Beschluss vom Hanseatisches Oberlandesgericht (6. Zivilsenat) - 6 Sch 6/14

Tenor

1. Der Antrag, festzustellen, dass zwischen den Parteien im Zusammenhang mit Streitigkeiten aus einer Buchung vom 20.03.2013 eine Schiedsvereinbarung besteht und durchführbar ist, wird zurückgewiesen

2. Der Hilfsantrag, festzustellen, dass zwischen den Parteien im Zusammenhang mit Streitigkeiten aus einer Buchung vom 20.03.2013 - ein wirksamer Frachtvertrag zwischen den Parteien unterstellt - eine Schiedsvereinbarung besteht und durchführbar ist, wird zurückgewiesen.

3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des gerichtlichen Verfahrens.

4. Der Streitwert wird auf € 10.200,- festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt mit Antrag vom 4. April 2014 vor Durchführung eines Schiedsverfahrens die Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens.

2

Die Antragstellerin bietet einen Linienschifffahrtsservice an und transportiert regelmäßig Güter zwischen dem Nordwestkontinent und - unter anderem - Nordafrika. Die Antragsgegnerin handelt mit Holz.

3

Im März 2013 verständigten sich die Fa. …. (künftig: O…) und die Antragsgegnerin für eine Partie von 700 Kubikmetern Gut nach Oran oder Skikda (beides Hafenorte in Algerien), zu verschiffen auf MV Sabina oder sub mit Ankunft 13. bis 15. April 2013 auf eine Fracht von € 30.600,- (E-Mail-Verkehr Anlagenkonvolut 1). Streitig zwischen den Parteien ist, ob die O… im eigenen Namen mit der Antragsgegnerin einen Vertrag abgeschlossen oder als Agentin der Antragstellerin gehandelt hat. Aus zwischen den Parteien ebenfalls streitigen Gründen wurde der Transport nicht durchgeführt. Da keine Ladung aufgenommen wurde, stellte die Antragstellerin kein Konnossement aus. Die Antragstellerin macht nun Fehlfracht gegenüber der Antragsgegnerin geltend.

4

In den Konnossementsbedingungen der Antragstellerin (Anlage 2) heißt es in Klausel 3c:

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„Any dispute arising under, or in connection with, the contract evidenced by the Bill of Lading regarding a cargo carried or intended to be carried, or originally agreed for so being carried, to or from Algerian ports to be referred to arbitration in HAMBURG. Each party to appoint its arbitrator with power for such arbitrators to appoint a third arbitrator if they disagree. If one party fails to appoint its arbitrator within twenty days after having been asked by the other party to do so, its arbitrator to be appointed by the General Manager of Handelskammer Hamburg. The award issued to be final and binding upon both parties.“

6

In der E-Mail-Signatur der O… befindet sich die folgende Gerichtsstandsklausel:

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„In case of disputes the Antwerp courts are exclusively competent and the Belgian jurisdiction will be applicable“.

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Mit E-Mail vom 20. März 2013 (Anlagenkonvolut 1), mit der der Geschäftsführer der Antragsgegnerin gegenüber der O… den ausgehandelten Preis bestätigte, heißt es:

9

„As I mention earlier I need the BL with the date of 30th March,(...).“

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Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die Schiedsklausel der Konnossementsbedingungen bereits mit der Buchung wirksam in den Vertrag einbezogen worden seien. Denn (unstreitig) bestehe insofern ein Handelsbrauch, dass die Bedingungen des Konnossements den Inhalt des Stückgutvertrags beurkunden. Dadurch dass der Antragsgegnerin in einem nur wenige Wochen vor der Buchung zurückliegenden Fall die Konnossementsbedingungen der Antragstellerin samt dem Konnossement (Nr.102) ausgehändigt worden seien, sei der Antragsgegnerin auch konkret bekannt, dass die Antragstellerin auf der Grundlage ihrer Konnossementsbedingungen kontrahieren würde. Auf die Ausstellung und Aushändigung des Konnossements komme es dabei für die wirksame Einbeziehung dessen Bedingungen in den Frachtvertrag nicht an. Da es im Stückgutverkehr dem Handelsbrauch entspreche, dass die Konnossementsbedingungen eines Linienreeders Schiedsklausel enthalten (vgl. OLG Bremen TranspR 2002, 405, 407; beispielhaft Konnossementsbedingungen der Rickmers Linie sowie der im Stückgutverkehr verkehrenden BBC Chartering), würde die Schiedsklausel des Konnossements auch dann gelten, wenn letztlich kein Konnossement ausgestellt werde. Da die Antragsgegnerin nicht nur Kenntnis der Konnossementsbedingungen der Antragstellerin besessen, sondern selbst im Rahmen der vertragskonstitutiven Korrespondenz (E-Mail vom 20. März 2013 (Anlagenkonvolut 1)) um Ausstellung eines Konnossements gebeten habe, sei auch die Voraussetzung einer wirksamen Einbeziehung gemäß § 1031 Abs. 3 ZPO „Bezugnahme auf ein anderes, eine Schiedsvereinbarung enthaltenes Dokument“ erfüllt. Was die Gerichtsstandsklausel in der E-Mail-Signatur der O… anbelange, würden diese sich ersichtlich nur auf den Verwender, also die O… selbst beziehen, da sie ausdrücklich als Vertreter gehandelt habe, mit der Folge, dass die eigenen Bedingungen nicht auf das Rechtsverhältnis mit der vertretenen Partei durchschlagen könnten.

