Urteil vom Oberlandesgericht Hamm - 34 U 136/01
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 17. Juli 2001 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird unter Abweisung des Hilfsantrages zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beschwer der Kläger übersteigt 20.000 .
1
Tatbestand:
2Die Kläger begehren mit ihrer Klage festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, sie von allen Ansprüchen Dritter freizustellen, soweit die Kläger wegen Altlasten auf ihrem Grundstück in Anspruch genommen werden.
3Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochten Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
4Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen.
5Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Feststellungsinteresse der Kläger bestehe nicht; es sei schon nicht ersichtlich, daß die begründete Besorgnis der Inanspruchnahme der Kläger durch Dritte bestehe. Allein daraus, daß die Stadt F Wert auf die Eintragung einer Baulast lege, ergebe sich nicht die Befürchtung, daß weitere Dritte Ansprüche stellen werden.
6Der Klageantrag wiederhole zudem lediglich die in Nr. 3 a des notariellen Kaufvertrages vereinbarte Freistellungsklausel. Insoweit sei nicht verständlich, was die Kläger eigentlich festgestellt haben wollten. Ließe man die Feststellungsklage zu, müßte eine abstrakte Auslegung der Vereinbarung erfolgen, unter welchen Voraussetzungen die Kläger theoretisch Freistellung von künftigen, noch nicht konkretisierten Ansprüchen noch nicht bekannter Dritter verlangen könnten. Dies sei unzulässig.
7Ein Feststellungsinteresse ergebe sich auch nicht daraus, daß die Kläger eine drohende Verjährung unterbrechen wollten, da die Verjährungsfrist hinsichtlich der Freistellungsvereinbarung 30 Jahre betrage.
8Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgen; hilfsweise stellen sie nunmehr den Antrag, festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, sie von allen Lasten freizustellen, die ihnen daraus entstehen, daß die Stadt F die Eintragung einer Baulast verlangt und durchsetzt.
9Sie meinen, das Landgericht habe zu Unrecht die Voraussetzungen einer Feststellungsklage verneint.
10Gegenstand der vorliegenden Feststellungsklage sei keine abstrakte Rechtsfrage, sondern das behauptete Bestehen eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses, nämlich die Beklagte sei wegen der vorhandenen Altlasten und insbesondere wegen der deswegen von der Stadt F verlangten Baulast verpflichtet, sie, die Kläger, von den damit verbundenen Lasten freizustellen.
11Daß sie, die Kläger, im Klageantrag die Formulierung der Freistellungsvereinbarung aus dem Kaufvertrag aufnähmen, berühre das Feststellungsinteresse nicht. Ihnen gehe es um die Auslegung dieser Freistellungsvereinbarung, nämlich ob die Beklagte allgemein für alle wegen der Altlasten an die Kläger gerichteten Ansprüche einzustehen hätte oder nur für solche Ansprüche, die sich wegen der Altlasten mit Bezug auf die Durchführung der Baumaßnahme ergäben. Das Rechtsschutzinteresse bestehe deshalb, weil die Beklagte vorprozessual unstreitig - erklärt habe, die Freistellungserklärung habe nur für die beabsichtigte Bebauung gegolten.
12Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei auch die erforderliche Besorgnis der Inanspruchnahme der Kläger durch Dritte gegeben. Ihre Inanspruchnahme ergebe sich schon daraus, daß die Stadt F die Eintragung einer Baulast verlange.
13Durch die Eintragung einer Baulast würden sie in ihren Befugnissen beschränkt; bei der verlangten Baulast handele es sich letztlich um eine öffentlich-rechtliche Bau- und Nutzungsbeschränkung, also um einen Eingriff in die Eigentümerstellung der Kläger. Wenn die Baulast durchgesetzt werde, liege allein darin schon eine Beeinträchtigung und ein Mangel des Grundstückes, für den die Beklagte einzustehen und von dessen Auswirkungen sie die Kläger freizustellen habe.
