Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 24 U 172/82
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. Juni 1982 verkündete Grundurteil der 30. Zivilkammer des Landgerichts Köln 30 0 551/81 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Entscheidungsgründe:
2Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 543 ZPO).
3Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
4Die Beklagte ist verpflichtet, aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Wasserlieferungsvertrages ein Entgelt dafür zu entrichten, , daß die Klägerin Löschwasser für die gebäudeinterne Löschanlage der Beklagten vorhielt (§§ 305, 241 BGB). Die Parteien haben einen Wasserlieferungsvertrag geschlossen, der nach Darstellung der Beklagten dem von ihr überreichten Vertragsmuster entspricht. Nach diesem Vertrag verpflichtet sich die Klägerin, der Beklagten gegenüber bestimmte Wassermengen als Gebrauchswasser und zu Feuerlöschzwecken vorzuhalten und zu liefern (§ 1 Nr. 1 - 3 des Vertrags), und zwar gegen Zahlung des Wasserpreises, der sich nach § 2 des Vertrages aus
5dem Grundpreis,
6dem Bereitstellungspreis für Löschwasser, dem Arbeitspreis und
7dem Schwachlastrabatt
8zusammensetzt. Die Wasserlieferung erfolgt nach § 1 Nr. 5 des Vertrages zu den jeweils geltenden allgemeinen Versorgungsbedingungen der Klägerin, die ihrerseits in § 10 Abs.2 vorsehen, daß "für die Vorhaltung von Reserve-, Zusatz- und Feuerlöschwasserversorgung. Bereitstellungspreise nach der jeweils gültigen Anlage B erhoben werden". Diese Anlage B setzt für die Bereitstellung von Löschwasser je m3/h Höchstmenge jährlich einen Preis von 36,-- DM fest.
9Der Wasserlieferungsvertrag ist, soweit er einen Löschwasservorhaltepreis festsetzt, nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB, § 1, 35 FSHG NW) nichtig. Zwar weist § 1 Abs. 1 FSHG NW den Gemeinden die Schadfeuerbekämpfung als Aufgabe zu, verpflichtet diese, die Löschwasservorsorge zu treffen und auferlegt den Gemeinden und Kreisen die Kosten hierfür (§ 35 FSHG NW). Gleichwohl enthalten die vorgenannten Normen des öffentlichen Rechts keinzwingendes Verbot für eine juristische Person des Privatrechts, einer andern juristischen Person des Privatrechts aufgrund zivilrechtlicher Vereinbarung gegen Entgelt Löschwasser zu liefern oder vorzuhalten.
10Die Beklagte kann der Klägerin auch nicht unmittelbar entgegenhalten, daß das Vorhalten von Löschwasser Aufgabe der Gemeinde sei, die diese unentgeltlich für den Bürger durchzuführen habe, denn die Vorschriften des Feuerschutzhilfegesetzes für Nordrhein-Westfalen (§ 1 und § 3 ), aus denen sich die Kostentragungspflicht der Gemeinden über die Löschwasservorsorge ergibt, sind Normen des öffentlichen Rechts, die die Gemeinde als Hoheitsträger verpflichten. Diese Normen wirken nicht zwischen Personen des Zivilrechts wie den Parteien dieses Rechtsstreits, die durch eine zivilrechtliche Vereinbarung das Vorhalten von Löschwaser gegen Bezahlung vereinbart haben.
11Die Vereinbarung über die zu entrichtenden Löschwasservorbehaltspreise verstößt auch nicht gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) oder den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Zwar könnten sich aus den vorgenannten rechtlichen Gesichtspunkten Bedenken gegen die Vereinbarung eines Löschwasservorhaltepreises der Klägerin dann ergeben, wenn sie - als juristische Person des Zivilrechts, die von der Stadt L. beherrscht wird oder deren Anteile sich überwiegend in der Hand der Stadt L. befinden die Wasserbezieher auf diesem Umwege zur Finanzierung der Löschwasservorsorge heranzöge, die die Stadt L. kraft gesetzlichen Auftrags unter Bezuschussung durch das Land NordrheinWestfalen (vgl. § 35 Abs. 4 FSHG NW) dem einzelnen Bürger bzw. der Allgemeinheit unentgeltlich zu leisten hat. So liegen die Dinge im vorliegenden Fall aber nicht. Die Stadt L. erfüllt ihre Aufgabe zur Löschwasservorsorge und Brandbekämpfung durch die von ihr unterhaltenen Löscheinrichtungen und die von ihr unterhaltene Feuerwehr. Sie gewährleistet eine allgemeine Brandbekämpfung. Daneben bleibt es jedem einzelnen Bürger überlassen, wie auf andern Gebieten öffentlicher Daseinsvorsorge, zusätzliche Vorsorgemaßnahmen und Vorkehrungen zu treffen. Hierzu gehört u.a. der Abschluß von zivilrechtlichen Verträgen, um den Brandschutz zu verbessern oder zu optimieren, weil die der Gemeinde zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt sind und die Gewährleistung des Brandschutzes durch die Gemeinde nicht auf allerhöchstem Niveau möglich ist. Von dieser Möglichkeit privater Brandschutzvorsorge hat die Beklagte Gebrauch gemacht, als sie den Löschwasseranschluß nahm und die Klägerin vertraglich verpflichtete, Löschwaser vorzuhalten und im Bedarfsfall zu liefern. Von einer Überbürdung der von der Stadt L. zu tragenden Löschwasservorhaltekosten auf Wasserbezieher der Klägerin kann daher keine Rede sein.
