Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 27 U 61/91
Tenor
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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I.
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Die Berufung ist zulässig. Die Berufungsfrist ist gewahrt, da das Urteil dem Prozeßbevollmächtigten des Beklagten erst am 28. Februar 1991 zugestellt worden ist, die am 27. März 1991 eingelegte Beru-fung also rechtzeitig ist. Eine frühere Urteils-zustellung läßt sich nicht feststellen. Zwar ist das Urteil gemäß dem Vermerk vom 26. November 1990 (Bl. 74 d. A.) an diesem Tag zur Zustellung an den damaligen Prozeßbevollmächtigten des Beklagten gegeben worden. Ein Empfangsbekenntnis des Prozeß-bevollmächtigten befindet sich indessen nicht bei den Akten. Der Rückschluß des Klägers aus dem Aktenvermerk vom 15. Januar 1991 (Bl. 98 R d. A.) ist nicht zwingend. Zwar spricht der Vermerk da-für, daß dem Rechtsanwalt S. das Urteil zugegangen ist. Sicher ist dies indessen nicht, da der genaue Inhalt des Gesprächs nicht festgehalten ist, ins-besondere nicht feststeht, ob Rechtsanwalt S. den Empfang des Urteils bestätigt hat.
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II.
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Die Berufung ist aber nur zu einem geringen Teil begründet.
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1.
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Mit der an erster Stelle erhobenen Eiwendung, er habe die Forderungen des Klägers weitgehend erfüllt, die Restforderung habe der Kläger ihm er-lassen, hat der Beklagte keinen Erfolg.
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a) Soweit er Erfüllung behauptet, ist sein Vortrag zum Teil widersprüchlich und daher unbeachtlich, zum Teil unsubstantiiert. Unstreitig hat der Beklagte auf die Rechnung vom 21. Juli 1986 über 11.970,63 DM einen Teilbetrag von 6.000,00 DM und auf die Rechnung vom 11. Februar 1986 über 13.027,26 DM einen Teilbetrag von 8.513,63 DM ge-zahlt. In erster Instanz hat er vorgetragen, der Kläger habe unmittelbar mit seiner Krankenkasse, der D., abgerechnet und außerdem von ihm die ange-gebenen Beträge in bar erhalten, mit welchen ver-einbarungsgemäß alle Forderungen ausgeglichen sein sollten. Wann er welche Zahlungen geleistet hat und wann die angebliche Absprache getroffen worden sein soll, hat er nicht dargetan, so daß das Land-gericht seinen Vortrag mit Recht als unsubstan-tiiert angesehen hat. In der Berufungsbegründung hat er seinen erstinstanzlichen Vortrag zunächst wiederholt und dahin präzisiert, er habe dem Kläger 8.000,00 DM in drei Teilbeträgen zu zweimal 3.000,00 DM und einmal 2.000,00 DM übergeben. Spä-ter habe er auf Anforderung des Klägers nochmals 2.000,00 DM an ihn gezahlt, wobei dieser erklärt habe, damit seien seine Forderungen ausgeglichen. Nachdem sich durch die schriftliche Aussage der Mitarbeiterin der D., der Zeugin E., herausge-stellt hat, daß die D. die Erstattungsleistungen nicht unmittelbar dem Kläger, sondern dem Beklag-ten überwiesen hat, hat er seinen Vortrag dem Er-gebnis der Beweisaufnahme angepaßt und behauptet, er habe vereinbarungsgemäß Zahlungen an den Kläger geleistet, womit er wohl die D.-Erstattungslei-stung meint, und außerdem die weiteren Zahlungen an diesen erbracht. In der mündlichen Verhandlung hat er zunächst vorgetragen, er habe die Erstat-tungsleistungen der D. dem Kläger überwiesen. Auf Vorhalt ist er hiervon wieder abgerückt - of-fensichtlich weil dies noch hätte festgestellt werden können - und hat Barzahlung behauptet. Sein Vortrag ist nicht nur widersprüchlich, ohne daß er hierfür eine plausible Erklärung geben könnte, sondern hinsichtlich der Weitergabe der Erstattungsleistungen der D. an den Kläger auch unsubstantiiert. Ob der Beklagte an den Kläger in Teilbeträgen bar insgesamt 10.000,00 DM gezahlt hat, bedarf nicht der Beweiserhebung, da Zahlungen von insgesamt 14.513,63 DM unstreitig sind und die Zeugen nicht bestätigen können, daß die Zahlungen von 10.000,00 DM über die Erstattungsleistungen der D. von 14.513,63 DM hinaus erbracht worden sind.
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b) Seine Behauptung, der Kläger habe bei Zahlung der beiden Teilbeträge von 2.000,00 DM jeweils er-klärt, mit dieser Zahlung seien seine Forderungen gegen den Beklagten ausgeglichen, hat der Beklagte nicht bewiesen. Die Aussage der Zeugin Sch., die die Angaben des Beklagten bestätigt hat, reicht dem Senat zum Beweis nicht. Denn die Zeugin ist mit dem Beklagten persönlich und geschäftlich eng verbunden. Sie lebt mit ihm seit ca. 2 1/2 Jahren zusammen. Seit April 1990 betreibt sie ein Juwe-liergeschäft, in dem der Beklagte, der sein eige-nes Geschäft wegen seiner anderen Gläubiger aufge-geben hat, angestellt ist. Die Zeugin hat daher ein so starkes persönliches und auch wirtschaftli-ches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits, daß sie dem Senat die Überzeugung von der Richtigkeit ihrer Aussage nicht zu verschaffen vermag. Der Vortrag des Klägers ist zudem wenig wahrschein-lich. Es ist zwar nicht ungewöhnlich, daß ein Gläubiger auf ein Spitzenbetrag verzichtet. Um einen solchen handelte es sich aber nur, wenn der Kläger außer den Erstattungsleistungen der D. vom Beklagten weitere 10.000,00 DM erhalten hätte. Das steht indessen nicht fest. Es ist aber lebensfremd anzunehmen, der Kläger habe dem Beklagten rund 10.000,00 DM erlassen. Einen Grund hierfür konnte der Beklagte nicht angeben. Der Umstand, daß der Kläger für seine Leistungen durchgehend den 6-fachen Gebührensatz berechnet hat, hätte ihn bei entsprechenden Vorhaltungen des Beklagten mögli-cherweise zu einer gewissen Ermäßigung veranlassen können. Ein Nachlaß von rund 10.000,00 DM läßt sich aber mit dieser Erwägung nicht begründen.