14Die Kläger behaupten weiter, daß aufgrund von Schichtenwasser Zyanide und Kohlenwasserstoffe des Nachbargrundstücks auf ihr Grundstück geschwemmt werden, wodurch eine Aufbereitung des Erdreiches nötig werde; auch hierdurch bestehe die drohende Gefahr, daß ihnen seitens der Stadt F zusätzliche Auflagen gemacht werden könnten.
15Die Kläger sind ferner der Auffassung, ihr Feststellungsinteresse ergebe sich auch als Schutz vor einer drohenden Verjährung. Hinsichtlich der getroffenen Freistellungsvereinbarung gelte nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nicht mehr eine 30-jährige Verjährungsfrist, sondern nur noch eine dreijährige, so daß sich durchaus die Frage der drohenden Verjährung stelle.
16Der Feststellungsantrag sei auch der Sache nach begründet. Aus der vertraglichen Regelung ergebe sich eindeutig, daß die Beklagte insgesamt die Haftung für die auf dem Grundstück befindlichen Altlasten habe übernehmen sollen und wollen. Die Einstandspflicht sollte sich nicht nur auf die Realisierung des konkret beabsichtigten Bürogebäudes beschränken.
17Die Beklagte könne sich auch nicht auf § 460 BGB berufen. Den Klägern sei zwar bekannt gewesen, daß kontaminierter Bodenaushub auf dem Grundstück in ein Sicherungsbauwerk eingebracht worden sei; sie, die Kläger, seien aber davon ausgegangen, daß weitere Altlasten nicht vorhanden wären.
18Die Kläger beantragen,
19unter Abänderung des angefochtenen Urteils
20- nach dem von den Klägern in der ersten Instanz zuletzt gestellten Antrag zu erkennen, nämlich festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Kläger von allen unmittelbaren oder mittelbaren Ansprüchen Dritter (z.B. Bund, Land, Kommune, juristische Person oder Privatperson) freizustellen, soweit an sie wegen Altlasten (z.B. Kontaminierung von Grund und Boden, Grundwasser oder Luft etc.) auf dem Kaufgrundstück, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Essen G1, Blatt 0000, Flur xx, Flurstücke xx, xx, xx, xx und xx Ansprüche gerichtet werden;
- hilfsweise festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Kläger von allen Lasten freizustellen und ihnen alle Nachteile zu ersetzen, die ihnen daraus entstehen, daß die Stadt F von ihnen wegen der Altlasten (Kontaminierung von Grund und Boden, Grundwasser usw. mit organischen und anorganischen Schadstoffen) die Eintragung einer Baulast im Baulastenverzeichnis zu dem von ihnen von der Beklagten erworbenen Grundstück M-Straße in F verlangt und durchsetzt, also die im Schreiben der Stadt F vom 10.02.2000 verlangte Baulast eingetragen wird, daß die Kläger deshalb in der Nutzung ihres Grundstückes eingeschränkt sind, daß Nutzungsänderungen nur noch in Abstimmung mit dem Amt für Umweltschutz durchgeführt werden dürfen, daß Grundwassermeldestellen zu erhalten sind, daß die auf dem Grundstück vorhandene Versiegelung beibehalten werden muß und Oberflächenwasser der Kanalisation zuzuführen ist.
Die Beklagte beantragt mit der Maßgabe, daß sie der Zulassung des Hilfsantrages widerspricht,
22die Berufung zurückzuweisen.
23Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
24Sie hält sowohl den Haupt- als auch den Hilfsantrag weder für zulässig noch begründet.
25Soweit die Kläger den Umfang der Freistellungsvereinbarung geklärt wissen wollten, begehrten sie die Feststellung und Festlegung einer abstrakten Rechtsauslegung ohne Bezug zu einem tatsächlichen Geschehen. Dies werde bereits dadurch deutlich, daß sie mit ihrem Hauptantrag praktisch die vertragliche Freistellungsvereinbarung wiederholten. Es wäre aber unsinnig, noch einmal durch ein Gericht feststellen zu lassen, was bereits im Kaufvertrag stehe.
