Beschluss vom Hanseatisches Oberlandesgericht - 7 W 3/18

Tenor

A. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller vom 22.12.2017 wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 18.12.2017 (Az. 324 O 598/17) in der Fassung des Beschlusses vom 4.1.2018 (teilweise Abhilfe) abgeändert und zur Klarstellung wie folgt insgesamt neu gefasst:

Im Wege der einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – wird es der Antragsgegnerin bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise einer Ordnungshaft für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,-, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre),

untersagt,

I. im Verhältnis zum Antragsteller zu 1),

1. zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

a. „[... gründete den Großhandel „...“...

Der dritte Partner, sagt ..., war der Apotheker .... K. Verschreibungen machten Z. reich. Und Z. Einkäufe machten J. reich. Sie dankten es K....

Was nicht im Spiegel stand: Der Name von] Z. . ,Der Apotheker‘, heißt es dort, habe irgendwann das Interesse an dem Großhandel F. verloren, weil er im Ausland noch günstiger an Wirkstoffe kam, als J. das konnte [...]“;

Die Ärzte kassierten doppelt, sagt hingegen J. . Zuerst ließen sie sich von Apothekern für die Rezepte bezahlen...;

b. „[habe Z. massiv Druck ausgeübt, damit alle Onkologen in den MVZ ihre Chemotherapien und Antikörper bei einer von] Z. drei Apotheken [bestellen ...]“;

c. ...

d. „‘von dort wurde ich nach Reinbek vermittelt, HOZ Hamburg (Anm.: Hämato-Onkologisches Zentrum, im MVZ Reinbek). Und vom Sommer bis jetzt mit Mitteln der E.-Apotheke, Altona versorgt. Chemotherapie!‘

[...]

Eine niedergelassen Ärztin des HOZ habe ihn am Krankenbett im St. Adolf-Stift aufgesucht [...]

,Darf so ein Hämato-Onkologisches Zentrum so eng mit dem Adolf-Stift verbunden sein und seine Patienten dort gleich abfangen?‘, fragt uns B. . ‚Findet da nicht eine Zuschanzung von Patienten auf Provisionsbasis statt? Dann die enge bzw. zwangsweise Zusammenarbeit mit der E.... & MVZ Reinbek‘

[...]

B. fragt: ‚Wurde ich zum Krebspatienten gemacht, um abzukassieren – obwohl man keiner ist? Auf einmal habe ich nur Kalkablagerungen in der Lunge bzw. Leber, mir geht es sehr gut, alle Blutwerte okay. Krebs innerhalb von 4 Wochen, geheilt wahrscheinlich innerhalb von ca. 6 Monaten? [...]‘

‚Glauben Sie an Wunder?‘, fragt er [...]

‚Ich jedenfalls nicht!‘, sagt er. ‚Ich habe Strafanzeige gestellt.‘

[...]

B. glaubt nicht an Wunder. Er glaubt an Gier als Triebkraft für menschliches Verhalten [...]

Er glaubt nicht, dass er Metastasen hatte und diese nun verschwunden sind, wie seine Ärztin sagt. Er glaubt, dass er nie welche hatte. Er glaubt, dass man ihn ausgenutzt hat, um mit einer unnötigen Chemotherapie an ihm Geld zu verdienen [...]

B. vermutet seit dem Erscheinen des Artikels im stern, dass seine niedergelassene Ärztin ihm acht Chemotherapie-Zyklen verordnete, die er nicht brauchte, um mehr Umsätze mit Medikamenten zu generieren [...]

Die Möglichkeit, dass ein Arzt eine nutzlose Chemotherapie verschreibt, weil er daran mitverdient, will L. nicht kommentieren – solange es keine harten Belege dafür gibt [...]

Diese späten Chemotherapien [...] dienen niemandem außer dem Apotheker und allen, die an seinen Gewinnen beteiligt werden [...]