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2.
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Der Ansatz des 6-fachen Gebührensatzes ist grund-sätzlich gerechtfertigt, da der Beklagte unter einem die Behandlung erschwerenden starken Würge-reiz litt. Davon ist der Senat überzeugt. Auf die Nachfrage der D. vom 19. September 1985 nach dem Grund für den Ansatz der Höchstsätze teilte der Kläger ihr unter dem 23. September 1985, also noch vor Beginn der Behandlung, mit, bei der Erstellung des Röntgenstatus hätten sich durch den starken Würgereiz so große Schwierigkeiten ergeben, daß ein Oberflächenanästhetikum habe verwandt werden müssen; der Beklagte sei daher äußerst schwierig zu behandeln. Aufgrund dieses Schriftwechsels hält der Senat den starken Würgereiz für bewiesen. Denn es ist nicht anzunehmen, daß der Kläger der D. ge-genüber eine falsche betrügerische Mitteilung ge-macht hat, zumal er nicht ausschließen konnte, daß die D. sich die Angaben vom Beklagten bestätigen ließ.
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Durchgreifende Bedenken bestehen aber gegenüber dem Ansatz des 6-fachen Gebührensatzes für sämt-liche Leistungen. Der Verordnungsgeber ist davon ausgegangen, daß sich die vorkommenden Schwierig-keitsgrade bei allen Einzelleistungen über die gesamte Gebührenspanne von der einfachen bis zur besonders schweren Ausführung erstrecken können, wobei die Streubreite bei den einzelnen Leistungen durchaus unterschiedlich sein kann. Weder der Um-fang der Gebißsanierung, noch der Zeitaufwand und der Würgereiz rechtfertigen den durchgängigen An-satz der Höchstgebühr. So läßt sich der Höchstsatz für die Anästhesie, die Injektionen und die Bera-tung mit den vorgenannten Kriterien nicht recht-fertigen. Ein höherer als der 4-fache Gebührensatz ist nicht gerechtfertigt, so daß von der Rechnung vom 11. Februar 1986 ein Abzug von (Position In-jektionen: 984,00 DM - 41 x 16,00 DM) 328,00 DM und von der Rechnung vom 21. Juli 1986 Abzüge von (Position Beratung: 18,00 DM - 4 x 3,00 DM) 6,00 DM, (Position Leitungsanästhesie: 390,00 DM - 13 x 24,00 DM) von 78,00 DM und (Position Ober-flächenanästhesie: 234,00 DM - 13 x 12,00 DM) ebenso von 78,00 DM, insgesamt also Abzüge von 490,00 DM zu machen sind. Im übrigen ist der 6-fa-che Gebührensatz nicht zu beanstanden.
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Das "Bestreiten" der Gebührenansätze ist unerheb-lich. Der Kläger hat spezifizierte Rechnungen ent-sprechend der G. erteilt. Der Beklagte hätte sich notfalls durch einen Privatgutachter die Rechnun-gen erläutern lassen und dann diese substantiiert beanstanden müssen. Es besteht kein Anlaß, allein aus dem Grund, daß der Beklagte die Rechnung nicht nachvollziehen kann, ein Sachverständigengutachten einzuholen.
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Hinsichtlich des Zahns 28 ist der Spezifikation zur Rechnung vom 11. Februar 1986 zu entnehmen, daß dieser ebenfalls überkront worden ist. Im üb-rigen kann der Beklagte selbst feststellen, ob der Kläger den Zahn überkront hat. Er hätte sich dazu erklären müssen. Ähnliches gilt für die Leistung nach Nr. 93 (Geschiebe).
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Die Behauptung, die Leistungen des Klägers seien mangelhaft, weil die Kronen an den Zähnen 13, 12, 11, 21 - 23 zu kurz seien, ist nicht schlüssig, da der Beklagte nicht behauptet, die Kronen seien im Zeitpunkt der Behandlung zu kurz gewesen. Das aber hätte er behaupten müssen, weil er an Paradontose leidet und es daher naheliegt, daß seit der Behandlung in den Jahre 1985 und 1986 die Paradon-tose weiter fortgeschritten und die Kronen heute deshalb zu kurz sind. Dasselbe gilt für die Locke-rung der Zähne und die Kaufunktionsstörungen. Die Röntgenaufnahmen zeigen nur den heutigen Stand an.
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Die Verjährungseinrede greift aus den Gründen des angefochtenen Urteils nicht durch.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 344, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
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Streitwert des Berufungsverfahrens: 8.924,06 DM.
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Beschwer für beide Parteien: unter 60.000,00 DM.
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Referenzen
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