Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 10 UF 64/90
Tenor
Auf die Berufung des Antragstellers wird das Urteil des Amtsgerichts - Fami-liengericht - Aachen vom 02. Februar 1990, Az: 24 F 8/90 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten bleibt.
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
2Die Berufung des Antragstellers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, durch das das Amtsgericht seinen Scheidungsantrag zurückgewiesen hat. Das Scheidungsbegehren des Antragstellers ist begründet; die Voraussetzungen für eine Scheidung gemäß § 1565 Abs. 1, 2 BGB sind gegeben.
3Die Ehe der Parteien ist gescheitert, weil ihre Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, daß die Parteien sie wieder herstellen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß jedenfalls seit dem 30.09.1989, dem Tag, an dem die Antragsgegnerin aus der ehelichen Wohnung ausgezogen ist, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht. Mit einer Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft ist nicht zu rechnen. Wie die Antragsgegnerin bei ihrer Anhörung durch das Familiengericht am 17.01.1990 erklärt hat, hatte sie jedenfalls ab dem 7.08.1989 die Absicht, den Antragsteller zu verlassen; des weiteren hat sie erklärt,
4daß die mit dem Antragsteller nicht mehr zusammenleben könne; sie sehe keine Möglichkeit mehr nach dem, was vorgefallen ist. Daß der Antragsteller nicht mehr an der Ehe festhalten will, hat er bei seiner Anhörung ebenfalls bekundet, zudem ergibt
5sich dies mit hinreichender Deutlichkeit aus seinem prozessualen Verhalten.
6Der Vortrag der Parteien in dem Sorgerechtsverfahren 24 F 70/90 AG Aachen = 10 UF 53/90 OLG Köln (vgl. dort insbesondere BI. 2 und 8) spricht zwar dafür, daß die Trennung der Parteien im Sinne des § 1565 Abs. 2 BGB nicht erst mit dem Auszug der Antragsgegnerin aus dem gemeinsamen Haus vollzogen worden ist, sondern daß bereits zuvor ein Getrenntleben im Haus stattfand. Ob diese Trennung im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung bereits ein Jahr andauerte, bedarf jedoch keiner weiteren Aufklärung, da die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person der Antragsgegnerin liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde und somit eine Scheidung auch bereits vor Ablauf des Trennungsjahres möglich ist.
7Die Vorschrift des § 1565 Abs. 2 BGB bezweckt nicht die formale Aufrechterhaltung einer inhaltlos .gewordenen Ehe, sondern die Trennungsfrist ist in erster Linie als Prüfstein für die Ernsthaftigkeit des Scheidungswillens gedacht. Die Ernsthaftigkeit
8des Scheidungswillens des Antragstellers steht vorliegend jedoch außer Zweifel. Es ist vielmehr sogar hinreichend dokumentiert, daß auch die Antragsgegnerin die Scheidung will und sich dem jetzigen Scheidungsbegehren des Antragstellers letztlich nur aus prozeßtaktischen Erwägungen widersetzt. Daß die Antragsgegnerin an einer Aufrechterhaltung der Ehe mit dem Antragsteller nicht mehr interessiert ist,
9wird sowohl durch die von den Parteien geschlossene privatschriftliche Vereinbarung vom 07. August 1989 (Bl. 34 ff. der erwähnten Beiakte), in der Regelungen über
10und die den, als die Aufteilung des gemeinsamen Hausrats Vermögensauseinandersetzung getroffen werden, als auch durch das Schreiben der erstinstanzlichen
11Prozeßbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 04.09.1989 (Bl. 73 Gerichtsakte) dokumentiert, in dem diese den Bevollmächtigten des Antragstellers mitteilen, daß sie bereits zur damaligen Zeit beauftragt sind, für ihre Mandantin (nach Ablauf des Trennungsjahres) das Scheidungsverfahren einzuleiten.
12Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats vermag zwar die Aufnahme einer ehewidrigen oder ehebrecherischen Beziehung im Regelfall nicht ausreichen, um
13einen Härtegrund im Sinne des § 1565 Abs. 2 BGB darzustellen. Vorliegend gestalten sich die Umstände für den Antragsteller jedoch insoweit besonders belastend, als es sich weder um eine einmalige, noch um eine kurzfristige Verfehlung der Antragsgegnerin handelt. Die Antragsgegnerin ist nämlich bereits am 01. Oktober 1989 eine enge soziale Verbindung mit dem Zeugen Dittmann eingegangen, indem sie aus der ehelichen Wohnung aus- und in die von ihm gemietete Wohnung eingezogen ist, wo sie seitdem mit ihm zusammenlebt. Hinzu kommt, daß ihr neuer Lebensgefährte aus der unmittelbaren Nachbarschaft der Parteien stammt und die Beziehung zu ihm, wie die Antragsgegnerin bei ihrer Anhörung eingeräumt hat, bereits zu einem Zeitpunkt entstanden ist, als die Antragsgegnerin sich noch im gemeinsamen Haushalt aufhielt. Daß dies der Nachbarschaft nicht unbemerkt geblieben ist und zu entsprechenden Äußerungen gegenüber dem Antragsteller geführt hat, wie
14dieser bei seiner Anhörung angegeben hat, ist durchaus naheliegend und glaubhaft. Schließlich kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß es bereits im Jahre 1988 zu einer Trennung der Parteien gekommen war, indem die Antragsgegnerin den Beklagten verlassen hat, und daß der Antragsteller nach seiner glaubhaften Schilderung die Zuwendung der Antragsgegnerin zu ihrem neuen Gefährten aus höchst handgreiflicher Nähe erleben mußte (in-flagranti-Vorfall im eigenen Pkw des Antragstellers). Diese gesamten Umstände lassen das Ausbrechen der Antragsgegnerin aus der Ehe für den Antragsteller so belastend erscheinen, daß es ihm nicht zugemutet werden kann, derzeit noch am Eheband festgehalten zu werden.
15Der Senat ist jedoch nicht dazu in der Lage, die Ehescheidung selbst auszusprechen, weil beim Familiengericht noch Folgesachen (Sorgerecht für die gemeinsame Tochter sowie Versorgungsausgleich) zur Entscheidung anstehen. Aus diesem Grund ist die Sache gemäß § 629 b Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Familiengericht
16zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten bleibt.
17Streitwert: 6.900,00 DM
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