Schlägt sich das, was L. mit der Vorsicht eines Forschers ausdrückt, auch bei Z. Konstrukten nieder? Sind Ärzte vor allem vorsichtig, weil sie das direkte, ehrliche Gespräch mit ihren Patienten fürchten? Oder spielen doch auch ‚ökonomische Fehlanreize‘ eine Rolle in den beiden MVZ in Hamburg (‚MVZ Bergedorf‘) und Schleswig Holstein (‚MVZ Stormarn‘), die Z. kontrolliert.“

und dadurch den Verdacht zu erwecken,

aa. es habe mit dem St. Adolf-Stift eine Absprache über Provisionszahlung gegeben für Vermittlung von Patienten an die niedergelassene Ärztin des „HOZ Hamburg (Anm.: Hämato-Onkologisches Zentrum, im MVZ Reinbek)“, die den „B.“ genannten Patienten behandelte;

bb. ...

e. „Fünf Tage später bekommt er im HOZ von der Ärztin seine erste Chemotherapie-Infusion: Docetaxel in Natriumchlorid-Lösung. Tags darauf: Oxaliplatin in Glukose.

Beides sind Zytostatika-Zubereitungen, produziert bei C&C in Altona, ... Das steht auf den Zuzahlungsbelegen, die B. später bekommt.

[...]

Immer bevor B. die Chemo-Infusionen angelegt bekommt, misst seine Ärztin seine Blutwerte. Einmal sind sie so schlecht, dass die Infusion eigentlich nicht verabreicht werden dürfte – sie könnte seinen Körper überlasten. Ein Gau für die Z.-A. .., denn die Infusion ist individuell für B. zubereitet, sie müsste vernichtet werden.

Eine Praxiskollegin seiner Ärztin will B. trotz der schlechten Blutwerte die Infusion verabreichen. ‚Wir schmeißen nicht gerne etwas weg‘, sagt sie.

Erst als B. vehement protestiert, weil er die Aussage zynisch findet, stimmt sie zu, mit der Infusion auszusetzen.“

und dadurch den Verdacht zu erwecken, eine Praxiskollegin der niedergelassenen Ärztin des HOZ, die den „B.“ genannten Patienten behandelte, habe trotz einer von ihr erkannten Gefahr der Überlastung dessen Körpers dem Patienten Infusionen verabreichten wollen, um der Zyto-Apotheke Schaden zu ersparen, der dieser durch die Vernichtung der Infusion entstanden wäre;

f. ...

g. „(‘Ja, nach dem Text im stern war ich [L.] bei ihm [Z.]‘) [...] ‚Schön, dass du da bist`, sagt er, ‚Wir können ja gemeinsam weitermachen.‘ Seine Idee war: ‚Ich zahl dir `n hohes Einkommen und du fährst jetzt zu allen Ärzten, die ich beliefere, und sorgst dafür, dass die bei mir an der Kette bleiben.‘“;

h. [...] Anfang 2015 melden sich ein oder mehrere anonyme Hinweisgeber bei der Techniker Krankenkasse und bei der AOK [...] Beide Schreiben sind in ähnlichem Duktus und ähnlichem Layout gehalten, beide belasten F. und Z. enorm. Z. und F. hätten sich zusammengetan, um Chemotherapien für Z. Apotheken zu ‚generieren‘. Und Zytostatika zu verkaufen. Der Kernsatz: ‚Leitlinien oder fachliche Gesichtspunkte sind nachrangig. die Ärzte müssen Umsatz machen.‘“;

2. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

a. ...

b. „Die elf MVZ-Ärzte behandeln zu jener Zeit rund 7000 Krebspatienten – etwa jeden fünften Krebskranken im Großraum Hamburg.“;

c. „( Z. [...] Er hat eine ganze Mannschaft von Onkologen unter seine Kontrolle gebracht. Es ist der feuchte Traum eines jeden Zytostatika-Apothekers. Er zahlt die Gehälter der Onkologen oder schafft es, sie über Darlehn an sie zu binden.] Und sie bestellen alle Infusionslösungen für die Behandlung ihrer Krebspatienten bei ihm.“;

d. „Bald ist Z. Geschäftsführer von einem der Standorte – er scheint darauf zu setzen, dass das niemandem auffällt.“;

e. „[...] sitzt Z. nun auf einer Mine: elf Ärzte, von denen jeder Zytostatika im Wert von bis zu sechs Millionen Euro verschreibt.“;

f. „Im Handelsregister haben wir schon gesehen, was damals passiert ist: Z. hat einfach die Einlagen der GmbH, üblicherweise 25.000 Euro, so weit erhöht, bis T. nicht mehr mitgehen konnte, auf 450.000 Euro.“;

g. ...

h. „Im Mai 2015 erstattet die Techniker Krankenkasse Anzeige in Lübeck und liefert gleich Zahlen mit, die den Schaden bemessen sollen, die ihr entstanden ist. Z. E.-Apotheke hat allein für TK-Patienten in drei Jahren (2012-2014) 9,7 Millionen Euro umgesetzt. Davon 3,5 Millionen mit Patienten aus den verboten agierenden MVZ. [...]“;

i. „ [... haben offenbar zwei Krankenkassen Alarm geschlagen bei der Staatsanwaltschaft in Lübeck [...] Bei ihnen laufen alle Chemorezepte auf, die in den beiden MVZ aufgestellt wurden. An den Rezepten kann man ablesen, wie finanzielle Abhängigkeiten medizinische Entscheidungen beeinflussen.