11

Die Antragstellerin beantragt,

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festzustellen, dass zwischen den Parteien im Zusammenhang mit Streitigkeiten aus einer Buchung vom 20.03.2013 eine Schiedsvereinbarung besteht und durchführbar ist,

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hilfsweise,

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festzustellen, dass zwischen den Parteien im Zusammenhang mit Streitigkeiten aus einer Buchung vom 20.03.2013 - ein wirksamer Frachtvertrag zwischen den Parteien unterstellt - eine Schiedsvereinbarung besteht und durchführbar ist.

15

Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Feststellungsantrag zurückzuweisen.

17

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass es bereits kein direktes Vertragsverhältnis zwischen den Parteien gebe. Gäbe es ein solches, wäre die von der Antragstellerin behauptete Schiedsvereinbarung ihrer Auffassung nach gemäß § 1031 ZPO formunwirksam. Die Voraussetzungen für den Abschluss einer Schiedsvereinbarung gemäß § 1031 Abs. 1 oder Abs. 2 ZPO seien ersichtlich nicht erfüllt. Auch die Voraussetzungen für die theoretisch in Betracht kommende Möglichkeit einer formwirksamen Schiedsvereinbarung gemäß § 1031 Abs. 3 ZPO lägen nicht vor, weil es in der vertragsbegründenden Korrespondenz keinen Hinweis auf eine Schiedsabrede gebe. Selbst wenn dieses der Fall wäre, bliebe es dabei, dass die O… am Fuß ihrer Nachrichten eine Rechtswahl- und Gerichtsstandsklausel zugunsten der ausschließlichen Zuständigkeit der Antwerpener Gerichte und der Geltung belgischen Rechts verwende. Bei Verwendung mehrerer, widersprüchlicher AGB gelte nur das Gesetz. Es gebe auch keinerlei Handelsüblichkeit dahin, dass Konnossementsbedingungen eines Linienreeders Schiedsklauseln enthalten.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

19

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1.)

20

Der Antrag der Antragstellerin ist gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO zulässig. Nach dieser Vorschrift kann bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden. Die Antragstellerin beabsichtigt die Einleitung eines Schiedsverfahrens, das Schiedsgericht hat sich aber noch nicht entscheidungsfähig konstituiert, weil es noch an der Ernennung des Vorsitzenden fehlt (vgl. Zöller/Geimer, 31. Aufl., § 1032 Rz 25). Die Zuständigkeit des Senats folgt aus § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Danach ist für Verfahren gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO das Oberlandesgericht zuständig, das in der Schiedsvereinbarung bezeichnet ist oder, wenn eine solche Bezeichnung fehlt, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt. Nach Klausel 3c der Konnossementsbedingungen der Antragstellerin ist als Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens Hamburg angegeben. Im vorliegenden Verfahren geht es zwar vorab um die Klärung, ob überhaupt eine Schiedsvereinbarung vorliegt. Ist das der Fall, ist aber - wie dargelegt - als Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens Hamburg angegeben.

2.)

21

In der Sache hat der Antrag jedoch keinen Erfolg.

22

Es kann dahinstehen, ob über die Frage des Bestehens eines direkten Vertrages zwischen den Parteien das Schiedsgericht oder der angerufene Senat entscheiden muss. Denn diese Frage kann offen bleiben, weil selbst im Falle eines direkten Vertragsschlusses zwischen den Parteien der von der Antragsstellerin beabsichtigten Schiedsklage eine wirksame Schiedsvereinbarung nicht zugrunde liegen würde.