26Der Klage fehle ferner das Rechtsschutzinteresse, weil die Kläger nach dem Baulastbegehren der Stadt F konkret auf Freistellung klagen könnten.
27Darüber hinaus fehle es für das Begehren der Kläger aber auch an der erforderlichen konkreten Inanspruchnahme durch einen Dritten. Konkrete Tatsachen hätten die Kläger insoweit nicht vorgetragen. Der Hinweis auf das Schreiben der Stadt F gehe fehl, da die Kläger nicht etwa Freistellung konkret im Hinblick auf dieses Schreiben verlangten, sondern die abstrakte Feststellung der Freistellung von Inanspruchnahmen Dritter begehrten. Derartige Dritte seien aber weit und breit nicht zu sehen. Unerheblich sei daher auch, ob und inwieweit die Eintragung einer Baulast die Befugnisse des Grundstückseigentümer beeinträchtigten; hierauf sei der Hauptantrag nicht abgestellt.
28Der Hilfsantrag sei bereits wegen Vorrangs der Leistungsklage unzulässig; die Kläger könnten insoweit wegen des Baulastbegehrens der Stadt F eine Leistungsklage auf Freistellung formulieren. Im übrigen drohe auch keine Inanspruchnahme durch die Stadt F. Die Stadt F habe lediglich eine Bitte geäußert, der aber bis zum heutigen Tag kein konkretes Verlangen gefolgt sei.
29Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet.
30Die Freistellungsverpflichtung beziehe sich nach dem Wortlaut nur auf die Verwendbarkeit des Grund und Bodens zu der Bebauung mit dem neu errichteten Bürogebäude, m.a.W., die Freistellung habe nur bezüglich der Altlasten übernommen werden sollen, die die Realisierung des Bürogebäudes beschränkten. Die Freistellungsvereinbarung erfahre durch das Wort "insoweit" eine Verknüpfung und gleichzeitig eine Einschränkung zu dem vorhergehenden Absatz. Alles andere wäre unsinnig, da die Beklagte für die Kläger erkennbar nicht eine Freistellung für die Ansprüche Dritter habe übernehmen wollen, die ansonsten von dem totalen Gewährleistungsausschluß umfaßt gewesen seien.
31Die Beklagte habe demnach auch nicht für irgendwelche Konsequenzen aus dem Begehren der Stadt F einzustehen, da die Baulast sich allenfalls auf zukünftige Eingriffe in den Boden oder Nutzungsänderungen beziehe, die gegenwärtige Nutzung aber unberührt lasse.
32Entscheidungsgründe:
33Die zulässige Berufung hat ebenso wie das erstmals in der Berufungsinstanz mit dem Hilfsantrag verfolgte Begehren keinen Erfolg. Die begehrten Feststellungen sind infolge Fehlens des Feststellungsinteresses unzulässig.
34a.)
35Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Feststellungsantrag (Hauptantrag) der Kläger allerdings nicht bereits deshalb unzulässig, weil sie hiermit lediglich die Feststellung und Festlegung einer abstrakten Rechtsauslegung ohne Bezug zu einem tatsächlichen Geschehen verfolgen.
36Ein Rechtsverhältnis, das Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann, liegt hier vor.
37Rechtsverhältnis ist die rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder Sache (Zöller-Greger, ZPO, 23. Aufl., § 256 Rdz. 3). Abzugrenzen ist das Rechtsverhältnis demgegenüber zu bloßen Tatfragen oder abstrakten Rechtsfragen. Nur das Rechtsverhältnis selbst kann Gegenstand der Klage sein, nicht aber seine Vorfragen oder einzelnen Elemente, wohl aber einzelne Rechte, Pflichten oder Folgen (Zöller-Greger aaO m.w.N.).
38Vorliegend begehren die Kläger die Feststellung, daß die Beklagte allgemein für alle sich wegen der Altlasten an die Kläger gerichteten Ansprüche einzustehen hätten, während die Beklagte meint, sie sei nur für solche Ansprüche freistellungspflichtig, die sich wegen der Altlasten im Hinblick auf die Realisierung der Baumaßnahme ergeben hätten.
