Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 13 U 296/90
Tenor
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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3Beide Berufungen sind zulässig. Die Berufung des Klägers führt in der Sache zu einer geringfügigen Abänderungen der angefochtenen Entscheidung. Die Berufung der Beklagten war zurückzuweisen.
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5Der Kläger hat gegenüber der Beklagten gem. § 1004 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 906 BGB einen An-spruch auf Unterlassung des Spielbetriebes auf der Tischtennisplatte während der im Tenor genannten Zeiten.
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7Die Beklagte ist die richtige Anspruchsgegnerin. Als Eigentümerin des Grundstückes stellt sie die darauf befindliche Tischtennisplatte beliebigen Dritten zur Verfügung und ist damit sowohl unmit-telbare wie auch mittelbare Störerin (vgl. BGH NJW 1983, Seite 751; OLG Celle NJW 1988, Seite 424, 425; Senat in DWW 1988, Seite 275, 276).
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9Der Kläger ist nicht verpflichtet, die von dem Spiel an der Tischtennisplatte ausgehenden Lärmbe-lästigungen gem. § 1004 Abs. 2 BGB zu dulden. Diese sind rechtswidrig, weil sie die in § 906 BGB ge-nannten Grenzen überschreiten. Die zu den oben ge-nannten Zeiten von dem Spielbetrieb auf das Grund-stück des Klägers einwirkenden Geräuschimmissionen sind weder unwesentlich noch ortsüblich.
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11Für die Beurteilung von Wesentlichkeit bzw. Ortüb-lichkeit des Lärms sind die TA-Lärm und die VDI-Richtlinien 2058 heranzuziehen. Darüber hinaus müs-sen die spezielle Geräuschart und die konkrete Grundstückssituation berücksichtigt werden.
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13Die Grundstücke der Parteien liegen planungsrecht-lich in einem Mischgebiet, für das nach der TA-Lärm ein Immissionsrichtwert von 60 dB (A) gilt. Nach den Feststellungen des Sachverständigen G. in dem vom Landgericht eingeholten schalltechnischen Gutachten beträgt der Mittelungspegel des Tischten-nisspiels 62 dB (A) und liegt damit um 2 dB (A) über dem hier geltenden Immissionsrichtwert. Für Ruhezeiten liegt er unter Berücksichtigung eines Zuschlages von 6 dB (A) um 8 dB (A) über dem ge-nannten Richtwert. Hinzu kommt der dem Tischtennis-spiel innewohnende Impulscharakter der dabei ent-stehenden Geräusche, der allgemein als besonders lästig empfunden wird. Schließlich liegen beide Grundstücke an einer relativ ruhigen Wohnstraße mit einem Grundgeräuschpegel von 35 dB (A) und einem Mittelungspegel (ohne Tischtennisspiel) von 46 dB (A). Die "normalen" Geräuschimmissionen liegen da-mit weit unter dem Immissionsrichtwert für Mischge-biete. Sie liegen sogar noch unter dem zulässigen Immissionsrichtwert für reines Wohngebiet von 50 dB (A).
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15Die Einwendungen der Beklagten gegen die Meßmetho-den des Sachverständigen greifen nicht durch. Die Messungen sind unstreitig gem. den entsprechenden Vorschriften der TA-Lärm vorgenommen worden. Sie sind auch unter Berücksichtigung der konkreten Ört-lichkeit erfolgt. Der Lärm wird nicht nur seitlich von den Fenstern sondern auch schräg davor erzeugt. Ein Tischtennisspiel beschränkt sich nicht nur auf die eigentliche Tischtennisplatte, vielmehr hält sich ein Tischtennisspieler vor und auch häufig seitlich von der Platte auf. Der Platz (aus Rich-tung des Hauses des Klägers gesehen) rechts neben der Platte liegt aber schräg vor den Fenstern des Hauses des Klägers. Auch hier sind Geräusche durch Aufschlagen des Balls auf den Schläger, schreiende Spieler sowie durch Beifallskundgebungen von Zu-schauern denkbar. Schließlich ist bei der Bemessung von Geräuschimmissionen die Beeinträchtigung des gesamten geschützten Eigentums zu ermitteln (Senat in DWW 1988, S. 275, 276). Wie sich aus den einge-reichten und zum Gegenstand der mündlichen Verhand-lung gemachten Fotos aus Hülle Bl. 57 d.A. ergibt, ist der Bereich des Grundstücks des Klägers zwi-schen Haus und Straße parkartig gestaltet, so daß jedenfalls im Sommer auch eine Benutzung dieses Freigeländes durch den Kläger denkbar und wahr-scheinlich ist. Auf dieses Freigelände trifft der Lärm aber unmittelbar.
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17Die von dem Tischtennisspiel insgesamt ausgehenden wesentlichen Lärmeinwirkungen können jedenfalls au-ßerhalb der Ruhezeiten nicht mehr als ortsüblich im Sinne des § 906 Abs. 2 BGB angesehen werden.