12Aber auch aus einem weiteren Grunde kann sich die Beklagte nicht ihrer vertraglich übernommenen Zahlungsverpflichtung unter Berufung auf §§ 1, 35 FSHG NW entziehen. Die Verpflichtung zur unentgeltlichen Löschwasservorsorge nach den genannten Vorschriften des Feuerschutzhilfegesetzes ist nämlich kein Monopolrecht oder eine Monopolverpflichtung der Gemeinden und Städte, sondern sie kann, wie sich aus den Vorschriften der Bauordnung des Landes Nordrhein-Westfalen ergibt, ebenso Aufgabe des Grundstückseigentümers und Bauherren sein.
13So sind nach § 18 BauO NW
14bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten und instandzuhalten, daß der Entstehung und Ausbreitung von Schadfeuer vorgebeugt wird und bei einem Brand wirksame Löscharbeiten und die Rettung von Menschen und Tieren möglich sind.
15§ 4 Abs. 1 der Ausführungsverordnung zur BauO NW, legt fest, daß Hochhäuser mindestens eine Steigleitung haben müssen
16und daß auch eine nasse Steigleitung von der Baubehörde verlangt werden kann.
17In Abs. 5 der gleichen Ausführungsverordnung ist dann bestimmt
18"je nach Art, Nutzung und Beschaffenheit des Hochhauses können weitere Feuerlöscheinrichtungen, wie selbsttätige Feuerlöschanlagen,
19Ringwasserleitungen, Hydranten, Schlauchanschlüsse und Feuerlöscher sowie Feuermelde- und Alarmeinrichtungen, Rettungsgeräte, Rauchabzugseinrichtungen und Nachrichtenverbindungen, zu den
20Anschlüssen der Steigleitungen im Freien verlangt werden."
21Nach § 69 Abs. 1 Nr. 5 -bau0 NW können für bauliche Anlagen besonderer Art oder Nutzung zur Beseitigung von Gefahren besondere Anforderungen an den Brandschutz gestellt werden.
22§ 51 Abs. 1 BauO NW bestimmte daß Gebäude mit Aufenthaltsräumen nur errichtet werden dürfen,
23"wenn die Versorgung mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser dauernd gesichert ist. Zur Brandbekämpfung muß eine ausreichende Wassermenge zur Verfügung stehen; Ausnahmen können ... gestattet werden."
24Werden aufgrund der vorgenannten Vorschriften dem Bauherren und Grundeigentümer von der Baubehörde Auflagen zur Brand- -bekämpfung gemacht, so geschieht dies nicht in Erfüllung der kommunalen Aufgabe zur Brandbekämpfung sondern deshalb, weil der durch eine oftmals extreme bauliche Grundstücksnutzung entstandenen erhöhten Brandgefährlichkeit eines Gebäudes durch den Eigentümer, dem auch die Vorteile der Grundstücksnutzung zufließen, begegnet werden muß. Es versteht sich daher von selbst, daß die Kosten der baulich veranlaßten Brandschutzanlagen und Einrichtungen ebenso wie ihre Unterhaltung vom Eigentümer zu tragen sind. Zu den Unterhaltskosten zählen aber nicht nur die Aufwendungen für die Wartung und Pflege der SprinkIeranlage sowie weiterer Einrichtungen, sondern auch die Kosten für das Vorhalten eines Wasservorrats. Dabei ist es unerheblich, ob dieser Wasservorrat durch eigene Wasserbecken und genehmigte Brunnen oder durch eine vertragliche Absprache mit einem Wasserlieferanten sichergestellt wird. Zutreffend hat daher die Beklagte selbst ausgeführte daß dann, wenn einem Bauherrn die Errichtung weiterer selbständiger Feuerlöschanlagen auferlegt wird, diesen nicht nur die Installations- sondern auch die Folgekosten zur Last fallen. Dies bedeutet, auch nach Ansicht der Beklagten, in der Konsequenz, daß der Eigentümer, in dessen Gebäude sich eine Sprinkleranlage befindet, selbst für eine ausreichende Löschwasserversorgung Sorge zu tragen hat, d.h. die anteiligen Vorhaltekosten auf ihn abgewälzt werden können.
