Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 32 SA 3/20
Tenor
Der Antrag auf Gerichtsstandbestimmung wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Antragstellerin beabsichtigt, die Antragsgegnerinnen auf Freigabe eines bei dem Amtsgericht Köln als Hinterlegungsstelle hinterlegten Geldbetrages in Anspruch zu nehmen.
41.
5Nach dem Vortrag der Antragstellerin haben die Parteien an dem Recyclingsystem der DPG Deutsche Pfandsystem GmbH (im Folgenden: DPG) teilgenommen. Im Rahmen dieses Systems ist die Antragsgegnerin zu 1) für das Pfand-Clearing zuständig; sie sorgt als Zahlungsvermittlerin dafür, dass die Antragstellerin das Einwegpfand für die von ihr entsorgten DPG-Gebinde von dem jeweiligen Erstinverkehrbringer der Gebinde (z. B. der Antragsgegnerin zu 2)) erhält.
6Die Antragstellerin betrieb mehrere Pfand-Rücknahmeautomaten und leitete die von den Rücknahmeautomaten erzeugten Rohdatensätze zum Pfandclearing an die Antragsgegnerin zu 1) weiter. Diese rechnete die Pfandforderungen u. a. gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) ab und erteilte der Antragstellerin im Nachgang entsprechende Gutschriften über die Pfandforderungen.
7Im Jahr 2014 meldete die DPG auffällige Rücknahmemuster verschiedener Unternehmen, die Pfand-Rücknahmeautomaten betrieben, an die jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften und erhob den Vorwurf des Betruges bzw. der Manipulation der Rücknahmeautomaten. Diese Vorwürfe wurden auch gegenüber der Antragstellerin bzw. deren Geschäftsführer erhoben. Die Antragsgegnerin zu 1) verweigerte aus diesem Grunde Zahlungen.
8Nachdem sie von der Antragstellerin auf Zahlungen aus den Gutschriften im Jahr 2016 gerichtlich in Anspruch genommen wurde, verkündete sie den an dem Pfandsystem ebenfalls beteiligten Getränkeherstellern als Erstinverkehrbringern der Pfandgebinde den Streit und hinterlegte die Beträge im Jahr 2016 bei dem Amtsgericht – Hinterlegungsstelle – Köln. Die Antragstellerin nahm die Klage gegen die Antragsgegnerin zu 1) aus diesem Grunde zurück.
9Gegenstand der Hinterlegung waren u.a. auch die Pfandforderungen in Höhe von 22.791,75 €, die auf die Pfandgebinde der Antragsgegnerin zu 2) entfielen. Die Hinterlegung erfolgte zugunsten der Antragstellerin sowie der Antragsgegnerin zu 2) bei dem Amtsgericht – Hinterlegungsstelle – Köln (Az. 81 HL 485/16), wobei sich die Antragsgegnerin zu 1) das Recht zur Rücknahme vorbehielt. Der Senat hat die Akte beigezogen. Im Juli 2018 hat die Antragsgegnerin zu 1 ihr Recht zur Rücknahme des hinterlegten Betrages gegenüber der Hinterlegungsstelle ausgeübt. Der hinterlegte Betrag ist sodann an sie zurückgezahlt worden.
102.
11Die Antragsgegnerin zu 1) hat ihren Geschäftssitz in Köln; die Antragsgegnerin zu 2) ist in Essen ansässig.
12Die Antragstellerin beantragt bei dem Oberlandesgericht Hamm die Gerichtsstandbestimmung und vertritt die Auffassung, das Landgerichtgericht Köln sollte aufgrund des Hinterlegungsortes in Köln als zuständiges Gericht bestimmt werden.
13Der Senat hat die Hinterlegungsakte beigezogen und die Antragsgegnerinnen zu der beantragten Zuständigkeitsbestimmung mit Verfügung vom 07.01.2020 angehört. Die Antragsgegnerin zu 1) hat zunächst die Ansicht vertreten, das Landgericht Köln solle als zuständiges Gericht bestellt werden. Zuletzt hat sie die Ansicht vertreten, das Landgericht Berlin sei aufgrund einer Gerichtsstandklausel in den DPG-Teilnahmebedingungen als zuständiges Gericht vereinbart worden.
14Die Antragsgegnerin zu 2) hat die Auffassung vertreten, für den Antrag auf Bestimmung des Gerichtstands bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, weil der hinterlegte Betrag aus der Hinterlegung zurückgenommen worden sei.
15Der Senat hat die Antragstellerin auf ein aufgrund der Auskehrung des hinterlegten Betrages möglicherweise fehlendes Rechtsschutzinteresse hingewiesen. Eine Stellungnahme der Antragstellerin ist hierzu nicht mehr erfolgt.
16II.
17Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor, da das Rechtsschutzinteresse für eine solche Bestimmung fehlt.
18Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn offensichtlich ist, dass das beabsichtigte nachfolgende Streitverfahren nicht durchgeführt werden kann (vgl. BayObLG, Beschluss vom 22.05.1980, AllgReg 38/80; BGH, Beschluss vom 21.11.1955, II ARZ 1/55; BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 36. Edition, Stand 01.03.2020, § 37 Rn. 7 mwN).
19So liegt der Fall hier. Aufgrund der Auskehrung des hinterlegten Betrages, die sich aus der vom Senat beigezogenen Hinterlegungsakte zweifelsfrei ergibt, besteht kein Rechtsschutzinteresse für das von der Antragstellerin ursprünglich beabsichtigte Streitverfahren auf Zustimmung zur Auskehrung des hinterlegten Betrages, weil es keinen auszukehrenden Betrag mehr gibt.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Sie ist ausnahmsweise veranlasst, weil es aller Voraussicht nach kein Hauptsacheverfahren geben wird, in dem über die Kosten des Bestimmungsverfahrens mitentschieden werden könnte (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 91 Rn. 13.23).
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Referenzen
- ZPO § 36 Gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit 1x
- 81 HL 485/16 1x (nicht zugeordnet)
- II ARZ 1/55 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x