Was die Kassenermittler feststellen:] Seit Z. die MVZ kontrolliert [...], sind in seiner E.-Apotheke sprunghaft mehr Krebsmedikamente bestellt worden. [So weit, so erwartbar.

[...]

Genau wie wir hatten auch die Kassenermittler damit gerechnet, Z. habe sich schlicht ein größeres Stück vom Hamburger Zytostatika-Kuchen gesichert. Doch jetzt stellt sich heraus. Der Hamburger Zytostatika-Kuchen wurde nicht anders aufgeteilt. Er ist durch in Wirklichkeit durch Z. Umsatzplus größer geworden.“

[...]

„Wenn Z. zuschießen muss, dann heißt das: Die Onkologen erwirtschaften weniger, als er für den Betrieb der MVZ und ihre Gehälter ausgibt. Also sollen sie gefälligst dafür sorgen, dass wenigstens in seiner Apotheke das Geschäft brummt. Und genau so läuft es auch. Das erfahren wir, als wir die Ermittlungsakte weiterlesen.

[„Seit er die MVZ kontrolliert, seit Februar 2014, sind seine Umsätze dramatisch angestiegen ...]

hat sich Z. Umsatz mit den MVZ schon verdreifacht: Im Jahr vor der Übernahme stellte die Apotheke der TK noch 850 000 Euro in Rechnung für Medikamente, die Onkologen des MVZ Stormarn bestellt hatten. Ein Jahr später waren es schon 2,4 Millionen.

wohlgemerkt. Das sind nur die Umsätze aus einem der beiden MVZ [...] Insgesamt hat die E.-Apotheke allein bei TK-Patienten ihr Ergebnis in einem Jahr auf mehr als 5 Millionen Euro verdoppelt.

Aber bleiben wir beim MVZ Stormarn: Die E.-Apotheke hat mit den TK-Patienten des MVZ Stormarn 1,55 Millionen Euro zugelegt (von 8500 0000 auf 2,4 Millionen Euro). In demselben Zeitraum sind die drei anderen Apotheken, die Ärzte des MVZ Stormarn beliefert haben, aber nicht komplett aus dem Markt gedrängt worden, das belegt die TK: Deren Umsätze mit den Rezepten der MVZ-Ärzte sind nur um eine halbe Million Euro zurückgegangen. Mehr als eine Million Euro zusätzlicher Zytostatika-Umsätze im Vergleich zum Vorjahr, bei gleichbleibender Patientenzahl: Das MVZ Stormarn hat Z. Vorgaben offenbar übererfüllt.

Die Kassenermittler und Staatsanwälte stehen vor einem Rätsel. Nach einem Telefonat mit den Ermittlern der TK vermerkt die Staatsanwältin: ‚Eine fundierte Begründung dafür, dass sich die Umsätze der E.-Apotheke erheblich gesteigert haben, obwohl sich die Umsätze bei den anderen herstellenden Apotheken nicht gemindert haben, ist bei gleicher Anzahl von Patienten auch von der TK nicht gefunden worden.‘

Die Ermittler suchen fieberhaft nach einer Erklärung dafür, dass das MVZ plötzlich mehr Zytostatika-Umsätze einbringt als zuvor. Nach einem Mechanismus, nach zweifelhaften Stellschrauben, mit denen sich unauffällig der Umsatz steigern lässt. Sie schicken beispielhaft die Abrechnungen für zwei Patienten an die Staatsanwältin: Für eine Patientin wurden in den ersten sieben Monaten Krebsmedikamente im Wert von 26.000 Euro aus der E.-Apotheke bestellt. In den nächsten zehn Monaten bekam sie dann eine Reihe neuer Medikamente, dafür wurden 84.000 Euro abgerechnet.