39Der Kern der Klage dreht sich somit um die Auslegung der Ziffer 3. a.) 2. Absatz des notariellen Kaufvertrages vom 10.12.1998. Zu dem Begriff Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO gehört jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien, einschließlich der Frage der Wirksamkeit, der Auslegung oder Beendigung eines Vertrages (BGH MDR 1982, 928; RGZ 144, 54, 56; Zöller-Greger, aaO, Rdz. 4). Da es sich vorliegend bei der Vertragsauslegung nicht um eine bloß gedachte, sondern um eine konkrete Rechtsbeziehung handelt, die sich unmittelbar auf das Rechtsverhältnis der Parteien auswirkt, ist es grundsätzlich zulässig, die Frage im Rahmen einer Feststellungsklage zu klären.
40b.)
41Der Feststellungsklage fehlt jedoch das Feststellungsinteresse.
42- Das Feststellungsinteresse ist zwar nicht bereits deshalb zu verneinen, weil wie die Beklagte meint sich der Klageantrag in der bloßen Wiederholung des zweiten Absatzes der Ziffer 3 a.) des notariellen Vertrages erschöpft. Vordergründig scheint es tatsächlich so zu sein, als ob die Kläger lediglich die bereits vertraglich geschlossene Vereinbarung gerichtlich bestätigt haben wollten mit der Folge, daß das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Diese Auffassung wird aber dem tatsächlichen Begehren der Kläger nicht gerecht. Zum einen ist dies schon vom Wortlaut her nicht zutreffend; in dem Klageantrag fehlt das als Einschränkung zu verstehende Wort "insoweit". Zum anderen hat der Klageantrag, der nicht in dem vertraglichen Kontext steht, einen anderen Sinn als möglicherweise der vertragliche Bestimmung zugrunde zu legen ist. Der (Haupt-) Klageantrag läßt keinen Zweifel daran, daß danach die Verpflichtung der Beklagten festgestellt werden soll, die Kläger allgemein von jeglicher Inanspruchnahme im Zusammenhang mit den auf dem Grundstück befindlichen Altlasten freizustellen. Die vertragliche Bestimmung was ja gerade zwischen den Parteien streitig ist läßt sich dagegen auch so verstehen, daß sie nur eingeschränkt die Freistellungspflicht der Beklagten begründet, soweit die Altlasten der Realisierung des Bauvorhabens entgegenstehen bzw. entgegenstanden haben. Der Klageantrag stellt also trotz seines nahezu identischen Wortlautes die aufgrund des Vertragskontextes streitige vertragliche Vereinbarung eindeutig klar. Insoweit handelt es sich bei dem Klageantrag um ein aliud. Ein Interesse der Kläger an der Feststellung ist insoweit grundsätzlich daher deshalb gegeben, weil die Beklagte die vertragliche Freistellungsvereinbarung in einem eingeschränkten Sinn auslegt und damit weitergehende Freistellungsansprüche der Kläger bestreitet. Damit liegt insoweit eine das Feststellungsinteresse begründende Gefährdung des Rechtsverhältnisses vor (BGH NJW 1999, 432).