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19Ortsüblich ist eine Nutzung, die in dem zu beurtei-lenden Gebiet keine stärkeren Immissionen erzeugt, als sie dort auch sonst vorzukommen pflegen. Dabei ist abzustellen auf eine Beurteilung der konkreten Immissionssituation (vgl. BGH NJW 1983, Seite 751).
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21Andere Lärmquellen in näherer Umgebung, die Geräu-sche vergleichbarer Intensität erzeugen, sind nach Darlegung beider Parteien nicht vorhanden. Zwar wird nach dem Vortrag des Klägers ein auf der ande-ren Straßenseite befindlicher Park mit Wiesen und befestigten Flächen auch zu Ballspielen benutzt. Die durch einfache Ballspiele entstehenden Ge-räusche sind aber mit den durch Tischtennisspiel entstehenden Geräuschen nicht vergleichbar. Es feh-len die besonders störenden, hellen, impulsartigen Geräusche, die dem Tischtennisspiel eigen sind.
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23Eine Duldungspflicht des Kläges ergibt sich auch nicht daraus, daß er sich nach dem Vortrag der Be-klagten im Jahre 1987 mit dem jetzigen Standort der Tischtennisplatte einverstanden erklärt hat. Denn ein solches Einverständnis kann sich bei verständi-ger Auslegung der darin liegenden Willenserklärung nur auf von der Tischtennisplatte in zulässiger Weise ausgehenden Lärm beziehen, nicht jedoch auf unzulässige Lärmbeeinträchtigungen.
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25Außerhalb der Ruhezeiten ist der von der Tischten-nisplatte ausgehende Lärm jedoch als ortsüblich an-zusehen. Darüber hinaus ist der Kläger auch nach Treu und Glauben verpflichtet, das Tischtennisspiel zu diesen Zeiten zu dulden. Eine sportliche Betäti-gung von der Art des Tischtennisspielens, die ver-hältnismäßig wenig Raum beansprucht, ist - jeden-falls außerhalb von Ruhezeiten - auch auf privaten Grundstücken vielfach üblich. Eine hiervon ausge-hende Lärmbeeinträchtigung muß grundsätzlich gedul-det werden.
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27Darüber hinaus ist - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - die Frage der Duldungspflicht des Nachbarn nach Treu und Glauben daran zu messen, welche sozialen Interessen hinter dem Störer stehen und welche sozialen Auswirkungen ein Verbot der Störung nach sich ziehen kann. Hier dient die Tischtennisplatte aber nicht nur der Förderung des Sports, sondern es wird damit im wesentlichen be-zweckt, junge Menschen an das Jugendheim zu binden und damit ihnen gegenüber kirchliche Sozialarbeit zu ermöglichen. Ein Entfernen der Tischtennisplatte bzw. ein völliges Verbot des Spielens an dieser Platte könnte zur Folge haben, daß die kirchliche Sozialarbeit erschwert wird und dadurch die betrof-fenen Jugendlichen in erhöhtem Maße Gefährdungen ausgesetzt sind.
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29Zur Frage, welcher Zeitraum als zu den ruhebedürf-tigen Zeiten gehörig anzusehen ist, folgt der Senat im wesentlichen der Wertung des Landgerichts. Al-lerdings zählen nach Ansicht des Senates zu den ru-hebedürftigen Zeiten auch die Zeiten werktags zwi-schen 13.00 Uhr und 15.00 Uhr. Auch dieser Zeitraum ist regelmäßig durch einen verminderten allgemeinen Lärmpegel und ein erhöhtes Ruhebedürfnis der Bevöl-kerung gekennzeichnet.
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31Schließlich hat die Beklagte auch keine anderen zu-mutbaren Möglichkeiten der Verhinderung des Lärms. Lärmschutzmaßnahmen durch Errichtung einer Schall-schutzwand sind unstreitig aus Gründen des Denkmal-schutzes nicht möglich.
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33Die Beklagte kann auch nicht darauf verwiesen wer-den, die Tischtennisplatte auf einem anderen Teil ihres Grundstückes aufzustellen. Denn zum einen würde dadurch die Brauchbarkeit des übrigen Grund-stücksteils für sonstige Ballspiele wesentlich be-einträchtigt. Auch dies würde wiederum die Möglich-keit der Jugendarbeit vermindern. Hingegen ist der jetzige Aufstellplatz insbesondere wegen des hier-gegebenen Windschutzes besonders geeignet.
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35Schließlich würden bei einer Aufstellung an einer anderen Stelle zwar die Beeinträchtigungen des Klä-gers beseitigt sein, dafür würden aber andere Grundstücksnachbarn beeinträchtigt. Das Problem würde nur verlagert, nicht aber gelöst.
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37Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 97, 708 Ziffer 10, 713 ZPO.
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39Berufungsstreitwert: a) Berufung des Klägers: 4.000,-- DM; b) Berufung der Beklagten:4.000,-- DM.
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41Wert der Beschwer: a) für den Kläger: 3.400,-- DM; b) für die Beklagte:4.600,-- DM.
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