klägerin für die Zeit von Januar bis einschließlich Oktober 1996 nicht geltend gemacht, so daß sich für den genannten Zeitraum nach Abzug des Erwerbstätigenbonus ein anrechenbares Einkommen von monatlich [(2.756,46 DM - 32,90 DM) × 6/7 =] rund 2.334,00 DM ergibt.
20Soweit der Beklagte wegen der Aufnahme eines weiteren Darlehens von 40.000,00 DM mit der Volksbank ... für die Zeit ab Oktober 1996 eine Reduzierung der Darlehensrate von ursprünglich monatlich 650,00 DM auf 200,00 DM und eine Erhöhung der ursprünglichen Darlehensrate von 340,00 DM auf 400,00 DM vereinbart hat, ist dies für die Berechnung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin nicht von Belang; denn Anhaltspunkte dafür, daß es auch bei Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien zu einer entsprechenden Vereinbarung mit der Volksbank ... gekommen wäre, liegen nicht vor. Der Unterhaltsbedarf der Klägerin ist danach für die Zeit von Januar bis einschließlich Oktober 1996 mit monatlich [(2.249,00 DM + 2.334,00 DM - 262,00 DM): 2 =] rund 2.161,00 DM anzusetzen. Diesen Bedarf kann die Klägerin wiederum mit ihrem anrechenbaren Einkommen von 2.334,00 DM decken.
21Ab November 1996 mußte die Klägerin nach ihrer Behauptung zur Erreichung ihrer Arbeitsstelle eine Strecke von 10 km zurücklegen und Fahrtkosten von monatlich 154,00 DM aufwenden. Selbst wenn man diesen Betrag mit 6/7 (132,00 DM) von dem anrechenbaren Einkommen der Klägerin absetzt, so daß ein Einkommen von 2.202,00 DM verbleibt, vermochte sie den sich dann, ergebenden Bedarf von rund 2.095,00 DM durch ihr anrechenbares Einkommen zu decken. Dies gilt auch für die Zeit von Januar 1997 bis einschließlich April 1997; denn hinsichtlich dieses Zeitraums haben die Parteien eine Änderung ihrer Einkommensverhältnisse nicht geltend gemacht.
222.
23Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, kann die Frage, ob die Klägerin den Zeugen ... zu vergütende hauswirtschaftliche Versorgungsleistungen erbracht hat und der Verwirkungseinwand des Beklagten durchgreift, auf sich beruhen.
24II.
25Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
26Verkündet am 23. November 1998
27Tewes, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts
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Referenzen
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