Die zweite Patientin bekam neun Monate lang 240 Milligramm des Zytostatikums Irinotecanaus der E.-Apotheke, dann wurde ihre Dosis plötzlich um 30 Prozent erhöht, auf 320 Milligramm. Der Umfang für Z. :51 000 Euro statt 32 000 Euro.

Fakt ist: Für beide Abrechnungen gibt es Erklärungen. Einen Wechsel des Therapie-Regimes zum Beispiel, etwa wenn Krebszellen gegen ein bestimmtes Medikament resistent werden; oder eine Erhöhung der Dosis, um die Wirkung exakter einzupegeln. Aber Fakt ist auch: In Summe haben solche Abweichungen innerhalb eines Jahres zu einem Umsatzzuwachs von mindestens einer Million Euro geführt, ohne dass die Ärzte mehr Patienten behandeln.“

und dadurch den Verdacht zu erwecken,

aa. . seit Februar 2014 habe sich der Umsatz der E.-Apotheke mit dem MVZ Stormarn auch deshalb erhöht, weil Ärzte des MVZ nicht nur die E.-Apotheke anderen Apotheken vorgezogen hätten, sondern sie, um einer Vorgabe des Antragstellers zur Steigerung des Umsatzes der E.-Apotheke zu entsprechen, mehr Zytostatika verschrieben hätten als vorher;

und/oder

bb. für eine Patientin des MVZ Stormarn seien neue Medikamente bestellt worden, weil die E.-Apotheke dafür mehr habe abrechnen können;

und/oder

cc. eine Patientin des MVZ Stormarn habe nach neun Monaten Behandlung mit 240 Milligramm des Zytostatikums Irinotecanaus der E.-Apotheke eine um 30 Prozent erhöhte Dosis erhalten, damit so der Umsatz der Apotheke gesteigert werde;

j. ...

k. „[Bei ihrer Entlassung aus dem St- Adolf-Stift wird Frau S. an dieselbe niedergelassene Ärztin weitergereicht wie B. , in die MVZ-Praxis am S-Bahnhof Reinbek.

... S. bekommt zuerst vier Zyklen einer Chemotherapie mit den Zytostatika Epirubicin und Cyclophosphamid ... Dann bekommt sie zwölf weitere Chemo-Infusionen mit Paclitaxel, im Abstand von jeweils einer Woche. Insgesamt also sechzehn Zyklen ...]

S. hat [unsere Reportage im stern gelesen. Sie hat] sich gefragt, ob sie Chemotherapien ohne Wirkung bekommen haben könnte. [Das fragt sie auch ihre Ärztin –

Sie ist sicher, die müsste auf ihrer Seite stehen,] wenn in der Apotheke Mist gebaut wird [...]“;

l. [kurz vor der Veröffentlichung im stern]

„K. erwähnt nicht, dass seine Tochter im Sterillabor von Z. arbeitet.“;

m. ...

n. „Er (Z.) hatte bei L. 716 Packungen Gemzar aus Ägypten bestellt (...)“;

o. „ Z., ein Apotheker, der bei demselben Händler L. ägyptische Ware gekauft hat“;

p. „Z. [...] weist bald schon seine Ärzte an, alle ihre lukrativen Zytostatika-Rezepte an seine Apotheke und seinen Herstellbetrieb zu schicken.“;

q. „So geht es über Monate: Z. Anwälte unterstellen uns Lügen, später werden diese Anschuldigungen widerlegt. [...];

r. ...

s. ...

II. im Verhältnis zu den Antragstellern zu 1) und zu 2),

1. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

a. ...

b. „Deshalb hat der Betrieb sich selbst eine Grundregel gesetzt: Bei 25 Grad Celsius wird die Arbeit an den Werkbänken eingestellt.“;

c. ...

d. „[Der BGV-Sprecher schreibt: ‚ Die Produktion wurde beim Erreichen [dieses Wort fehlt im Tenor und Beschwerdeantrag] der Grenztemperatur unter den Werkbänken entsprechend gestoppt‘. Die E.-Apotheke habe alle weiteren Zubereitungen übernommen.]

