Urteil vom Oberlandesgericht Hamm - I-19 U 52/10
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 24. März 2010 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Nach § 540 Abs.1 Nr.1 ZPO wird wegen der tatsächlichen Feststellungen auf das angefochtene Urteil verwiesen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt. Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er Verfahrensfehler rügt. Das Landgericht sei rechtsfehlerhaft seinen Beweisangeboten nicht nachgegangen. Er behauptet, durch die Aufzucht des von dem Hengst "X N" abstammenden Fohlens sei ihm ein Vermögensschaden entstanden. Das gezogene Fohlen habe einen geringeren Wert als ein Abkömmling des Hengstes "B Q". "X N" verfüge nicht wie "B Q" über die Anerkennung des Trakehner Zuchtverbandes.
4Er beantragt,
5- unter Aufhebung des angefochtenen Urteil die Sache an das Landgericht Arnsberg zurückzuverweisen;
- hilfsweise, unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 20.800,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 10.600,00 € für die Zeit vom 30.03.2009 bis zum 30.06.2010 sowie aus 12.520,00 € vom 01.07.2010 bis zum 09.01.2011 sowie aus 20.800,00 € seit dem 10.01.2011 zu zahlen Zug um Zug gegen Herausgabe des am 17.06.2004 geborenen Fuchswallachs mit der Lebensnummer DE ### #####/#### nebst Eigentumsurkunde und Pferdepass;
- unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 837,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.03.2009 zu zahlen.
- festzustellen, a) dass sich die Beklagte mit der Annahme des vorbezeichneten Pferdes in Verzug befindet und b) die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren notwendigen Kosten für das vorbz. Pferd, insb. für Stall, Stallmatratze, Futter, artgerechte Be- wegung, Hufschmied, Wurmkur, Tierarzt und Tierhalterhaftpflichtversiche- rung zu ersetzen;
- hilfsweise statt des Antrags zu 2.und zu 4. unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den in erster Instanz gestellten Schlussanträgen zu 1. und 2. zu erkennen, nämlich a) die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.600,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.03.2009 zu zahlen; b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm allen materiellen Zukunftsschaden aus der fehlerhaften Bedeckung der Stute "D" am 10.06.,18.06., 05.07., 07.07., 24.07. und 25.07.2003 zu ersetzen;
- hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
7die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. In der Klageerwiderung hat sie die Einrede der Verjährung erhoben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die Erklärungen der Parteien zu Protokoll verwiesen.
8II.
9Die Berufung hat weder nach dem Hauptantrag noch nach den Hilfsanträgen Erfolg. Eine Rückverweisung der Sache an das Landgericht kommt gem. § 538 Abs.1 ZPO nicht in Betracht. Der Rechtsstreit ist nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat entscheidungsreif. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist gehindert, die geltend gemachten Schadenersatzansprüche gem. §§ 280 Abs.1, 3, 281, 437 Nr.3, 434 Abs.3, 433 BGB durchzusetzen. Die Beklagte beruft sich erfolgreich auf ein Leistungsverweigerungsrecht gem. § 214 Abs.1 BGB. Etwaige Schadenersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte aufgrund der im Jahr 2003 erfolgten Lieferung von Hengstsperma zur Bedeckung der Stute "D" sind verjährt. Daher kann offen bleiben, ob die Beklagte dem Kläger entgegen der vertraglichen Vereinbarung Sperma des Hengstes "X N" statt des Hengstes "B Q" geliefert hat. Die geltend gemachten Ansprüche unterliegen der Verjährungsfrist des § 438 Abs.1 Nr.3, Abs.2 BGB. Schadenersatzansprüche gem. § 437 Nr.3 BGB verjähren binnen 2 Jahren ab Ablieferung der Sache. Mögliche Schadenersatzansprüche des Klägers waren deshalb im Jahr 2005 verjährt. Mit dem Hauptanspruch verjährt gem. § 217 BGB auch der Anspruch auf den Verzugszins (Palandt-Ellenberger, BGB, 70.A., § 217 Rn.1). Zutreffend ist das Landgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (Urteil v. 23.02.2010, Az.: 19 U 133/09) davon ausgegangen, dass die geltend gemachten Schadenersatzansprüche wegen der behaupteten Falschlieferung dem kaufvertraglichen Gewährleistungsrecht zuzuordnen sind. Die Parteien waren durch einen Kaufvertrag gem. § 433 BGB verbunden. Die Hauptleistungspflicht der Beklagten bestand nach dem Vertrag ausschließlich in der Lieferung und Übereignung des Hengstspermas. Die Insemination der Stute hat der Kläger selbst durch einen von ihm beauftragten Tierarzt vornehmen lassen. Dieses Element, das einen Deckvertrag zum Werkvertrag qualifiziert (vgl. Palandt-Sprau, BGB 70.A., Einf v § 631 Rn.21), zählte gerade nicht zum Pflichtenkatalog der Beklagten. Die vom Kläger gezogene Parallele zu der rechtlichen Bewertung der Herstellung von Hard- und Software besteht nicht. Der Schwerpunkt der geschuldeten Leistungen ist nicht derselbe. Die Beklagte stellt den "genetischen Quellcode" nicht als eigene Leistung her, sie verkauft lediglich ein Tierprodukt i.S.d. § 99 Abs.1 BGB. Sollte die Beklagte fälschlicherweise Sperma des Hengstes "X N" geliefert haben, standen dem Kläger ggfs. Ansprüche aus dem kaufvertraglichen Gewährleistungsrecht gem. § 437 Nr.1 – 3 BGB zu, die dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht vorgehen (Palandt-Weidenkaff, BGB, 70.A., § 437 Rn.48). Es handelt sich aus den Gründen der Entscheidung des Senats vom 23.02.2010 um einen Gattungskauf. Anders als in vorgenannter Entscheidung ist hier das Schuldrecht in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung anwendbar. Eine Falschlieferung ist gem. § 434 Abs.3 BGB wie ein Sachmangel zu behandeln, soweit die Lieferung gem. §§ 133, 157 BGB aus objektiver Empfängersicht mit dem Willen des Verkäufers erfolgt, die Verpflichtung aus dem Kaufvertrag zu erfüllen (Bamberger/Roth-Faust, BGB, 2.A., § 434 Rn.109; Palandt-Weidenkaff, BGB, 70.A., § 434 Rn.52). Selbst wenn die Beklagte versehentlich Spermaportionen vertauscht haben sollte, hat sie dem Kläger bzw. dem von ihm beauftragten Tierarzt die konkrete Portion in der Absicht ausgehändigt, ihre Verpflichtung aus dem Vertrag zu erfüllen. Der Kläger hat das Verhalten der Beklagten als Erfüllungshandlung verstanden und die Lieferung gem. § 362 BGB akzeptiert. Die Verjährungsfrist begann daher mit der Ablieferung des Spermas vor Bedeckung der Stute im Jahr 2003 und war im Jahr 2005 vor Klageerhebung am 27.08.2009 abgelaufen. Die Entscheidungen zur Kostentragung und vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs.1, 708 Nr.10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe gem. § 543 Abs.2 Nr.1 u. 2 ZPO nicht vorliegen. Es liegt trotz der von der Rechtsprechung des Senats abweichenden Rechtsauffassung des Klägers keine allgemein klärungsbedürftige Rechtsfrage vor, die eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich macht. Die Frage der rechtlichen Bewertung der Lieferung von Tierprodukten wird in der Rechtsprechung nicht streitig behandelt.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.