23

Es kann auch offenbleiben, ob es sich bei den von der Antragstellerin vorgelegten Konnossementsbedingungen um ihr üblicherweise verwendetes Konnossement-Standardformular handelt, deren Bedingungen deshalb auch die Bedingungen des Stückgutfrachtvertrages sind (vgl. Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl. 2000, Rz 62 vor § 556, Ramming, TranspR 2002, 392 (394)). Denn die darin enthaltene Schiedsklausel ist nicht wirksam einbezogen, weil keine der (alternativ) erforderlichen Voraussetzungen des § 1031 ZPO erfüllt ist.

a.)

24

Für die formellen Anforderungen an die Schiedsvereinbarung ist § 1031 ZPO einschlägig, da sich dies nach deutschem Recht bestimmt. Denn zum einen ist § 1031 ZPO aufgrund des von der Antragstellerin behaupteten deutschen Schiedsortes für die Frage der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung anzuwenden (§ 1025 Abs. 1 ZPO). Zum anderen beurteilt sich gemäß Art. 10 Rom-I-VO das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Vertrages oder einer seiner Bestimmungen nach dem Recht, das nach dieser Verordnung anzuwenden wäre, wenn der Vertrag oder die Bestimmung wirksam wäre. Und schließlich haben die Parteien spätestens dadurch, dass sie übereinstimmend § 1031 ZPO als Prüfungsmaßstab anwenden, eine stillschweigende Rechtswahl getroffen, an die der Senat gebunden ist.

b.)

25

Gemäß § 1031 Abs. 1 ZPO muss die Schiedsvereinbarung entweder in einem von den Parteien unterzeichneten Dokument oder in zwischen ihnen gewechselten Schreiben (oder einer anderen Form der Nachrichtenübermittlung) enthalten sein, die einen Nachweis der Vereinbarung sicherstellen. Diese Form gilt gemäß § 1031 Abs. 2 ZPO u. a. auch dann als erfüllt, wenn die Schiedsvereinbarung in einem von der einen Partei der anderen Partei oder von einem Dritten beiden Parteien übermittelten Dokument enthalten ist und der Inhalt des Dokuments im Fall eines nicht rechtzeitig erfolgten Widerspruchs nach der Verkehrssitte als Vertragsinhalt angesehen wird. Beide Alternativen liegen unstreitig nicht vor.

26

Eine Schiedsvereinbarung wird gemäß § 1031 Abs. 3 ZPO auch dadurch begründet, dass ein den Formerfordernissen des Absatzes 1 oder 2 entsprechender Vertrag auf ein Dokument Bezug nimmt, das eine Schiedsklausel enthält, wenn die Bezugnahme dergestalt ist, dass sie diese Klausel zu einem Bestandteil des Vertrages macht. Auch diese Alternative liegt nicht vor:

27

Dafür, dass jene „Klausel zu einem Bestandteil des Vertrages“ wird, genügt weder bloße Bezugnahme noch ist eine körperliche Vorlage erforderlich. Wichtig ist, dass es um eine inhaltlich motivierte Bezugnahme geht (vgl. MünchKommZPO/Münch, 4. Aufl., § 1031 Rz 38). Die Bezugnahme muss zudem unmissverständlich sein (Stein/Jonas-Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1031 Rz 5). Ungenügend ist ein bloßer Handelsbrauch (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl., § 1031 Rz 7). Daran gemessen liegt entgegen der Auffassung der Antragstellerin in der bloßen Formulierung der Antragsgegnerin mit E-Mail vom 20. März 2013 (Anlagenkonvolut 1) “(...) I need the Bl (...)“ eine hinreichende Bezugnahme, die eine in den Konnossementsbedingungen der Antragsstellerin enthaltene Schiedsvereinbarung zum Bestandteil eines Vertrages zwischen den Parteien machen würde, nicht vor. Denn es ging der Antragstellerin ersichtlich nicht um den Inhalt des Konnossements, sondern nur darum, dass es spätestens mit dem Datum 30. März 2013 ausgestellt werden sollte. Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass es der Antragsgegnerin gerade um ein Konnossement der Antragstellerin ging. Dem E-Mail-Verkehr ist mithin nicht zu entnehmen, dass die Parteien die Beförderungsbedingungen der Antragstellerin zum Vertragsgegenstand machen wollten.

28

Da der Hilfsantrag ebenfalls eine wirksame Schiedsabrede voraussetzt, konnte auch diesem nicht entsprochen werden.

3.)

29

Die Vorschrift des § 1063 ZPO ist beachtet worden.

III.

30

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen. Für den Streitwert ist ein Drittel des Werts der beabsichtigten Schiedsklage festzusetzen (§ 3 ZPO).

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