Wir sind fassungslos. Erstens wissen wir aus den Aufzeichnungen unseres Informanten M., dass das nicht stimmt: In Wirklichkeit wurde bei Raumtemperaturen deutlich über 25 Grad Celsius bei C. einfach weiterproduziert, und M. hat auch notiert, dass es in der Werkbank sogar heißer war als im Raum selbst. Zweitens aber hat sich die Behörde mit einer Milchmädchenrechnung abspeisen lassen: Die Infusionen, die C. an neun Werkbänken unter Volllast herstellte, sollen nun plötzlich in einer Apotheke gestemmt worden sein, die nur zwei Werkbänke zur Verfügung hat? Die Behörde ist auffällig leicht zufrieden zu stellen.“;

e. „[...schreibt H.: ‚Zu den Datenloggern liegen keine Temperaturaufzeichnungen vor, anhand derer dies verifizierbar ist.‘ ...]

Die einzigen Daten, die Z. belasten, fehlen [...]“;

f. „[Dabei ist sie über Patienten gestolpert, die an einem Montagmorgen schon sehr früh Antikörper wie Herceptin oder Avastin verabreicht bekommen, noch bevor die E.-Apotheke und V. überhaupt ihre Arbeit aufnehmen“ ... ‚Aber Antikörper sind eher wie Milchprodukte, die Zubereitungen sind viel empfindlicher, da vermehren sich Bakterien sehr schnell.‘ [...] Deshalb darf zwischen der Zubereitung in der Apotheke und der Infusion am Patienten nur wenig Zeit vergehen. Die Details regelt eine sogenannte Fachinformation, die der Pharmakonzern bei der europäischen Arzneimittelzulassungsbehörde EMA einreichen muss.]

‚Maximal 48 Stunden haltbar‘, lesen wir dort für manche der Produkte, um die es bei Z. Montagspatienten geht. ‚Maximal 24 Stunden‘, bei anderen. ‚Maximal 8 Stunden‘ bei Dritten.

[Doch zwischen der Zubereitung dieser Antikörper an einem Freitag im Juli 2014 – während der ‚tropischen Tage‘ – und dem Moment, in dem Patienten die Infusion bekommen, sind fast 72 Stunden vergangen.]

Die Beutel könnten aufgrund der hohen Temperaturen schon am Freitag verdorben gewesen sein.“;

g. „[S. legt eine genaue Zeitleiste für den Fall einer Patientin an, die ihre Antikörper montags bekommen hat, am 7. Juli 2014. Ihr Medikament wurde um 11:04 Uhr am Freitag, den 4. Juli 2014, hergestellt. Sieben Stunden vor dem knappen Viertelfinalsieg von Deutschland gegen Frankreich bei der Fußball-WM in Brasilien – wo Z. im Urlaub war.]

Die Haltbarkeit war bis Montagvormittag eindeutig überschritten.“;

h. „Am Donnerstag, dem Tag der Sendung, meldet sich ein Presseanwalt im Auftrag von Z.. Er versucht abzustreiten, aber er bestätigt wohl aus Versehen unsere Recherche über die Montagspatienten: ‚Eine Herstellung am Freitag erfolgt nur, wenn die Verwendbarkeit am Montag sichergestellt ist.‘“;

i. „[...] meldet sich die Techniker Krankenkasse beim Staatsanwalt. Auch deren Ermittler haben Panorama geschaut und danach stichprobenartig ihre Rezepte aus den ‚tropischen Tagen‘ ausgewertet. Sie können belegen: Z. lügt und H. hat ihm zu Unrecht geglaubt. Als Beispiel fügen die Ermittler der TK u. a. ein Rezept für eine Avastin-Lösung bei, die laut der übermittelten Daten von C. freitags um 11:04 hergestellt wurde für eine Verabreichung am Montag. Das ist das Rezept, das wir auch kennen – die Patientin ist inzwischen an ihrer Erkrankung gestorben. ‘Für das Arzneimittel Avastin war die Haltbarkeit im Zeitpunkt der Verabreichung wesentlich überschritten‘, schreibt die TK. Denn nach Herstellerangaben beträgt die Haltbarkeit für dieses Arzneimittel höchstens 24 Stunden. ‚Jedoch‘, so heißt es weiter in dem Schreiben der TK, ‚erfolge die Herstellung und Verabreichung damit im Widerspruch zu den unerlässlichen Herstellungsbedingungen, welche eine zur Herstellung ausgesprochen zeitnahe Verabreichung voraussetzen.‘

So geht es über Monate: Z. Anwälte unterstellen uns Lügen, später werden diese Anschuldigungen widerlegt.“;

j. „[...] Ist er [Z.] zu gierig, um bei Ausfall seiner Klimaanlage ein paar Tage lang die Produktion ruhen zu lassen. Stattdessen gefährdet er wissentlich das Leben seiner Patienten. Mit derselben Haltung deutet er die Haltbarkeiten der empfindlichen Antikörper-Lösungen in seinem Labor nach Gutdünken um.“;

2. zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

a. „Im Bereich D werden Tabletten produziert.“;

b. „Wir haben an neun Werkbänken gearbeitet.“;

c. ...

d. „Um acht Uhr haben wir schon 26 Grad gemessen in den Sterillaboren.“;

e. „Wir wussten, das geht jetzt so weiter, bis der Chef zurück ist.‘ Niemand sonst würde sich trauen, [...] die Produktion einzustellen.“;

f. „[...‚Bei Hitze ändert sich das Volumen der flüssigen Wirkstoffe‘ sagt M.. ‚Der Arzt muss ja nach Körpergewicht und Körperoberfläche des Patienten ausrechnen, wie viel Gramm von dem Wirkstoff in seine Infusion gehören.] Wir messen aber nach Volumen ab, was in die Beutel kommt, nicht nach Gewicht. Wenn die Beutel sich also ausdehnen, dann heißt das, wir würden nicht merken, ob wir unterdosieren.‘“;

g. „M. erzählt, ‚die Hersteller hätten sich zeitweise geweigert, weiter zu produzieren. Aber letztlich habe man sie gezwungen, Zytostatika-Bestellungen weiter zu bearbeiten.“;

h. ...

III. im Verhältnis zu den Antragstellern zu 2) und zu 3),

zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

„Vorschlag von Frau Z.: morgens um drei Uhr anfangen [...]“;

jeweils so wie in dem als Printausgabe und E-Book erschienenen Buch mit dem Titel „Die Krebsmafia – Kriminelle Milliardengeschäfte und das skrupellose Spiel mit dem Leben von Patienten“ geschehen.

Die aufgebundenen und ausgedruckten Exemplare sind nicht vom Verbot ausgenommen.

B. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

C. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz haben der Antragsteller zu 1) 21%, die Antragsgegnerin zu 2) 6% und die Antragsgegnerin 73% zu tragen. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Antragsteller zu 1) 70%, die Antragstellerin zu 2) 10% und die Antragsgegnerin 20% zu tragen.

D. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf € 102.000,- festgesetzt, der Gegenstandswert für das Erlassverfahren wird auf € 414.000,- herabgesetzt.

Gründe

I.

1

Die gemäß § 567 I Ziff.2 ZPO zulässige, insbesondere innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 569 I ZPO eingelegte Beschwerde der Antragsteller ist überwiegend begründet, soweit sie in der Beschwerdeinstanz – nach teilweiser Rücknahme – noch weiterverfolgt wird, denn den Antragstellern stehen entsprechende Verfügungsansprüche zu; es besteht insoweit auch ein Verfügungsgrund.

2

1. Die mit dem Antrag zu I.1.b. angegriffene Äußerung enthält zulässige und unzulässige Elemente.

3

a. Bei der Formulierung, dass der Antragsteller zu 1) „Druck ausgeübt“ habe, handelt es sich um eine Meinungsäußerung. Der dieser Bewertung zugrunde liegende Sachverhalt ist auch die neue eidesstattliche Versicherung des Antragstellers zu 1) nicht widerlegt.

4

Zwar dürfte durch die angegriffene Formulierung der Eindruck erweckt werden, dass es sich bei allen verordnenden Ärzten um Onkologen handele. Dies ist indes eine wertneutrale Falschbehauptung, da nicht dargelegt oder zu erkennen ist, dass es für das Ansehen des Antragstellers zu 1) von maßgeblicher Bedeutung ist, welcher Fachrichtung die unstreitig tätigen elf Ärzte zuzuordnen sind.

5

Hinsichtlich dieser beiden Passagen der mit dem Antrag zu I.1.b. angegriffene Äußerung besteht demnach kein Unterlassungsanspruch des Antragstellers zu 1); zur Vermeidung von Wiederholungen wird ergänzend auf die Ausführungen im Beschluss des Landgerichts vom 18.12.2017 in der Fassung vom 4.1.2018 Bezug genommen.