- Das Landgericht hat aber zu Recht darauf hingewiesen, daß bei der Feststellung von Freistellungsansprüchen das Interesse an alsbaldiger Feststellung erst mit der begründeten Besorgnis der Inanspruchnahme der Kläger durch einen Dritten gegeben ist (Münchener Kommentar-Lüke, ZPO, 2. Aufl., § 256 Rdz. 48; OLG Hamm NJW RR 1996, 138; OLG München OLGR 1998, 349). Es muß demnach ernsthaft und konkret zu befürchten sein, daß ein Dritter Ansprüche gegen die Kläger geltend macht (OLG Hamm aaO). Vorliegend hat sich die Stadt F mit Schreiben vom 11.02.2000 an die Kläger gewandt und in Form einer Bitte die Eintragung einer Baulast begehrt, mit der den Klägern auferlegt werden soll, künftige Eingriffe in den Boden bzw. eine Nutzungsänderung nur nach vorheriger Abstimmung mit dem Amt für Umweltschutz durchzuführen, die auf dem Grundstück befindlichen Grundwassermeßstellen zu erhalten und zu Beprobungszwecken zugänglich zu halten, die auf dem Grundstück vorhandene Versiegelung beizubehalten, das Oberflächenwasser der Kanalisation zuzuführen und in den von der Bebauung freigehaltenen Bereichen die aufgetragene Schicht unbelasteten Bodenmaterials in einer Stärke von 60 cm beizubehalten. Auf Nachfrage der Kläger hat die Stadt F mit Schreiben vom 27.03.2000 mitgeteilt, daß die noch vorzunehmende Baulasteintragung lediglich sicherstellen solle, daß bei einer künftigen Umnutzung bzw. Umgestaltung des Geländes sichergestellt sei, daß eine ordnungsgemäße Handhabung des vor Ort befindlichen Bodenmaterials gewährleistet werde. Die Nutzung des Geländes im derzeitigen Zustand sei nicht eingeschränkt. Seit diesem Schreiben ist die Stadt F bislang nicht auf ihre Bitte, eine Baulast einzutragen, zurückgekommen. Bei dem Schreiben der Stadt F handelt es sich schon nicht um eine "Inanspruchnahme" noch wird hierdurch die begründete Besorgnis einer Inanspruchnahme konstituiert. Baulasten nach § 83 BauO NW enthalten freiwillige öffentlichrechtliche Verpflichtungen des Eigentümers gegenüber der Baubehörde zu einem das Grundstück betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen (vergl. Moelle/Rabeneck/ Schalk, Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, § 83 Rdz. 9; Palandt-Bassenge, BGB, 61. Aufl., Einf. vor § 854 Rdz. 19). Die Bauaufsichtsbehörde kann keinen Eigentümer dazu zwingen, eine Baulastverpflichtung einzugehen (Moelle/Rabeneck/Schalk a.a.O.). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz läge allenfalls dann vor, wenn die Bauordnungsbehörde die Verpflichtung zur Eintragung einer Baulast als Auflage der Baugenehmigung gemacht hätte. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Der im Termin anwesende Kläger zu 2.) hat auf Nachfrage des Senats eine solche Auflage nicht bestätigt. Bei dieser Sachlage ist eine die Schadensersatzpflicht auslösende Inanspruchnahme der Kläger durch das Begehren der Stadt F, eine Baulasteintragung zu erreichen, von vornherein auszuschließen, da eine Inanspruchnahme im Sinne der vertraglichen Regelung begrifflich voraussetzt, daß durchsetzbare oder erzwingbare Ansprüche gegen die Kläger geltend gemacht werden. Um solche handelt es sich aber bei dem hier vorliegenden Begehren auf Eintragung einer Baulast gerade nicht. Insoweit gehen daher auch die Befürchtungen der Kläger ins Leere, durch die gewünschte Baulasteintragung würden sie in ihren Eigentumsrechten mit der Gefahr von Folgekosten eingeschränkt. Daß die Stadt F offensichtlich ebenfalls von einer von ihr nicht erzwingbaren Verpflichtung der Kläger ausgeht, ist daraus ersichtlich, daß sie seit ihrem Schreiben vom 11.02.2000 bzw. ihrem Erläuterungsschreiben vom 27.03.2000, also seit mehr als 2 ½ Jahren, nicht mehr auf ihren Wunsch zurückgekommen ist. Zugleich fehlte es aufgrund des Zeitablaufes auch an einer Fortdauer einer etwaigen Inanspruchnahme sofern eine solche zu bejahen wäre. Als Prozeßvoraussetzung