Beschluss vom Oberlandesgericht Köln - 27 W 18/90
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird deren Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen Dr. C für begründet erklärt.
1
G r ü n d e
2Die an sich statthafte (§ 406 Abs. 5 ZPO) und in rechter Form und Frist eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
3Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen wie ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, § 406 Abs. 1 ZPO, nämlich wenn aus auch nur subjektiver Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlaß zu der Befürchtung besteht, der Sachverständige erstatte sein Gutachten nicht unparteiisch (vgl. Zöller-Stephan, ZP0, 15. Aufl., Rz. 8 zu § 406 ZPO) .
4Anhaltspunkte für ein solches jedenfalls von der Klägerin entwickeltes Mißtrauen gegen den Sachverständigen bieten einige Formulierungen in dem Gutachten, die den Eindruck erwecken, der Sachverständige begegne dem Beklagten mit unverhältnismäßigem Wohlwollen:
5Es beginnt damit, daß der Gutachter dem Beklagten aus der "Häufigkeit, Frequenz und Intensität der bisherigen Betreuung" eine "sorgfältige Handhabung der Behandlung" bescheinigt, obwohl diese Frage mit den Beweisfragen nicht unmittelbar etwas zu tun hat.
6Weiter sieht der Sachverständige in der Anfertigung der Gesprächsnotizen über die Telefonate der Parteien vom 16. und 17.02.1989 ein Anzeichen für die Sorgfalt des Beklagten, obwohl sich für den unbefangenen Beobachter aufdrängt, daß diese Gesprächsnotizen durchaus erst angefertigt worden sein können, als dem Beklagten die Behandlung der Klägerin in der Universitätsklinik durch den Anruf ihres Ehemannes beim Beklagten bekannt geworden war, so daß der Beweiswert dieser Notizen durchaus offen ist. Eine Untersuchung der Ausführlichkeit dieser Notizen im Vergleich zu den wesentlich kürzer gehaltenen Behandlungsunterlagen aus früherer Zeit hat der Sachverständige dagegen nicht vorgenommen. Zumindest dies wäre aber Voraussetzung einer vollständigen Würdigung gewesen.
7Entscheidend für den Befangenheitsvorwurf gegen den Sachverständigen sprechen aber seine Ausführungen zu Punkt 1 b) in der Zusammenfassung auf S. 12 seines Gutachtens (B1. 92 GA). Hier wird die Kernfrage des Gutachtens abgehandelt, wie sich nämlich die arterielle Verletzung im Bereich des Muttermundes der Klägerin erklärt. Wie diese Verletzung eingetreten sein kann, außer daß sie durch den Einsatz der Kugelzange verursacht worden ist, wird mit keinem Wort für den medizinischen Laien einsichtig gemacht. Daß eine Verletzung dieser Art in der medizinischen Literatur nicht beschrieben wird, bietet weder eine Entschuldigung noch eine Erklärung, sondern könnte auch ein Anzeichen dafür sein, daß eine Verletzung bei ordnungsgemäßem Vorgehen nicht auftritt. Vor allem aber ist der Satz des Sachverständigen, "Der Beklagte hat beim Einsetzen des IUP nicht fehlerhaft behandelt, dies läßt sich bereits aus der Art der Verletzung eindeutig schließen" (Bl. 92 d. A.), schlicht unverständlich, denn die Verletzung kann keinesfalls ein Beleg für die Güte und Sorgfalt der Behandlung sein. Auch wenn der Sachverständige gemeint haben sollte, aus der Art der Verletzung lasse sich nicht zwingend auf einen Behandlungsfehler beim Einsetzen der Spirale schließen, so zeigt die fehlerhafte Formulierung, daß der Gutachter wiederum zugunsten des Beklagten seine Ausführungen falsch akzentuiert hat.
8Die mehrfachen Unklarheiten des Gutachtens in dieser Richtung lassen ein subjektives Mißtrauen der Klägerin in die Unparteilichkeit des Sachverständigen einfühlbar erscheinen. Ihre begründete Ablehnung macht den Weg frei für ein weiteres Gutachten eines anderen Sachverständigen.
9Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (vgl. § 1 GKG), außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (vgl. Zöller-Schneider, ZPO, 15. Aufl., § 91 Abs. 13: Sachverständigenablehnung).
10Beschwerdewert: 2.000,00 DM.
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