6

b. Der Antragsteller zu 1) hat allerdings glaubhaft gemacht, dass die Tatsachenbehauptung unwahr ist, dass die MVZ in einer von drei Apotheken bestellt hätten. Hierbei handelt es sich auch nicht um eine wertneutrale Falschbehauptung. Es dürfte schon im Ausgangspunkt einen Unterschied in der Schwere des Vorwurfs ausmachen, ob der Antragsteller zu 1) die ihm vorgeworfenen Geschäfte über nur eine oder aber gleich Apotheken abwickelt. Vor allem aber hat der Antragsteller zu 1) glaubhaft gemacht, dass nur die E.-Apotheke eine entsprechende Zulassung habe (Anl ASt 33, Nr. 2).

7

Diese eingeschränkte Zielrichtung des Verbotes zu I.1.b. hat der Senat durch Weglassung einiger Passagen und durch Unterstreichung des Wortes „drei“ klargestellt.

8

2. Erfolg hat die Beschwerde auch in Bezug auf den Antrag zu I.2.n. (Medikamente „aus Ägypten“). Der Antragsteller zu 1) hat glaubhaft gemacht, dass ihm lediglich vorgeworfen wurde, dass die Medikamente nicht der Darreichungsform für den deutschen Markt entsprachen (Anl ASt 37). Dies stellt keine wertneutrale Falschbehauptung dar, denn die Formulierung, dass Medikamente „aus Ägypten“ bestellt seien, lässt das Verständnis zu, dass die Ware auch noch ihrer Zusammensetzung nicht für den deutschen Markt zugelassen sei.

9

3. Aus demselben Grund hat die Beschwerde auch in Bezug auf den Antrag zu I.2.o. Erfolg: Der Antragsteller zu 1) hat glaubhaft gemacht, dass ihm lediglich vorgeworfen wurde, dass die Medikamente nicht der Darreichungsform für den deutschen Markt entsprachen (Anl ASt 37). Dies stellt keine wertneutrale Falschbehauptung dar. Hierbei handelt es sich auch nicht um ein kerngleiches Verbot mit dem Verbot zu I.2.n., denn zum einen ist die genaue Formulierung eine andere, auch wenn sie das gleiche unzutreffende Verständnis befördert, zum anderen finden sich die beiden Äußerungen an verschiedenen Stellen des streitgegenständlichen Buches und dort jeweils in anderem Kontext.

10

4. Schließlich steht den Antragstellern zu 1) und zu 2) auch ein weitergehender Unterlassungsanspruch zu, als ihn das Landgericht mit dem Verbot zu II.1.d. der einstweiligen Verfügung in der (erweiterten) Fassung des Beschlusses vom 4.1.2018 gesichert hat. Die Antragsteller zu 1) und 2) haben eine eidesstattliche Versicherung der M. vorgelegt, wonach in der Zeit vom 4. bis 11.7.2014 Zytostatika nie an mehr als drei Werkbänken produziert wurden (Anl ASt 38). Der in der Veröffentlichung genannte Ausfall der Klimaanlage fand am 4., 9. und 10.7.2014 statt. M. war – vgl. eidesstattliche Versicherung Anl ASt 24 – in diesem Zeitraum bei der Fa. C. als Leitung der Herstellung beschäftigt. Damit indes haben die Antragsteller zu 1) und 2) glaubhaft gemacht, dass es der von der Antragsgegnerin aufgeworfenen Frage – die als solche eine Bewertung zum Ausdruck bringt – an der tatsächlichen Grundlage fehlt. Wenn bei der Fa. C. eben nicht an neun Werkbänken produziert wurde, sondern lediglich an dreien, dann erscheint es keineswegs als sonderlich auffällig, wenn die Produktion an zwei Werkbänken in der E.-Apotheke fortgeführt worden sein soll.

11

5. Durch die angeführten Äußerungen werden der Antragsteller zu 1) und die Antragstellerin zu 2) nach den vorstehenden Ausführungen in ihren (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechten verletzt. Da hierdurch eine Wiederholungsgefahr begründet worden ist, steht ihnen insoweit ein Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 823, 1004 BGB gegen die Antragsgegnerin zu.

12

6. Ein Verfügungsgrund liegt vor. Die Antragsteller haben durch ihr Verhalten nicht zum Ausdruck gebracht, dass ihnen die Angelegenheit nicht sonderlich eilbedürftig ist. Vielmehr haben sie das Verfahren zeitnah eingeleitet und anlassbezogen jeweils zügig weiterbetrieben.