muß das Feststellungsinteresse grundsätzlich bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vorliegen; ansonsten wird die Klage ex nunc unzulässig (Zöller-Greger, a.a.O., Rdz. 7 c m.w.N.). Auch insoweit wäre das Feststellungsinteresse zu verneinen. Eine sonstige "Inanspruchnahme" der Kläger ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Das Feststellungsinteresse wird auch nicht dadurch begründet, daß nach Behauptung der Kläger aufgrund von Schichtenwasser Zyanide und Kohlenwasserstoffe des Nachbargrundstücks auf ihr Grundstück geschwemmt werden, wodurch eine Aufbereitung des Erdreiches nötig werde und die drohende Gefahr bestehe, daß ihnen seitens der Stadt F zusätzliche Auflagen gemacht werden könnten Wie ausgeführt, bedarf es bei einem Freistellungsanspruch einer konkreten Besorgnis der Inanspruchnahme der Kläger. Allein daß aufgrund der Einschwemmungen möglicherweise irgendwann einmal den Klägern zusätzliche Auflagen gemacht werden könnten, reicht zur Begründung des Feststellungsinteresses nicht aus. Abgesehen davon, daß die Kläger bei Kontaminierung ihres Grundstückes durch Einschwemmungen von dem nebenliegenden Grundstück Abwehransprüche sowie Schadensersatzansprüche gegen den Nachbarn geltend machen könnten, es einer Freistellung durch die Beklagte insoweit also gar nicht bedarf, behaupten die Kläger selbst nicht, daß die Stadt F deswegen bislang an sie herangetreten ist; bisher ist daher eine begründete Besorgnis der Inanspruchnahme der Kläger nicht dargelegt. Insoweit fehlt es an der erforderlichen Androhung oder Anmeldung wenn auch unterhalb der Schwelle konkreter Maßnahmen von Ansprüchen seitens der Bauaufsichtsbehörde.
- Das Feststellungsinteresse der Kläger ergibt sich auch nicht daraus, daß die Klage zur Unterbrechung der Verjährung erforderlich ist. Offensichtlich vertreten die Kläger die Auffassung, daß jegliche Ansprüche aus der vertraglichen Freistellungsvereinbarung nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nach drei Jahren verjähren. Dies ist nicht zutreffend. Richtig ist, daß ursprünglich die Verjährungsfrist aus der von der Beklagten übernommenen vertraglichen Freistellungsverpflichtung 30 Jahre betrug, § 195 BGB a.F. Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz beträgt die regelmäßige Verjährung nunmehr nur noch 3 Jahre, § 195 BGB n. F. Die Abkürzung der Regelfrist von 30 auf 3 Jahre ist weniger dramatisch als es auf den ersten Blick erscheint (so Palandt-Heinrichs, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts, § 195 n. F. Rdz. 1). § 195 BGB n. F. kombiniert eine relative Frist von drei Jahren, die nach § 199 Abs. 1 erst mit Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der Anspruchsvoraussetzungen beginnt, mit einer kenntnisunabhängigen absoluten Frist von 10 oder 30 Jahren, 199 Abs. 2 und 3 BGB n. F.. Die Zeit, die der Gläubiger zur Klärung der Voraussetzungen seines Anspruches braucht, wird von der Frist des § 195 BGB nicht erfaßt (Palandt-Heinrichs, aaO). Die Verjährung beginnt daher nach § 199 Abs. 1 BGB n. F. erst mit dem Schluß des Jahres, in dem der Freistellungsanspruch entstanden ist; der Freistellungsanspruch, der seiner Natur nach ein Schadensersatzanspruch ist (Werner/Pastors, Der Bauprozeß, Rdz. 428), entsteht aber jeweils erst dann, wenn die Kläger selbst von Dritter Seite in Anspruch genommen werden oder die begründete Besorgnis der Inanspruchnahme vorliegt. Von einer drohenden Verjährung kann daher nicht ausgegangen werden.
- Da nach oben gesagten - Ziffer b.) (2) - eine begründete Besorgnis der Inanspruchnahme der Kläger durch die Stadt F durch den Wunsch auf Eintragung einer Baulast schon nicht vorliegt, ist die Klage mangels Feststellungsinteresse auch mit dem Hilfsantrag unzulässig.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
47Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.