25Die Beklagte, die sich mit den in ihrem Gebäude befindlichen Brandbekämpfungsanlagen, u.a. einer Sprinkleranlage, an das Leitungsnetz der Klägerin angeschlossen hat und für die von der Klägerin vereinbarungsgemäß bestimmte Löschwasservormengen vorgehalten werden, muß daher grundsätzlich diese Sonderleistung, wie vertraglich vereinbart, vergüten.
26Die getroffene Preisabsprache hinsichtlich der Löschwasservorhaltekosten ist auch nicht deshalb gem. § 138 BGB nichtig oder gem. § 315 Abs. 3 BGB unwirksam, weil Vorhaltekosten der Klägerin nicht entstehen. Zwar hat die Beklagte vorgetragen, besondere Kosten entstünden der Klägerin durch das. Vorhalten ausreichender Wassermengen für einen möglichen Brandfall im Hause der Beklagten nicht. Darauf kommt es aber nicht entscheidend an. Auch wenn keine besonderen baulichen Maßnahmen oder andere Investitionen auf seiten der Klägerin für den Anschluß der Abnehmer mit Sprinkleranlagen erforderlich waren, so entstehen der Klägerin gleichwohl zusätzliche Aufwendungen dadurch, daß sie entsprechend den von ihr übernommenen Lieferverpflichtungen für Löschwasser größere Mengen von Wasser vorhalten, entsprechend dimensionierte Wasserrohre verlegen und unter Sicherstellung eines hinreichenden Wasserdrucks unterhalten muß. Diese zusätzlichen Aufwendungen sind Vorhaltekosten. Soweit die Beklagte rügt, die Klägerin habe ihre Wasservorhalteanlagen durch den Anschluß der Sprinkleranlage der Beklagten nicht erweitern müssen, ist ihr Vorbringen unerheblich. Die Tatsache, daß die Klägerin vorausschauend so geplant hat, daß ohne Netzerweiterung Sprinkleranlagen angeschlossen werden können, kann der Beklagten nicht zum Vorteil gereichen, weil für die Preisfestsetzung eben nur maßgeblich ist, ob eine Gegenleistung vertraglich zu gewähren ist und gewährt wird. Dies ist aber, wie oben ausgeführte der Fall.
27Der Wasserlieferungsvertrag und die Preisvereinbarung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam. Eine gegen Treu und Glauben verstoßende Benachteiligung des Kunden läßt sich in dem Vertragswerk nicht feststellen. Es besteht nach dem Wasserlieferungsvertrag zwar die Verpflichtung des Wasserbeziehers, seinen gesamten Wasserbedarf bei der Klägerin zu decken (§ 1 Nr. 4 des Vertrages). Die Klägerin hat aber zu erkennen gegeben( auf der Einhaltung dieser Bezugsverpflichtung jedenfalls für den Bereich der Löschwasserversorgung nicht bestehen zu wollen. Sie hat der Beklagten freigestellt, ihr Löschwasser aus anderer Quelle beziehen zu können, ein Angebot, auf das die Beklagte nicht eingegangen ist. Hält aber die Beklagte ihren Löschwasseranschluß bei der Klägerin aufrecht, so ist es nicht unangemessen, wenn sie sich an den Löschwasservorhaltekosten beteiligen muß.
28Schließlich widerspricht die Preisvereinbarung hinsichtlich der Vorhaltekosten für das Löschwasser nicht der in § 3 des Wasserlieferungsvertrages getroffenen Regelung? nach der Änderungen des Vertrages nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig sind. Die Verpflichtung zur Entrichtung des Vorhaltepreises ist nicht neu entstanden, sondern war schon im Vertrage selbst (§ 2 des Vertrages) begründet. Allein aus der Tatsache, daß dieser Anspruch möglicherweise eine Zeitlang nicht verfolgt worden ist, läßt sich nicht herleiten? daß insoweit eine stillschweigende Vertragsänderung des Wasserlieferungsvertrages eingetreten ist, deren erneute Korrektur nur im Rahmen und unter den Voraussetzungen des § 3 des Vertrages möglich wäre. Lediglich das zeitweise Nichtgeltendmachen einer Forderung stellt ohne Hinzutreten besonderer Umstände keinen Verzicht über die nicht mehr weiterverfolgten Forderungen hinaus dar. Solche besonderen Umstände sind aber nicht dargetan noch ersichtlich.
29Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.
30Wert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Beklagten: 12.404,96 DM,
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