13

7. Von dem Verbot sind die aufgebundenen und ausgedruckten Exemplare des streitgegenständlichen Buches nicht auszunehmen. Hierbei kann dahinstehen, ob sich dies bereits aus der Vielzahl der untersagten Äußerungen ergibt; dies dürfte mit dem Landgericht zu verneinen sein. Die Antragsteller haben aber eine eigene Werbung der Antragsgegnerin vorgelegt, in der diese auf das bereits ergangene (Teil-)Verbot des Landgerichts reagiert und öffentlich damit wirbt, dass die gebundene Erstauflage trotzdem weiterhin verkauft werden dürfe (ASt 40). Jedenfalls aufgrund dieser Handlung ergibt die erforderliche Abwägung ein Überwiegen der Interessen der Antragsteller. Die Antragsgegnerin hat damit Werbung für eine Veröffentlichung betrieben, hinsichtlich derer sie bereits wusste, dass sie Äußerungen enthält, die sie nach der vorläufigen Einschätzung eines Gerichts nicht verbreiten durfte. Wenn sie dann auch noch ausdrücklich auf diesen Umstand hinweist und ihn als Werbemittel dafür einsetzt, die Erstauflage der entsprechenden Publikation schnell abzusetzen, dann verdient ihr wirtschaftliches Interesse im Verfügungsverfahren keinen Schutz.

II.

14

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 I, 516 III ZPO, wobei sich die aus dem Tenor ersichtliche Kostenverteilung aus dem Obsiegen/Unterliegen der Parteien in Bezug auf die verschiedenen Ansprüche in beiden Instanzen ergibt. Hierbei ist der Senat hinsichtlich aller Anträge von deren Gleichwertigkeit ausgegangen. Soweit die Antragsteller aus derselben Textpassage mehrere zu untersagende Verdachtsäußerungen ableiten, handelt es sich der Sache nach um mehrere Anträge, die in einem zusammengefasst sind; dies ist auch bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen (s. auch sogleich).

III.

15

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO und orientiert sich im Ausgangspunkt an der Festsetzung durch das Landgericht, wonach jede angegriffene Äußerung in Bezug auf jeden beteiligten Antragsteller mit einem Betrag von € 6.000,- zu bewerten ist. Allerdings vermag der Senat nicht zu erkennen, welcher der Unterlassungsanträge mit € 24.000,- zu bewerten sein sollte: Einen Antrag zu I.1.j. gibt es nicht, auch lässt sich nicht erkennen, mit welchem Antrag „vier Textpassagen“ angegriffen worden sein sollen. Da der vom Landgericht festgesetzte Gesamtwert von € 420.000,- sich auch bei Zugrundelegung der vom Landgericht angegebenen Werte rechnerisch nicht ergibt, setzt der Senat gemäß § 63 III i Nr. 2 GKG auch den Wert für das Erlassverfahren neu fest. Wie bereits ausgeführt, werden hierbei solche Anträge, in denen die Antragsteller aus ein und derselben Textpassage mehrere zu untersagende Verdachtsäußerungen ableiten, als so viele Verbote bewertet, wie Verdachtsäußerungen formuliert sind. Dies ergibt den aus dem Tenor ersichtlichen Gesamtwert des Erlassverfahrens in Höhe von € 414.000,-.

16

Nach der teilweisen Abhilfe sind folgende Anträge mit den entsprechenden Werten Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, was den aus dem Tenor ersichtliche Gesamtwert des Beschwerdeverfahrens von € 102.000,- ergibt:

17

Die Anträge zu I.1.b., I.1.c, I.1.d.bb., I.1.f., I.2.a., I.2.g., I.2.j.aa., I.2.j.bb., I.2.n., I.2.o., I.2.r., I.2.s. sind mit jeweils € 6.000,- zu bewerten, da sie lediglich von einem Antragsteller verfolgt werden.

18

Die Anträge zu II.1.c. und II.2.h. sind mit jeweils zweimal € 6.000,mithin mit jeweils insgesamt € 12.000,- zu bewerten, da sie von zwei Antragstellern verfolgt werden.

19

Der Antrag zu II.1.d. ist im Beschwerdeverfahren nur mit € 6.000,- zu bewerten, obwohl er von den Antragsteller zu 1) und 2) verfolgt wird, da diesem Antrag schon im Erlass- und Abhilfeverfahren zur Hälfte stattgegeben worden war.

20

Hiervon haben die Antragsteller im Beschwerdeverfahren lediglich in Bezug auf die Anträge zu I.1.b (zur Hälfte), I.1.c., I.2.n., I.2.o. und II.1.d. obsiegt.

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